Das alles hat nix, aber auch rein gar
nix mit Internethandel zu tun. Diese kleinen, unabhängigen
Einzelhändler sind ja sogar eher in den Großstädten zuerst
eingegangen, weil die entsprechende Kaufkraft die Filialketten dort
zuerst hingezogen hatte. Und erst in dem Moment, wo sich die Ketten
in den Fußgängerzonen der Metropolen breit gemacht hatten, zogen
sie aus, um die Provinzen zu erobern. Nur in der Provinz hatten die
kleinen „Krauter“ wie das Schuhhaus Rose überhaupt noch eine
Chance, mit innovativen oder wenigstens originellen Konzepten den
Ketten ein Schnippchen zu schlagen und den Bankrott weiter nach
hinten zu schieben.
In Braunschweig gibt es höchstens noch
Rheingold, aber da kauft auch keiner. Und Graff oder Pfankuch, die
beiden ehemaligen Platzhirsche im Bereich Buchhandel hier als
Gegenbeispiel anzuführen, hat einen entscheidenden Haken: Die
Buchpreisbindung.
Die Buchpreisbindung ist wohl noch die
einzige „staatliche“ Deckelung der ansonsten üblichen
Marktpreise. Und da, wo der Wettbewerb über den Verkaufspreis
ausgeschlossen ist, da hat dann auch wieder der lokale Einzelhändler
eine Chance und kann regional auf seine Kundschaft schneller
reagieren.
Hieran sieht man somit auch, auf welche
Art und Weise man erstmal das Sterben des lokalen Einzelhandels
verhindern könnte. Ein einheitlich vorgeschriebener Endverkaufspreis
läßt mich eben nicht sofort zum Billigheimer rennen. Bekomme ich
lokal eine gute Beratung, werde ich auch lokal einkaufen.
Für die Mädels ist das wegen des
Shoppens im ersten Moment vielleicht beängstigend, aber keine Panik,
meine Damen. Bei der Vielfalt an Markenbekleidung gibt es überall
noch Neues zu entdecken. Sagt mir Bescheid, wenn ihr pinke Lack …
Und gegenüber den Internethändlern
hat dann der Einzelhandel wieder eine Chance, egal ob lokaler Krauter
oder Kette. Wenn man es dann noch schafft, Mindestlöhne einzuführen,
ist der betriebswirtschaftliche Vorteil von Ketten wie auch vom
personaloptimierten Internethandel enorm zusammengeschrumpft.
Große Lagerhaltung sowie enorme
Transportkosten fressen dann eingesparte Personalkosten auf. So
einfach ließe sich die im Artikel betrauerte Vielfalt im Angebot
wieder herstellen.
In der sich immer schneller drehenden
Konsumwelt sollen wir doch kaufen, bis der Arzt kommt. Aber das Ganze
doch bitteschön mit moderat steigenden Löhnen, wo kämen wir denn
sonst hin? Hierüber schweigen sich die Autoren in dem
Wirtschaftswochenartikel aus.
Dies verwundert mich nicht, denn
insbesondere jetzt vor Weihnachten ist das Amazon Bashing
allgegenwärtig. Dieses Jahr ist es die schlechte Bezahlung der
Stammkräfte des amerikanischen Internetriesen und die Weigerung des
Konzerns, einen Tarifvertrag mit den Beschäftigten zu akzeptieren.
Ja wenn es gegen Amazon geht, dann
können auch Journalisten von Bertelsmann, Springer oder der
Holtzbrinck-Gruppe auch einmal den Nutzen von Gewerkschaften
lobpreisen. Da jedoch diese Medienkonzerne den Markt nicht nur bei
den Printmedien oder im Privat TV dominieren, sondern auch über
Beteiligungen bei Bol.de, Buch.de, Thalia.de sowie Weltbild etc.
direkte Konkurrenten von Amazon sind, hat diese Kritik a wenig
Gschmäckle.
Angeblich steht Amazon hier nur
stellvertretend für den Internethandel insgesamt. Sischer dat!
Verwerflich an Amazon.de finde ich höchstens, das der Firmensitz in
Luxemburg angesiedelt ist und demzufolge dort die immensen Gewinne
versteuert werden. Aber so etwas wird natürlich in den Medien nicht
thematisiert. Wenn man damit erst mal anfängt, wer weiß, welcher
„ehrenwerte“ deutsche Konzern da noch an dem Pranger stehen
würde.
Nein, Amazon wird deswegen benannt,
weil der Konzern so erfolgreich ist und Bertelsmann und Co große
Schwierigkeiten haben, sich dagegen zu behaupten. Denn der deutsche
Michel denkt bei Internethandel zurecht erst an Amazon und dann an
Amazon; Bol oder Buch.de kennt er eh höchstens dem Namen nach. Dass
die Konkurrenz von Amazon auch keine Wohlfühlarbeitsplätze anbietet
und wohl auch nicht wesentlich besser bezahlt, kriegt Michel dann
auch gar nicht mit.
Selbst wenn der Michel durch solches
Bashing den Internethandel meiden sollte, würde es eh nur Amazon
treffen. Die anderen Händler keennt Michel eher nicht. Amazon
dagegen kennt mittlerweile jeder; genau wie ebay oder google gehört
ein Konto bei Amazon inzwischen zum guten Ton.
Und warum auch nicht? Einmal habe ich
eine bei Amazon für Dora erstandene Digitalkamera an Amazon
zurücksenden müssen, weil sie defekt war. Innerhalb einer Woche
erhielt ich kommentarlos das verbesserte Nachfolgemodell inklusive
einer Gutschrift von 10,- €, weil sich der Marktpreis
zwischenzeitlich dementsprechend verringert hatte. Mach das mal bei
mediamarkt oder gar einem „kleinen“ Elektrohandel!
Und weiter geht’s: Einzelhandel
kontra Internet. Beratung und Service im Einzelhandel vor Ort? Schön
wärs. Die Servicewüste Deutschland ist nach wie vor allgegenwärtig
zu spüren. Ob bei Karstadt oder Saturn: Gelangweilte Verkäuferinnen
zuhauf und beim Thema Technik ist die Ahnungslosigkeit Programm. Sich
vor Ort zu informieren, um dann im Internet billiger zu kaufen, ist
ja gar nicht machbar bei soviel Inkompetenz im ach so armen
Fachhandel.
Es ist – zumindest im technischen
Bereich – eher üblich, sich online, durchaus auch bei Amazon, zu
informieren und dann vor Ort zu kaufen, weil es dort (Media, Saturn)
genauso viel wie bei Amazon kostet und man es vermeintlich leichter
bemängeln kann.
Bücher, CDs und DVDs haben Amazon groß
gemacht. Die Fachgeschäfte vor Ort sind gerade in diesen Bereichen
mit qualifiziertem Fachpersonal erschreckend schwach besetzt. Ich
erinnere mich noch, als meine Löwin mal ein Fachbuch zum Thema Jagd
als Geschenk für Martina suchte und nur alten Schrott vom
Fachverkäufer der Buchhandlung empfohlen bekam.
Hier kann ich bei Amazon bei den
Kundenrezessionen mein Glück versuchen. Dies ist natürlich auch
immer mit Vorsicht zu genießen und verwirrt manchmal eher mehr als
das es nützt, aber bei Fehlkäufen brauche ich mich nicht noch über
den Verkäufer zu ärgern.
Oft wird als Argument gegen Amazon der
viele Verpackungsmüll als ökologisches Totschlagargument in den
Ring geworfen. So ein Quatsch – die Müllberge des Einzelhandels
krieg ich als Vergleich ja gar nicht zu sehen. Und Amazon verpackt
ausnahmslos in Recyclingkartonagen. Zugegebenermaßen wird der Inhalt
mit Folie fixiert.
Aber selbst wenn dieses Argument
richtig wäre, wird doch andersrum ein Schuh daraus. Denn der
Paketzusteller, der übrigens auch arbeitsplatzmäßig vom
Internethandel profitiert, liefert beispielweise 100 Pakete mit einer
Fuhre aus. Nehmen wir mal an, alles Amazon und alles Bücher. 100
Pakete an 100 Kunden. Um den Inhalt dieser Pakete im Laden zu
verkaufen, müßten die Käufer erst im die Stadt fahren. Dazu kommen
diejenigen, die nur gucken, aber nicht kaufen. Diese wiederum
gleichen diejenigen mehr als aus, die nicht mit dem eigenen Auto ins
Parkhaus eiern. Was da an Benzin unnütz verballert wird!
Wie eben schon angerissen, werden
Arbeitsplätze verschoben und fallen nicht gänzlich weg. Ob für
1000 entlassene Verkäufer 1000 Leute mehr bei Paketdiensten oder
andersweitiger Peripherie des Internethandels gebraucht werden,
glaube ich zwar auch nicht. Aber die Qualifikation von Verkäufern
zweifele ich eh an und überhaupt.
Die Zeiten ändern sich. Das Beispiel
der Pferdedroschken zu Taxis ist zwar abgedroschen, ebenso die
Schreibdienste in größeren Betrieben. Aber weggefallen sind diese
auch mit der technischen Entwicklung. Die hält ja bekanntlich weder
Ochs noch Esel auf.
Deshalb ist der Artikel insgesamt
gesehen mal wieder nur heiße Luft. Am Ende zeigt selbst der
Wirtschaftswoche Artikel noch Alternativen wie quicker.de oder
hitmeister.de auf. Das einzelne Geschäfte somit zwar auch über das
Internet präsent sind, mag den Geschäftsinhaber zwar vor einer
Pleite bewahren, nicht aber sein Ladengeschäft vor einer Schließung.
Das hilft also auch nicht gegen leere
Innenstädte wie in Bad. Da hilft den Innenstädten eh nur eins, die
Rückbesinnung auf den Kernbereich einer Stadt als Gesamtkunstwerk.
Will sagen, Shoppen als Freizeitspaß. Frauen brauchen Boutiquen zum
Stöbern. Dazu Restaurationsbetriebe, Freizeitprogramme zur
Bespaßung. Bierstände, Bratwurstbuden für die Männer. Halligalli
anschnallen eben.
In Großstädten wie Braunschweig gibt
es dazu auch Ansätze. In Gelnhausen stecken derartige Konzepte wohl
noch in den Schubladen, also raus damit, ihr Einzelhändler. Nur Mut
und ihr werdet Erfolg haben.
Den Kampf gegen das Internet kann man
ohne Restriktionen des Staates nicht gewinnen. Und Restriktionen …
welcher Händler möchte die schon?
Ich jedenfalls freu mich über die
Weihnachtsmärkte aktuell und nächstes Jahr über Sonderaktionen in
der City.
Ansonsten sehen wir uns bei Amazon und
Co.