Dienstag, 28. April 2020

Uncle Fester: grad gelesen April 2020


John Scalzi – Frontal
Von John Scalzi habe ich sage und schreibe noch 3 Romane liegen gehabt, ohne sie zu lesen. Dabei fand ich „Krieg der Klone“ von der Idee her überragend und den Schreibstil mitreißend. Seit mehreren Jahren dachte ich nicht mehr so sehr an Scalzi, aber jetzt wollte ich einfach nur schnell einen Einzelroman nach dem Bobiverse von Taylor.
Frontal ist ein typischer Krimi, der allerdings in einer nahen Zukunft spielt und deshalb ohne viel Klimbim wie Warpantrieb oder Hyperraum auskommt. Es ist nach „Das Syndrom“ der zweite, in sich abgeschlossene Roman aus der Haden-Reihe. Die Science Fiction Elemente bleiben hier noch greifbar, so dass auch ein „normaler“ Leser hier nicht verzweifeln muss. Das Konzept einer virtuellen Realität beginnt ja bereits jetzt Gestalt anzunehmen.
Held des Krimis ist der FBI Agent Chris Shane, der an dem Haden-Syndrom leidet. Bei dieser Krankheit ist der Körper bewegungsunfähig; die davon Befallenen können sich aber in einer virtuellen Realität namens Agora frei bewegen oder aber ihr Bewusstsein in Androiden (Threeps) hochladen, um am realen Leben teilnehmen zu können.
Der Roman startet im Stadion, wo die Sportart Hilketa gespielt wird. Bei dieser Sportart gehen die Spieler aufeinander los, um den Kopf des Gegners zu erbeuten und ihn durch die Torpfosten zu befördern. Im Spiel kommen auch Hämmer und Schwerter zum Einsatz. Das alles ist natürlich kein Problem, weil die Spieler sämtlich Threeps sind und daher nicht wirklich sterben. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem dieser Roman startet.
War es ein Unfall oder Mord, der den einen Starspieler sterben ließ? Chris Shane und seine menschliche Partnerin Leslie Vann ermitteln in einem Milieu aus Profisport und Wettbetrügern. Eigentlich ein stinknormaler Krimi, der aber dank der Threeps und der damit zusammenhängenden Frage, was einen Menschen vom Roboter unterscheidet, eine ungeahnte Tiefe erhält.
So wie in einem gutem Marlowe oder Spade üblich, kommen alle Mitwirkenden - ob Ehefrau, Geschäftspartner oder andere Gangster - als mögliche Täter in Frage. Auch hier stellt sich am Ende weder die Ehefrau noch der „Gangster“ der Wettspielmafia als Täter heraus, sondern eine Geschäftsfrau - ebenfalls ein Haden, die dem Starspieler ein Präparat angedreht hatte, mit dem sie seine Leistungsfähigkeit manipulieren konnte.
Damit beeindruckte sie die Wettspielmafia, die natürlich nach Aufklärung des Falls bestritt, hiervon gewusst zu haben und damit auch durchkommt. Haargenau wie bei Hammett und Chandler seinerzeit. Gerade diese Reminiszenzen tun dieser Geschichte spürbar gut und macht sie selbst für Science Fiction Abstinenzler interessant.
Die Welt der Haden, insbesondere die künstlich geschaffenen individuellen im Web, erweitern die altbekannten Plots um eine weitere Nuance. Scalzi hat es mit der Reihe um Shane und Vann, ja auch mit den Sidekicks aus Shanes WG, geschafft, den Spagat zwischen traditionellem Krimi und Science Fiction hinzubekommen. Das schafft wahrlich nicht jeder.


                                       

Juli Zeh - Corpus Delicti
Ihr Roman „Unterleuten“ war der „ganz heiße Scheiß“ des vergangenen Jahrzehnts und war Anfang diesen Jahres im Fernsehen. Dieser Roman spielt in einer nahen Zukunft und ist ebenso Science Fiction, wie es seinerzeit „1984“ oder „schöne neue Welt“ waren: Bedrohlich nah an unserer Realität mit dem Hang, zum Klassiker zu reifen.
Nur... der Roman ist leider arg nah dran an 1984. Statt eines Überwachungsstaates a la Hitler oder Stalin haben wir es hier nur mit einer etwas moderneren Variante zu tun. Der Folterer heißt hier Heinrich Kramer und versucht dem Opfer, Mia Holl, durch Gespräche und körperliche Folter zum Geständnis zu bewegen, dass sie eine Terroristin sei und die Gesundheit der Bevölkerung durch einen Giftangriff auf die Wasserversorgung gefährden wolle.
Gesundheit... das ist die oberste Bürgerpflicht im nicht näher beschriebenen Deutschland Mitte des 21. Jahrhunderts. Der Autorin geht es in diesem Roman auch nicht um eine konkrete Zukunftsvision, sondern nur um die Auflehnung von Mia gegen das herrschende System. Ganz am Ende wird Mia gar noch begnadigt, damit sie nicht zur Märtyrerin wird. Dieser verblüffende, aber auch sinnvolle Schachzug von Kramer hat mich dann doch noch versöhnlich mit diesem Buch gestimmt.
Analog zum großen Vorbild von Orwell laufen die Personen wie in einem Theaterstück durch den Plot. Die Orte sind hier zweitrangig; die Gespräche zwischen den Personen tragen die Handlung. Dies dürfte ein düsteres Fernsehspiel werden, falls das ZDF diesen sperrigen Plot doch mal verfilmen möchte.
Moritz, der Bruder von Mia und seine Geschichte als Freigeist in dieser auf körperliche Gesundheit achtenden Welt, löst durch seinen Selbstmord eine Kettenreaktion aus, in der noch Rosentreter als Mias Anwalt eine Erwähnung verdient, weil er Mia erst aus eigenem Widerwillen am System unterstützt, sie aber am Ende aufgrund seines Opportunismus im Stich lässt.
Dass sich mehrere Zuschauer am Ende des Schauprozesses gegen Mia mutig zum Protest erheben, weil auch sie das System verabscheuen, halte ich für eine unrealistische Romantik der Autorin. Gerade im Nationalsozialismus oder der DDR gegen Ende war gut zu beobachten, dass sich vielleicht einige wenige Systemgegner gegen das System erheben. Das war es dann aber auch gewesen.
Corpus Delicti vermag mit der Zeit zu fesseln und ist für all diejenigen zu empfehlen, die 1984 weder kennen und noch so viel Zeit zum Lesen haben.

Donnerstag, 23. April 2020

Hartmudo: Mutter

57
Natürlich rief mich Sunny wegen ihres Gespräches mit dem Makler nicht zurück, obwohl sie es versprochen hatte. Ein weiteres Anzeichen für Bertas Vermutung, dass Sunny das Konto bereits vor dem Telefonat mit mir dicht gemacht hatte. Obwohl, eigentlich nicht. Sunny konnte sich aber ausrechnen, dass ich auch sehr sauer war und mitgekriegt hatte, dass sie Mutters Konto sperren ließ.
Ich meinerseits war entsetzt über Sunny, weil sie mich in ihrer Paranoia wie ein wildfremdes Arschloch behandelte, den man einfach mal so belügt. Wie abgrundtief kann man sinken, um den eigenen Bruder so vorzuführen? Wenn die Achtung voreinander derart sinkt, dann ist eine Versöhnung auch nicht mehr vorstellbar. Irgendeinen Grund braucht es bei einer Trennung ja immer.
So unschuldig war ich selbst daran natürlich auch nicht, niemand sollte seine eigene Schwester als „Fotze" titulieren dürfen, doch ich hatte es getan. Insofern ist das dann doch wieder o.k., wenn Sunny daraufhin jegliche Rücksichtnahme mir gegenüber vermissen ließ. Ich hatte mich zwar sofort nach dem Ausspruch bei ihr binnen Sekunden entschuldigt gehabt, aber eine derart schwere Beleidigung lässt sich nicht einfach mit einem „tut mir leid, das nehme ich zurück. Das gehört sich nicht" aus der Welt schaffen.
Am frühen Samstag Abend rief mich Berta zuhause an. Ihr hatte die Sperrung von Mutters Konto durch Sunny doch sichtlich zugesetzt. Zwei Nächte lang konnte Berta nachts nicht schlafen und lief rastlos durchs Haus. Sie konnte diese erneute Kränkung durch Sunny nicht verwinden und musste ihren Frust jetzt endlich los werden.
Berta hatte ihre Vermutungen über die Kontenschließung sicherlich mehrmals im Geiste durchgekaut. Dass war ihren Ausführungen deutlich anzumerken, da sie (fast) in der Art eines Hercule Poirot argumentierte. Diese Art von Grübeln ist mir selbstverständlich nicht fremd; schließlich ist Berta meine Sestra.
Nach Bertas Ansicht konnte es nur so abgelaufen sein, dass Sunny das Konto vor ihrem Anruf bei mir sperren ließ. Da die Bank im Heidberg am Mittwoch Nachmittag traditionell geschlossen ist, hätte sie also nur noch am Donnerstag Morgen zur Bank gefahren sein können, falls Sunny erst nach dem Telefonat mit mir aktiv geworden wäre.
Doch eben dies schloss Berta kategorisch aus. Denn Sunny jobbt bekanntlich Vormittags beim Bauern und hätte somit erst danach in den Heidberg fahren können. Und da wäre Berta auch schon bei der Bank gewesen. Hinzu kommt, dass sich bei der Bank die Mitarbeiter nur noch erinnern konnten, dass Sunny die Sperrung an eben jenem Mittwoch ausgelöst hatte, vielleicht schon am Dienstag. Berta konnte keine konkretere Aussage erhalten.
Verwirrend, oder? Mittwochs müsste Sunny ja auch beim Bauern gejobbt haben, da passt das also nicht... Doch halt - sie hat dann eben nicht gearbeitet oder später, so Berta (Warum dann nicht auch am Donnerstag, frage ich mich). Damit wären wir bei Mittwoch früh mit Sunny's Besuch im Heidberg und am gleichen Vormittag erfolgte dann ihr Telefonat mit mir. Eventuell ist sie aber auch schon Dienstag Nachmittag zur Kontensperrung in den Heidberg gefahren. Dann hätte sie ihre Arbeit auch noch an beiden Vormittagen ausführen können.
Abermals versuchte ich Berta zu beschwichtigen, indem ich ihr sagte, dass es zwecklos ist, sich im Nachhinein darüber aufzuregen. Im Endeffekt bleibt es beim gleichen Ergebnis: Berta konnte ab jetzt nur noch gemeinsam mit Sunny bei der Bank auflaufen, um Kontoauszüge zu erhalten oder auch nur Rechnungen bezahlen zu können. Und Berta hatte schlichtweg Angst, dass sie Sunny gegenüber handgreiflich werden würde, wenn sie sich zusammen dort treffen müssten.
Jetzt wunderte ich mich nicht, dass Berta zwei Nächte lang durch ihr Haus lief, weil sich ihre Gedanken im Kreis drehten und die erlittene Kränkung durch Sunny alles überstrahlte. Natürlich war es mir auch wichtig, ob Sunny Mutters Konto vor oder nach unserem Telefonat blockiert hatte. Aber in dem Moment - also beim Telefonat mit Berta drei Tage später - konnte es nur noch um folgendes gehen: Wie gehen wir mit diesem Ergebnis um?
Wenigstens konnten Berta und ich uns noch über die weitere Vorgehensweise verständigen, nachdem der erste Frust abgearbeitet worden war. Es standen auf alle Fälle noch die Rechnungen des Steuerberaters und evtl. vom Finanzamt wegen einer Steuernachzahlung an. Über den Makler und BS Energy dachten wir da noch nicht einmal nach. Berta konnte sich partout nicht vorstellen, sich deshalb mit Sunny bei der Bank zu treffen. Sie befürchtete sogar, dass die Schikane durch Sunny so weit gehen könnte, dass Sunny aus purem Gnatz den Termin so legen würde, dass Berta dann „springen" müsste. Am Ende würde vielleicht sogar gar nichts passieren, Berta war sichtlich besorgt.
Da hatte ich die rettende Idee. Berta könnte doch versuchen, den Adressaten für die Rechnungen vom Finanzamt oder Steuerberater von sich auf Sunny ändern zu lassen. Dann hätte Sunny die A...Karte und müsste aktiv werden und uns informieren, nicht umgekehrt. Den ganzen „Schriftkram" hatte Sunny bislang ignoriert und Berta sämtliche Arbeiten und Laufereien erledigen lassen. So würde Sunny endlich mal erleben, wie das ist.
Berta war sofort hellauf begeistert und wollte dies so einrichten lassen. Letztendlich, ich nehme das hier mal vorweg, funktionierte es hinterher noch anders, da sich das Finanzamt und auch der Steuerberater weigerten, hierbei mitzuspielen. Meine Löwin, genial wie sie ist, hatte den rettenden Einfall. Berta und ich zahlten jeweils unseren Anteil und schickten die Rechnungen zu Sunny, die ihrerseits den Rest zahlen musste. Alles von unseren privaten Konten unter Nennung unserer Namen, anders ging es ja nicht.
Das Konto war dicht, da ging nichts mehr. Wegen dieser ganzen Aktion war ich mittlerweile auch wie Berta der Überzeugung, dass wir zuerst sämtliche Rechnungen bezahlen sollten, bevor wir irgendwelche Beträge von Mutters Konto unter uns aufteilen. Zu dem Zeitpunkt hatten wir ja noch nicht mal einen Käufer für Mutters Wohnung gehabt und die Kosten liefen bei der Hausverwaltung ebenfalls weiter. Hausgeld, BS Energy... Da hätten wir ansonsten auch noch stückeln müssen.
Zum Abschluss waren Berta und ich uns einig, dass wir Sunny nicht zurückrufen würden. Sollte sie sich doch selber melden.

Samstag, 18. April 2020

Contramann: kurz gesehen im April


https://www.focus.de/politik/deutschland/schwarzer-kanal/die-focus-kolumne-von-jan-fleischhauer-rhetorik-der-angst-wie-die-politik-die-buerger-in-der-corona-starre-zu-halten-versucht_id_11896042.html
Zu Beginn der neueste Kommentar von Fleischi zu Corona. Dass ausgerechnet der konservative Fleischhauer einen nachdenkenswerten und kritischen Beitrag zu den aktuellen Einschränkungen unserer Grundrechte raushaut, finde ich schon außergewöhnlich, weil die politische „Linke“ oder auch die bei den Grünen beheimateten Bürgerrechtler hierzu verdächtig still sind.
Da wird schon mal eine eher unverdächtige Prominente wie Juli Zeh in den Kreis der „Corona-Leugner“ verortet, bloß weil sie die Einhaltung von Verfassungsrechten anmahnt. Das Ganze erinnert auch mich an die „Flüchtlingskrise“ vor 5 Jahren, bei der die politische Linke nahezu geschlossen hinter der Regierungsmeinung stand. Wer dagegen war, galt bereits als AfD Symphatisant. Heuer ist man ergo Corona-Leugner.
Damit wir uns richtig verstehen: Ich halte die getroffenen Maßnahmen zu den ungewohnten Ausgangsbeschränkungen angesichts der erschreckenden Zustände in Italien, den USA oder gar Equador für angemessen. Doch die Einschränkungen der Grundrechte verdienen eine offene Diskussion über die Verhältnismäßigkeit der verhängten Verbote.
Lt. Fleischi würden 90 % der Bevölkerung die Ausgangsbeschränkung befürworten. Wahrscheinlich freuen sich die Meisten davon über den unerwarteten Sonderurlaub, auch wenn er als Home Office getarnt wird oder über Kurzarbeit zu finanziellen Einbußen führt. Aber wehe, es dauert so lange, dass viele Betriebe pleite gehen.
Dann ist das Hemd wieder näher als die Hose. Scheißegal auf die häufig eher geheuchelte Solidarität mit den Risikogruppen, mein Lebensstandard darf nicht sinken. Und wenn dann die Maßnahmen der Bundesregierung auf den Prüfstand kommen, wird es leider nicht um die Grundrechte gehen, sondern nur um den schnöden Mammon.
Da sind mir die jetzigen Corona-Leugner, obwohl ich deren Meinung nicht teile, lieber als die jetzt um die Alten „Besorgten“, die später aus Angst um ihren Status auf die Grundrechte pfeifen, wenn die Regierung ihnen eine Besitzstandswahrung garantiert.

https://www.spiegel.de/kultur/europa-in-der-corona-krise-was-fuer-eine-enttaeuschung-a-8571cce4-d4d3-4278-b632-50272a6d28a9
Es ist schon ein Hammer: Jahrelang wurde uns etwas vom „Haus Europa“ erzählt und wie gut es funktionieren würde, da bricht alles in sich zusammen. Während der Corona Virus in Italien und Spanien mehr und mehr Todesopfer fordert, hat die Präsidentin der EU Kommission, Albrechts Tochter, nichts besseres zu tun, als sich um die Abwehr von Flüchtlingen an der griechischen Grenze zu kümmern.
Hilfsgüter wie z.B. Beatmungsgeräte, Mundschutz oder gar Hilfspersonal wurden weder von Frankreich, Deutschland noch anderen „potenten“ Freunden nach Italien oder Spanien geschickt. Dies blieb den „Schurkenstaaten“ Iran und China vorbehalten, die trotz größerer eigener Probleme mit dem Corona Virus Hilfsgüter wie -personal dorthin schickten.
Ich denke, dass könnte der Todesstoß für das „Europa der Menschen“ gewesen sein. Wenn auch Deutschland die Grenzen zu seinen Nachbarländern dicht macht, so dass selbst Pendler aus den Nachbarländern nicht oder nur schwer zu ihrer Arbeit nach Deutschland kommen, aber Fluggäste aus China oder Iran problemlos nach Deutschland einreisen können, dann ist das Vertrauen in ein gemeinsames Europa dahin.
Wie unglaubwürdig und unkoordiniert unsere Politiker doch sind. Unfassbar.

https://www.heise.de/tp/features/Die-Solidaritaet-in-den-Zeiten-des-Coronavirus-4683142.html
Hier nochmals ein Artikel zur „Solidarität“ unter den EU Mitgliedern während der Corona Pandemie. Während die europäischen Nationalstaaten, insbesondere die Mitteleuropäer, ihre Grenzen zu den Nachbarn schlossen, schickten die Chinesen propagandawirksam Ärzte und Hilfsmittel nach Italien.
Die Deutschen, die zuvor ein Ausfuhrverbot für die benötigten Hilfsgüter verhängt hatten, obwohl die Todeszahlen zu dem Zeitpunkt in Deutschland noch vernachlässigbar waren, sahen sich in die Defensive, gar auf eine imaginäre Anklagebank, verdrängt und konnten auf einmal doch helfen. Eher marginal, versteht sich.
Trump wollte derweil das Tübinger Pharmaunternehmen Curevac, die an einem Impfstoff arbeiten, in die USA locken. Besser gesagt: Aufkaufen. Von der Bundesregierung gab es da nicht mal einen Protest. Allein dank des Engagements des Hauptanteileigners Dietmar Hopp konnte dies verhindert werden.
Genau der Dietmar Hopp, der seit Jahren in den Stadien mit Schmähgesängen als Totengräber des Fußballs verteufelt wird. Was ist das für eine Welt geworden. Zum „Glück“ wird Dietmar Hopp für die „echten“ Fußballfans immer das Arschloch bleiben. Wäre ja auch schlimm, wenn die „Fans“ sich Fehler eingestehen würden.

https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/grundrente-der-grossen-koalition-vom-kabinett-beschlossen-a-d2191548-d9bf-4be1-9d29-595e09471b88?sara_ecid=soci_upd_wbMbjhOSvViISjc8RPU89NcCvtlFcJ Ein dermaßener Blödsinn. Da soll dann noch bei einem möglichen Anspruch auf Grundsicherung im Alter ein Freibetrag von bis zu 50 % des Regelsatzes gewährt werden, auf die „Normalrentner“ zumindest bislang keinen Anspruch hatten. Ich fand es eh schon skandalös, dass aktuell Riester- und Betriebsrenten mit einem Freibetrag ausgestattet sind.
Wenn schon, denn schon. In der Grundsicherung im Alter sollten alle Arten von Renten diesen Freibetrag genießen. Dann braucht man übrigens auch keinen bürokratischen Popanz wie die Grundrente aufzubauen.

https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/rente-so-soll-die-zukunft-der-alterssicherung-aussehen-a-e2a56fd7-29f4-444f-a013-92b418bbf638 Eine Sauerei sondergleichen. Die Vorschläge der Rentenkommission reformieren die Altersvorsorge nicht, sondern höhlen die gesetzliche Rentenversicherung weiter aus. So soll das Rentenniveau von ca. 48 % auf unverschämte 44 % sinken, während der Beitragsatz der Einzahler auf bis zu 24 % ansteigen könnte.
Da beruhigt es keineswegs, dass die private Vorsorge a la Riester weiter gefestigt werden soll. Am Arsch! Riester gehört abgeschafft und nichts weiter. Und das ewige Gerede vom demographischen Faktor kann ich auch nicht mehr hören. Von Jahr zu Jahr steigt das Bruttosozialprodukt und das bei eher sinkender Gesamtbevölkerung. Das muss doch in einer derart gut durchgeplanten Wirtschaft wie der Deutschen organisierbar sein .

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/corona-und-oekonomie-das-ende-der-marktglaeubigkeit-gastbeitrag-von-jan-korte-a-774310f6-547e-4c59-bb83-73355adf7105?sara_ecid=soci_upd_wbMbjhOSvViISjc8RPU89NcCvtlFcJ
Der prominente Linken Politiker Jan Korte bekam hier vom Spiegel die Möglichkeit, einen positiven Wechsel in unserer Gesellschaft nach Beendigung der Corona Krise zu skizzieren. Sein Credo: Angesichts der Pandemie ist „Markt vor Staat“ ein Auslaufmodell. Wenn es um Menschenleben geht, darf man das Wirtschaften nicht dem Markt überlassen.
Hierzu gehört vor allem, dass die momentan beklatschten „Systemrelevanten“, die als Pfleger, Angestellte im Supermarkt oder Polizisten etc. den Laden am Laufen halten, hinterher nicht lediglich mit einem Mon Cherie zu Weihnachten abgespeist werden.
Korte konzentriert sich hier eher auf das Thema Vermögenssteuer - also die Frage, wer die Corona Party hinterher bezahlt. Mir ist das zu wenig. Die in den vergangenen Jahrzehnten erfolgten Privatisierungen gerade im Kranken- und Pflegebereich müssen zurückgenommen werden. Nur dann erreichen wir die notwendigen Personalschlüssel, die für einen derartigen Beruf angemessen sind. Selbiges würde ich u.a. auch für die Energie-, Wasser- und Abfallwirtschaft unterschreiben.

Montag, 13. April 2020

Warren Smith 1/4


Der begnadete Rockabilly Gitarrist wurde am 7. Februar 1932 in Humphrey`s County, Mississippi, geboren. Nach der Scheidung seiner Eltern wuchs Warren bei seinen Großeltern in Louise, Mississippi, auf, die dort eine kleine Farm sowie einen Kurzwarenladen betrieben. Ich kannte diesen Begriff und musste ihn aber nochmal nachschlagen: Kurzwaren sind kleine Gegenstände zum Nähen wie Knöpfe, Zwirn, Nadeln oder Reißverschlüsse.
Warren diente bei der Luftwaffe in San Antonio, Texas. Die Abende vertrieb er sich mit der Gitarre, für die er sein Faible entdeckt hatte. Nach seiner Entlassung entschloss er sich, es mit einer Karriere im Musikbusiness zu versuchen. Deshalb zog er nach West Memphis, Arkansas - nur ca. 15 km weg von Memphis, Tennessee.
Und so genossen dort im Februar 1956 die Freunde des örtlichen „Cotton Club“ ihre Hausband namens Clyde Leopard and the Snearly Ranch Boys. Ihr Interesse war geweckt, denn die Band wurde seit kurzem durch einen außerordentlich talentierten jungen Country Sänger verstärkt. Dieser Sänger - Warren Smith - hatte gar das Potential, über die doch sehr begrenzte Szenerie von West Memphis hinauszuwachsen.
Jedenfalls sah dies Stan Kesler, seines Zeichens Songwriter und Steel Guitarplayer der Ranch Boys, so und hatte im Vorfeld den lokalen Plattenproduzenten aus Memphis, Sam Phillips, auf Warren Smith aufmerksam gemacht. Nach einem Vorspielen in den Sun Studios, bei der die Ranch Boys eine Hillbilly Ballade zum Besten gaben, war das Interesse von Phillips geweckt worden. Er forderte die Band auf, mehr Material für eventuelle Aufnahmen zu besorgen.
Am schon erwähnten Abend im Februar tauchte dann Phillips überraschend mit Johnny Cash im Schlepptau im Cotton Club auf und lud Warren Smith in der Pause an seinem Tisch ein. Cash hatte einen Song zu diesem Treffen mitgebracht, den er angeblich selbst geschrieben hatte: „Rock `n` Roll Ruby“.
Alternativ hierzu hatte Warren Smith in einem späteren Interview erklärt, dass Cash den Song nicht selbst geschrieben, sondern von George Jones (dem späteren Ehemann von Tammy Wynette) für 40 $ abgekauft hatte. Tatsächlich waren Cash und Jones wohl Ende 1955 in den Südstaaten gemeinsam aufgetreten, da hätte sich dies auch so ereignen können. Doch warum sollte Cash den Song dann einfach an Smith weitergeben und das auch noch persönlich? Wenn er mit dem Song selbst nichts anfangen konnte, hätte ihm die Umsetzung durch Smith ja egal sein können.
Ungeachtet dieser Ungereimtheiten wurde „Rock `n`Roll Ruby“ von Johnny Cash himself Warren Smith und der Band angeboten. Es mag sein, dass der Countrystar Johnny Cash mit einem „Rocksong“ (allein der Titel!) nichts anfangen konnte und ihn deshalb weiterreichte. Witzigerweise war Warren Smith ein ebenso reiner Country Sänger wie Cash und all die Anderen, die damals in den Sun Studios ein und aus gingen.
Zusammen mit den Snearly Ranch Boys, die bereits 1955 erste Platten bei Sun aufgenommen hatten, trat Warren Smith am Sonntag, den 5. Februar 1956, zur Session von „Rock `n`Roll Ruby“ in den Sun Studios an. Die Band musste erst noch auf Phillips und Cash warten, bevor es losgehen konnte.
In mehreren Outtakes perfektionierten die Ranch Boys den Song, bis es passte. Die treibende Gitarre von Buddy Holobaugh und das Schlagzeug von Johnny Bernero, der später auch auf einigen Aufnahmen von Elvis Presley zu hören ist, machen „Rock `n`Roll Ruby“ zu einem wahren Rockabilly Klassiker.
Phillips veröffentlichte den Song am 25. März 1956 als Sun #239. Die B-Seite „I´d rather be safe then sorry“ ist dagegen ein wirklich jauliger Hillbilly. Trotz der schwachen B-Seite prognozierte das Billboard Magazin Smith als den nächsten Rock `n`Roll / Country & Western Star aus dem Hause Sun Records. Und in der Mai Ausgabe der Fachzeitschrift sahen die Redakteure gar Anzeichen eines Presley-artigen Erfolgs.
Zu dem Zeitpunkt hatte „Rock `n`Roll Ruby“ bereits die lokalen Charts in Memphis und Charlotte gestürmt, was wohl vor allem den persönlichen Auftritten von Smith und dem Airplay der lokalen Discjockeys geschuldet war. Nachdem im Juli dann sogar 68.000 Singles verkauft worden waren, musste eine weitere Session her, um an den Erfolg anknüpfen zu können.
Man muss sich das einfach mal heute - über 60 Jahre später - vorstellen: „Rock `n`Roll Ruby“ war das Debüt von Warren Smith. Kein anderer Star von Sun Records hatte mit seinem Debüt mehr Exemplare verkaufen können. Egal ob Elvis Presley, Carl Perkins, Jerry Lee Lewis... Namen, die jeder kennt. Doch Warren Smith ist mehr oder weniger vergessen.

Mittwoch, 8. April 2020

H. Lecter: Alf


14
Während Alf wie ein Stein auf der hölzernen Bank schlief, leerte ich noch eine der übrig gebliebenen Bierdosen. Es dauerte vielleicht eine halbe Stunde, bis er unter dem grellen Sonnenlicht wach wurde und sich erst einmal orientieren musste. In solchen Situationen erinnerte sein Gesichtsausdruck an einen Maulwurf, der irrtümlich kurz nach 12.00 Uhr in der prallen Mittagssonne seinen Bau verlässt.
Man muss sich das einfach nur mal vorstellen: Eine Stunde vorher schob er mich noch mit schallender Lache im Einkaufswagen über den Bahnsteig, und jetzt war seine überbordende Fröhlichkeit einer tiefen Melancholie gewichen. Dies könnte an aufkommenden Kopfschmerzen durch die Sonneneinstrahlung liegen; wahrscheinlich war er aber durch den starken Alkoholkonsum einfach nur unterzuckert.
Da wir nunmehr nur noch zu zweit unterwegs waren, konnten wir uns viel Zeit lassen. Der Kudamm war immer noch unser Ziel, war ja auch nicht weit weg. Wie ein altes Ehepaar schlichen wir unter einem wie gemalten Himmel eng umschlungen zum Kudamm. So könnte es jedenfalls den uns entgegenkommenden Passanten vorgekommen sein.
Tatsächlich verhielt es sich eher so, dass ich Alf stützte und er seine behaarte Pranke auf meiner Schulter ablegte. Seine schief sitzende Nickelbrille und das ständige Schnaufen in der Art eines Rhinozerosses legten diesen Schluss schon sehr nahe.
Keine Frage, Alf hatte ein momentanes Tief und benötigte dringend seine Mischung oder aber seine Ruhe, sprich einen Schlafplatz. Ich dagegen war lediglich unterhopft; ein frisches Bier würde mir gut tun. Und natürlich etwas zu essen, gar keine Frage eben.
Nachdem wir dann endlich den Kudamm erreicht hatten und ein wenig herum geschlendert waren, stellte ich erfreut fest, dass auf der Straße ein mordsmäßiger Trubel vorherrschte. Der Kudamm versank quasi ich einem Meer aus Grün Weiß Schwarz, die rein Grün Weißen aus Wolfsburg waren hier klar in der Minderheit.
Die Gladbacher waren in jenem Pokalendspiel auch leicht favorisiert; ihre damals bereits große Fanbase stellte die der Wolfsburger gehörig in den Schatten. Bei den Wolfsburgern war es nicht so viel her mit Fan Clubs. Das Retorten Image des VFL speiste sich zu Recht aus dem Umstand, dass der Verein hauptsächlich von Gelegenheitsfans unterstützt wurde. Den Wolfsburger Anhängern fehlten sichtbar die Kuttenträger mit all den dazugehörigen Insignien. Die einheitlichen Käppis und Schals ließen ihre Herkunft – dem Edeka Markt um die Ecke - förmlich erahnen.
Bereits nach kurzer Zeit befiel mich ein dringendes Bedürfnis, welches mich seit jeher nach dem Genuss größerer Mengen an Bier befällt. Ich musste pieseln, nur wo? Eine öffentliche Toilette war nirgends in Sicht und dank der vielen Gladbacher mit ihrem lauten Geschnatter hatte ich Orientierungsprobleme. Dazu erschien mir Alf wie ein Klotz am Bein, der mich an der Ausübung meines momentan dringenden Bedürfnisses hinderte.
Müde setzte er sich auf eine Holzbank am Wittenbergplatz. Umringt von einer Menge an Gladbachern, die dort friedlich ihre Dosen leerten und auch gesanglich bereits die nötige Betriebstemperatur erreicht hatten. Alf fiel da im Gedränge gar nicht weiter auf, er fiel eher hin – will sagen zur Seite – und drohte wieder einzuschlummern. Ich klopfte kurz an seine Backe und sagte ihm mit aller Eindringlichkeit: „Ich gehe jetzt Pinkeln. Warte hier auf mich, ich bin gleich wieder da. Dort gegenüber ist ein Burger King. Soll ich Dir von dort noch etwas mitbringen?“
Lautlos schüttelte er mit seinem Kopf und ließ sein Kinn sogleich nach unten Richtung Brustkorb fallen. Offenbar hatte er meine Ansage noch mitbekommen. Ich würde also in wenigen Minuten ein großes Glücksgefühl erleben, wenn ich die Toilette beim Burger King erst einmal erreicht hätte.
Eine Wohltat war das. Heute, 20 Jahre später, würde ich nicht mehr so lange aufhalten können. Dann blieb als nächstes erst einmal folgendes zu tun: Anstellen am Tresen, um etwas zu essen. Wie erwähnt, fehlte mir das noch. Bier macht ja bekanntlich hungrig. Und mein Körper verlangt anlässlich solcher Gelage verstärkt nach Junk Food.
Gierig stopfte ich mir zwei Burger hinein und beherrschte mich, nicht noch mehr in diesem Laden zu ordern. Selbst hier waren lauter Gladbacher um mich herum, denen es ähnlich ging wie mir. Das nochmalige lange Anstehen bei dem vielen Andrang wollte ich mir ersparen.
Es galt, sich wieder um Alf zu kümmern. Zugegebenermaßen hatte ich doch länger als 10 Minuten bei Burger King gebraucht. Mühsam kämpfte ich mich durch die grün weiß schwarze Menschentraube auf der Straße zur Holzbank, wo ich Alf zurückgelassen hatte.
Er war nicht mehr da. Mist, jetzt hatte ich doch zu lange gebraucht. Irgendwann musste Alf wach geworden sein und war dann weggegangen. Wo war er bloß abgeblieben? Zu suchen machte keinen Sinn, bei diesem Menschenauflauf am Kudamm.
Er würde sich zum Olympiastadion allein durchschlagen müssen. „Alf ist ja auch schon 18.“ Dachte ich.

Freitag, 3. April 2020

Contramann: Corona 2


Im Fernsehen waren die Tage über unzählige Sondersendungen geschaltet. Auch die sattsam bekannten Talkshowgrößen wie Anne Will, Maybritt Illner, Sandra Maischberger oder auch der eloquente Frank Plassberg hatten sich des Themas angenommen. In Plassbergs „Hart aber fair“ vom 23. März gab es schließlich doch noch ein interessantes Statement von Stephan Pusch (CDU) aus dem Kreis Heinsberg zu hören.
https://www.welt.de/vermischtes/article206740877/Coronavirus-Heinsberger-Landrat-bittet-China-um-Hilfe-und-bekommt-Antwort.html
Wenn sich schon der Landrat von Heinsberg, dem Landkreis in Nordrhein Westfalen, der am stärksten von Corona Virus in Deutschland betroffen ist, hilfesuchend an den chinesischen Ministerpräsidenten Xi Jinping wendet, weil er seinem eigenen Ministerpräsidenten und Parteifreund Armin Laschet (als Merkel Nachfolger gehandelt) nicht vertraut, dann zeigt dies die tiefe Krise, in der die deutsche Politik steckt, überdeutlich.
Egal ob es die Regierungen unter Kohl, Schröder oder Merkel waren - allen gemeinsam ist, dass sie die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen vorangetrieben hatten. Krankenhäuser und Altenheime, Pflegedienste wie auch Energiewirtschaft und öffentlicher Nahverkehr. Alles ist ja im „Wettbewerb“ weitaus leistungsfähiger und vor allem billiger. Jawohl: Billiger, eben nicht preiswerter.
Was das im Fall einer Pandemie bedeuten kann, wurde dem Bundestag bereits im Jahr 2013 vorgelegt. Die Schwächen des deutschen Katastrophenschutzes wurden seinerzeit im „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012“ durch das Robert Koch Institut aufgezeigt. So heißt es dort unter Anderem:
"Arzneimittel, Medizinprodukte, persönliche Schutzausrüstungen und Desinfektionsmittel werden verstärkt nachgefragt. Da Krankenhäuser, Arztpraxen und Behörden in der Regel auf schnelle Nachlieferung angewiesen sind, die Industrie die Nachfrage jedoch nicht mehr vollständig bedienen kann, entstehen Engpässe."
Schnell noch ein Link hierzu: https://www.rtl.de/cms/pandemie-plan-der-bundesregierung-von-2013-es-gab-warnungen-4511219.html
Ich kann mir gut vorstellen, dass einige Spezialisten heute noch in irgendwelchen Hinterzimmern versuchen, den Bericht auszuwerten und ihre Schlüsse daraus zu ziehen. Wie sonst ist es zu erklären, dass der Bund seitdem keine Vorratshaltung an Masken oder Desinfektionsmitteln betrieben hatte? Im Gegenteil - vor wenigen Monaten stand noch die Schließung von Tausenden, vorwiegend kommunalen Krankenhäusern auf dem Wunschzettel der privaten Klinikkonzerne. Weil eine zentralisierte Fachkompetenz ja effektiver sei. Wieso Mütter dann beispielsweise mehr als Hundert Kilometer bis zur Entbindung eiern sollen, erschließt sich mir nicht. Im Fall von Komplikationen kann es unterwegs zu Problemen kommen.
Zuerst wurde uns ja bis Mitte März erzählt, dass Masken gar nichts bringen würden. Als die Preise für Masken dann endlich durch die Decke schossen, waren sie Ende März überraschenderweise doch unverzichtbar. Da ist es ein Skandal, dass nicht einmal Ärzte und Pflegepersonal mit dieser Schutzkleidung ausreichend ausgestattet werden können. Was ist denn das für ein schlampiges Krisenmanagement?
Aber ich möchte jetzt mit dem beginnenden April noch einmal kurz auf Europa zurückkommen. Denn nicht nur in Deutschland droht vor allem Selbstständigen wie auch mittelständischen Unternehmen ein wirtschaftlicher Kollaps dank des verhängten „Lock Down“. Besonders stark betroffene Staaten wie Italien, Spanien oder Griechenland favorisieren die so genannten „Coronabonds“.
Für diese Staaten wären darüber günstige Kredite möglich. Dies ginge allerdings zu Lasten der „Zahlerstaaten“ Deutschland und Frankreich, wobei Frankreich angeblich Coronabonds befürworten würde. Deutschland lehnt dies wie selbstverständlich ab, wie überhaupt unser eigener Staat in den letzten Wochen nicht gerade durch großen Einsatz bei der Unterstützung für die stark betroffenen Italiener und Spanier glänzte.
Während die Deutschen am 4. März ein Exportverbot für medizinische Schutzgüter verhängt hatten, schickten China und Kuba alsbald Hilfsmittel nach Italien. Um wenigstens das Gesicht zu wahren und das beschädigte Image zu verbessern, nahmen deutsche Bundesländer einige Corona Patienten (50 aus Frankreich, 73 aus Italien, Stand 31. März) in Intensivstationen auf. 160.000 Masken für Rumänien und Schweden... alles lediglich Alibilieferungen.
Zu diesen Informationen habe ich auf derselben Seite ( https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8234/ ) ein schönes Zitat gefunden:
“Die Deutschen tragen heute auf ökonomischem Gebiet Hochmut zur Schau … . Sie fühlen sich höherwertig.” Wäre “die internationale Gemeinschaft” nach dem Zweiten Weltkrieg “mit demselben, stets wiederkehrenden deutschen Hochmut” aufgetreten und hätte ihrerseits “die tatsächlichen Kriegsschulden zurückgefordert, dann würden die Deutschen heute aus den Mülltonnen leben.”
(Der italienische Regisseur und Schauspieler Tullio Solenghi)
Man könnte also sagen, dass Corona die Kraft besitzt, nicht nur Europa zu spalten, sondern auch unser gesamtes Wirtschaftssystem zum Kollabieren zu bringen. Ob die Wähler nächstes Jahr die genannten Zusammenhänge jedoch begreifen werden, wage ich stark zu bezweifeln. Der Deutsche will halt seine Ordnung, sprich „das der Laden läuft“. Und falls die Wirtschaft in die Grütze geht, dann sind daran natürlich die Ausländer schuld.
Die „faulen“ Italiener, Spanier und Griechen selbstverständlich vorne weg.
Zum (vorläufigen) Schluss meiner Tirade hier noch ein schöner Link:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=59428
Ein sehr guter Artikel, der in einem Rundumschlag die Fehlentwicklungen aufspießt, die unserer Demokratie das Genick brechen könnten. Hier wird komprimiert nochmals aufgelistet, was bereits vor Auftauchen des Corona Virus schief lief. Und wie üblich werden wieder mal zuerst Großkonzerne und Finanzwirtschaft gerettet, wie knapp 10 Jahre zuvor auch.
Rügemers Ansatz eines mehr genossenschaftlichen Wirtschaftens halte ich für einen vernünftigen Ansatz und empfehle hierzu die Lektüre von Sarah Wagenknecht Büchern.

Donnerstag, 2. April 2020

Hartmudo: Corona 1

Am Donnerstag, dem 19. März, wurde mein Team morgens um 10.00 Uhr zusammengerufen. Aufgrund des Corona Virusses waren in der Woche im Bund und den Ländern bereits verschiedene Maßnahmen an Schließungen von Betrieben wie Restaurants, Cafes, Bars oder auch Ladengeschäften beschlossen worden.
Veranstaltungen, ja selbst die Bundesliga, konnten nicht mehr durchgeführt werden. Mehr und Mehr gingen große wie auch kleine Firmen dazu über, ihren Mitarbeitern Home Office anzubieten. Das ganze öffentliche Leben wurde heruntergefahren, jetzt waren wir dran. Auch wir wurden ins Home Office geschickt. Lediglich eine Notbesetzung musste unabweisbare Hilfen sicher stellen und im Büro erreichbar sein.
Mein erster Notdienst startete gleich am nächsten Tag. Da musste meine Löwin mich sogar noch nach Salzgitter fahren, weil mein Zug passenderweise ausfiel. Angeblich wollten Bahn und Busbetriebe ja den Personennahverkehr sicherstellen. Doch wahrscheinlich hatte die Bahn wieder mal nur das übliche Problem, dass ihnen die Zugführer fehlten. Ist ja nicht so, dass sonst die Züge morgens auch immer fahren.
In Salzgitter angekommen, schlich ich mich in mein Büro und freute mich über die ungewohnte Ruhe. Endlich konnte ich mal ungestört von Kollegen, Telefon oder Kundenkontakt konzentriert am Stück arbeiten und schaffte dadurch mehr als an einem gewöhnlichen Arbeitstag. Von Notfällen blieb ich an diesem Tag verschont; mal sehen, ob dies auch an den nächsten 3 Notdiensten so bleibt.
Bis zur Woche nach Ostern ist dieser Notbetrieb geplant. Vorerst - es kann sein, dass diese Frist noch verlängert wird. Alles hängt von der Anzahl der Infizierten und einer erhofften Entwicklung eines Gegenmittels oder Impfstoffes ab. Ich gehe hier allerdings davon aus, dass es ab 20. April im Normalbetrieb weiter geht, da der wirtschaftliche Schaden andernfalls zu groß würde.
Als ich dann am Sonntagmorgen Brötchen zum Frühstück vom Bäcker um die Ecke besorgt hatte, geriet ich vor dem Eingang auf dem Parkplatz in eine bizarre Situation. Es wurden immer nur 2 Leute gleichzeitig ins Geschäft gelassen und draußen entstand daher eine Schlange. Allerdings hielten alle einen Sicherheitsabstand von ca. zwei Metern ein.
Da standen nun vielleicht 8 - 10 Leute voneinander isoliert auf dem Parkplatz herum und blieben stumm. Eine dystopische Atmosphäre, zumal ja auch kaum Autos auf der Straße unterwegs waren. Eine gespenstische Ruhe lag da über der Stadt, erinnerte mich fast schon an die autofreien Sonntage während der Erdölkrise 1973.
Und während ich da in der eisigen Kälte bei frühlingshafter Sonne stand und wartete, gingen mir wieder mal böse Gedanken durch den Kopf. Was ist, wenn die ganzen Ausgeh- und Versammlungsverbote nur das Ziel haben, kritische Stimmen zur allgemeinen Politik zum Schweigen zu bringen? Es sind in Griechenland wieder viele Flüchtlinge in Europa angekommen. Will die Regierung ein weiteres Erstarken der AfD verhindern, indem sie die Aufmerksamkeit auf ein anderes Thema lenkt?
In der Woche zuvor hielt die Kanzlerin noch eine Fernsehansprache an die Nation. In würdevollen Worten beschwörte sie die Bürger, von Hamsterkäufen abzusehen und wegen der Gefahr einer Ansteckung auch an die Mitbürger zu denken. „Wir schaffen das“ war mal wieder die Botschaft. Und das wir alle zusammenhalten müssen. Mit dieser Einstellung sind die Deutschen schon in zwei Weltkriege gezogen - den konnte ich mir jetzt nicht verkneifen.
Letztendlich wart die Rede ja nicht wirklich verkehrt. Was soll eine Regierungschefin auch anderes sagen? Ruhe bewahren ist zur Zeit sicherlich vernünftig. Zumal wenn ich seit Wochen kein Klopapier oder Seife mehr kaufen kann, weil irgendwelche Hirnis diese Artikel hamstern. Laut Harald kriegt man an der Tankstelle bei ihm um die Ecke tatsächlich noch Klopapier - für 2 € pro Rolle. Ich habe dies nicht nachgeprüft, weil ich Angst habe, wegen Körperverletzung in den Knast zu kommen.
Eins noch zur Rede der Kanzlerin... Ein Wort habe ich da vermisst, dass in den letzten Jahren in fast jeder Rede von ihr auftauchte: Europa! In der Krise ist das „europäische Haus“ offenbar unwichtig geworden. Selbst die Deutschen machten die Grenzen zu ihren Freunden dicht, um eine nicht mehr zu verhindernde „Einreise“ des Virus zu verhindern. Dabei gibt man guten Freunden doch ein Küsschen - oder zwei...
Für Hilfslieferungen war da bislang natürlich kein Platz. Während in Italien oder auch Spanien die Menschen krepieren, muss Deutschland auf seine eigenen Kapazitäten achten. Stattdessen sandten China, Russland und selbst Kuba Hilfe in Form von Menschen und Hilfsgütern nach Italien. Ich warte noch auf die Meldungen der Hugenberg Presse, die uns erklären wird, dass der Iwan versucht, uns zu unterwandern. Wie damals, als wir beide Kriege angeblich allein deshalb verloren hatten. Dieses Abschotten des deutsches Staates finde ich jedenfalls beschämend.
Dienstags waren wir bei Edeka am Bahnhof einkaufen. Der Weg dorthin war schnell überbrückt; es waren ja auch kaum Autos unterwegs. Sowohl bei DM als auch bei Edeka regelte die Security des Centers vom Brawopark den Einlass. Skurril wurde es dann bei Edeka sehr schnell, weil wir zwar zusammen den Supermarkt betreten durften, aber nur mit einem Wagen. Und zwar für jeden von uns. Selbst ein Familienvater mit seiner Teenietochter brauchte einen zweiten Einkaufswagen, um den Laden betreten zu dürfen.
Beim Bezahlen an der Kasse ergab sich ein vergleichbares Bild. Ein Mitarbeiter der Security wies den Kunden nach und nach die Kassen zu und achtete peinlich genau darauf, dass der Sicherheitsabstand von zwei Metern eingehalten wurde. Und genau wie bei DM waren die üblichen Verdächtigen - also Klopapier, Seifen und Mehl - spärlich vorhanden. Obwohl... bei Edeka erstand ich einen Achterriegel Klopapier Marke Regina mit Kamille! Hautfreundlich ist in diesen Tagen ja auch so ein Thema.