Donnerstag, 19. Februar 2015

Uncle Fester: grad gelesen Februar 2015

Stefan Hebel: Deutschland im Tiefschlaf - Wie wir unsere Zukunft verspielen Der preisgekrönte Autor beschreibt in seinem Buch die Lage in Deutschland genau. Contramann war bei Lektüre der 240 Seiten zufrieden, also nicht begeistert. Ging mir übrigens genau so.
Mein (einziger) Kritikpunkt ist der hohe Preis (16,90 €) bei eben nur 240 Seiten. Ansonsten ist das Buch sehr flüssig und gut verständlich beschrieben. Hauptsächlich bemängelt der Autor die zaudernde und widersprüchliche Politik der Sozialdemokraten; Insbesondere gegenüber der Linkspartei. Auch gut die generelle Kritik an den Medien, die immer mehr auf Gleichklang des Mainstreams gebürstet werden und sich aktuell von der großen Koalition zur Meinungsmache freiwillig hergeben.
Contramann ist eigentlich nur verärgert über den Autor, der in der Kommission zum Unwort des Jahres saß und dort den Begriff der „Lügenpresse“ ausdrücklich als Unwort herausstellt. Hebel lief damit genau in die Falle, die er in diesem Buch eben anprangert: Vor lauter Geltungssucht, weil er (endlich mal) im Rampenlicht der Medien steht, übersieht er völlig, das „Lügenpresse“ allein schon deshalb die falsche Wahl ist, weil dieser Begriff überhaupt erst in den letzten 2 Wochen des letzten Jahres hervorgehoben wurde und eigentlich erst jetzt, zu Beginn des Folgejahres, so richtig „durchschlägt“.
Trotzdem meine ich: Auf dem Klo oder vor dem Einschlafen ist dieses Buch eine gute Wahl.
                        
Daniel Suarez: Kill Decision
Ja aber hallo, was ist denn das! Gei-lo-mat! Schon „Daemon“ und „Darknet“, seine ersten beiden Romane über eine künstliche Intelligenz, die in Zusammenarbeit mit einem sadistischen Nazi Major die Welt bedroht, hatte mich gefesselt. Und ebenso wie diese Romane spielt „Kill Decision“ in einer ganz nahen Zukunft, ja quasi in der Gegenwart. Und was diesen Roman auch noch ausmacht, ist, das lediglich in den autonom agierenden Drohnen ein Science Fiction Element erkennbar ist.
Die Bedrohung geht hier nicht von einer künstlichen Intelligenz aus, sondern von einem Schwarm von Killerdrohnen, deren Schwarmverhalten nach dem Vorbild der afrikanischen Weberameise, der aggressivsten Art von Insekten dieses Planeten, programmiert wird. Das die Hintermänner in diesem Roman auch am Schluß lediglich undeutlich in der „Wirtschaft“ zu verorten sind, macht die ganze Geschichte lediglich realistischer.
Protagonisten des Romans sind einmal die Biologin Linda McKinney, die das Schwarmmodell der Weberameisen zum besserem Studium in ein Softwaremodell eingearbeitet hatte, und der „Irgendein Ami Geheimdienst“ Mitarbeiter David Shaw, genannt Odin. Als Sidekick dazu noch Odins Team – die Expendables sind nichts dagegen!
Weil McKinney für die Drahtzieher hinter dem Schwarm gefährlich ist, soll sie von Drohnen beseitigt werden. Denn sie stört bei dem Plan, die Welt in den 3. Weltkrieg durch die Vernichtung einer US amerikanischen Flugzeugträgerstaffel an kritischer Stelle, nämlich im südchinesischen Meer, zu stürzen.
Odin und sein Team können sie retten, müssen fortan aber mehr und mehr auf die Unterstützung der amerikanischen Geheimdienste verzichten, da diese offensichtlich ebenfalls in die Intrige mit verstrickt sind. Wie schon erwähnt, bleiben die Hintermänner die ganze Zeit im Dunkeln. Hier kann der geneigte Leser je nach Grad der persönlichen Paranoia raten.
Ja, es ist schade, das die Bösewichter keine Gesichter haben. Aber man kann es auch positiv sehen. Lediglich dass Odin McKinney im Laufe der Story nicht nur fickt, sondern sich auch in sie verliebt, zeigt leider, das der Autor Hollywood schon im Blickwinkel hat. Auf die Verfilmung bin ich jedenfalls gespannt.
Im nervenzerfetzenden Showdown entern McKinney und Odin den Frachter, der die Drohnen zum Flugzeugträger schippert. Wie in Hitchcocks „die Vögel“ müssen sich die beiden durch die Drohnenschar vorsichtig ans Ziel heranpirschen und immer wieder mit Pheronomen einsprühen, um die Drohnen zu täuschen. Denn Duftmarkierungen dienen den Drohnen zur Orientierung und Identifizierung – ganz genau wie bei den Weberameisen.
Ich jedenfalls kann mir das Ganze sehr gut als Hollywood Blockbuster vorstellen, dann aber bitte ohne Tom Cruise. Beängstigend ist an diesem Roman, das es wohl gar keine Science Fiction ist. Da fragen wir uns nicht ob, sondern wann autonome Drohnen zur Terrorismusbekämpfung eingesetzt werden. So schließt sich also der Kreis von Michael Crichton zu Matrix.
Nach der Lektüre von „Kill Decision“ jedenfalls halte ich Matrix nicht mehr für eine unrealistische Zukunftsvision. Ich hoffe nur, das ich das nicht mehr selbst erleben muss.

John Scalzi: Die letzte Einheit
Bleiben wir doch gleich bei schönen Ballereien und schierer Waffenpower. Dieser Roman spielt im Universum von „Krieg der Klone“ und „Geisterbrigaden“, Scalzi`s genialer Idee, der er seitdem immer hinterher hechelte.
In diesem Universum wurden Menschen über 75 Jahren vor die Wahl gestellt, entweder so weiterzuleben oder aber ihr Bewusstsein in einen Klon zu transferieren. Alsdann mussten diese Klone für die koloniale Union der Menschen in diversen Kriegen gegen Aliens kämpfen. Denn Kolonialplaneten sind in der Galaxis heiß begehrt und mit Gewalt lassen sich unterschiedliche Ansichten am Besten lösen.
Doch als sich 400 Alienvölker zur Konklave, einer Art Nato, zusammenschließen und die Galaxis dahingehend dominieren, das sie einfach den anderen Völkern die weitere Erschließung von Kolonialplaneten verbieten, da kommt die Ausweitung der kolonialen Union der Menschen zum Erliegen. Lediglich untereinander dürfen sich die Völker ihre Planeten abjagen, da mischt sich die Konklave nicht ein.
Als sich die Konklave gar zum Angriff auf die Erde entschließt, kann nur John Perry, der Kriegsheld der ersten Romane dieses Universums des John Scalzi, die Erde retten. Der Preis ist die Entfremdung der Erde von der kolonialen Union, da die nach wie vor in verschiedene Einzelstaaten gespaltene Erde jetzt endlich merkt, das sie die ganze Zeit von der Union nur benutzt worden war.
Hier setzt „Die letzte Einheit“ ein. Die Erde überlegt, ohne die koloniale Union in die Konklave einzutreten, was ganz im Sinne der Konklave wäre, um die Menschheit zu spalten. Die koloniale Union würde so nach und nach gegen aggressive Aliens das Nachsehen haben und in absehbarer Zeit aussterben.
Ja, es geht um die letzte Einheit. Das sind aber keine Ledernacken, sondern ein Team von Diplomaten und der Crew der „Clarke“, einem eigentlich ausgemusterten Raumschiff. Anfangs wird das Team um Botschafterin Abumwe nur in unwichtigen Missionen eingesetzt und deshalb auch als B-Team bezeichnet. Zum A-Team wird die Mannschaft erst durch den Einsatz von Lt. Wilson, dem grünhäutigen Mitglied der kolonialen Verteidigungsarmee und dessen Buddy Hart Schmidt, als sie das Verschwinden einer Diplomatin aufklären können.
Eigentlich ist dieses Buch eine Sammlung von Kurzgeschichten, derer roter Faden die Clarke ist und natürlich die verschiedenen Protagonisten. Als roter Faden dient die Bedrohung der kolonialen Union durch einen bis zum Schluss nicht erkennbaren Gegner, was auf eine Fortsetzung schließen lässt.
In jeder Geschichte kommen andere Protagonisten zum Einsatz und nicht immer ist die jeweilige Handlung entscheidend für den roten Faden. So besucht Hart Schmidt in einer Geschichte seine Familie zum Thanksgiving und erklärt in einer starken Rede seiner Familie, warum sein Job eben doch wichtig ist, obwohl er im diplomatischen Korps keine Karriere machen wird.
13 Kurzgeschichten nebst 2 Bonusepisoden – genau, Episoden. Das Ganze hat etwas von einer Fernsehserie und ist trotz der Kürze der meisten Geschichten beachtlich prägnant geschildert. Hut ab, so macht das Lesen Spaß.
Die Konklave wird hier durchaus friedfertig dargestellt und die Bemühungen der Diplomaten, den schlechten Ruf der kolonialen Union durch Verhandlungsgeschick und Einsatz ohne Rücksicht auf drohende Gefahren aufzupolieren, fesselt bis zur letzten Seite.
Ich freue mich auf die Fortsetzung und hoffe, das die Erde dann nicht ohne die koloniale Union der Konklave beitritt. Auf alle Fälle ist Scalzi back on Top!

Michael Farris Smith – Nach dem Sturm
Aha – ein neues Gesicht. Und er wird mit William Faulkner verglichen, was mich nicht vom Lesen abhalten konnte. Aus Mississippi kommt der Autor. Klingt erstmal interessant.
In der Story wurde die Golfküste der USA in einer nicht näher benannten nahen Zukunft überschwemmt und wird von Stürmen und permanenten Regenfällen geplagt. In der damit quasi unbewohnbaren Wildnis halten es nur noch Outlaws und Glücksritter aus. So suchen z. B. viele nach vergrabenen Geld, welches aus aufgegebenen Casinos stammen soll. Die meisten der Menschen haben sich hinter die „Linie“ zurückgezogen.
Die US Regierung sah keine andere Möglichkeit, als diese raue Wildnis für unbewohnbar zu erklären, weil sie nicht zu kontrollieren ist. Held der Geschichte ist Cohen, der in den Wirren der ersten Stürme seine hochschwangere Frau verloren hatte und ihren Tod nicht verwinden kann.
Aggie ist ein Prediger, der mit seinem Helfer Joe Leuten erst Hilfe anbietet und dann die Männer ermordet, während die Frauen in seiner Wohnwagensiedlung gefangen gehalten werden. Sie sollen quasi den Anfang eines obskuren neuen Volkes darstellen und werden demzufolge einfach als Zuchtstuten gehalten.
Irgendwie kann Cohen den bedrängten Frauen helfen und Aggie (vorerst) kaltstellen. Zusammen mit den Frauen will er die Linie erreichen, weil ihm klar wird, das es für Menschen in dieser Wildnis keine Zukunft gibt.
Ich bin zur Zeit noch mitten drin in diesem Roman, aber eins ist mir schon klar geworden: Mit Science Fiction im klassischen Sinn hat dieser Roman nichts am Hut. Die Story könnte genauso gut im Wilden Westen zur Pionierzeit spielen. Es geht hier ausschließlich um die Herausarbeitung der Charaktere, um aufzuzeigen, was Menschlichkeit und Mitgefühl ausmacht und das diese selbst in ausweglosen Situationen nicht verloren geht.
Ansonsten liest es sich flüssig, wenn auch die Szenerie düster und ungemütlich ist. Wenn es nicht stürmt, dann regnet es. Endzeitstimmung ist angesagt. Ich bin guter Hoffnung, das die Story am Ende noch ein Happy End erlebt. Andernfalls hätte der Autor etwas falsch gemacht.

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