Donnerstag, 10. Oktober 2024

Hartmudo: Superwumms

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Da lagen auch schon mal zwei bis drei Runden Bier im Flohzirkus, dem legendären Club um die Ecke, drin. Auf der Rückfahrt gab es Dosenbier und laute Mukke aus dem Kassettenspieler im Auto. Zuhause waren wir dann gegen 16.00 Uhr, Zeit für den Wohnungsputz. Da hatten wir auch eine schöne Routine.
Während Pocke das schmutzige Geschirr der Woche in unserem kombinierten Küchen- und Badezimmer eingeweicht hatte und nebenbei den Staubsauger spazieren führte, putzte ich unser Klosett, welches sich in einem Bretterverhau in unserem Wohnungsflur befand. Dann säuberte Pocke das schmutzige Geschirr mit einer Spülbürste, worauf ich das Geschirrtuch zum Einsatz brachte.
Keine Sportschau am frühen Abend, stattdessen galt es, die neuen Platten anzuhören. Jetzt nur noch mal so zum besseren Verständnis: Ich kehrte gewöhnlich mit 10 bis 20 Platten aus Hannover zurück; Pockes sammelte in der Regel mindestens die doppelte Menge ein. Hierzu hatten wir einen Conti am Start, TK-Pizza machte uns satt.
Wenn Du jetzt noch wissen willst, was ein Conti gewesen sein könnte.... Wikipedia hilft! So verbrachten wir dann den gesamten Abend und philosophierten über die jeweiligen Scheiben, gern hatten wir auch Gäste bei uns gehabt. Die wussten dann schon, dass ein Conti mitzubringen war. Wolters oder Feldschlösschen, never Wittinger.
„So schön, schön war die Zeit..." Wir ergänzten uns seinerzeit hervorragend, waren „Zwei wie Pech und Schwefel", das Traumpaar der Saison und so weiter. Und diese damalige Harmonie zwischen uns beiden erlebte ich bei diesen zwei Spaziergängen im ausgehenden Winter 2023 erneut.
Wir hatten uns in den Jahrzehnten unterschiedlich entwickelt, uns wie ein altes Ehepaar nach und nach auseinandergelebt. Häufig genug hätten wir uns fast verloren und doch immer wieder zusammengekauft, obwohl die entstandenen Risse immer allgegenwärtig blieben.
All das erinnert an den sensationellen Roman „Stan" von John Comolly, eine fiktive Biographie von Stan Laurel und eine Hommage an diesen großen Schauspieler und seinen kongenialen Partner Oliver Hardy. So verschieden sie auch gewesen waren, aber zusammen waren sie unschlagbar und mehr als die Summe ihrer Teile.
Für Pocke und mich sehe ich dies als passenden Vergleich an. Wie in unserer Wohngemeinschaft schwadronierten wir über die große, mittlerweile vergangene Zeit der Rockmusik. Andere Themen wie unsere Freunde, die Familie oder Politik (dies stark eingeschränkt aufgrund unserer extrem unterschiedlichen Ansichten) ergänzten die Nachmittage hervorragend.
Der erste Spaziergang führte uns durch die Rieselfelder hinter der Mülldeponie. Dieses Gebiet kann man schon fast als Naturschutzgebiet bezeichnen. Nach Müll riecht da im Spätwinter nichts - selbst im Hochsommer braucht man hier keine Atemschutzmaske. Trockenes Wetter bei strahlendem Sonnenschein in freier Natur ohne den Lärm der Straße; auch dies trug bei mir zusätzlich zu einer positiven Stimmung bei.
Der zweite Spaziergang führte uns durch den Lehndorfer Forst. Dies bei vergleichbaren Wetter, nur überwiegend auf Waldwegen. Beide Male rundeten wir den Nachmittag mit Kaffee und Kuchen beim Bäcker ab. Ohne Conti (gibt‘s ja leider nicht mehr im „Original“) und Pizza. Kein Zweifel, wir haben uns tatsächlich weiterentwickelt.
Doch wenn das so toll gewesen sein soll, warum haben Pocke und ich nicht mehr Spaziergänge zusammen unternommen? Ich weiß es nicht - es war wohl gut so, wie es war. Wir kennen uns ja in- und auswendig, anders als Charles und ich. Deshalb waren die Gänge mit Charles richtigerweise häufiger, wenn auch jeweils kürzer.
Anyway: Das Spazieren durch die Rieselfelder und den Lehndorfer Forst war ebenfalls ein weiterer Schritt in die Normalität zurück gewesen. Wo war ich bei der Schilderung meines leidigen Krankheitsverlaufes stehen geblieben? Ach ja, beim Gespräch mit der Psychotherapie Ambulanz am Donnerstag, dann kam...
Freitag, der 24. Februar. Nach dem üblichen Hochquälen aus dem Bett und „Watzmann ermittelt" fuhren meine Löwin und ich zu Berta und einem Kaffee. Wir wollten die von einer Firma durchgeführte Renovierung begutachten.
Meine Schwester Berta hatte sich endlich zur Renovierung ihres Schlafzimmers durchringen können. Mein Schwager Bud war im Vorjahr verstorben und Berta hatte aus ihrer Trauer nicht herauskommen können. Die Renovierung des Schlafzimmers markierte somit einen wichtigen Wendepunkt für meine Schwester.
Und das Schlafzimmer war beileibe nicht alles, wie ich schnell erkennen konnte, als wir bei Berta eintrafen und erst einmal einen Kaffee zu uns nahmen. Denn neben den Malerarbeiten im ersten Stock - Schlafzimmer und Flur - hatte sie in eben diesem Zimmer komplett neue Möbel gekauft. Ich fühlte mich gleich wie in einem Ausstellungsraum bei Porta oder XXXL Lutz versetzt.
Ich äußerte auch gleich einen Verbesserungsvorschlag; Ein Fernseher vor dem Bett fehlte halt noch. Dieser Gedanke war Berta bislang noch nicht gekommen und eben auch Neuland. Ich denke, dass sie meinen Vorschlag nie umsetzen wird. Aber sie hat ihr neues Schlafzimmer stilvoll gestaltet, das kann man so festhalten.
Der eigentliche Hammer aber waren die verputzten Decken unten wie im ersten Stock. Der helle Putz war mit winzigen dunklen Steinchen und ebensolchen Glassplittern vermischt worden. Die entstandene raue Oberfläche verleiht dem gesamten Haus ein edles Ambiente. Wie meine Löwin ist auch Berta mit einem geschickten Händchen für Design gesegnet.
Da war ich wirklich beeindruckt und freute mich für Berta, die über mehrere Wochen mit der Neugestaltung beschäftigt gewesen war. Meine Löwin konnte mir da beipflichten, als wir Berta in der Mittagszeit wieder verließen und über den Supermarkt nach Hause fuhren.
Und der Tag war damit ja nicht beendet gewesen. Denn auf vielfachen Wunsch einiger meiner Kollegen und Ex-Kollegen fand an diesem Abend unsere „Winter-Jam" statt. Ich hatte den Jungs bei unserem letzten Treffen mit Erzählungen über das Lufteck, der hervorragenden Kneipe bei uns um die Ecke, den Mund wässrig gemacht.
Heute Abend gastierte Eintracht in Düsseldorf und dieses Spiel wurde natürlich im Lufteck auf insgesamt vier Bildschirmen gezeigt. Den Tisch hatte ich bereits im Dezember gebucht gehabt - vor meinem Unfall. Ich hatte ein paar Tage vorher noch kurz überlegt, ob ich dort hingehen sollte; schließlich war ich ja krank geschrieben.
Doch dann sagte ich mir... Scheiß drauf! Ich war weder bettlägerig noch sonst wie gehandicapt. Krank wegen Psyche; So schaute es aus. Und das Schlimmste, was man da machen kann, ist sich zu verkriechen.

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