Freitag, 21. April 2023

Hartmudo: Superwumms

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Die herbeigerufene Schwester versprach mir, sich darum zu kümmern. Sie wollte eine antibiotische Augensalbe von irgendeiner anderen Station auftreiben und tippte wie ich auf eine stinknormale Bindehautentzündung. Das schlug sich natürlich trotzdem gehörig auf meine Stimmung. Meine Löwin beklagte es auch vollkommen zurecht, dass ich stark abwesend wirken würde.
Doch ich komme da einfach nicht aus meiner Haut. Jeder kleine Rückschlag wird von mir sofort aufgebauscht. Ja, er wiegt schwer, der Fluch in meiner Familie.
Nachdem meine Löwin wieder nach Hause gefahren war und ich eine weitere Runde mit Gerd und Paul im Treppenhaus mit Spazierengehen verbracht hatte, stand ich immer noch ohne Salbe da. Meine Stimmung verdüsterte sich weiter. Aber, oh Glück, kurz vor dem Abendessen erschien die polnische Krankenschwester mit Augentropfen und der antibiotischen Salbe.
Das meine Stimmung da sofort ins Gegenteil umschlug, ist auch ein Charakteristikum, welches mir in die Wiege gelegt wurde. Mit gesegneten Appetit verspeiste ich mein Abendbrot und kam mit Gerd und Paul immer besser ins Gespräch.
Zudem freute sich Paul auf dem letzten Auftritt von Jürgen Drews, welchen die ARD zu einer großen Fernsehshow aufgebläht hatte. Und so ganz nebenbei entwickelte sich hierauf hin ein Gespräch über unsere jeweiligen Musikgeschmäcker.
Status Quo fanden wir natürlich alle gut, doch Gerd und Paul hatten es insbesondere Led Zeppelin oder Pink Floyd angetan. Bei Queen ließen wir alle drei unisono nur die Songs auf den 70er Jahren gelten. So weit waren wir demnach nicht voneinander entfernt, obwohl beide meine notorische Fixierung auf Punk und New Wave nicht teilten.
Bis zur nächtlichen Blutdruckmessung gegen 23 Uhr führten wir so eine mehr als angeregte Unterhaltung, bis die Jungs zur Nachtruhe ihr Licht über dem Bett ausmachten. Das war für mich der Startschuss, um noch einmal das Zimmer zu verlassen, weil ich draußen noch etwas lesen wollte.
Schlafen konnte ich noch nicht, die Jungs wollte ich aber auch nicht weiter stören. Ich fand meinen Platz neben der Geschirrrückgabe gegenüber dem Schwesternzimmer. Die Nachtschwester (in meinem Alter) fragte mich, ob alles in Ordnung sei. Glaubhaft konnte ich ihr versichern, dass ich vor dem Einschlafen lediglich noch etwas lesen wollte.
So dauerte es wohl noch bis zu einer Stunde, ehe ich ins Zimmer zurückschlich, meine „geliebte“ Schlafmaske aufsetzte und mich zum Schlafen hinlegte.
Sonntag, 15 Januar. So gegen 5:30 Uhr stand ich auf. Die Blase drückte, aber ich war begeistert. Ich hatte doch tatsächlich geschlafen. Im Bad wusch ich mich, so gut es mit einer Hand eben ging. Ich war so gut drauf, dass ich die Brötchen sogar selber, wenn auch mit Mühe, aufschneiden und auch schmieren konnte.
Mit großem Genuss aß ich meine Brötchen auf; den Erdbeerjoghurt nahm mir Gerd dankend ab. Ich hatte gerade genug Zeit, um mich bei den Jungs für das schöne Gespräch am Vorabend zu bedanken, als auch schon die Visite und kurze Zeit später eine Schwester mit den notwendigen Entlassungspapieren im Zimmer auftauchte.
Die Zeit des Abschiednehmens war gekommen. Meine Taschen hatte ich selbstverständlich schon gepackt; Paul half mir beim Tragen in die Eingangshalle. Kurz vor dem Ausgang - ich wollte mich gerade von Paul verabschieden - geschah einer dieser Zufälle, wie er in solchen Situationen einfach passieren soll.
Einer dieser Momente, die dich auch in schwierigen Zeiten hoffnungsfroh in die Zukunft blicken lassen. Mitten in der Eingangshalle kam Mahmut auf mich zu. Mit seiner Frau zusammen hatte er in den 90er Jahren das Tantuni betrieben.
In jenem fantastischen kurdischen Restaurant hatte ich mich seinerzeit jeden Dienstag zum Zechen und Essen getroffen, des öfteren setzte er sich zu uns. Ja, wir hatten damals sehr viel Spaß zusammen gehabt.
Kurz musste ich Mahmut vertrösten; denn zunächst verabschiedete ich mich herzlich von Paul und wünschte ihm und Gerd sehr viel Glück für die anschließende Reha. Aber nun zu Mahmut.
Nachdem er sein Restaurant in der Helmstedter Straße vor ein paar Jahren aufgegeben hatte und aus Braunschweig fortgezogen war, hatte er nun im Jugendgästehaus Harz als Koch eine Bleibe gefunden. Ebenso eine neue Liebe. Jetzt befand er sich wegen eines Magengeschwürs im Krankenhaus, auch er wird halt nicht jünger.
Er nahm mir noch das Versprechen ab, ihn dort mit meiner Löwen zu besuchen. Dann verschwand er nach herzlicher Verabschiedung im Fahrstuhl und ich konnte meine Löwin anrufen, auf das sie mich abholen würde.
Auf einmal musste ich feststellen, dass ich doch noch nicht so fit war, wie ich mich fühlte. Ich hatte gerade das Telefonat mit meiner Löwin beendet, als ich mit dem linken Bein am Tisch hängen blieb und nach vorne stürzte. Gerade konnte ich mich noch am Tisch mit meiner frisch operierten Hand abstützen. Zu euphorisch ich gewesen war, noch mehr Glück ich gehabt habe.

Montag, 17. April 2023

Hartmudo: Superwumms

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Zwischenzeitlich war das Mittagessen gereicht worden. Gerd und Paul zeigten hierbei erhöhte Aktivität und vertilgten genüsslich Fleisch und Sättigungsbeilage mit großem Appetit. Erst jetzt bekam ich mit, dass beide jeweils am Knie operiert worden waren.
Als ich nun endlich dazu der Lage war, meinen griechischen Topf zu essen, hatten sich beide schon wieder hingelegt und dösten wieder vor sich hin. Kritharaki Nudeln mit Aubergine, Zucchini und Paprika in einer würzig-salzigen Brühe. Dieser äußerst leckere Eintopf mundete mir vorzüglich.
Wieder kam mir unsere ursprüngliche Planung in den Sinn. Auch am morgigen Tag würde ich statt Kegeln und Essen bei Freunden in Berlin mit Gerd und Paul in diesem Zimmer abhängen - ohne Bier. Jetzt hatte ich also genügend Zeit, um Gerd und Paul näher kennenzulernen.
Pauls polnische Ursprünge waren unschwer an seiner Aussprache herauszuhören. Seit kurzem in Rente, hatte er bis vor kurzem wohl im Werk gearbeitet. Vom lang aufgeschossen Gerd bekam ich nur mit, dass er aus Peine stammt und seine Frau Vegetarierin ist.
Beide waren Leidensgenossen; der eine operiert am linken, der andere am rechten Knie. Sie gingen immer zusammen zu den Mobilisierungsübungen für ihre Knie und würden auch die Krankengymnastik nach Entlassung aus dem Krankenhaus zusammen bestreiten wollen. Beide waren bereits am Dienstag eingeliefert worden und litten unter einem Lagerkoller.
Da ihre Knie Bewegung brauchten, gingen sie des Öfteren mit ihren Krücken auf den Flur und in das Treppenhaus hinaus. Da ich selbst auch ein wenig Aufmunterung gebrauchen konnte, hatte ich mich Ihnen dabei gerne angeschlossen. Mir tat die Bewegung auch gut; Alles war besser, als die ganze Zeit im Bett zu liegen.
Meine Drainage konnte ich sogar dabei in der verletzten Hand halten. Doch bevor ich an dieser Aktion teilnahm, freute ich mich über den zugegebenermaßen erwarteten Besuch meiner Löwin. Wir begaben uns nach gegenüber in den Aufenthaltsraum und unterhielten uns bald zwei Stunden lang. Das tat gut, jetzt einen geliebten Menschen zu sehen.
In der Abenddämmerung fuhr sie nach Hause - die Katzen mussten schließlich auch gefüttert werden. Außerdem war es langsam Zeit fürs Fernsehprogramm. An diesem Abend startete Deutschland um 18:30 Uhr in die Handball WM mit der Begegnung gegen Katar.
Im Zimmer verfolgten alle drei dieses Spiel; wobei ich mein Tablet bemühen musste, weil ich es nicht eingesehen hatte, für das Fernsehprogramm 9 € am Tag zu bezahlen. Über die Joyn-App könnte ich das TV-Programm schließlich auch auf dem Tablet anschauen. Der Internetzugang kostete lediglich 7 € am Tag.
Witzigerweise war die App immer zwei bis drei Minuten langsamer als die TV Schaltung, so dass Paul und Gerd des Öfteren erheblich eher in Torjubel ausbrechen konnten als ich. Das sehnlichst erwartete Abendessen kam auch irgendwann und Deutschland siegte 31:27.
Nach einem weiteren Spaziergang über den Flur und mehrere Stockwerke im Treppenhaus war es Zeit für das Abendprogramm. Auf dem Zimmer, jeweils im Bett liegend, wollte jedoch keine richtige Unterhaltung aufkommen. Gerd und Paul waren nun nach mehreren Tagen im Krankenhaus durch und wollten nur noch nach Hause, zumal beide nachts wegen ihrer operierten Knie auch nicht richtig liegen konnten.
Also schauten wir - jeder für sich auf seinem Bett - zusammen einen Film. Mission Impossible Rogue Nation lief an diesem Abend auf ProSieben. Obwohl ich diesen Teil bereits gesehen haben musste, hatte ich die Handlung anscheinend vergessen. Da werde ich mir zu Hause wohl ein paar der anderen Teile noch mal anschauen müssen.
Beim Spätfilm nach 23 Uhr wurden wir von der Schwester unterbrochen, die anscheinend bei uns dreien noch einmal den Blutdruck messen musste. Wie auch immer, das Licht war aus, nachdem Gerd mich gebeten hatte, mein Deckenlicht auch auszuschalten, damit er schlafen konnte. Das war für mich das Startzeichen, meine Schlafmaske aufzusetzen und ebenfalls eine Mütze voll Schlaf anzusteuern.
Samstag, 14 Januar. Was soll ich sagen, an Schlaf war in der Nacht nach der Operation nicht zu denken gewesen. Ruhig und still lag ich auf der rechten Seite, immer darauf bedacht, die Drainage nicht abzureißen. Links war ja noch der Zugang, den wollte ich ebenfalls nicht berühren.
Erstaunlicherweise blieb ich die ganze Zeit ruhig. Ich kann mir das nur so erklären, dass ich durch die erfolgte OP einen positiven Tick bekommen hatte. Die Nachtschwester kam unnötigerweise noch zweimal in dieser Nacht ins Zimmer - das letzte Mal gegen 4 Uhr morgens - um zu schauen, ob alles in Ordnung sei.
Wäre es auch gewesen, wenn sie nicht reingekommen wäre. So waren wir alle drei aufgewacht. Kurze Zeit danach stand ich auf, weil ich aufs Klo musste. Eigentlich wollte ich dann wach bleiben, überlegte es mir aber anders und legte mich noch einmal hin. Tatsächlich schlief ich bis kurz vor 7 Uhr, bis die Schwestern zum Blutdruckmessen hereinkamen.
Die Brötchen zum Frühstück musste ich mir aufschneiden und mit Butter beschmieren lassen, essen konnte ich sie alleine. Auch nachdem die Ärztin mit den Schwestern zur Visite gegen 9 Uhr durch das Zimmer gerauscht war, fühlte ich mich hervorragend.
Dankenswerterweise nahmen sie mir den Zugang am linken Arm ab, da fühlte ich mich auch gleich besser. Die Ärztin bestätigte mir noch einmal, dass ich noch eine Nacht da bleiben werde. Doch irgendwie galt es als gesichert, dass ich am Sonntag nach dem Frühstück entlassen werden würde. Da fühlte ich mich erleichtert, der Tag konnte beginnen.
Naturgemäß geschieht im Krankenhaus nicht viel; neben dem Mittagessen latschte ich mit Gerd und Paul über den Flur und durch das Treppenhaus. Über Mittag gab es noch Biathlon, Gerd und Paul waren derweil zu einer Anwendung aufgebrochen. So ging die Zeit dahin und ich freute mich auf den Besuch durch meine Löwin.
Als sie dann am frühen Nachmittag durch die Tür trat, war bei mir die Freude groß. Ich hatte sie doch sehr stark vermisst. Unglücklicherweise war ich jedoch zu diesem Zeitpunkt mental schon wieder etwas down, denn ich hatte an meinem Körper eine neue Baustelle entdeckt.
Im rechten Auge hatte es gejuckt, passenderweise konnte ich mich nicht bergen und rieb munter dort herum, bis ich ein richtig schönes Kittauge hatte. Zuerst wollte ich es auch gar nicht wahrhaben, bis mich meine Löwin darauf aufmerksam machte.

Donnerstag, 13. April 2023

Alan Freed 4/4

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Und dieser Unterausschuss hatte bereits Anhörungen zu Quizsendungen des TV's durchgeführt. Dies brachte die Rundfunksender ins Schwitzen, weil deren Betriebslizenzen durch ein Gerichtsverfahren in Gefahr gerieten. Sie forderten ihre Mitarbeiter, sprich DJs, zur Abgabe von eidesstattlichen Erklärungen auf, in der sie jegliche Beteiligungen an Bestechungsgeldern abstreiten mussten.
Hier ergab sich für Alan Freed natürlich ein Problem. Seinem Senderchef bei WABC machte er klar, dass er keinen Meineid leisten wollte, weil er verschiedene Geschenke erhalten hatte. Alan Freed weigerte sich also, für ABC eine eidesstattliche Erklärung zu unterschreiben. Prompt darauf reagierte ABC und feuerte Alan Freed am 21 September.
In der Folge musste Freed sein Engagement im Fernsehen ebenfalls beenden. "Big Beat" ging am 23. November 1959 zum letzten Mal über die Bildschirme. Die Anhörungen vor dem besagten Unterausschuss hatten da noch nicht einmal angefangen, die begannen erst im neuen Jahr, also 1960.
Mehrere DJs bekannten sich schuldig, für die Werbung einzelner Platten Geld und Geschenke angenommen zu haben. Entgegen dem Anraten seines Anwaltes deckte Freed Ende April seine Verbindungen zu einzelnen Plattenfirmen auf und benannte diejenigen von Ihnen, welche ihn für eine "Beratung" gebucht hatten.
Sicherlich war ihm bewusst, dass ihn diese Aussagen um Kopf und Kragen bringen konnten, denn die New Yorker Staatsanwaltschaft strengte ja bereits Strafverfahren an und hätte alles gegen ihn verwenden können.
Vielleicht zog es ihn deshalb von New York nach Los Angeles, wo sein Freund und ehemaliger Programmdirektor von WINS - Mel Leeds - bei einem Rhythm and Blues Sender namens KDAY arbeitete.
Doch da der Bezirksstaatsanwalt von New York Anklage wegen Bestechung gegen Alan Freed erhoben hatte, entschloss sich dieser, kurzfristig nach New York zurückzukehren. Dabei lag die Bestechungsaffäre mindestens zehn Jahre zurück. Dieser Fakt spielte jedoch keine Rolle, als Freed und sieben weitere Radiomitarbeiter am 19. Mai 1960 in Manhattan verhaftet und angeklagt wurden.
Insgesamt sollen sie 116.850 Dollar an Bestechungsgeldern erhalten haben. Kaum in Los Angeles zurückgekehrt, unterzeichnete Alan Freed eine Vereinbarung mit KDAY mit dem Inhalt, dass er sich von allem fernzuhalten hatte, was auch nur geringsten nach Bestechung roch. Und trotz dieser Probleme klangen seine Sendungen auf KDAY so energisch wie von ihm gewohnt.
Aufgrund der anhängigen Strafverfahren protegierte Freed einzelne Platten ausschließlich aus Leidenschaft und verhalf so über seine Radioshow mehreren Hits zum Durchbruch. Doch auch auf diesem Sender konnte Alan Freed nicht auf Dauer in Ruhe arbeiten.
KDAY feuerte ihn, weil der Sender sich weigerte, ein von Freed im Hollywood Bowl veranstaltetes Konzert zu bewerben. In all den Jahren wurden ihm Steine in den Weg gelegt; so etwas kann einem Menschen schon mal paranoid machen.
Hier kam noch erschwerend seine ewige Sauferei hinzu, bis sich Freed in seinem Bestechungsprozess zunehmend gegen die Wand gedrückt sah und im Frühjahr 1963 schließlich eine Geldstrafe von 300 $ akzeptierte, indem er sich in zwei von sieben Anklagepunkten für schuldig erklärt hatte.
Er hatte jedoch nicht bedacht, dass sich dank seines Schuldanerkenntnisses eine Unzahl von Rechnungen und sogar noch eine Anklage wegen Einkommensteuerhinterziehung ergaben. Dies kann man auch als Folge der jahrelangen Drangsalierung durch die Musikindustrie ansehen, weil Alan Freed dank seiner Widerborstigkeit die Musik spielte, die er promoten wollte..
Leider verkraftete Alan Freed derartige Nackenschläge nicht länger und wurde am Neujahrstag 1965 in ein Krankenhaus in Palm Springs, wo er inzwischen lebte, wegen Magen-Darm Blutungen infolge einer Leberzirrhose eingeliefert. Dort starb er letztendlich am 20. Januar 1965 dank eines Nierenversagens.
zuletzt in Palm Springs

Nach Palm Springs war er bereits 1963 übergesiedelt. In diesen letzten Jahren war er verzweifelt und bankrott, dazu auch häufig besoffen. Er war nicht mehr in der Lage gewesen, einer geregelten Tätigkeit nachzugehen und musste bei Freunden aus dem Musikgeschäft um Geld für Miete und Lebensmittelrechnungen anfragen. Mit 43 Jahren war er ein vollkommenes Wrack und mittellos, als er starb.
Der Payola Skandal hatte die US-amerikanische Musikindustrie Ende der 50er Jahre schwer erschüttert. Die Erkenntnis, das Hits käuflich waren und ein so bekannter DJ wie Alan Freed sich daran ungerechtfertigt bereichert hatte, versetzte der noch blutjungen Rockmusik und deren jugendlichen Fans einen schweren Schlag, von der sich die Industrie allerdings schnell erholen sollte.
Der traurige Verdienst von Alan Freed bleibt es, als Mister Rock 'n' Roll jahrelang den Unmut des Establishments auf sich gezogen und dem enormen Druck der konservativen amerikanischen Gesellschaft der 50er Jahre standgehalten zu haben.
Auch die meisten anderen DJs hielten die Hand auf, doch die amerikanische Öffentlichkeit wollte sich partout an Alan Freed verbeißen. Dafür bezahlte er den Preis; Zu guter Letzt brachte dies Alan Freed frühzeitig ins Grab.
Der Erfolg des neuen Musikstils jedoch ließ sich nicht aufhalten, zumal mit den Kids sehr viel Geld zu verdienen war und bis heute ist, was die Musikindustrie sehr schnell erkannt hatte. Und wer weiß, ob es ohne eine herausragende Figur wie Alan Freed überhaupt einen Boom der Rockmusik gegeben hätte.
Denn er war einer der wenigen Persönlichkeiten (hier wäre sicherlich auch noch Dick Clark zu nennen), die Rockmusik einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machten, indem sie diese in ihre eigentlich eher Pop-Musiksendungen integrierten. Sozusagen die Scorpions in der Giovanni Zarrella Show.

Montag, 3. April 2023

Contramann: kurz gesehen im April

https://petraerler.substack.com/p/krieg-oder-frieden-in-europa-wahrheit
Es geht um das Minsker Abkommen - hier die Aussage von Angela Merkel aus dem Dezember 2022. Da erklärte sie, dass das Minsker Abkommen 2014 von vorneherein dazu diente, der Ukraine Zeit zur Vorbereitung eines Krieges gegen Russland geben zu können. Im Februar 2022 taten die Russen den Nato-Staaten dann den Gefallen und überfielen die Ukraine.
Dank des Minsker Abkommens wurden der Ukraine 8 Jahre des Aufbaus einer Armee ermöglicht; 2014 wären Sie - das suggeriert eben die Aussage von Merkel - von Putins Truppen überrollt worden.
Und wenn dem so ist, stellt sich die Frage, warum sich Putin 2014 überhaupt auf das Minsker Abkommen eingelassen hatte und dann 8 Jahre lang mit dem Überfall gewartet hatte. Wäre es nicht vorstellbar, dass Putin 2014 eine friedliche Lösung bevorzugt hatte? Oder hatte er einfach nur Angst vor der Nato?
Bezeichnenderweise hatte keine der deutschen Qualitätsmedien diesbezüglich entsprechende Fragen gestellt. Petra Erler, ehemalige Beraterin und Freundin von Günter Verheugen in dessen Zeit als EU Kommissar, hat die Zusammenhänge in diesem Artikel schön beschrieben.

https://www.focus.de/politik/ausland/beide-seiten-lehnten-ab-usa-legten-putin-und-ukraine-brisanten-friedensplan-vor_id_184729771.html
Huch, das klang zu schön um wahr zu sein: Im Januar 2023 soll die US Regierung der Ukraine und Russland einen Friedensplan vorgelegt haben, der wohl eine Unabhängigkeit des Donbas zur Folge ermöglicht hätte. Ob die „restliche“ Ukraine dann ein Mitglied der Nato oder wenigstens der EU geworden wäre, lässt sich dieser kurzen Meldung leider nicht entnehmen.
Beide Kriegsparteien lehnten diesen Vorschlag jedoch ab. Die Ukrainer aus nachvollziehbaren Gründen - aber warum konnte Putin sich mit Bidens Vorschlag nicht anfreunden? Dieser deckte sich doch eigentlich mit den Forderungen, die Putin selbst in 2022 noch als Bedingungen für ein Ende des Krieges genannt hatte.
Der kurze Artikel gibt hierzu nichts her. Stattdessen wird suggeriert, dass Putin die Auffassung vertrete, den Krieg gewinnen zu können. Etwas dünn meiner Ansicht nach.

https://www.nachdenkseiten.de/?p=93471
Artikel der Nachdenkseiten binde ich eher ungern in diese Kolumne ein. Nicht, weil diese schlecht wären - das Gegenteil ist der Fall. Der eigentliche Grund für das Auslassen der vielen hervorragenden Beiträge auf den Nachdenkseiten liegt darin, dass Du den verlinkten Artikel von Jens Berger eh schon gelesen haben wirst.
Aber zu diesem erhellenden Artikel über die Großraffinerie in Schwedt wollte ich jetzt doch noch meinen Senf dazugeben. Denn ich finde es ebenfalls unerträglich, dass sich der grüne Wirtschaftsminister Habeck vor die Belegschaft der Raffinerie hingestellt hatte und über Ersatzlieferungen an Öl aus Kasachstan oder über Danzig fabuliert hatte.
Wie hier sehr schön dargestellt ist, hatte der Wirtschaftsminister nicht wirklich konkrete Zusagen von derartigen Lieferungen als Ersatz für sanktioniertes Öl aus Russland in der Hand. Er behauptete einfach irgendetwas, um die von der Schließung bedrohten Arbeiter zu beruhigen. In unserer fortschrittlichen Demokratie erwarte ich von einem Minister da doch mehr Standing.
Und dass die Russen ihr Öl an die Saudis verkaufen, die dieses dann als Diesel vollkommen legal (zu höheren Preisen versteht sich) an die Europäer verkaufen, setzt dem Ganzen noch die Krone auf.

https://www.neulandrebellen.de/2023/02/minsk-ii-das-endgueltige-ende-der-westlichen-seriositaet/
Roberto de Lapuente hat (leider) mal wieder recht. Er erinnert in diesem Artikel an die Aussage von Angela Merkel, dass die Abkommen Minsk I und II dazu dienten, der Ukraine Zeit zum Aufrüsten zu geben. Nachdem auch der ehemalige französische Präsident Hollande dies Ende letzten Jahres bestätigte, zieht Lapuente hier die richtigen Schlüsse.
Traurig genug, dass „unsere“ Qualitätsmedien die Aussage von Merkel als Versprecher darstellten, sofern überhaupt davon berichtet wurde. Aber die Folgen für den „Wertewesten“ werden sich mehr und mehr darin zeigen, dass immer mehr Länder die Verlässlichkeit des Westens nicht nur anzweifeln werden, sondern entsprechend handeln.
Sprich: Der behauptete Führungsanspruch der USA und seiner Verbündeten bröckelt. Und der deutsche Michel in seiner (grünen) Selbstgerechtigkeit merkt es nicht. Der Niedergang scheint vorprogrammiert.

Alsdann: Bleiben Sie links, bleiben Sie kritisch. Und:
„I`m so bored with the USA. But what can I do?“