31
Nach der von der UEFA präsentierten Mannschaftsaufstellung spielte die Mannschaft, so der simple Spitzname des deutschen Teams, im unerwarteten 4-4-2. Höwedes rückte auf die rechte Abwehrseite, während Kimmich im Team blieb, allerdings im rechten Mittelfeld verortet wurde. Und Müller als zweiter Stürmer? Nein, nein. Vergesst dies schnell, es war im Spiel eher ein 3-2-2-2-1 System. Bei Bedarf, also in der Defensive, rückten Hector und Kimmich von den Außenbahnen als Außenverteidiger zu den 3 Innenverteidigern nach hinten. Es sah tatsächlich so aus, als ob Torsten Lieberknecht Jogi Löw die Dreierkette kurz erklärt hätte.
Wie erwartet, zeigte uns die ARD auch noch die Tore aus den Spielen gegen Italien der früheren EM und WM Turniere, um den Status Italiens als Angstgegner Deutschlands zu untermauern. Hier vermisste ich den italienischen Altinternationalen im Studio und vor allem Arnd Zeigler, den sie völlig ohne Grund offenbar weggesperrt hatten.
Dann ging das Spiel nach den Hymnen endlich los. Hierzu stellte meine Löwin noch die Kräuterbutter vom Nachmittag auf den Tisch. Danny hatte zu meinem Bedauern ihre Tomaten- und erst recht die Chakalakabutter mit nach Hause genommen. Lediglich meine Röstzwiebelbutter hatte er verschont, die kam jetzt noch mit hinzu. Die Brötchen vom Morgen dazu in Scheiben geschnitten - lecker!
Phil wusste instinktiv, das die fettige Creme mit den Röstzwiebeln von mir fabriziert wurde, weil er sofort die Geschmacksverstärker in der leicht übersalzenen Butter heraus schmeckte. Diesen Mix aus Butter, Creme Fraiche von President (die EM ist in Frankreich, Leute!) und Röstzwiebeln hatte ich mittags aus der von Dora mitgebrachten Butter gezaubert, dazu das Currypulver für die perfekte C-Wurst zu Hause und Vegeta, der unverzichtbare Salzersatz mit hohem Gemüseanteil nebst... Natriumglutamat hinzugefügt. Hauptsache ist doch, dass es schmeckt. Und so war es schließlich auch, denn Phil und ich rissen eine gewaltige Kerbe in die Schale mit der Röstzwiebelbutter.
Von Beginn an stand das Spiel auf "hohem taktischen Niveau", so der Reporter Steffen Simon mit vorgetäuschtem Sachverstand. Bei uns jedoch kam eine große Langeweile auf. Beide Teams neutralisieren sich weitgehend, Erinnerungen an Portugal gegen Polen wurden wieder geweckt. Als auch noch Schweinsteiger in der 16. Minute für den verletzten Khedira in die Mannschaft rückte, wurde das Spiel gleich viel ruhiger. Bis zur Halbzeit passierte gar nichts mehr; Bis auf den nicht gegebenen Treffer von Schweini nach einem Foul hatten beide Teams lediglich überschaubare Möglichkeiten herausgespielt. Auffällig war höchstens, das Kimmich auf der rechten Abwehrseite den Italienern viel zu viel Raum ließ, was diese aber nicht auszunutzen verstanden.
Nach dem Wechsel kam die Mannschaft der Bratwurstesser sichtlich besser ins Spiel und erzielte in der 65. Minute das 1:0 durch Özil. Der Riestermeister Gomez setzte sich auf der linken Seite herrlich durch, passte schön zu Hector, und dieser leitete die Murmel in die Mitte weiter, wo Özil einfach nur den Fuß hinhalten musste. Ausgerechnet Özil, der bisher und unserer Meinung nach auch in diesem Spiel vollkommen außer Form war.
Jetzt endlich begann die Mannschaft Fußball zu spielen anstatt lediglich zu arbeiten und eroberte sich ein Übergewicht, das zweite Tor lag sichtbar in der Luft. Und mitten in der Drangphase der Deutschen "sprang Boateng der Ball in der 77. Minute nach einer Flanke von rechts an den über den Kopf ausgestreckten Arm", so beschreibt Kicker Online diese Szene.
Na ja, dem Kicker konnte man auch in den dunkelsten Phasen der deutschen Geschichte mangelnde Solidarität mit der Nationalelf nicht vorwerfen. Wir im Fernsehsessel sahen jedenfalls einen Boateng, der in der Manie eines Handball- oder auch Basketballprofis mit hochgerissenen Armen auf den italienischen Spieler zusprang und den Ball dann zielgerichtet mit den Armen abwehrte. Weiß der Teufel, was Boateng, auch an diesem Tag ansonsten sehr sicher und stabil stehend, in dieser Szene gerissen hatte. Jeder andere wäre nach dieser Nummer ausgewechselt worden.
Der Innenverteidiger Bonucci ließ Neuer beim Elfmeter keine Chance. Das erste Gegentor im Turnier für die deutsche Mannschaft war gefallen. Würden die Italiener jetzt etwas offensiver agieren? Natürlich nicht, denn bis zum Ende der Verlängerung passierte so gut wie gar nichts mehr. Weder die Italiener noch die Deutschen spielten auf Sieg, da war selbst Portugal erheblich offensiver zu Werke gegangen.
Nach einer grausigen Verlängerung kam es deshalb folgerichtig zum Elfmeterschießen. In den überflüssigen 30 Minuten hatte ich noch ein wenig am Wolters gearbeitet und war dabei mehr ins Schwitzen geraten als Buffon und Neuer. Phil nuckelte dazu an seiner Fanta rum. Wir alle drei kämpften in der Verlängerung mit der Müdigkeit, das lahme Spiel hatte uns schläfrig gemacht. Wahrscheinlich ging es den Spielern auch nicht anders.
Nach jeweils 8 (!) Elfern beider Mannschaften dann die Entscheidung. Erst scheiterte der eingewechselte Darmian an Neuer, dann schob Hector den Ball unter dem fallenden Buffon hindurch zum viel umjubelten Endstand zum 7:6 für Deutschland ins Tor. Unsere Mannschaft hatte am Ende das glücklicherweise Füßchen, denn wenn Buffon, der ja auch schon 38 Lenze zählt, etwas schneller gefallen wäre, hätte er den Ball gehalten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen