Montag, 10. Juli 2023

Hartmudo: Scheiß Urlaub 3/3

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Eine Stunde vor Schluss brachte ich vorsichtshalber die Ausgangspost weg; auch um zu gucken, ob nicht noch etwas Post angekommen war. Und - wir sind immer noch bei Murphy's Law - dummerweise hatte der Postbote noch einigen Nachschub für mich geliefert. Zwar keine umfangreichen Sachen, aber knapp wurde es trotzdem.
Das ausgerechnet jetzt die Anwendung immer langsamer lief, passte dazu und steigerte meine ausgesprochen „gute Laune“. Um 14:57 Uhr fuhr mein Bus, die letzte Post für den Ausgang schnappte ich um 14.49 Uhr zum Wegbringen. Mütze aufsetzen, Weste anziehen, Laptop ausschalten und die Aktentasche schon mal auf den Stuhl vor der Tür abstellen - auf dem Weg zum Postzimmer war das alles eine fließende Bewegung.
Barfuss am Vormittag
Eigentlich wollte ich vor der Busfahrt noch schnell pinkeln, das konnte ich jetzt aufgrund der knappen Zeit knicken. Hierüber war ich natürlich mehr als verärgert. Diese unnötige Hektik kurz vor dem Urlaub, gepaart mit dem „warum passiert das immer nur mir" - Feeling a la Bruce Willis, wollte ich doch hinter mir haben.
Doch ich kam nicht dagegen an und astete zügig bei schwülem Wetter über den Parkplatz zur Bushaltestelle. Denn der Bus nach Braunschweig fährt nur alle Stunde, ansonsten hätte ich eher ruhig weiter gearbeitet, um stressfrei in den Urlaub zu starten.
Kurz vor der Bushalte angekommen, erkannte ich die 620 in 500 Meter Entfernung. Topp!!! Ich griff schon mal zum Handy, um das digitale 49 €-Ticket vorzubereiten. Aber wo war mein Handy? Im Büro war mein Handy! Na super, das war es mit dem Bus. Sofort sackten meine Schultern runter und ich trottete wie ein begossener Pudel ins Rathaus zurück.
Positiv denken, Alter! Wenigstens hatte ich jetzt genügend Zeit fürs Pinkeln. Mit in Falten gelegter Stirn und einem Gesichtsausdruck, bei dem man mich lieber nicht ansprechen sollte, holte ich das Smartphone aus dem Büro und ging sofort in Richtung Bahnhof - ohne zu pinkeln!
Denn ich hatte mir einen genialen Plan überlegt: Im Cafe Extraschicht würde ich ein Bier trinken und dazu die Story, die Du als Leser gerade vor Dir hast, ins Smartphone einsprechen. Mit erheblich besserer Laune stürmte ich ins Cafe Extraschicht, schmiss die Jacke auf eine Bank und setzte mich erstmal in die Toilette ab. Endlich hatte ich die Zeit dafür gefunden.
Und dann aber! Ein großes Bier, ein Jägermeister und ab ging die Luzie. Nach dem ersten Schluck schaute ich mich im Café um, wo ich einer der jüngeren Gäste war. Hier sah ich nur Deutsche - Arier welcome.
Ja, das klingt übel, aber der muslimische Bevölkerungsanteil in Salzgitter ist mit Neukölln durchaus vergleichbar und damit zum Bundesdurchschnitt überdurchschnittlich hoch. Und Muslime saufen bekanntlich nicht, von daher…
Jedenfalls kam ich mit dem Text sehr gut voran und hatte am Ende der nächsten Runde sogar noch Zeit, um mir vom Bäcker noch feste Kohlenhydrate für die Rückfahrt mit dem Bus zu organisieren. Nach zwei Bier, zwei Jägermeistern war ich doch schon etwas angeschiggert und aufs Franzbrötchen und Schokocroissant angewiesen.
An der Bushalte wartend, packte ich den MP3 Player aus und vergrub die Kopfhörer in meinen Ohren. Gleich als erstes ertönte „Mother Night" von Family 5 - jau! „Nach all den Jahren, merkst Du, dass Du zu viel nachdenkst. Es ist doch egal warum, geht es Dir gut, dann geht's Dir gut!" Es ist doch immer wieder erstaunlich, dass Peter Hein die Songs geschrieben hatte, welche mich bei dunklen Stimmungen aus der Lethargie zu reißen vermögen.
Im Bus sitzend, griff ich gar nicht erst zum Buch, sondern lauschte weiterhin den alten Songs. Leider verspürte ich einen starken Harndrang und überlegte schon, ob ich zwischendurch aussteigen sollte, obwohl ich dann nochmals eine Stunde verlieren würde. Doch ich blieb sitzhaft bis zur Endhaltestelle auf der Wilhelmstraße, wo ich mich zur Weiterfahrt nach Lehndorf zum Rathaus begeben musste.
Bei Burger King wollte ich kurz snacken und die Toilette aufsuchen. Gut gelaunt und von der Musik beflügelt, stand ich sogleich vor dem dummerweise geschlossenen Burger King. Wasserschaden dank des Unwetters am Vorabend - stimmt, das hatte ich ja live miterleben dürfen. Also Kaffee bei Steinecke. Ein kurzes Stück weiter.
Doch als ich dort die Tür öffnete, kam mir die Verkäuferin schnurstracks entgegen und machte mir diese unmittelbar vor der Nase zu. „Wir schließen gleich", rief sie mir noch entgegen. „Na toll, das hört heute ja gar nicht mit dem Pech auf", dachte ich noch.
Fruststopper
Wenigstens ließ ich mir nun die Laune nicht mehr verdrießen und ging weiter ins Lindi. Bier bestellen und Pinkeln gehen war eine einzige wie grazile Bewegung. Mit dem Bier setze ich mich nach draußen, schaute dem Treiben auf der Straße zu und sprach meinen Text weiter ein.
Vollkommen entspannt bestieg ich kurze Zeit später den Bus nach Lehndorf und machte es mir erst einmal bequem. Da hatte ich an den letzten beiden Arbeitstagen einen so üblen Nerv mitmachen müssen und den Urlaub schon verflucht gehabt. Scheiß Urlaub - in der Tat! Sind ja auch voll gepackt mit Aktion, diese zweieinhalb Wochen.
Die Tagestour in der Eifel, der Besuch bei Phil und Candela am Wochenende drauf und zum Abschluss noch die BiRe nach Lüneburg. Nach Erholung klang das nicht, eher nach gesellschaftlichen Verpflichtungen.
Aber scheiß drauf, dank der Musikdusche hatte ich an den beiden letzten schlimmen Tagen meine Stimmung ins Positive ziehen können. Zugegebenermaßen war da auch Alk im Spiel, den sollte ich vielleicht mal bei vergleichbaren Situationen in der Zukunft weglassen.
Aber so lange ich wenigstens noch im Nachhinein über die vielen Misslichkeiten des Lebens lachen kann, ist Polen nicht verloren.

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