Samstag, 23. Juli 2022

Warum spielt denn der Poldi nicht?

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immer noch Sa. 18. Juni

Große Bereiche der Zuschauerränge waren in blau weiß gehalten. 30000 Isländer sollen sich angeblich in Frankreich bei der EM aufhalten. Das sind 10% der Bevölkerung Islands. Respekt. Da scheint ein regelrechter Boom ausgebrochen zu sein.
Meine Löwin und ich sind große Fans der Isländer. Der Torwart hat seine Karriere als Filmregisseur wegen drohenden Burnouts zugunsten des Fußballs aufgegeben. Ein anderer Spieler leidet unter ADS. Nur auf dem Platz ist er entspannt. Der Co-Trainer ist eigentlich Zahnarzt... Kurz und gut, hier stehen noch echte Kerle auf dem Platz, nicht solche Medienmuschis wie Ibrahimovic, Ronaldo oder Götze.
Beide Mannschaften hatten nach ihren Überraschungserfolgen gegen die jeweils favorisierten Teams aus Portugal und Österreich die Riesenchance, sich mit einem Sieg das Achtelfinale zu sichern. Studiogast Thomas Doll, Trainer von Ferencvaros Budapest, war jedenfalls sehr vom ungarischen Team überzeugt. Na ja, wenn der das sagt... Als Trainer bei Dortmund oder HSV gescheitert, aber wie Loddar in Ungarn erfolgreich. Das ist Thomas Doll.
Die Ungarn hatten von Beginn an Feldvorteile, die sie aber gegen eine dicht gestaffelte Abwehr Islands nicht in Tore umwandeln konnten. Die Isländer setzten gelegentlich schöne Konter, die aber auch ergebnislos endeten. Meine Löwin und ich bereiteten derweil Paddies fürs Grillen am Dienstag vor. Meine Löwin knetete und würzte die Hackmasse, um sie dann dank einer Burgerpresse in Form zu bringen. Ich wiederum schichtete sie vorsichtig übereinander, immer ein Stück Backpapier dazwischen, um die Paddies voneinander zu trennen. Anschließend einfügen, vakuumisieren und ab damit in den Gefrierschrank. Das wird so richtig lecker am Dienstag, das kann ich aus Erfahrung versprechen.
Gut gelaunt machte ich mir ein erstes Hefeweizen auf, als der Schiedsrichter völlig überraschend Elfmeter für Island pfiff. Schnell schüttete ich das Weizen ins Glas und konnte dann den Isländern zum 1:0 zuprosten. Die Gesänge der Isländer wurden nun immer lauter, mein aufkommendes Gänsehautfeeling beruhigte ich mit dem Franziskaner. Zur Pause blieb als Fazit, das die Isländer einen Tick besser und dazu etwas gefährlicher waren.
In der Halbzeitpause erregte sich Thomas Doll ob des völlig unberechtigten Elfmeters, während ein mir nicht bekannter Schiedsrichterexperte namens Jansen (ARD halt) die Entscheidung vehement verteidigte. Der wie immer blass bleibende Opdenhövel saß nur doof daneben und Mehmet grinste sich einen. Arnd Zeigler, der zwischen den Spielen immer so schöne alte Fernsehaufnahmen aus besseren (Fußball)zeiten vorführt, zeigte sich vorsichtshalber gar nicht.
Nach der Halbzeit setzte sich das Geschehen zunächst nahtlos fort. Die Isländer hatten sogar noch eine große Chance, war aber abseits. So ab der 75. Minute erhöhten die Ungarn überraschend das Tempo. Und als Szalai, der Hannoveraner Chancentod, 5 Minuten vor Ultimo ins Spiel kam, wurde es richtig dramatisch.
Ein einziges Mal kam ein Ungar in der rechten Strafraumhälfte Islands durch, flankte nach innen und der unglückliche isländische Verteidiger drückte das Leder zum 1:1 Ausgleich über die Linie. Er hatte keine Schuld, hätte das Tor eh nicht verhindern können, weil hinter ihm noch ein einschussbereiter Ungarn lauerte.
Schade. Und dann noch die allerletzte Szene des Spiels. Freistoß für Island an der ungarischen Strafraumgrenze. Hätte man da auch Elfmeter pfeifen können? Jedenfalls ging der Ball dann ganz knapp am rechten Pfosten vorbei ins Aus. Abpfiff, Endstand 1:1 und Gabor Kiraly freute sich, als ob die Ungarn gewonnen hätten.
Thomas Doll hatten sie wohl irgendwann aus dem Studio entfernt. Oder lag es an meinem nächsten Weizen? Hatte ich den Riesenbonsai Thomas Doll übersehen? Die Ungarn sind nach diesem Spiel quasi durch, die Isländer dagegen werden in ihrem letzten Spiel gegen Österreich wohl gewinnen müssen, wenn sie weiter im Turnier bleiben wollen.
Es fehlte nur noch der letzte Akt, das letzte Spiel des zweiten Vorrundenspieltages. Bei Portugal gegen Österreich ging es für beide schon um alles. Der Verlierer würde realistischerweise wohl nur noch auf den dritten Platz schielen können. Das sollte doch ein ereignisreiches Spiel garantieren, oder etwa nicht?
Eher nicht. Die Selecao war das ganze Spiel über drückend überlegen und ließ die Österreicher nicht zur Entfaltung kommen. Der hochgelobte Alaba war ein Totalausfall und fiel lediglich durch seine blonden Löckchen auf. Arnautovic fand ich besser, als ihn die Kritiker des Kicker beurteilten. Er kämpfte wenigstens, was man von den meisten seiner Mitspieler leider nicht behaupten konnte.
Cristiano Ronaldo war allerdings auch neben der Spur. Neben mehreren Hochkarätern verballerte er sogar noch einen an ihm verschuldeten Foulelfmeter. Mit diesem Spiel wurde er zwar portugiesischer Rekordnationalspieler, aber mit so einer Leistung in seinem ersten Länderspiel wäre es mit der großen Karriere wohl nichts geworden.
Das Spiel wie auch mein Weizen plätscherte so vor sich hin. Einzig der österreichische Torhüter Robert Almer, der ansonsten bei der Wiener Austria im Tor steht, machte ein überragendes Spiel. Beim Pfostentreffer von Nani hatte er zwar wie beim Elfer Glück, aber ansonsten hielt er seine Kajüte sauber. Ich bezweifle, das die Österreicher zum Sieg gegen Island kommen. Ich denke, die werden Letzter in der Gruppe.
An die Portugiesen glaube ich nur deshalb, weil das Team aufopferungsvoll kämpfte und den Sieg dank drückender Überlegenheit mehr als verdient gehabt hätte. Wenn Cristiano Ronaldo nicht gewesen wäre, hätten sie wohl noch irgendwie einen reingemogelt. 0:0 stand es am Ende und außer Robert Almer gab es nur Verlierer.
So richtig, aber so richtig geil war das Highlight des Tages nach dem Schlusspfiff. Ein portugiesischer Fan lief an den Ordnern vorbei zu Cristiano Ronaldo. Weinend versuchte er, sein Smartphone für ein Selfie von sich und Ronaldo zu aktivieren. Ein Ordner wollte ihn schon wegziehen, doch allein der Blick von Ronaldo gebot ihm, den Fan gewähren zu lassen.
Die Art, wie Ronaldo einfach lässig mit der Hand den Ordner bedeutete, den Fan Zeit zu geben, sein Handy zu bedienen, war groß. Ganz stark von CR7, wie er diesen Fan glücklich machte, ehe er nach einer für seine Verhältnisse schwachen Partie in den Katakomben verschwand. Ich werde so wohl noch ein Fan von CR7.
Ab morgen geht es dann für (fast) alle Teams um die Wurst. Ich schüttete mir noch ein Franziskaner ein und schaute noch etwas Beckmann. "Beckmanns Sportschule"- immer nach der EM Berichterstattung der ARD - hatte im Spiegel eine vernichtende Kritik einstecken müssen. Gut macht er es wirklich nicht und Tim Wiese als Bodyguard ist einfach nur tumb. Das Uwe Seeler alias der Sackkrauler als Schirmherr der Sportschule Malente sich für so etwas hergibt, ist ebenfalls bitter. Aber ein Talk mit Weizenbier-Waldi wäre erheblich dröger anzuschauen.
Ich blieb dran, weil in dieser Sendung die erste Runde des DFB Pokal ausgelost wurde. Eintracht spielt schon wieder in Würzburg wie vor 2 Jahren. Ich trank gemütlich mein Bier aus, meine Löwin schlummerte schon sanft. Auf Musik hören hatte ich auch keine Lust, also begab ich mich alsbald zur Ruh.

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