Donnerstag, 16. März 2017

Contramann: kurz gesehen im März

http://www.neulandrebellen.de/2017/02/ich-beginne-fleischhauer-zu-verstehen/
Diesen relativ neuen Artikel von Roberto J. De Lapuente stelle ich heute mal voran, weil er richtig gut ist. Roberto drückt genau das aus, was einem alten Linken wie mich zur Zeit an vielen links fühlenden Leuten stört. Es ist dieses Gutmenschentum um jeden Preis, diese Traumwelt, in der das dogmatische Festhalten an linken Freiheitsidealen die Realitäten schlichtweg ausblendet. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
Auslöser von Lapuente`s Ärger waren Äußerungen von Oskar Lafontaine zum leidigen Thema „Abschiebung von Flüchtlingen“. Offenbar war Oskars Argument, dass durch eine unkontrollierte Einreise von Flüchtlingen Mindestlohn und Sozialstandards gefährdet werden, zu schwierig für so manchen Linken. Eine evtl. notwendige werdende Abschiebung pauschal als Rassismus zu bezeichnen und daraus gar eine Nähe zur AfD herzustellen, halte ich auch für dämlich.
Solche Leute machen es konservativen Kritikern wie Fleischhauer leicht, alle Linken zu weltfremden Spinnern zu erklären und treiben Kritiker der neoliberalen Politik erst recht zur AfD. Leider ist es eine historische Tatsache, dass sich „Linke“ eher selbst zerfleischen, weil einige aus ihrem Dogmatismus nicht herauskommen und eher missliebige Linke bekämpfen als den eigentlichen politischen Gegner.
Gerade wir Deutschen sollten das doch eigentlich wissen.

http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/boris-palmer-im-gastbeitrag-erfahrungen-in-der-fluechtlingskrise-14541360.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2
Ein etwas älterer Artikel aus dem November letzten Jahres. Boris Palmer, streitbarer grüner Oberbürgermeister von Tübingen, hat sich ebenfalls gegen den „linken Mainstream“ gestellt und verlangte eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen.
Und eh hier wieder einige Schnappatmung bekommen, lest Euch den Artikel durch. In der Praxis ist das nämlich mit der Hilfe für Flüchtlinge nicht so einfach. Die Enge in Flüchtlingsunterkünften und fehlende QUALIFIZIERTE Hilfe für die Flüchtlinge, um sich hier zurechtzufinden.
Und es gibt sie tatsächlich. Die, die sich nicht integrieren lassen wollen. Und je länger Flüchtlinge auf Deutschkurse, Wohnungen oder Arbeit warten müssen, desto häufiger tendieren sie zur Abschottung und werden eben nicht integriert. Die Realität vor Ort ist nun mal eher hässlich.
Ich bin inzwischen auch überzeugt, dass die eben erwähnten Kritiker von Abschiebungen oder Einreisebeschränkungen selbst nicht aktiv bei der Integration von Flüchtlingen mithelfen. Denn ehrenamtliche Helfer erfahren in der Regel ein besseres Verständnis für die Situation der Flüchtlinge und befürworten auch weiterhin die Aufnahme von Menschen in Not, aber sie wissen aus der Praxis eben auch, dass Abschiebungen manchmal sein müssen und eine unkontrollierte Aufnahme eher schädlich ist, da die Möglichkeiten einer Unterstützung der Flüchtlinge leider nicht unendlich sind.

http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-10/afd-linke-frauke-petry-sahra-wagenknecht-interview/komplettansicht
Eine wunderhübsche Agitprop der Zeit. Sarah Wagenknecht und Frauke Petry trafen sich zum Gespräch, die Wagenknecht traut sich wenigstens, fürchtet nicht die direkte Auseinandersetzung mit der AfD.
Aber da es offenbar Gemeinsamkeiten gibt, wie z.B. die Ablehnung von TTIP, unterstellt die Zeit auch gleich eine Nähe von Wagenknecht zur AfD. Da nützt es auch nichts, das Wagenknecht eine punktuelle Zusammenarbeit mit der AfD ablehnt. Es reicht der Zeit völlig aus, das Petry eine Zusammenarbeit den Linken anbietet.
Da wird ihr am Ende allen Ernstes unterstellt, dass sie sich „mit Petry gemein“ machen würde. Im Text selbst werden die Unterschiede sogar deutlich, bloß die Schlussfolgerung ist falsch. Wenn man den Artikel also nur oberflächlich liest, bleibt nur eine vage Geistesverwandtschaft Wagenknechts mit Petry hängen. Perfide.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/dresden-proteste-volksverraeter-aber-gerne-doch-kommentar-a-1115094.html
Politiker wurden bei Demonstrationen in Dresden als „Volksverräter“ verunglimpft. Fast im selben Atemzug verbindet der Kommentator diesen unsäglichen Begriff mit der Forderung von Petry, den Begriff „völkisch“ positiv zu besetzen. Beides sind bekannte und unerwünschte Begriffe aus der Nazizeit, keine Frage. Da bin ich ganz beim Kommentator. Deshalb die Demonstranten gleich pauschal als Nazis hinzustellen, kann ich beim Stammtisch in der links-alternativen Teestube gern machen, aber als Kommentator beim größten deutschen Nachrichtenportal ist das einfach nur billig, weil undifferenziert.
Der Kommentator fordert am Ende dazu auf, sich als Demokrat diesem Pöbel, diesen Rassisten entgegenzustellen. Bloß nicht die Frage stellen, was diese Menschen dazu bringt, solche ätzenden Parolen zu schreien. Und das werfe ich nicht nur diesem Kommentator, sondern auch einem nicht geringen Teil an Linken vor. Leute, ihr tappt da genau in die Falle, die Euch die konservativen Kräfte und ja, auch die AfD, stellen.
Geschichte wiederholt sich, am Ende der Weimarer Republik hatte die Hugenberg-Presse genau diese Taktik verwandt, um die Kommunisten zu verunglimpfen. Dadurch liefen die von der Politik enttäuschten Wähler den Nazis in die Arme, was Hugenberg billigend in Kauf nahm.
Apropos „völkisch“: Als die Leipziger Montagsdemonstranten 1989 „Wir sind das Volk“ riefen, kam nicht ein Vertreter der Medien auf den Gedanken, dass dieser Begriff der unsäglichen Denkweise des Nationalsozialismus entstammen könnte.
Als Linker muss man doch nachdenklich werden, wenn man auf einmal mit Merkel und Co einer Meinung ist. Und wenn, wie in den letzten Monaten, Teile der Linken lieber Wagenknecht oder Lafontaine aus dogmatischen Gründen bekämpfen als die neoliberale Blase und ihre Atlantik Connection, dann sind wir wieder auf den Stand Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts angelangt.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/atomausstieg-einigung-ueber-kosten-fuer-atommuell-entsorgung-a-1116192.html
Das war doch immer das Thema der Linken, oder? Von Grünen spreche ich schon gar nicht mehr, die haben keine Zeit mehr für solche Dinge. Der SUV muss umweltfreundlich sein oder zumindest als solcher gelten, der Rest ist egal.
Die Stromriesen (Storck Riesen, vastehste?) RWE, EnBW, Eon und Vattenfall sollen sich lt. Plänen der Bundesregierung durch die Zahlung einiger weniger Milliarden aus der Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung stehlen können. Der Altmaier-Peter hat dies ausgehandelt, seine grinsende Fratze auf dem Foto scheint zu signalisieren: „Ihr Arschgeigen von Bürgern, jetzt ist es Euer Risiko. Schließlich müssen wir die Profite der Energieriesen schützen, nicht das die noch Arbeitsplätze abbauen.“
Den Ablasshandel kennen wir ja schon aus dem Mittelalter. Es ist das alte Spiel: Der Industrie aka. Wirtschaft wird etwas zu teuer, bzw. die Profite brechen ein. Der Staat springt für Schulden/Kosten ein, weil der sich diese Kosten leicht über Steuern von seinen Bürgern zurückholen kann. Die Politiker, die dafür verantwortlich zeichnen, gehen irgendwann in Ruhestand, bevor die Rechnung zu bezahlen ist. Respektive, wenn die Scheiße aus dem Gulli hochkommt. Dann sind diese Politiker schon längst in irgendwelchen Aufsichtsräten der Wirtschaft verschwunden, vorzugsweise in den Branchen, für die sie den Ablasshandel eingefädelt hatten.
Wäre schön, wenn das eine böswillige Satire bleiben könnte, Peter. Jedenfalls meldeten die Medien am 9.3., dass man sich geeinigt habe. Die Konzerne tragen lediglich die Kosten für Stilllegung und Abriss der Reaktoren und ziehen die Verfassungsklage gegen den Atomausstieg in Karlsruhe zurück. Ein Verfahren wegen dieses Ausstiegs vor einem Schiedsgericht in den USA (!?) gegen Deutschland läuft aber weiter, ebenso die Verfassungsklage (Karlsruhe) gegen die Brennelementesteuer.
Ich spare jedenfalls schon einmal für die Sondersteuer der Endlagerung. Schacht Konrad, Asse 2 sind ja gleich um die Ecke, da kann ich mein Geld strahlend beobachten.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/bundesverfassungsgericht-analyse-des-ceta-urteils-a-1116538.html
Die Enttäuschung bei vielen Linken, auch bei mir, war groß, als das Bundesverfassungsgericht im Oktober letzten Jahres die vorläufige Zustimmung zu Ceta, dem Freihandelsabkommen mit Kanada, durch die Bundesregierung erlaubte.
SPON redet in diesem Artikel von „knallharten Bedingungen“. Als da wäre, das die EU über einzelne Punkte, die in nationaler Zuständigkeit liegen, nicht entscheiden darf. Auch hätte Deutschland ein Vetorecht, da Beschlüsse zu Ceta nur mithilfe eines einstimmigen Beschlusses des EU Ministerrats zustande kommen dürften.
Toll, und wer soll das wieder kontrollieren? Mir ist das immer noch zu vage, die Bundesregierung hat leider ihr Ziel erreicht. Ceta wird in Kraft treten und darüber werden die Großkonzerne TTIP doch noch bekommen, einfach mal so eben über ihre jeweiligen Vertretungen in Kanada.
Ein einseitiges Beenden von Ceta klingt da besser, als es ist. Faktisch wäre damit auch ein Austritt aus der EU verbunden. Ein Dexit sozusagen. Und bevor das dann passieren würden, werden alle wieder einknicken.

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