Samstag, 25. Januar 2020

Uncle Fester: grad gelesen Januar 2020


Philip Reeve - Mortal Engines 2 - Jagd durchs Eis
Irgendwann in den Nuller-Jahren hatte ich den ersten Band dieses 4-Band-Zyklus gelesen und war ganz angetan von diesem scheinbaren Einzelroman. 2018 erfolgte die Verfilmung des Buches, gleichzeitig wurden noch die fehlenden 3 Romane in deutscher Erstveröffentlichung herausgebracht. Jetzt endlich habe ich die Saga komplettieren können.
Zur Handlung. Tom Natsworthy und Hester Shaw haben die Zerstörung Londons überlebt und sind mit Anna Fangs Luftschiff „Jenny Hanniver“ seit Jahren unterwegs. Sie handeln mit alle Möglichen und halten sich damit über Wasser, ehe sie durch Zufall auf Professor Nimrod Pennyroyal treffen, einem Schriftsteller und Aufschneider, der angeblich im zerstörten Amerika blühende Landschaften entdeckt hatte.
Sie fliegen von der Stadt Arkangel Richtung Amerika, als sie von 3 Kampfluftschiffen des grünen Sturms angegriffen werden, die das Luftschiff ihrer im ersten Band verstorbenen Anführerin - Anna Fang - wiederhaben wollen. Nur mit viel Glück überleben Tom, Hester und Pennyroyal den Angriff, bei dem ihre Gegner vernichtet werden, und retten sich auf die ziellos übers Eis reisende Stadt Anchorage, die als einige der wenigen Städte nicht räubert.
Dort lebt nicht mal mehr die Hälfte der ursprünglichen Bevölkerung, denn Anchorage wurde von einer Seuche heimgesucht. Die jugendliche Margrabina Freya Rasmussen ist die letzte Überlebende ihrer Familie. Ihr Diener Smew wechselt ständig die Rollen vom Diener zum Butler zum Koch. Ihr Berater Scabious wird von seinen eigenen Dämonen verfolgt.
Ihm erscheint bei seinen einsamen nächtlichen Spaziergängen sein toter Sohn. Allerdings handelt es sich dabei nur um Caul, den Anführer eines Trupps der „verlorenen Jungs“. Diese wurden vom „Onkel“, einem Meisterdieb, über die Jahre im Kleinkindalter entführt und von ihm in der im Meer versunkenen Stadt Grimsby zum Stehlen ausgebildet. Mit ihren „Zecken“, kleinen U-Booten, docken die verlorenen Jungs unbemerkt an Städten an und rauben diese heimlich aus.
Und während Hester mit der Jenny Hanniver wutentbrannt flieht, weil sie Tom fälschlicherweise verdächtigt, mit Freya anzubandeln, wird dieser von Caul und seinen beiden Mitstreitern Wrasse und Gargle aufgegriffen und nach Grimsby verschleppt. Hester verrät derweil Anchorage an die Raubstadt Arkangel, um sich an Freya zu rächen.
Dabei gerät sie in die Fänge des grünen Sturms. Deren Chefin Sathya hat mit Hilfe eines Ingenieurs Anna Fang als Stalker wiederbelebt. Die Untote kann sich nur fragmenthaft an ihre Vergangenheit erinnern, an Hester schon mal gar nicht. Onkel rüstet gleichzeitig eine Truppe aus, die das Hauptquartier des grünen Sturms, das sogenannte Korallenriff, ausspähen soll.
Tom soll dort über eine Treppe eindringen und erhält damit von Onkel die Chance, Hester zu befreien. Doch diese Aktion missglückt vollkommen. Der ungeschickte Tom wird vom grünen Sturm gefangen genommen und die verlorenen Jungs fliegen ebenfalls auf, als sie heimlich in das Korallenriff eindringen.
Weil Caul die mitgebrachten Bomben zu früh zündet, um Tom zu retten, kommt es zur Katastrophe. Anna Fang kommt aus ihrem Gefängnis frei und tötet alle, die sich ihr in den Weg stellen. Hester kann mit Tom fliehen und macht sich mit ihm auf den Weg nach Anchorage, um ihren Fehler zu korrigieren und die Stadt vor Arkangel zu retten.
Caul wird von Onkel bitter bestraft. Aufgehängt, soll er langsam ersticken. Doch der unscheinbare Gargle rettet Caul, weil er eines Tages die Macht auf Grimsby übernehmen will. Caul rettet sich somit rechtzeitig zum Showdown nach Anchorage.
Dort haben sich Hester, Freya und Tom ausgesprochen und organisieren die Verteidigung gegen das immer näher kommende Arkangel. Die Raubstadt bricht dann noch ins Eis ein und verendet dort. Hester wiederum hat die Entermannschaft von Arkangel, die kurzzeitig Anchorage besetzt halten konnte, am Ende allein massakriert.
Noch davor flieht der gerissene Pennyroyal mit der Jenny Hanniver. Am Ende erreicht Anchorage doch noch Amerika und grünes, fruchtbares Festland. Caul und Freya, Hester und Tom... Zum Schluss haben wir 2 Liebespaare beim Happy End.
Dieser Band las sich sehr schnell weg, weil er einfach geschrieben ist und dennoch viel Spannung bereit hält. Ich freue mich auf die nächsten Bände.


                                                 

Philip Reeve - Mortal Engines 3 - Der grüne Sturm
Und gleich geht es weiter.. in Anchorage, ca. 15 Jahre später. Hester und Tom ärgern sich mit ihrer Tochter Wren herum, der es im beschaulichen Anchorage einfach zu langweilig ist. Aus Caul und Freya ist doch kein Paar geworden, weil Caul in seiner Düsterheit verharrt und sich von den anderen abkapselt. Freya entdeckt unterdessen das Leben und überwindet ihre aristokratische Arroganz.
Urplötzlich taucht eine Zecke heimlich in Anchorage auf. Der erwachsene Gargle ist zwischenzeitlich zu Onkels rechter Hand mutiert und möchte Caul überreden, ihm ein Buch aus Zinn aus der Bibliothek von Freya zu überlassen. Als Caul dies ablehnt, überredet Gargle Wren, das Zinnbuch zu stehlen. Als Gegenleistung verspricht er ihr, sie in die große weite Welt mitzunehmen.
Hester bekommt jedoch Wind von der Sache und tötet Gargle und dessen Freundin. Nur der blutjunge Fishcake, der Fahrer der Zecke, kann sich retten, indem er Wren als Geisel nimmt und mit ihr in der Zecke von Anchorage nach Grimsby flieht. Die Brutalität und die damit verbundene Freude, mit der Hester Gargle und seine Freundin tötet, deutet bereits den sich anbahnenden Bruch zwischen ihr und Tom an.
Caul, Freya, Tom und Hester begeben sich auch sogleich mit einer alten Zecke auf die Verfolgung. Dumm ist nur, dass die Touristenstadt Brighton gerade über Grimsby die verlorenen Jungs wegfängt und einsperrt, um diese später als Sklaven verkaufen zu können. Wie beim Rattenfänger von Hameln werden die Jungs in die Falle gelockt. Mittels Lautsprecherdurchsagen werden den Jungs ein Wiedersehen mit ihren jeweiligen Eltern versprochen. Auch Wren und Fishcake, die sich etwas näher gekommen sind, fallen auf den Trick herein.
Und so treffen Hester und Co auch nur ganz kleine Kinder an, als sie Grimsby erreichen. Brighton ist da schon längst verschwunden. Onkel selbst lebt noch, ist aber alt geworden und dem Wahnsinn nahe. Er bringt Caul dazu, Hester und die anderen einzusperren, um mit ihm Grimsby neu aufzubauen. Doch Caul spielte nur zum Schein mit und lässt seine Freunde wieder frei.
Grimsby ist nicht mehr zu retten. Im anschließenden Gerangel wird Onkel von einem Bildschirm erschlagen. Freya und Caul bringen die kleinen Kinder nach Anchorage, wo beide heiraten und den kleinen Jungen ein neues Zuhause bieten. Hier steigen Caul und Freya nebst Anchorage aus der Story aus - nach nicht einmal der Hälfte dieses Romans. Tom und Hester dagegen fahren nach Brighton, da sie von Onkel noch erfahren konnten, dass Wren wohl nach Brighton verschleppt wurde. Ein richtiger Bruch mitten im Buch. Hat man selten.
Schon vorher tauchte Oenone Zero als neue Hauptfigur auf. Die Doktorin hatte doch tatsächlich den begrabenen Stalker Shrike aus dem ersten Teil ausgegraben und wiedererweckt, damit dieser die Führerin des grünen Sturms, Stalker Fang, töten möge, um den schon seit Jahren andauernden Krieg gegen die Pangermanischen Traktionsstädte zu beenden. Eins schöne Idee des britischen Autors, den hässlichen Deutschen in Gestalt eines Verbundes räuberischer Städte in den Kontext einzufügen.
Dr. Zero steigt zur Leibärztin von Fang auf. Fang selbst ist auch sehr stark am Zinnbuch interessiert, um ihrerseits den Krieg gegen die pangermanischen Städte siegreich zu entscheiden. Denn das Zinnbuch ist eigentlich das Codebuch für die Lasersatelliten, die nach 1000 Jahren im All immer noch betriebsbereit sind.
Der Bürgermeister von Brighton ist ein alter Bekannter und heißt Nimrod Pennyroyal. Der Professor residiert auf Wolke 7, einer hoch über der Stadt schwebenden und mit Brighton verbundenen Plattform. In der Stadt selbst ist der Sklavenhändler Nabisco Shkin der beherrschende Faktor, der den eitlen Pennyroyal nur zu gerne zu Fall bringen möchte.
In Wren, der Tochter von Pennyroyals „Freundin“ Hester, sieht er eine Möglichkeit, Pennyroyal bloßzustellen. Deshalb schenkt er Wren an Pennyroyal, doch die ist schlau genug, sich nicht als Hesters Tochter zu outen. Auf alle Fälle entgeht sie einem schlimmeren Schicksal. Genau wie Fishcake, der gleich nach der Gefangennahme Grimsbys Position verraten hatte, so dass Brighton alle verlorenen Jungen überhaupt erst einsammeln konnte.
Auch Tom und Hester sind auf der Suche nach Wren in Brighton angekommen. Und während Tom von Shkins Leuten gefangen genommen wird, befreit Hester die gefangenen verlorenen Jungs, die auch sofort Brighton terrorisieren. Cynthia, eine Agentin von Fang bei Pennyroyal, sprengt die Halteseile der Wolke 7, so dass diese beim Angriff von Stalker Fangs Luftschiffen ungeschützt von Brighton wegfliegt.
Im Park auf der Wolke 7, auf der eigentlich eine Feier stattfindet, kommt es zum Finale. Dr. Zero hatte Shrike derart programmiert, dass er gegen seinen Willen auf Fang losgeht und diese total zerstört. Es bleibt Fishcake vorbehalten, am Schluss mit den Einzelteilen von Fang in die Wüste zu ziehen.
Shkin verliert auf der Flucht sein Leben, während sich der schwerverletzte Pennyroyal mit einem Luftschiff erneut in Sicherheit bringen kann. General Naga und Oenone Zero hindern den grünen Sturm daran, an Tom und Hester Rache zu üben. Wolke 7 verliert Luft und rast auf die Erde zu, ihrer Zerstörung entgegen.
Das neue Liebespaar heißt Wren und Theo, der ebenso wie Wren als Diener bei Pennyroyal eingesetzt wurde. Zwischen Hester und Tom kommt es zum Bruch, zumal er jetzt endlich erfährt, dass Hester Anchorage vor Jahren verraten hatte. Ihr zunehmend zu Tage tretende Brutalität stößt ihn ab. Hester trennt sich und verlässt den Schauplatz mit Shrike, der sie einst als Kind aufgezogen hatte. Der verletzte Tom wird von Theo ins Luftschiff getragen, um mit ihm und Pennyroyal zu verschwinden.
So fliegt also die Jenny Hanniver mit den „Guten“ in die Abendsonne. Überrascht wurde ich von der Trennung zwischen Hester und Tom, was schon sehr ungewöhnlich bei so einem Stoff ist. Nicht zuletzt dadurch hat Mortal Engines bei mir gewonnen. Schade finde ich es, dass nur das erste Buch verfilmt werden konnte. Es war sicherlich ein Fehler, mit Peter Jackson einen Blockbuster a la Herr der Ringe anzustreben.

Donnerstag, 23. Januar 2020

Hartmudo: Mutter


54
Silvester war vorbei, wir schreiben den 4. Januar, ein Mittwoch. Überraschenderweise rief mich Sunny am späten Vormittag auf der Arbeit an. Mit zuckersüßer Stimme erzählte sie mir, dass der Makler sie am Freitag jener Woche besuchen würde. Insgesamt wirkte sie während dieses Telefonates sehr ruhig und aufgeräumt. Gerade so, als ob nie ein Streit zwischen uns stattgefunden hätte.
Ich war einerseits überrascht ob ihrer Freundlichkeit am Phone, andererseits freute ich mich darüber, dass wir endlich zu einem normalen Tonfall im Gespräch zurückgefunden hatten. Zu lange hatten wir uns angeschrien; die wenigen Dinge, die wir jetzt noch regeln mussten, konnten wir doch auch emotional unaufgeregt besprechen. Sicher dachte Sunny sich das auch und achtete deshalb wie ich darauf, ruhig zu argumentieren und dem anderen zuzuhören.
Sunny berichtete, dass der Makler am Freitag zu ihr kommen würde, um noch die letzte Unterschrift abzuholen. Sie hatte dazu wohl auch noch einige Fragen an ihn. Vordringlich war ihr der angestrebte Angebotspreis für Mutters Wohnung, der war ihr ja im alten Jahr bei unseren Gesprächen als zu niedrig angesetzt erschienen.
Da sie in ihrer Sprache ruhig blieb, konnte ich mich auch beherrschen und zusammenreißen. Wir hatten noch im Dezember über unseren Angebotspreis für die Wohnung ausführlich gesprochen, das allerdings in einem stellenweise rüden Ton. Da ich ein erneutes Rumgebrülle vermeiden wollte, ratterte ich meine Argumentation emotionslos herunter. 125.000 € als Startpreis für eine Wohnung im 3. Stock ohne Fahrstuhl mit mangelhafter Elektrik... Ich kann bis heute nicht nachvollziehen, warum Sunny sich einbildete, nochmal 10.000 € mehr aus der Wohnung herausschlagen zu können.
Aber wie gesagt. Ich blieb ruhig, der Makler würde ihr das schon verklickern. Auf alle Fälle wollte mich Sunny hinterher von dem Gespräch unterrichten, notfalls per WhatsApp. Das Ganze erzählte sie, wie schon erwähnt, mit zuckersüßer Stimme. Und ich blieb deshalb ruhig, war auch versöhnlich gestimmt, obwohl ich nach wie vor misstrauisch war. Obwohl - misstrauisch?
Nein, misstrauisch trifft es nicht. Denn es gab ja keinen Grund mehr für Misstrauen. Wir mussten uns jetzt lediglich noch zur Kontoauflösung bei der Nord/LB im Heidberg und selbstredend irgendwann beim Notar zur Beurkundung des Wohnungsverkaufes treffen. Jetzt könnte Sunny weder Berta noch mich weiter so verarschen. Daher gab es ja auch gar keinen Grund mehr, aggressiv zu sein. Und offenbar hatte sie ihr eigenes Pöbeln beim letzten Treffen in Mutters Wohnung vergessen. Mich selbst hatte es eh nur am Rande verletzt.
Ich fragte auch nicht mehr nach den Erlösen aus dem Wohnungsflohmarkt. Nicht wegen meines Anteils, ich hatte bereits verzichtet. Aber Eveline und Gundula hatten da jenen Samstag zugebracht und hätten zumindest den Anteil von Berta verdient gehabt. Doch auf der Arbeit wollte ich mich darüber nicht auch noch herumstreiten müssen. Denn eigentlich war es egal, was Sunny dazu gesagt hätte, weil für mich wäre es in jedem Fall ein Grund zum Hyperventilieren gewesen. Falls sie nicht gebrüllt hätte, dann wäre ich wohl abgetickt. Nein, das konnte ich auf der Arbeit nicht gebrauchen. Sollte Berta das klären, ich würde lieber die Karte ziehen, die da sagt: Sunny ist das Arschloch. Ein Grund mehr, den Kontakt mit ihr abzubrechen.
Irgendwann während dieses wohltuend angenehmen Gesprächs fragte mich Sunny beiläufig nach einem aktuellen Kontoauszug. Denn sie ging (nicht zu Unrecht) davon aus, dass die ca. 10.000 € aus der Auflösung des Kontos beim Bankhaus Löbbecke inzwischen auf Mutters Girokonto transferiert sein müssten. Da wollte sie verständlicherweise Bescheid wissen, ist schließlich nur recht und billig.
Mit ruhiger Stimme erklärte ich ihr, dass Sunny im alten Jahr keine Auszûge mehr geholt hatte, weil sie den kompletten Monat auf dem Auszug haben wollte. Wohl auch wegen der notwendigen Steuererklärung von Mutter; so glaube ich mich zu erinnern. Außerdem waren diese Auszüge ja nicht umsonst. Jeder Auszug kostet Geld. Dies betonte ich entsprechend, da ich ja wusste, dass Sunny in erster Linie an der Kohle interessiert war.
Und ich wollte damit auch Berta schützen. Nicht dass Sunny ihr wieder Untätigkeit vorwerfen konnte; dass machte sie nur zu gerne. Dieser Hass auf ihre Schwester konnte man nur noch als pathologisch bezeichnen. Ich versprach Sunny, Berta anzurufen und mir von ihr die neuen Kontoauszüge geben zu lassen. Per Mail wären sie dann schnell bei Sunny gewesen. Würde Sunny diesen Köder schlucken oder anfangen rumzumosern, bloß um Sunny wieder einen verplätten zu können?
Anscheinend war Sunny einverstanden, denn sie äußerte ein „Gut" oder auch „o.k.", irgend etwas in der Art. Dies schien also geklärt zu sein, aber Sunny erzählte noch weiter. Freundlich, wie schon erwähnt. So nebenbei entschuldigte sie sich schon halb für ihre Fragerei, weil sie sich etwas unsicher fühlte. Das deutete sie zumindest an. Es ging ihr um die Kontovollmacht, die Berta hatte.
Sie erklärte das auch: Reiner und sein Bruder mussten beim Tod ihres Vaters immer zusammen zur Bank hin, da konnte keiner von beiden irgend etwas alleine machen. Dass Berta nicht nur Kontoauszüge holen, sondern auch Überweisungen tätigen konnte, obwohl Mutter gestorben war, verstand sie daher nicht. Wieso das gehen würde, sie wüsste das ja nicht...
Da Sunny dies auch in einem sehr freundlichen Ton erzählte, erweckte sie augenblicklich mein Mitgefühl, so dass ich mir richtig Mühe gab, ihr den Unterschied ausführlich zu erklären. Wesentlich dürfte hier gewesen sein, dass Mutter im Gegensatz zu Reiners Vaters eine Kontovollmacht über den Tod hinaus ausgestellt hatte. Dies auch noch zugunsten von Berta, was ja auch am sinnvollsten gewesen war.
Denn Sunny hatte bis zum Sommer, als Mutters gesundheitliche Probleme zunahmen, nach eigenem (früherem und dauerndem) Bekunden keine Möglichkeit gehabt, Mutter zu besuchen, weil sie kein Auto oder - als sie eines bekam - Angst vor der Strecke hatte. Auffallend war natürlich, dass Sunnys Angst umso geringer wurde, je schlechter es Mutter ging. Das erzählte ich Sunny natürlich nicht.
Normalerweise wollte Mutter mir diese Vollmacht erteilen, weil sie mir kraft meines Berufes eine natürliche Fachkompetenz zutraute. So verständlich Mutters Begehr auch war, aber ich hatte sie seinerzeit überzeugt, Berta diese Vollmacht zu erteilen, weil ich kein Auto habe und tagsüber in Salzgitter arbeite. Falls Mutter also bei Bankgeschäften Hilfe benötigt hätte, z.B. um Geld abzuheben und ihr zu bringen, wäre Berta als Rentnerin im Gegensatz zu ihren Geschwistern schnell verfügbar gewesen.
Dies galt natürlich nach Mutters Tod weiterhin fort. Es wäre ja auch zu blöd, wenn wir alle 3 zur Bank fahren müssten, um eine Rechnung der Pflege oder Strom oder sonst etwas zu bezahlen. Das hätte Sunny sicher auch nicht eingesehen. Die Zahlungen, die über das Konto liefen, waren nämlich das Wichtige nach Mutters Tod. Geldeingänge und deren Verteilung waren da zweitrangig.
Denn diese waren leicht anhand der Kontoauszüge nachzuvollziehen. Von daher waren sämtliche Befürchtungen, die Sunny gehabt haben könnte, unbegründet. Wegen der Vollmacht hatte sich Sunny bei Frau Peters bei der Bank schon erkundigt. Moment Mal, jetzt erst, wo ich dies schreibe, fällt mir auf... Von wegen „ich weiss das ja nicht...". Frau Peters hatte es ihr wohl auch schon erklärt gehabt! Das mir das im Gespräch nicht aufgefallen war, lag wohl an Sunnys milden Ton, der mich eingelullt hatte.

Dienstag, 21. Januar 2020

Hartmudo: Vitalium 21

Bedienungsanleitung...

21
Der alte Bergmann war schwer zu verstehen, so wie er nuschelte. Aber ich konzentrierte mich und ging etwas näher ran, dann ging das schon. Endlich hatten wir den Besucherstollen Scholmzeche / Aufrichtigkeit betreten. Dieser stellt eine besondere Sehenswürdigkeit im Ort Bad Lauterberg dar, denn dieser war als Eisenstein Versuchsstollen zum Auffinden von Eisenerz in den Fels getrieben worden. Bereits am Anfang des 18. Jahrhunderts wurde dieser in reiner Handarbeit, nur mit Schlägel und Schlageisen, auf eine Höhe bis zu 4 Metern und einer Breite von 1,5 Metern „aufgefahren.“
Eine besondere Begebenheit aus der Historie habe ich mir interessiert gemerkt. Kurz vor Ende des zweiten Weltkriegs hatten sich ca. 2000 Bewohner von Bad Lauterberg, darunter alle Frauen und Kinder, in diesen Stollen aus Angst vor den Russen geflüchtet. Dort mussten sie 3 Tage und 2 Nächte ausharren, bis Entwarnung gegeben werden konnte, weil schließlich doch die Amis eher als die Russen in Bad Lauterberg einmarschiert waren. Während die 2000 Menschen im Stollen ausgeharrt hatten, musste dem Stollen zusätzlich Luft mittels Sauerstoffflaschen zugeführt werden, weil die dort immer vorhandene natürliche Belüftung nicht mehr ausreichte.
Innerhalb der Dreiviertelstunde klapperten wir den gesamten Stollen ab. Wir sahen alte wie verrostete Loren und Werkzeug der Bergarbeiter, selbst ein hölzernes Fördergerüst war noch vorhanden und wohl auch betriebsbereit. Dazu war der Stollen zwar durch elektrische Grubenlampen an der Decke ausgeleuchtet, aber man konnte unschwer erkennen, dass die Kurverwaltung dieses Besucherbergwerk wohl schändlicherweise verkommen lässt. Einige der Grubenlampen waren schlichtweg defekt. In diesen dunklen Passagen machten sich die Plastehelme zum Glück bezahlt, denn mehr als einmal blieb ich an der Decke hängen.
Es stimmt einen wirklich traurig, dass dieses Museum lediglich durch die ehrenamtlichen Helfer am Leben erhalten wird. Die Helfe werden auch nicht jünger; Nachwuchs ist nicht in Sicht. Meine Löwin war richtig erbost, wie dämlich die Kurverwaltung hier agiert. So ein Besucherbergwerk ist doch auf jeden Fall als touristisches Ziel förderungswürdig.
...für die Loren

Als ich gegen Ende der Führung mit dem Bergmann der Gruppe etwas hinterher hinkte, obsiegte meine Neugier und ich fragte ihn nach seinem Alter. Zu meinem nicht geringen Erstaunen belief sich sein Alter auf 92 Jahre; dafür war er dann doch noch rüstig. Als ich ihm den Grund unseres Aufenthaltes in Bad Lauterberg nannte, meinte er nur lakonisch: “Mit dem Fasten und so nem Krams kann ich nichts anfangen. Ich habe viel Alkohol getrunken, viel fettes Fleisch gegessen und bin auch 92 Jahre alt geworden.“ So lautete sein Statement nach einem langen Leben voller Mühsal.
Am Ende verabschiedeten wir uns sehr herzlich von ihm und wünschten ihm weiterhin gutes Gelingen. Patti saß bereits mit Cooper auf der Parkbank neben den Einstieg zum Stollen. Meine Löwin wirkte etwas ungehalten, was aber lediglich an der kalten Luft im Stollen lag. Ihr war schweinekalt gewesen. Jetzt benötigte sie dringend einen Tee.
Noch immer zeigte sich die Sonne von ihrer besten Seite und schien kräftig vom Himmel. Bei diesem Wetter wollten wir gerne draußen bleiben und suchten nach einer Möglichkeit, den Tee in einem Cafe mit Außenplätzen zu uns nehmen zu können. Da mussten wir erst den Kurpark komplett durchqueren, ehe wir auf der anderen Seite fündig wurden.
Dort befindet sich die Sebastian-Kneipp-Promenade, die den Kurpark zur Innenstadt hin begrenzt. Wir gingen durch die Eingangshalle des Parkhotels Weber-Müller bis zu der Außenterrasse, wo wir uns an einem schönen Holztisch niederließen. Meine Löwin konnte hier sogar eine Decke über ihre kalten Beine werfen.
Patti bestellte sich einen Tomatensaft, auf den sie einen richtigen Japp hatte. Einen Napf mit Wasser gab es für Cooper, der Rest von uns freute sich auf einen Becher Pfefferminztee. Auf dieser Sonnenterrasse konnten wir die vergangene Woche entspannt Revue passieren lassen. In dieser angenehmen Atmosphäre ließ es sich hervorragend chillen.
Nach dieser Pause hatte Pocke noch ein Ziel vor Augen. Am Vortag hatte er in einem Schuhladen schöne Mokassins von Bugatti entdeckt, die er nun zu kaufen gedachte. Patti ging derweil mit Cooper direkt zum Appartement zurück, meine Löwin und ich gingen noch ein Stück mit Pocke mit. weil wir auch noch mal gucken wollten.
Bevor auch wir uns aufteilten, kamen wir an einem Lebensmittelgeschäft vorbei. Dieser Laden war tatsächlich noch unabhängig, gehörte ergo keiner Kette an. Dieser Einsatz verdiente selbstverständlich unsere Unterstützung; da mussten wir rein. In den halbleeren Regalen gab es alles, was man für den Urlaub in einer Ferienwohnung schnell noch mal besorgen muss. Das ging vom Klopapier über Spülmittel bis zur abgepackten Wurst und Brot von Harry. Doch auch Obst und Gemüse waren hier erhältlich.
In einer Spezialitätenecke fand Pocke noch einen Aquavit aus dem Harz, den er da nicht stehen lassen konnte. Meine Löwin und ich begnügten uns mit zwei Päckchen Tee von Goldmännchen, damit wir den Ladenbesitzer wenigstens etwas unterstützten. Pocke musste sich nun beeilen, um seine Schuhe noch vor Ladenschluss kaufen zu können. Meine Löwin und ich waren dagegen vom Kaufrausch verlassen und machten uns auf den Weg zurück ins Vitalium. Schnell noch die Beute im Auto verstaut, dann gingen wir in den 3. Stock auf unsere Zimmer.
Die verbleibende Zeit bis zum Abendessen wollten wir nutzen, um schon mal unsere Koffer zu packen, damit wir am nächsten Morgen nach dem Aufstehen schnell frühstücken und gleich nach Braunschweig zurück fahren können. Ich brauchte nach dieser Packaktion lediglich die Badartikel und meine Schlafmaske zu verpacken, der Rest war im Koffer oder ich würde es kurz reinschmeißen.
Bestens vorbereitet erschienen wir daher um 18.00 Uhr zum letzten Abendessen in Bad Lauterberg. Meine Löwin und ich waren jetzt die einzigen Heilfaster am Tisch. Wir erfreuten uns an der wässrigen Excelsiorsuppe und den Orangenschnitzen. Dazu gönnten wir uns ein Glas mit Bittersalz. Dieses stürzte ich mittlerweile mit einem Viertelliter Wasser auf Ex hinunter, ohne das Gesicht verziehen zu müssen. Danach gönnte ich mir noch eine Portion Honig und ab dann hieß es einfach nur warten...
Pocke und Patti wurden dagegen fürstlich versorgt. Pocke bekam zwar auch nur einen Brei, aber immerhin Kohlenhydrate. Für Patti war ihr leckeres Gemüsegericht wieder überproportioniert, so dass sie es nicht aufessen konnte. Bei diesem Anblick ritzten meine Finger neue Kerben unter die Tischplatte, als ich die nicht verzehrte Hälfte dieser Köstlichkeit betrachtete.
Wie am Vorabend gingen Patti und Pocke gegen 19.00 Uhr in die Sauna, während meine Löwin und ich es uns am Kartenspieltisch im vorderen Speisesaal bequem machten - natürlich nach unseren Toilettengängen. Wir schafften gerade eine Partie „Take Five“, als Patti und Pocke schon mit der Sauna fertig waren und sich zu uns gesellten.
Auf Wunsch von Pocke versuchten wir uns dieses Mal an einem anderen Spiel. Meine Löwin machte uns mit einem Spiel namens „Herzeln“ bekannt, dass sie aus ihrer Kindheit von der Verwandtschaft aus Schleswig-Holstein kannte.
Gemütlich

Dieses Kartenspiel kann man getrost als Vorstufe zu Skat oder auch Doppelkopf bezeichnen, was vor allem das Interesse von Patti weckte, die ja immer wieder Doppelkopf lernen möchte. Bei diesem schönen Spiel kam sie dann sehr gut zurecht und gewann eine Vielzahl an Spielen. Mit der Zeit wurde sie immer besser. Pocke dagegen verlor alle vier Runden, ließ sich aber davon nicht den Abend verderben.
So hatten wir an unserem Abschiedsabend sehr viel Spaß und noch mehr Kräutertee. Erst weit nach 23.00 Uhr beendeten wir den Spieleabend, den wir in Braunschweig durchaus einmal wiederholen könnten. Noch auf dem Flur verabschiedete ich meine Löwin ob der fortgeschrittenen Stunde. Es folgte mein üblicher Toilettengang und noch etwas Zeit des Lesens in meinem Buch. Diesmal stellte ich mir den Wecker auf 5.40 Uhr, damit ich für den letzten Auftritt der Frau mit dem Wickel bereit wäre.

Samstag, 18. Januar 2020

Hartmudo: Vitalium 20


20
Bis mich meine Löwin endlich abholte, verdaddelte ich die Zeit mit dem täglichen Lesen der Nachdenkseiten und dem Versenden eines dort gefundenen Beitrags über Fake News an die BiRe-Gruppe. Diese News werden pikanterweise gerne von unseren Leitmedien wie Spiegel, FAZ oder auch der Süddeutschen versandt. Konkret ging es um Meldungen über Venezuela, mit denen versucht wurde, einen Staatsstreich zu unterstützen.
Meine Löwin war tatsächlich sehr schnell gewesen und schon 10 Minuten nach halb Elf bei mir. Schnurstracks brachen wir zum Appartement auf. Alle zusammen gingen wir dann zum Markt in die Innenstadt. Cooper war wieder mal frohgemut und lief freudig auf und ab, als er meine Löwin und mich sah. Auch Pocke machte einen fröhlichen Eindruck, zumal er sogar 5 kg abgenommen hatte. Patti dagegen hatte ich nicht mehr nach ihrem Gewicht gefragt, weil sie wohl eher mehr als weniger Gewicht auf die Rippen bräuchte.
Der Markt befand sich an der Kirche - wo auch sonst - und war eher klein zu nennen. Dennoch fanden meine Löwin und ich bei zwei Händlern eine gute Auswahl an Gemüse, welches wir nach kurzem Nachdenken einkauften. Ein Händler überraschte uns völlig, weil er nicht nur die uns bekannten rote und weiße Beete feilbot, sondern selbst orange oder gar längliche Beete im Sortiment hatte. Zu meinem nicht geringen Erstaunen schlug meine Löwin unmittelbar zu und kaufte eine ganze Ladung an Beete, die sie normalerweise hasst wie die Pest. Sie erklärte es mit einem schönen Rezept, bei dem die Beete im Backofen zubereitet wird. Da war ich mal gespannt.
Wir rundeten unseren Einkauf mit Sellerie, Tomaten, roten Zwiebeln und frischem Knoblauch ab. Dieser wird laut dem Verkäufer wie Lauch vom Stück abgeschnitten. Spätestens da hatte er uns überzeugt. So waren wir also mit reichlich gesundem Gemüse gesegnet und hielten nach unseren Mitstreitern Ausschau.
Wir entdeckten Patti und Pocke etwas weiter weg an einem Wurststand. Dort hingen sie mit Cooper ab und schauten interessiert in die Auslage. Normalerweise gibt es auf dem Markt immer etwas zum Probieren. Die werden doch wohl nicht... Nein, taten sie nicht. Wie am Vortag beim Pferdeschlachter kauften sie lediglich Ware ein. Am Schluss besorgte sich Pocke noch Brot für den nächsten Tag zuhause; danach waren wir durch und gingen zurück ins Vitalium, weil es nunmehr Zeit fürs Mittagessen war. Unsere zahlreiche Beute verstauten wir wie üblich in unseren Autos auf dem Parkplatz.
Meine Löwin nahm meine Jacke mit in den dritten Stock, als wir kurz darauf im Vitalium eingetroffen waren. Denn zu meiner Freude war die neue Rechnung endlich da. Die wollte ich gleich bezahlen, damit das vom Tisch ist. Leider hing die Sekretärin noch am Telefon. Zusammen mit einer anderen Frau, die ebenfalls zahlungswillig war, wartete ich vor dem Büro bzw. der Rezeption im Flur vor dem Speiseraum. War eh ein Zimmer.
Da wir unverrichteter Dinge dort herumstanden, schaute ich vorsichtshalber mal in die Rechnung hinein und war entsetzt. Die Sekretärin hatte schlampig gearbeitet; lediglich die Arztkosten und die Anwendungen hatte sie dazu addiert. Diese Kosten, von denen ich nicht alle von meiner Krankenkasse und der Beihilfe ersetzt bekomme, würde ich so „on Top“ bezahlen. Da hätte sie die Rechnung gar nicht erst ändern müssen, wenn ich am Ende dasselbe wie meine Löwin bezahle, also den Preis für Touristen aus dem Internet.
Mein Puls stieg rasant an, ich war offenbar mehr als sauer. Mit aller Kraft zwang ich mich zur Ruhe. Das kriege ich auch ohne Muskelentspannung a la Jacobson hin. Die andere Frau hatte derweil das Büro betreten, ich würde gleich dran sein. Meine Löwin lief schon zum Essen an mir vorbei; ein Lächeln bekam ich gerade noch so hin. Hauptsache ruhig. Es wäre kontraproduktiv gewesen, wenn ich die Sekretärin angebrüllt hätte. Aber ich nahm mir fest vor, das Vitalium zukünftig zu meiden, sollte ich hinterher dank eines Fehlers der Sekretärin bei den Kosten unnötig draufzahlen oder auch nur Stress mit meiner Krankenkasse oder der Beihilfe bekommen.
Mit einem stahlharten Lächeln zeigte ich kurz darauf der Sekretärin die erneut falsche Berechnung, bei deren Anblick sie sich augenblicklich entschuldigte. Sofort war ich ruhiger und verfiel auch gleich wieder in einen moderaten Plaudermodus. Wie mir die Sekretärin erklärte, war sie von einem falschen Tagespreis der Unterkunft ausgegangen, weil sie in ihrer Tabelle verrutscht war. Statt 63 Euro reiner Unterkunftskosten hatte sie mit 77 Euro den Preis zugrundegelegt, bei der sämtliche medizinischen Leistungen eingepreist sind. Der Preis für die Touristen halt.
Sie wollte dies umgehend nochmals korrigieren . Sie erklärte mir, dass ich insgesamt dennoch mehr als meine Löwin (deren Rechnung ich selbstredend übernahm) bezahlen müsste, da Arztkosten und Anwendungen nach der Ärztegebührenverordnung abgerechnet werden. Diese Kosten seien fix. Der insgesamt niedrigere Preis für meine Löwin ist der Tatsache geschuldet, dass man das Angebot für Interessierte, die dies nicht von ihrer Kasse bezahlt bekommen, attraktiv halten müsse. Unverblümt sprach sie noch von einer gesunden Mischkalkulation.
Nun war ich beruhigt und mein Puls lief wieder in normalen Bahnen, so dass ich mich erst einmal zum Mittagessen begeben konnte. Meine Mitstreiter saßen bereits am Tisch. Pocke hatten sie wieder eine brennende Kerze vor die Nase gestellt. Darauf konnte er sicherlich verzichten, nicht aber auf die Gemüsesuppe, die vor ihm stand. Der Unterschied zu der gewohnten Fastensuppe ergab sich durch das unpürrierte Gemüse. Ganze Stückchen also, da waren meine Löwin und ich nicht so komfortabel versorgt. Wir hatten lediglich die schon gewohnte Excelsior Suppe in der Thermoskanne vor unserer Nase stehen.
Patti hatte ja bereits am Abend zuvor geäußert, dass sie die gestiftelten Rüben nicht mehr sehen könne. Sie wiederholte dies und überlegte, am Nachmittag ob des schönen Wetters lieber mit Cooper durch den Kurpark spazieren zu gehen statt mit uns das Bergwerk zu besuchen. Dort wollte sie partout nicht hin. Pocke schlug daraufhin einen Kompromiss vor. Sollte die Führung länger als eine Dreiviertelstunde dauern, würde er sich Patti anschließen, da andernfalls das sonnige Wetter vorbei gewesen wäre. Dies wollten wir eigentlich alle ausnutzen, um uns etwas zu bewegen.
Nach der üblichen Pause zu Mittag dank des Heuwickels gingen meine Löwin und ich zum Appartement, um Pocke zum Besuch des Bergwerks abzuholen. Wir beide wollten das Bergwerk auf jeden Fall besuchen, wenn wir schon mal in Bad Lauterberg sind. Kultur pur, und das satt. Pocke war jedoch dank des Heuwickels sanft entschlummert, so dass wir allein Richtung Bergwerk aufbrachen. Patti wollte noch auf Pockes Auferstehung warten und dann mit Cooper nachkommen.
Meine Löwin und ich gingen deshalb erst einmal los Richtung Kurpark. Die Sonne schien bereits kräftig auf uns herab, als ob der Frühling gerade begonnen hätte. Gerade waren wir an unserem Parkplatz vorbei gekommen, als ich plötzlich auf dem Fußweg ein einsames Haribo Colafläschchen liegen sah.
Das arme kleine Ding! Fast kamen mir die Tränen vor Rührung. Mit letzter Kraft konnte ich mich gerade noch zurücknehmen und ließ sie dort, wo sie lag. Am liebsten hätte ich das kleine Colafläschchen gerettet, indem ich es aufhebe und in meinen warmen Mund schiebe, um es langsam und genüsslich zu zerkauen. Wie wir kurz danach feststellen konnten, plagten meine Löwin ähnliche Gefühle.
Im Kurhaus angekommen, ging meine Löwin zur Frau in dem Kassenhäuschen und informierte sich über den genauen Treffpunkt zur Führung durch das Bergwerk und die Dauer derselben. Tatsächlich konnte ihr die Kassiererin bestätigen, dass die Führung wirklich lediglich 45 Minuten dauern würde. Bezahlen müssten wir die Führung direkt am Treffpunkt bei dem alten Bergmann, der die Führung durchführen würde.
Sofort griff ich zu meinem Smartphone, um Pocke per Whatsapp zu briefen. Gleich danach brachen wir zum Treffpunkt auf. Dieser befand sich laut der Kassiererin am Ende des Kurparks hinter den Tennisplätzen. Obwohl ich leicht verunsichert ob der korrekten Richtung war, gingen wir strammen Schrittes los. Spätestens vor der kleinen Brücke - diese sollten wir noch überqueren - war ich beruhigt. Hier waren wir richtig, da war mir klar und deutlich bewusst. Denn hier war ich bereits vor ein paar Tagen mit Cooper und dessen Herrchen / Frauchen gewesen. An das Schild vorm Eingang des Stollens konnte ich mich wieder erinnern.
Noch bevor wir die Brücke betraten, rief ich Pocke direkt an, um zu horchen, was nun Trumpf war. „Bleib da stehen, wir sehen Euch. Sind 100 Meter entfernt.“, sagte er gleich. Und tatsächlich: Kurz blickte ich in Richtung des Vitaliums, da sah ich sie schon. Über den Rasen kamen sie auf uns zu.
So waren wir alle rechtzeitig angekommen. 14.45 Uhr, da hatten wir sogar noch etwas Zeit, bevor es um 15.00 Uhr los gehen sollte. Gespannt setzten wir uns auf eine Parkbank unmittelbar neben dem Eingang zum Schacht. Pünktlich um 15.00 Uhr kam dann der bereits anvisierte alte Bergmann um die Ecke geschlichen. Offensichtlich war er schon sehr alt und wirkte leicht gebrechlich.
Der Eintritt war mit 3,- € (mit Kurkarte) überraschend günstig. Da hätten wir auch mehr gezahlt. Nach dem Bezahlen bat uns der Bergmann, die Parkas zu schließen, weil es im Stollen erheblich kälter sein sollte als draußen bei dem milden Wetter. Als wir uns dann mit den anderen 10 Teilnehmern dieser Führung im Vorraum versammelten, teilte der Bergmann noch jeweils einen gelben Schutzhelm aus Plaste an jeden aus. Dies war durchaus sinnvoll, wie wir später noch merken sollten. Zusätzlich teilte er noch 3 Taschenlampen aus; eine davon konnte meine Löwin ergattern.

Mittwoch, 15. Januar 2020

Hartmudo: Vitalium 19


19
„Guten Morgen!“ Fröhlich begrüßte mich die Frau mit dem Wickel, als sie um Viertel nach Sechs ins Zimmer stürmte und mich aus sämtlichen Träumen riss. Ihre gute Laune verflog jedoch schlagartig, als ich ihr sagte, dass ich vor dem Wickel zunächst einmal pinkeln müsste, weil ich andernfalls keine halbe Stunde durchhalten würde.
„Ich habe sie extra zum Schluss vorgesehen. aber gut, machen Sie“, grummelte die Frau mich an. Da konnte ich nicht wirklich drauf wechseln. Noch beim Pinkeln dachte ich, dass sie an den vorherigen Tagen doch immer noch früher erschienen war und ich da sogar schon wach war. Was wollte sie eigentlich? Aber egal, Tag geht los.
Dann war sie endlich verschwunden und ich konnte die nächste halbe Stunde noch entspannt in meinem Buch lesen. Hinterher saß ich wie an den letzten Tagen auch auf dem Klo und daddelte „Angry Birds Go“, um mir danach die Zeit mit dem Schreiben dieser Story zu versüßen.
Meijne Löwin und ich trafen uns heute etwas früher, also noch vor Acht, da wir heute unseren Arzttermin zum abschließenden Gespräch hatten. Deshalb spülten wir den Karottensaft mit einem Tee sehr fix hinunter und vergaßen darüber, die Heilerde zu uns zu nehmen. Ich verrate es mal: Wir haben es überlebt.
Mittendrin in unserem Frühstück tauchten Patti und Pocke am Tisch auf. Wir diskutierten kurz darüber, ob wir nachmittags an unserem letzten Tag spazieren gehen oder doch wie geplant das Bergwerk besuchen wollten. Wir bevorzugten das Bergwerk, ließen uns eine endgültige Entscheidung aber offen.
Pocke hatte vor seinem Platz eine Kerze stehen, da er nun mit dem Fastenbrechen beginnen würde. Die Servicekraft brachte ihm zur Belohnung seiner Mühen eine leckere Hirsegrütze und zündete nebenbei die Kerze feierlich an. Das ganze Procedere wirkte einfach nur noch niedlich auf mich, fast so wie an einem Kindergeburtstag.
Geburtstag! Im Hinausgehen gratulierten wir noch der Hausdame zu ihrem Geburtstag, den sie mit einigen anderen Mädels anging. Die Hausdame war dennoch ganz bei der Sache und riet uns, zum Arzttermin im Bademantel zu erscheinen, weil wir ja auch die Waage betreten müssten. Schnell gingen wir hinauf auf unsere Zimmer, um uns umzuziehen. Mein Termin beim Arzt war für 8.30 Uhr vorgesehen, meine Löwin würde eine Viertelstunde später drankommen. Da wir gemeinsam im Aufenthaltsraum aufliefen, war sie sicherlich etwas früh erschienen. Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass Patti und Pocke gleich nach meiner Löwin terminiert waren.
Meine Löwin erwähnte gerade, dass sie nachmittags wohl doch lieber den Gang zur Odertalsperre an der Oder entlang in Angriff nehmen würde statt ins Bergwerk zu gehen, weil es draußen dank Sonnenscheins nach einem schönen Tag aussah, als der Doktor mich in sein Zimmer bat.
Prompt vergaß ich beim Eintreten sogar meinen Zimmerschlüssel. Sorgen brauchte ich mir deswegen selbstverständlich nicht machen. Meine Löwin war ja da. Dr. Hönck von Plachy befragte mich zuerst nach meinem Befinden. Dies war richtiggehend gut, wie ich ihm freudig berichten konnte.
Im weiteren Verlauf schilderte ich ihm meine zukünftige Planung. Zuhause würde ich noch weiterhin fasten, um zu sehen, ob ein Fasten auch während der Arbeit funktionieren würde. Denn dann möchte ich im Herbst das Fasten noch einmal angehen und im nächsten Jahr sehr gern wieder das Vitalium besuchen.
Der Doktor blieb erst einmal stumm. Ja, er wirkte sogar geschockt, was mich etwas irritierte.
Und anstatt auf meine Planung einzugehen, fragte er mich überraschenderweise, ob ich auch gewandert wäre und wenn ja, wohin.
Wahrheitsgemäß berichtete ich ihm von unserem Gang um den Wiesenbeker Teich und natürlich dem Aufstieg zum Bismarckturm. Der Doktor zeigte sich baff erstaunt, dass ich den steilen Aufstieg geschafft hatte. Er fügte auch noch an, dass er sich nicht vorstellen könne, das ich neben der Arbeit noch fasten könne.
Danach folgte die Stunde der Wahrheit; ich musste mich wie in „the biggest Looser“ auf die Waage begeben. Der Doktor schob die Regler hin und her und blieb bei fantastischen 104,5 kg stehen. Da war nicht nur er begeistert. Ich für mein Teil war mehr als zufrieden und wusste in diesem Moment, dass sich all die Anstrengungen gelohnt hatten.
Jetzt konnte ich ihm auch meine größte Sorge schildern. Ich erklärte dem Doktor, warum ich den für diesen Tag geplanten Wechselbrustguß nicht machen wollte. Schon beim Beinguss hatte ich einen empfindlichen Schmerz im Unterschenkel verspürt. Dank meines eklatanten Bluthochdrucks befürchtete ich bei einem Guss über die Brust das Schlimmste.
Der Doktor zeigte für meine Bedenken vollstes Verständnis und meinte nur, dass sich niemand in der Kur quälen sollte, da die ganze Woche ja auch der Entspannung dient. Er bot mir alternativ einen moderaten Wechselbrustguss mit lauwarmen statt kalten Wasser oder den beliebten Wechselarmguss an. Da ich doch ein wenig Action erleben wollte, entschied ich mich für den Wechselarmguss. Danach war meine Session beim Doc beendet.
Draußen im Aufenthaltsraum schnappte ich mir meinen Schlüssel, den meine Löwin bereits eingesteckt hatte, ohne es zu merken. Voller Glück flog ich fast in mein Zimmer und zog mich schnell noch einmal um. Kurzentschlossen streifte ich meine Badeshorts über, weil ich nach dem Guss das Schwimmbad aufsuchen wollte. Um Punkt 9.00 Uhr stand ich im Keller bei der Bademeisterin auf der Matte.
In dem Raum der Anwendungen mit den Güssen geriet ich augenblicklich in einen Stau, weil sich irgendwelche Leute vor mir offenbar verspätet hatten. Bis ich endlich 10 Minuten später dran kam, unterhielt ich mich kurz mit der korpulenten Dame, die ein Problem mit ihrem Asthma hat. Immerzu braucht sie deshalb frische Luft und hatte deshalb in den Tagen zuvor das Fenster aufgerissen. In Wartezimmern bei ihren Ärzten würde sie auch andauernd die Fenster aufreißen. Dauernd müsste sie sich darüber aufregen, weil die Kranken meinen, im Mief sitzen zu müssen statt frische Luft zu tanken.
Ganz vorsichtig versuchte ich ihr klarzumachen, dass Zugluft bei schweren Erkältungen für normale Menschen einer Gesundung entgegensteht, was sie aber nicht im Mindesten interessierte. Zum Glück war sie jetzt endlich an der Reihe, ehe wir uns noch richtig in die Haare kriegen würden.
Sie brauchte wirklich nicht lange; danach war ich an der Reihe. Dann hieß es wieder... „tiiief ein-at-men... uuund aus-at-men!“. Dieser Wechselarmguss war mal so richtig entspannend, weil ich überglücklich war, dass mir der Heiß-Kalt-Effekt an meinem Oberkörper erspart blieb. Da war mir richtig ein Stein vom Herzen gefallen. Mich hatte das doch mehr beschäftigt, als ich mir selbst gegenüber zugegeben hätte.
Glücklich verabschiedete ich mich und ging gleich hoch ins Schwimmbad. Da ich laut Waage viereinhalb Kilo abgenommen hatte, war ich natürlich entsprechend euphorisch unterwegs. Im Becken drehte meine Löwin bereits einsam ihre Runden, denn auch heute hatten wir das Becken für uns allein. Wie sie mir berichtete, hatte sie 3 kg verloren. Doch da sie vor der Fastenkur Wassertabletten zu sich genommen hatte und deshalb zu wenig Wasser im Körper aufwies, war dieser etwas schlechtere Wert gegenüber meinem erklärlich, zumal ich eh in einer anderen Gewichtsklasse spiele. Laut dem Doktor entsprach der Wassermangel meiner Löwin so ein bis zwei Kilogramm, die ihr Körper sich jetzt dank des vielen Tees und den abgesetzten Wassertabletten zurück geholt hatte. Als positiven Nebeneffekt bezeichnete meine Löwin ihre nunmehr straffere Haut.
Wir wollten mit Pocke und Patti noch auf den Markt in der Innenstadt gehen, deshalb blieb ich diesmal nicht ganz so lange im Becken und begab mich vorzeitig auf mein Zimmer zum Umziehen. Ich wartete dort auf meine Löwin, die mich gegen halb Elf abholen wollte. Sie machte ihre Stunde im Becken voll; meine Löwin liebt es, wenn sie das Schwimmbecken für sich alleine hat und ungestört plantschen kann.
Bereits kurz nach 10.00 Uhr war ich vollständig bekleidet. Das sich Pocke per Whatsapp gemeldet und Patti sogar angerufen hatte, bekam ich gar nicht mit, da ich zunächst dringend auf die Toilette musste. Zuguterletzt hatte ich begriffen, dass die Klobürste in dieser Woche zu meinem Freund geworden war. Nach dem Klo antwortete ich auf Pockes Anfrage, der sich mit uns um 10.00 Uhr treffen wollte. Zur Antwort konnte ich ihm lediglich halb Elf oder kurz danach bieten; deshalb sollten wir dann im Appartement vorbeischauen, wenn wir so weit waren. Ein Rückruf bei Patti erübrigte sich damit.

Mittwoch, 8. Januar 2020

H. Lecter: Alf


11
So ein Ding wie in jener Nacht mit seinem nackten Arsch hatte Alf zum Glück nur noch einmal mit mir abgezogen, muss ich hier ehrlicherweise erwähnen. Erzählen werde ich die zweite Granate aber etwas später. Und zumindest in den ersten Jahren war er größtenteils immer fit, wenn wir zusammen unterwegs waren.
Es gibt da noch etwas mehr zu erzählen über Mallorca. So war das eine Mal ein weiterer Kollege mit von der Partie – Mr. Rhönrad. Wie der Name schon vermuten lässt, übte er diese lange vergessene Sportart in seiner Freizeit aus. Ähnlich wie Klaus-Ewald war er ein ruhiger Vertreter der Menschheit, der nicht zu Exzessen neigte. Und so wie Klaus-Ewald konnte er irgendwann mit unseren Eskapaden nichts mehr anfangen und blieb gemeinsamen Aktivitäten mehr und mehr fern.
Allerdings war auch meine Lust auf Mallorca irgendwann erschöpft. Ich drängte irgendwann darauf, dass wir nur drei bis vier Tage nach Mallorca fahren. Dies war Ende der 90er bzw. zum Jahrtausendwechsel eher schwer zu buchen. Ich denke aber, dass wir als Kompromiss fünf Tage hinbekommen hatten.
Nun war Mr. Rhönrad noch nicht mit uns auf Malle gewesen und auch Moritz bestand auf einer kompletten Woche. Aber egal, wir fuhren dort hin. Zum wievielten Mal insgesamt weiß ich schon gar nicht mehr, aber ins Hofbrauhaus Latino sind wir beim letzten Mal schon gar nicht mehr gegangen.
Denn irgendwann werden Wiederholungen langweilig – egal ob Bucho Verde, Marlies und Klaus oder das Oberbayern. Es ist ja quasi unmöglich, unseren grandiosen ersten Abend im Hofbrauhaus Latino zu toppen. Im Balneario 6 war auch immer weniger los, da waren wir dann nicht mehr so euphorisch. Selbst Alf war da außer Form.
Fast schon lustlos kippten wir unsere Drinks hinein. Alf schlief dann vielleicht gerade mal friedlich auf dem Stuhl ein, so dass wir ihn wecken mussten. Es fehlte halt der letzte Kick, den auch Mr. Rhönrad nicht herbeizaubern konnte. Einzig und allein unser Besuch im Bierkönig in der Schinkenstraße, der damals noch relativ neu war, überzeugte uns mit lauter Musik und gröhlenden Menschen. Hier war er zu bewundern, der hässliche Deutsche.
Alf war bei der brüllend lärmenden Schlagermusik ganz in seinem Element und bereits wieder dabei, andere zum Tanzen zu animieren.
Hier drückten wir das Gaspedal nochmal so richtig durch. Nur an diesem Abend war der Begriff „Druckbetankung“ angemessen gewesen. Selbst Mr. Rhönrad hatte dort anscheinend eine Wolldecke im Mund und auch Klaus-Ewald lachte schallend mit, obwohl er ja dank der Diabetes höchstens mal ein Bier trank.
Die hatten da sogar einen Grill, wo es Schnitzel und Bratwürste gab. Voller Heißhunger gönnten Klaus-Ewald und ich uns eine Kleinigkeit. Das vor Fett triefende Schnitzel half den Magenwänden, den Wodka Lemon schmerzfrei zu überstehen. Ansonsten war die Party auch in diesem kleinen Durchgang, der als Schinkenstraße bekannt ist, in vollem Gange. Eine Trennung zwischen Kneipe und Straße gab es nicht.
Torkelnd und uns gegenseitig stützend gingen wir ins Hotel zurück. Es war, wie bereits erwähnt, der einzig schöne Abend in unserem Suffurlaub. Doch dieser Urlaub war für mich persönlich aus einem anderen Grund sehr schön: Zwei komplette Tage trennte ich mich von meiner Gang und besuchte Pan mit seiner Frau und den beiden Kindern.
Pan arbeitete seinerzeit als Koch bei einem schwedischen Gastronom in El Arenal. Sie hatten am Beginn der Balnearios eine schöne Finca gemietet und so besuchte ich die Familie dort. Schön hatten sie es dort, der Junge konnte gerade mal laufen und seine Schwester befand sich soeben im Krabbelalter.
Während Pan zur Arbeit musste, war ich mit seiner Frau und der Karre mit der Kleinen am Strand unterwegs. Es war quasi das erste Mal, dass ich den Strand für länger als 30 Minuten aufgesucht hatte. Unsere englische Konversation verlief flüssig, ich war da ja auch noch nüchtern.
An einem anderen Tag bin ich mit Pan und seinen Arbeitskollegen ins Landesinnere gefahren, wo wir mit einer Dampflok gefahren sind. Hinterher ein Besuch bei IKEA und natürlich noch in einem Supermarkt. Dort durfte man übrigens rauchen. Ich weiß noch, dass ich mit Kippe im Mund an einer ganzen Batterie von Serranos vorbeigegangen bin. Abends soff ich mich dann mit Pan zu und schlich hinterher ins Hotel zurück.
Ganz kurz möchte ich zum Abschluss von Mallorca noch unsere Werbefahrt erwähnen, an der ich mit Alf, Max, Moritz, Klaus-Ewald und Buck teilgenommen hatte. Die hatten da doch tatsächlich Rheumadecken verkauft! Die Reiseleiterin, welche die Rentner in eine große Halle mitten in der Pampa scheuchte, nickte verständnisvoll, als wir ihr erklärten, dass wir nicht da drin sitzen bleiben würden. Schließlich würden wir ja keine Decken kaufen.
Malle wird für mich ewig mit den erwähnten Szenen wie dem Hofbrauhaus Latino oder El Bucho Verde verbunden sein. Normalerweise nicht meine Szene, aber ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass man dies einfach mal selbst mitgemacht haben sollte.

Montag, 6. Januar 2020

Contramann: kurz gesehen im Januar


https://www.heise.de/tp/features/Die-westliche-Illusion-4580610.html
Viele bringen die guten Wahlergebnisse der AfD mit einer latenten Fremdenfeindlichkeit der „Ossis“ in Zusammenhang, doch das greift viel zu kurz. Bis heute ist die Abwicklung der DDR Wirtschaft durch die Treuhand tragischerweise nicht aufgearbeitet worden.
Hört man sich heutzutage (westliche) Politiker zum Thema Treuhand an, hört man lediglich eine Erfolgsgeschichte - für die Wirtschaft. Im Prinzip wurde damals aber das ehemalige „Vermögen des Volkes“ an westliche Konzerne für ein Butterbrot verscherbelt.
Es mag ja sein, dass erzielte Verkaufserlöse nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten korrekt bewertet wurden, aber im Osten gab es eben keine Marktwirtschaft. Dies wurde in keinster Weise berücksichtigt und so erfolgte quasi eine Übernahme der östlichen Wirtschaftsbetriebe durch die Konzerne aus dem Westen.
Was bei der Bewertung in keinster Weise berücksichtigt wurde, war der Faktor Mensch. Das Fachwissen der Arbeiter in den sozialistischen Betrieben fiel vollkommen unter dem Tisch. Das ist im Kapitalismus zwar gang und gäbe, hätte bei der notwendigen Systemumstellung aber berücksichtigt werden müssen.
So aber konnten sich die „neuen Herren“ bequem die Lohnkosten für überflüssige DDR Fachkräfte sparen, zumal es seinerzeit im Westen eher zu viel als zu wenig Facharbeiter gab, mal ganz allgemein gesprochen.
Die Idee der Politik, dieses Schieflage für die Ostdeutschen durch geringere Löhne auszugleichen, auf dass die verbliebenen Betriebe im Osten nicht auch noch über die Wupper gehen (obwohl diese auch bereits im Besitz westlicher Konzerne standen), mag am Anfang ja eine gute Idee gewesen sein.
Doch dass dieser Lohnunterschied 30 Jahre später immer noch Bestand hat, muss für den heutigen Ostdeutschen, der damals noch klein oder nicht geboren war, ein gewaltiger Dorn im Auge sein. Aus dieser nicht nur gefühlten Ungerechtigkeit haben viele Ostdeutsche den Schluss gezogen, den die Deutschen bereits vor 100 Jahren tragischerweise gezogen haben.
Sie wenden sich den „Rechten“ zu, nicht zuletzt, weil die „Linke“ versagt. Damit sind nicht nur die „Salonlinken“ a la Kipping und Co gemeint, sondern auch die Sozialdemokraten, die aktuell ebenso Regierungsverantwortung tragen und dort versagen wie ihre Vorgänger Ebert und Noske 100 Jahre zuvor.
Die Grünen in ihrer US Hörigkeit scheiden für den Ostdeutschen ebenso aus wie die bürgerlichen FDP und Unionsparteien. Da bleibt ihnen tatsächlich nur noch die AfD als Alternative, die auch in den Reichstag, Pardon: Bundestag, kommt.
Nur mit einer arbeitnehmerfreundlichen Politik oder wenigstens einem neuen Willy Brandt als Hoffnungsträger wird die Erfolgsgeschichte dieser Republik fortgeschrieben werden können. Wer da jetzt Europa statt Deutschland ruft, verkennt den Charakter der Globalisierung. Denn der Wirtschaft ist es egal, wo produziert und auch der Markt ist.
Ja, sicher... Europa wird der Markt sein. Aber mit einem zurückgebliebenen ehemaligen Wirtschaftsriesen Deutschland, der als Produktionsstandort zu teuer und als Absatzmarkt nicht mehr lohnend ist, weil die Musik längst woanders spielt.
Klassischerweise wäre da eine arbeitnehmerfreundliche Politik eher schädlich, doch eine Umverteilung von oben nach unten zur Stärkung der Kaufkraft hält eben auch den Markt im Deutschland am Leben. Wenn hier verkauft und Geld verdient wird, dann besteht auch weiterhin die Chance, dass hier hochwertige Produkte nachgefragt und hier entwickelt und zumindest anfangs produziert werden.
Das nennt sich Marktwirtschaft. Alternativ könnten wir es aber auch wieder mit einer sozialistischen Einheitspartei versuchen. Wenig Arbeit und abends viel saufen, weil es sonst nichts anderes gibt, und ansonsten die Schnauze halten (ist im Westen auch üblich, nur kam man hier bei Verstößen nie nach Bautzen), das wäre auch machbar. Für mich zumindest.

https://www.heise.de/tp/features/Lieferengpaesse-bei-Medikamenten-4595339.html
Wenn ich das lese, kriege ich Krätze. Da wird die Produktion der Wirkstoffe nach Indien und China ausgelagert, um Kosten zu sparen. Da wurde dann schon mal ein Blutdrucksenker mit Nitrosaminen verseucht. Kann ja mal passieren. Lieber hat man ein paar Krebspatienten in Deutschland mehr („Ich weiß auch nicht, warum sie auf einmal Krebs haben, Herr Mayer. Aber zum Glück kann ich Ihnen da ein neues Wundermittel verschreiben…“)
Hauptsache, die Pharmakonzerne machen großen Profit für ihre Aktionäre, die wahrscheinlich zum Großteil aus anonymen Investmentfonds bestehen.
That`s Neoliberalismus, Baby!

https://spon.de/afBUV Von wegen E Mobilität schafft Arbeitsplätze....
9000 weg, 2000 neu. Ganz großes Kino.
Und keine Planung für die Zukunft der überflüssigen Mitarbeiter. Da kann sich der Staat darum kümmern.

https://app.handelsblatt.com/meinung/kommentare/kommentar-das-e-scooter-debakel-ist-ein-paradebeispiel-fuer-die-oft-verlogene-digital-denke/25360380.html?utm_source=pocket-newtab&ticket=ST-49934265-tRgtJuoeP2DHFEyib9bG-ap4
Genau, die E-Scooter. Was wurde hierum im letzten Sommer nicht für ein Hype betrieben. Und ich habe tatsächlich einige Looser mit so einem Gefährt an mir auf dem Fußweg vorbei rollern sehen. Leider habe ich nicht sehen können, wie sich einer mal auf nem Kopfsteinpflaster auf die Fresse gelegt hat.
Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Auf jeden Fall hat sich irgendein Fifi ne goldene Nase an den Idioten verdient, die sich so eine Eierfeile angeschafft hatten.

Zum Schluss noch ein Forumsbeitrag aus Telepolis, für den ich leider keinen Link mehr habe:

„Natürlich gibt es Nazis in der AfD, das ist keine Frage, dafür hätte ich sofort gesorgt, wäre ich CDU/CSU/SPD Parteichef. Und sicherlich haben sich auch so welche eingefunden. Teilweise wurden sie von der AfD bereits ausgeschlossen.
Aber auch das ist der 'Linken' egal, für sie ist jeder der fragt warum man Migranten in deutsche Sozialsystem aufnehmen sollte und ob es da keine besseren Lösungen gäbe, ein Rassist, jeder der die EU in Frage stellt ein Nationalist, jeder der sich ernsthaft fragt wie man eine 80-100 % EE Lösung bis 2050 umsetzten können soll, ein Klimaleugner. Und jeder der die obigen Punkte diskutieren möchte, spaltet die Gesellschaft. Nur die 'Linken' nicht.
Wobei sich die 'Linken' komischerweise immer mehr zusammen mit den transatlantischen Machthabern und Ihren Konzernen auf einer politischen Linie wiederfinden. Aber Selbstkritik ist ja nur ein Zeichen von mangelndem Selbstbewusstsein.“


Den ersten Absatz mit dem Ausschluss von Nazis aus der AfD würde ich nicht vorbehaltlos unterschreiben, aber der zweite und dritte Absatz bringt es auf den Punkt. Wie in der Weimarer Republik verweigern sich die SPD und Linken mit ihrer gut gemeinten Ablehnung nationalistischer Anschauungen der notwendigen Auseinandersetzung mit den Interessen der Wirtschaft - siehe meinen Kommentar zur Treuhand.

Mittwoch, 1. Januar 2020

Hartmudo: Das war 2019

Gleich ist das Neujahrsspringen in Garmisch; ob ich es mir im Fernsehen anschaue, weiß ich beim Schreiben dieser Zeilen noch nicht. Noch vor Weihnachten sitze ich an diesem Text; Es ist mal wieder Zeit für einen Jahresrückblick, da ich letztes Jahr sehr viele Aktionen nicht „verwurstet“ hatte. Manche hatte ich wohl gerade mal erwähnt.
Das möchte ich nicht kommentarlos vorbei gehen lassen und erinnere mich mal an das vergangene Jahr. Wenn ich meinen Blog Revue passieren lasse, steht der lange Bericht über unsere Fastenkur in Bad Lauterberg klar im Vordergrund und wird wohl auch erst im Frühjahr diesen Jahres beendet sein. Diese eine Woche hat meinem Leben noch einmal einen Vortrieb verschafft, was bei der Lektüre des Berichts allerdings nicht so klar durchscheint.
Erst so nach und nach wurde mir das im Laufe des letzten Jahres bewusst. Meine Ernährungsgewohnheiten haben sich seitdem stark verändert, insbesondere mein Alkoholkonsum. Ich trinke seit dem Vitalium eher seltener, sitze mit Freunden beim Kneipenbesuch zumeist mit einem Glas Wasser statt einer Kanne da. Jeder Suff, bei dem ich meine Selbstdisziplin bezüglich Essen und Trinken außer Acht ließ, verschaffte mir ein halbes bis ganzes Kilo mehr auf die Waage, ohne dass ich es ausgleichen konnte.
Dabei hatte ich es wirklich versucht, das Schlagen über die Stränge zu kompensieren. Doch egal was ich machte – sei es mehr Sport oder Intervallfasten oder oder oder… - ich bekam es nicht in den Griff. Ende November hatte ich dann gar wieder das Gewicht aus der Zeit vor der Fastenkur erreicht, so dass ich noch einmal eine Fastenwoche at home nachlegte.
Spätestens im Sommer war dies absehbar und ich musste mich entscheiden: Wollte ich so weitermachen wie bislang, dann würde ich über kurz oder lang wieder in Gewichtsbereiche vorstoßen, in denen eine Einnahme von Insulin, zumindest Tabletten gegen Diabetes, angezeigt sind. Mein Hausarzt hatte mir das so bereits 2017 prognostiziert. Alternativ musste ich mehr als bisher ändern, um den Supergau zu verhindern.
Als erstes kam der Suff auf den Prüfstand. Bei vielen Aktionen, vor allem beim Treffen in Kneipen zum „Kränzchen“, brachte mir das Biertrinken sowieso seit Jahren kaum noch einen Lustgewinn. Zu sehr bin ich über die Jahre an Mengen gewöhnt, die eigentlich nicht mehr feierlich sind. Wenn ich mich nach 3 Litern Bier noch genauso nüchtern fühle wie am Beginn eines Abends, dann erlebe ich so einen Abend ohne die 3 Liter auch nicht anders. Auf Deutsch: Dann kann ich den Suff an diesem Abend auch gleich ganz sein lassen.
Wenn die Pfunde nicht zuletzt – natürlich nicht nur - dank solcher Abende an meinem Bauch kleben bleiben, dann habe ich hier die beste Möglichkeit, das Ansammeln unnötiger Pfunde zu verhindern. Das wirkte zwar insbesondere für HAGEN oder Uli befremdlich, aber ich hatte es ihnen erklärt und dadurch begreiflich machen können. Im neuen Jahr werde ich sehen müssen, inwieweit diese weitere Umstellung mich nach vorne bringt. Einen Alk-Abend pro Woche und dann Schluss – so soll es funktionieren. Falls das dann immer noch nicht reicht… da möchte ich nicht drüber nachdenken müssen.
Doch 2019 hatte daneben noch mehr zu bieten. Viele Kurztrips und Events hatten das Jahr geprägt, welches deshalb tatsächlich ein sehr ereignisreiches war. Das fing bereits im Januar, also noch vor der Fastenkur, mit dem Kurztrip ins Wonnemar Hotel in Wismar zum Antesten unseres Kegelausfluges an.
Dann traten wir endlich Anfang Februar unsere einwöchige Fastenkur in Bad Lauterberg an. Knapp zwei Monate später im April verlebten meine Löwin und ich 4 wunderschöne Tage in Edinburgh, dem sicherlich schönsten Urlaub des Jahres. Mitte Mai stand danach die BiRe 2019 in Malta an, ehe ich ein paar Tage später mit DIGGER, Pocke und Uli zu unserer Fahrt aus der Dokokasse nach Heiligenhafen aufbrach, die am Vatertag ihren Abschluss fand.
Hier ergab sich die Besonderheit, dass am folgenden Tag ein Cousinentreffen auf Usedom anstand. Bereits im Vorfeld war mir klar, dass eine Rückfahrt von Heiligenhafen am Vatertag gekoppelt mit einer Anreise per Auto frühmorgens am Folgetag nach Usedom sehr anstrengend sein würde. Daher entschied ich mich, am Vatertag mit der Bahn von Heiligenhafen gleich direkt nach Usedom durchzufahren. Die lächerlichen Kosten von unter 30 Euro verbunden mit der Möglichkeit, während der Zugfahrt an meinen Texten zu arbeiten, erschien mir reizvoller als zwei lange wie anstrengende Autofahrten innerhalb 24 Stunden.
Wieder zuhause, durften wir über Pfingsten MILA einhüten, was mit einem Kurztrip übers Wochenende durchaus vergleichbar war. Den einen Tag auf der Biermeile Anfang August werte ich gleich mal in derselben Kategorie. Danach stand im September immerhin noch die Kegelfahrt nach Wismar und ein weiteres Cousinentreffen in Warnemünde Anfang Oktober an.
Zwischen Weihnachten und Neujahr beendeten wir das "Reisejahr" 2019 mit einem kurzem Abstecher nach Tangermünde, wo ich auch einen Großteil dieses Textes niederschrieb. Diverse kleine Events wie eine Harzwanderung, Pattis Geburtstag, das Konzert von Fee in der Wegwarte oder die alljährlichen Besuche des Spargeltheaters in Walle und der Braunschweiger Amateurbühne in der Brunsviga möchte ich noch kurz erwähnt haben.
Nicht vergessen werden sollten hier weitere Highlights wie Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs bei Kultur im Zelt oder auch Malmsheimer in der Brunsviga. Vor allem Letzteres schaffte es, meine Löwin und mich nachhaltig zu beeindrucken. Es gab noch weitere Harzbesuche und einen alkoholreichen Besuch des Hildesheimer Weihnachtsmarktes mit unseren Nachbarn. Wenn ich meinen Kalender jetzt noch weiter anschauen würde, käme wohl noch einiges zu Tage.
Über die Eintracht ließe sich ebenfalls sehr viel schreiben, aber das erspare ich mir an dieser Stelle besser. Hauptsache, sie konnten den Absturz in die vierte Liga gerade noch vermeiden und haben sich die Chance auf einen Aufstieg in die zweite Liga nächstes Jahr erhalten. 2019 war Eintracht eine richtige Wundertüte gewesen. Hoffentlich kehrt da bald Ruhe ein.
Jetzt, am Jahresende 2019, bin ich nur noch erstaunt, dass ich trotz der vielen Aktionen noch 20 Urlaubstage in das nächste Jahr hinein mitnehme. 2020 habe ich somit 50 Urlaubstage zum Verbraten. Dies ist allerdings auch der neuen Software auf der Arbeit geschuldet, die im letzten Drittel von 2019 anstand und wegen der ich kaum noch Urlaub nehmen konnte.
Nun denn, möge das Jahr 2020 gut verlaufen. Ob ich alle meine Vorsätze so umsetzen werde, wie ich es mir erhoffe, bezweifle ich zwar. Doch zumindest die Einschränkung beim Saufen möchte ich beibehalten, damit ich auch noch in ein paar Jahren diese immer weniger werdenden Gelegenheiten genießen kann.
Ein Urlaub ist 2020 vorerst noch nicht verplant, aber sicherlich werde ich auch in diesem neuen Jahr einen vollen Terminkalender haben.