Mittwoch, 9. August 2017

Contramann: kurz gesehen im August

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundestagswahl-2017-bnd-chef-kahl-warnt-russischen-hackerangriffen-a-1123506.html
Bruno Kahl ist Präsident des Bundesnachrichtendienstes und er ist neu. Doch er hat schon die Qualität, geistigen Dünnpfiff abzusondern. Er sieht die Gefahr, dass die kommenden Bundestagswahlen dank russischer Hackerangriffe … ja was eigentlich?
Beim Lesen dieses Artikels standen mir die Haare zu Berge. Da gibt es „Erkenntnisse“, „gezielte Störkampagnen“, eine „Art von Druck auf den öffentlichen Diskurs“ und auf alle Fälle „Anhaltspunkte für eine Spur nach Russland“. Nur vage Vermutungen, nichts konkretes. Weder das FBI noch die CDU können die Gefahr näher beschreiben.
Auch der Begriff „Cyberangriffe“ lässt den unbedarften Leser an Star Wars denken; stürmt Putin jetzt mit seinem Laserschwert den deutschen Bundestag? Oder ist dieser Artikel nicht doch eher von der Art a la „amerikanische Wissenschaftler haben den weiblichen Orgasmus entschlüsselt“?

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/europa-aufschwung-in-der-eurozone-ein-grund-zum-jubeln-a-1160635.html
Der Wirtschaftsexperte von SPON, Professor Müller aus Dortmund, schreibt in seinem wöchentlichen Kommentar für Europa einen breiten Aufschwung herbei, der bei den Menschen daheim in ihrem Leben nicht überall angekommen ist.
Beschäftigung steigt, Arbeitslosigkeit sinkt. Dann ist ja alles in Ordnung, denn Arbeit macht bekanntlich frei, oder wie soll ich seine Fixierung auf die „Wirtschaft“ einzelner Staaten sonst deuten? Er bringt als Beispiele einige ehemalige „Krisenstaaten“ wie Spanien oder Irland, selbst in Griechenland geht es aufwärts.Und in Italien bestehe die Gefahr des Erfolges populistischer Parteien von links oder rechts, die den Aufschwung in ganz Europa gefährden könnten.
All seinen Beispielen ist gemein, dass in den genannten Staaten das neoliberale Konzept zur Gewinnmaximierung angewandt wird. Die Löhne der arbeitenden Bevölkerung werden stabil unten gehalten. Der Staat verzichtet auf Steuern zugunsten notleidender Wirtschaftsunternehmen, damit diese auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ihren Aktionären Gewinne präsentieren können. Für mich klingt das stark nach dem System Merkel.
Müller nennt leider nicht eine der derzeit erfolgreichsten Wirtschaftsnationen Europas:
https://www.heise.de/tp/news/Portugal-waechst-noch-staerker-als-erwartet-3716493.html
Mit 2,8% wächst das Armenhaus Europas überproportional gut, aber auch erst seit dem Zeitpunkt, als sich die dortige sozialistische Regierung vom europäischen Spardiktat löste und Staatsinvestitionen wie auch Löhne erhöhte. Es geht also auch anders.
Bezeichnend für die Kolumne von Müller ist, dass er diese Tatsache ignoriert und damit dem fortgesetzten Lohndumping in Europa das Wort redet. Eine derart einseitige Darstellung geht auf Kosten der Glaubwürdigkeit. Oder heißt das Wort Gauckwürdigkeit?

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/dieselaffaere-schmutzig-ist-nicht-nur-der-motor-a-1161235.html
Endlich mal einer, der sagt, wie es ist. Der beste Kommentar auf SPON seit langem. Auch wenn Dietz anhand der Kungeleien der Autoindustrie vergisst, dass der größte Anteil der CO2 Emissionen aufs Konto der Schifffahrt, des Flugverkehrs und der Kraftwerke gehen. Insofern erscheint der „Dieselskandal“ unnötigerweise aufgebläht, im ersten Moment.
Aber eines hat Dietz wunderschön herausgearbeitet: Der Fetisch des deutschen Mannes ist das Automobil. Über Jahrzehnte definierte sich der deutsche Mann über die Größe seines Autos. Schade, dass Siegmund Freud dies nicht mehr erleben durfte… Vollkommen richtig bemängelt Dietz die Unfähigkeit der Politiker zum Handeln. Evtl. Fahrverbote oder stärkere Maßnahmen als das anvisierte Softwareupdate wären die Mittel gewesen, um die deutsche Autoindustrie vor dem langfristigen (Oder mittelfristig?) Ruin zu bewahren.
Dass solche Dumpfbacken wie Zetsche oder VW-Müller behaupten, den durch eine Softwaremanipulation verursachten Schaden mit einem simplen Update beseitigen zu können, ist, gelinde ausgedrückt, eine bodenlose Frechheit. Schon seit Jahrzehnten werden wir von der (Auto)industrie nach Strich und Faden verarscht, immer im Auftrag der Gewinnoptimierung unterwegs. Dazu gehörten zuletzt insbesondere die Kartellabsprachen der Autohersteller, um die Preise stabil auf hohem Niveau zu halten.
Zugegebenermaßen meine Meinung, aber es ist sichtbar. Von der Industrie werden Bedürfnisse nach immer stärkeren Karren, vor allem SUV`s, geweckt oder auch herbeigeredet, um einen hohen Entwicklungsaufwand und damit einhergehend hohe Verkaufspreise zu rechtfertigen. Dabei ist das „Produkt“ Auto mit dem Verbrennungsmotor bereits ausentwickelt; eine weitere Entwicklung bringt nur noch mehr Leistung, aber nicht mehr Nutzen. Das Ganze erinnert mich an die technische Entwicklung der Desktop PCs oder auch der Fernseher.
Und dort führte die Entwicklung irgendwann zu niedrigeren Preisen, um die Geräte überhaupt noch abstoßen zu können. Im Bereich der Automobilindustrie zeigt der Erfolg der Marke Dacia, dass auch hier ein Prozess des Umdenkens bei den Konsumenten voranschreitet. Wenn erst der indische Tata auf dem europäischen Markt auftaucht, dann wird das Preiskarussell erst richtig angeschoben.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/stephan-weil-und-volkswagen-schrieb-vw-eine-regierungserklaerung-um-a-1161565.html
Der niedersächsische Ministerpräsident Weil hatte Ende letzten Jahres eine Regierungserklärung zur Diesel Affäre von VW in den Staaten dem VW Konzern zum Redigieren vorgelegt. Angeblich zur „Überprüfung auf faktische oder rechtliche Bedenken“.
Was für eine dämliche Ausrede. Stehen dem Regierungschef denn keine Juristen zur Seite? Da gab Weil ein ganz erbärmliches Bild ab; und das kurz nach dem missratenen Dieselgipfel. Meine schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich mal wieder. Nicht die Politiker, die vom Volk gewählt werden, sondern irgendwelche Manager aus diversen Konzernen bestimmen die Geschicke des Landes.
Wenigstens wird Weil nach der nächsten Landtagswahl Geschichte sein. Das diese Wahl nun wohl unnötigerweise 3 Monate vor dem ursprünglichen Termin im Oktober diesen Jahres stattfindet, ist einer Grünen Abgeordneten, die zur CDU gewechselt ist, damit sie ihren fetten Arsch auch weiterhin im Parlament plattsitzen darf, geschuldet. Dies ist aber eine andere Geschichte.

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/getoetete-studentin-in-freiburg-unsere-taeglichen-toten-kolumne-stokowski-a-1124603.html
Was war geschehen? Ende 2016 wurde in Freiburg eine Studentin ermordet, die sich in der Flüchtlingshilfe engagiert hatte. Als Mörder stellte sich ein Flüchtling heraus, der augenscheinlich bereits integriert war. Das Ganze in Freiburg, der Studentenstadt, die eher als links und weltoffen gilt.
Die Kritiker der Flüchtlingspolitik unserer Regierung sahen sich in ihrem Misstrauen Flüchtlingen gegenüber bestätigt. Und die Vertreter der Willkommenskultur duckten sich einfach nur weg; unfähig, die richtigen Worte zu diesem Verbrechen zu finden. Ich wette, der eine oder die andere kamen ins Grübeln, ob ihr bedingungsloses Engagement für die Flüchtlinge wirklich so richtig gewesen ist.
Nur Frau Stokowski bleibt wacker auf Kurs. Sie verweist auf die Statistik, nach der es in Deutschland über 120.000 Fälle von Gewalt gegen Frauen pro Jahr gibt, 72% der Täter haben einen deutschen Pass. 331 Frauen starben bei diesen Verbrechen. Und nicht jeden Tag gibt es darüber eine Meldung in den Medien.
Ich gebe ihr Recht, das Thema wurde aufgebauscht. Aber trotzdem: Sicher ist dieses erschütternde Verbrechen nicht dazu geeignet, die Flüchtlinge, welche zumeist ohne Familie nach Deutschland geflüchtet waren, unter Generalverdacht zu stellen. Allerdings auch nicht dazu, sämtliche Bedenken von vornherein auszuräumen, Frau Stokowski.

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