Samstag, 23. November 2013

Hartmudo Spezial: Hauswart 3/3

24. April. Acht Monate noch bis Heiligabend; Eineinhalb Wochen sind seit der Fahrradaktion ins Land gegangen. Die Fronten beruhigen sich so langsam wieder. War dies der Tag, an dem die Hauswartin es wieder schaffte, zurückzugrüßen? Das weiß ich heute gar nicht mehr.
Dies jetzt Monate später weiterzuschreiben fällt mir jetzt schwer. Heute ist der 3. September und aufgrund anderer Geschehnisse dieses Sommers kann ich mich wohl nicht mehr an den 24.4. erinnern. Also werde ich das weitere Geschehen mehr oder weniger abgehackt zu Ende bringen müssen.
Der Badausbau ging also weiterhin vonstatten – ohne größere Aufreger. Bis Mitte/Ende Mai war Harald dann auch soweit durch. Fliesen, Duschwanne einbauen und das Porzellanmöbel zum Sitzen. Alles klappte, wenn auch mit Schwierigkeiten.
So weiß ich noch, das die Duschwanne am 13. Mai (Montag) und das Klo am 14. Mai (Dienstag) eingebaut wurde. Denn da hatte ich 2 Tage frei, weil Walter am 12. Mai verstorben war und ich noch einige Sachen regeln mußte.
An beiden (Urlaubstagen) stand ich dann stundenlang mit Harald im Bad, um zu halten. So schön wie das Klo und die Duschwanne auch aussahen: Einfach zu montieren waren sie jedenfalls nicht. An beiden Tagen habe ich das neue Bad deshalb verflucht. Wäre ich doch bloß zur Arbeit gegangen!
Heute denke ich da anders drüber. Das war an beiden Tagen wohl dem Streß mit Walters Tod geschuldet. Mittlerweile bin ich vom fertigen Bad richtig begeistert, was sicherlich an der genialen Brause liegt.
Übrigens stand die Leiter irgendwann im Mai wieder an der richtigen Stelle. Dem Hauswart fiel dann wohl doch ein, das es so besser ist, wenn er die Arbeiten nicht behindert. Über den 1. Mai hatte Harald mit Frida das Bad gefliest – da kamen vom Hauswart hinterher keine Klagen. Gottlob, denn meine Löwin und ich waren ja in Heiligenhafen unterwegs.
Auch waren meine Ängste wegen der fehlenden Duschmöglichkeit für ca. 2 Wochen letztendlich unbegründet. Ich hatte meinen Popo auch so saubergekriegt. Das wärs ja noch gewesen. Noch nen Krankenhausaufenthalt, nein danke.
Die Stimmung mit dem Hauswart und Familie besserte sich tatsächlich von Tag zu Tag, zumal wir der Mannschaft für einen Fahrradausflug eine Kiste Bier versprochen hatten. Für die Unannehmlichkeiten während des Umbaus halt. Wahrscheinlich merkten sie selbst, das ein permanenter Konfrontationskurs eher kontraproduktiv ist.
Und tatsächlich konnten wir mit der „Mannschaft“ auch wieder etwas scherzen, selbst die Tochter lächelte wieder. Das Bad funktioniert auch zufriedenstellend. Alles ist gut. Die Zeit heilt alle Wunden; Das hatte mein Vater früher immer gesagt.
Doch irgendwann in der letzten Augustwoche  war es dann wieder da. Dieses komische Gefühl ….  Wollen die uns verarschen?
Im Briefkasten entdeckte ich ein Schreiben der Hausverwaltung. Zur Betriebskostenabrechnung 2012/2013 sollten wir schriftlich (?!) die Personenzahl an Bewohnern in unserer Wohnung mitteilen.
Ja Hallo? Was soll das denn. Das wurde bisher doch noch nie abgefragt. Wir hatten Phil mal nachmelden und deshalb Wassergeld nachzahlen müssen. Das war ja auch in Ordnung.
Die Wurzel des Übels - das Ventil

Aber dies und dann noch schriftlich? Denken „die“, das Harald bei uns während des Badumbaus gewohnt hat? Meine Nüstern fingen schon wieder an zu beben.
In dieser Hinsicht – also was die Personenzahlabfrage anging – konnte meine Löwin mich beruhigen. Alle im Haus wurden angeschrieben. Meine Paranoia entbehrte also jeglicher Grundlage. Aber für die folgende Nummer – vom selben Tage übrigens – kam keine Entwarnung von meiner Löwin. Eher im Gegenteil.
Denn am späten Nachmittag rief mich eine Mitarbeiterin der Hausverwaltung an. Im Keller tropft es wieder! Der Absteller im Keller gibt einfach keine Ruhe. Schon seit Anfang jener Woche pladderte es tröpfchenweise in die dort immer noch stehende schwarze Wanne. Ich hatte mich natürlich sofort davon persönlich überzeugt.
Die Mitarbeiterin wollte einen Ortstermin zur Besichtigung durch den „Leckorter“ absprechen. Sie dachte da an Dienstag, den 3. September. Morgens um 8.30 Uhr. Und ich dachte, „Du kannst mich auch mal lecken – und zwar …“
Das sagte ich ihr natürlich nicht. Ich wollte nachmittags, da wir beide arbeiten. Ob wir vielleicht den Hauswart in unsere Wohnung lassen könnten. Schließlich sollte der Leckorter ja die Leitung komplett durchprüfen.
Das lehnte ich logischerweise unter Hinweis auf das „Hausklima“ ab und versprach, sie am nächsten Morgen nach Rücksprache mit meiner Löwin zurückzurufen.
Meine Löwin war nämlich nicht da. Schwer genervt von dem Anruf rief ich Harald an und erzählte ihm von der Geschichte. Meine Befürchtung war nämlich, dass der Leckorter nichts findet und dann meint, alles aufhacken zu müssen. Damit am Ende auch unser neu gefliestes Badezimmer.
Harald meinte nur, das er während der Renovierung irgendwann mit dem Hauswart und dem Klempner unter dem Absteller stand. Denn das Problem ist das Absperrventil bzw. die dazugehörige Stopfdichtung. Dies sah auch der Klempner so.
Denn die Dichtung ist bereits so alt, das sie brüchig ist. Nach Ende unseres Umbaus sollte das repariert werden. Macht Sinn, da wir dann nicht mehr dauernd auf- und zudrehen mußten. Im Übrigen hatte selbst ich als Mann mit 2 linken Händen dies schon gesehen, als ich oben auf der Leiter stand.
Ich entschied mich, den Termin am 3.9. morgens dann doch selbst warzunehmen; 1 Tag Urlaub wurde notwendig. Also rief ich am nächsten Morgen an und bestätigte den Termin. Höhepunkt des Gespräches, in dem ich den Ablauf mit dem Klempner und Hauswart schilderte, war der Moment, als ich ins Telefon reinbölkte.
„Wenn bei uns was aufgehackt werden soll, dann Kostenvoranschlag, Anwalt und Ende. Bei uns ist trocken!“
Ich steigerte mich in den Folgetagen gut rein und riß meine Löwin auch etwas mit. Sie schaffte es nicht, mich wirklich zu beruhigen. Als der Termin dann endlich kam, dauerte es lediglich 5 Minuten.
Ich erklärte es nochmal in Ruhe, bei uns war nichts zu finden und das Ganze Problem löste sich in Luft auf.
Was lernen wir daraus: Öfter mal ruhig bleiben. Vielleicht auch die Fresse halten. Ist besser.
Jetzt – also ich schreibe dies Ende September – herrscht erstmal Ruhe.
Ich bleibe gespannt, versuche trotzdem entspannt zu werden.






Donnerstag, 21. November 2013

Hartmudo: Herr Hildebrandt

Am 20. November 1985 veröffentlichte die Fa. Microsoft die erste Version ihres Betriebssystems Windows. Am 20. November 2006 lief in der Geschwister Scholl Realschule in Emsdetten ein ehemaliger Schüler Amok, verletzte 37 Menschen und tötete sich anschließend selbst.
Aber das nur am Rande.
Am 20. November 1956 wurde Olli Dittrich und am 20. November 1974 Kurt Krömer geboren. Beide sind anerkannte Größen des deutschen Humors und mehrfach preisgekrönt. Aber dem Mann, der am 20. November 2013 in München verstarb, können sie nicht mal zusammen das Wasser reichen.
Der am 23. Mai 1927 im niederschlesischen Bunzlau geborene Dieter Hildebrandt hat bis zuletzt das politische Kabarett in der Bundesrepublik Deutschland geprägt wie kein zweiter. War es Schicksal der BRD oder eine Ironie der Geschichte, dass dieser Staat mit der Verkündung des noch heute geltenden Grundgesetzes am 23. Mai 1949 an Hildebrandts
22. Geburtstag gegründet wurde?
Denn die Geschichte der Bundesrepublik ist untrennbar mit dem Kabarettisten Dieter Hildebrandt verbunden. Und es gibt viele und immer vieler, die den Tod von Dieter Hildebrandt mehr betrauern, als es ein Staatsbankrott oder eine Staatsauflösung der Bundesrepublik Deutschland vermag.
Schon als Kind sah ich mit meinen Eltern zusammen die Silvestersendungen. „Schimpf vor Zwölf“ war sehr witzig. Die Zuschauer vor der Bühne schienen sich gut zu unterhalten und lachten viel. Also lachte ich auch. Ich verstand zwar als gerade Eingeschulter die ganzen politischen Gags nicht, lachte aber trotzdem. Weil alle lachten.
Und trotzdem CDU wählten. Es ist halt nach wie vor merkwürdig: Wenn alle diejenigen, die Hildebrandt und Co gut fanden und herzlichst lachten und schrien: „So isses, so isses!“, ihr Kreuz allein bei den Bundestagswahlen entsprechend gesetzt hätten, wäre uns viel erspart geblieben.
16 Jahre Kohl beispielsweise. Oder wir hätten gar Oskar Lafontaine als Kanzler 1990 bekommen(!) – man stelle sich das nur mal vor. Stattdessen kam es so wie es kam. Hildebrandt und Co wurden überwiegend umjubelt, aber der „Deutsche Michel“ wählte weiterhin die CDU. Schließlich ging es ja immer aufwärts – zumindest für die, für die es immer aufwärts ging.
Die Anderen, für die abwärts ging oder die unter einem Gerechtigkeitswahn litten, die sogenannten Sozialromantiker also, ja für die blieb in den 50ern bis in die 70er hinein u.a. das politische Kabarett im Fernsehen.
Die Münchner Lach und Schieß, in den 70ern „Notizen aus der Provinz“ und der „Scheibenwischer“ ab 1980 waren im rein öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramm Highlights. Man kann sogar mit Fug und Recht sagen, diese Sendungen stellten die einzige sichtbare politische Opposition gegen die immer mehr um sich greifende Automatisierung und Kommerzialisierung der Gesellschaft dar.
Spätestens Mitte/Ende der 80er jedoch änderte sich das leider. Dank RTL und SAT 1 und der gewonnenen „Programmvielfalt“ fiel das politische Kabarett nicht mehr so ins Gewicht. Auch Hartmudo war so Einer, der spätestens in den 90ern mehr und mehr die Comedians schaute. Weil sie bunter und schriller waren. Und für Diejenigen, für die es abwärts ging, waren RTL Samstag Nacht oder auch die Wochenshow eh die leichtere Kost. 2, 3 Bierchen zur Sendung und Montags zum Amt – Geld holen. Dieses Klischee hält sich bis heute.
Dieter Hildebrandt war während dieser ganzen, trüben TV Zeit auf Sendung. In erster Reihe kämpfte er mit dem Scheibenwischer unermüdlich weiter gegen die Windmühlen Bertelsmann und Kirch/Springer an. Er wußte, dass er nicht gewinnen konnte. Von Jahr zu Jahr wurde er verbitterter und bissiger, aber er gab nie auf. Und blieb dabei doch stets charmant und freundlich.
Und wie harmlos, ja fast schüchtern betrat er die Bühne. Das machte er 1956 bei der von ihm gegründeten Münchner Lach- und Schießgesellschaft so. Und auch beim „Rentner-Rap“ 2011 oder 2012 bei „Neues aus der Anstalt“ – einem letzten Höhepunkt von Hildebrandt im deutschen Fernsehen.
Er versprach sich scheinbar unbeabsichtigt und erzeugte so die Lacher, die einem mehr und mehr im Halse stecken blieben, je länger seine Nummer dauerte. Lauter, aggressiver wurde er gern während einer Nummer. Nicht selten endete eine Nummer im Zorn – Schmickler oder Georg Schramm haben dies später verfeinert. Mal kam ein verschmitztes Lächeln durch, eine Verharmlosung oder Verniedlichung gar. Volker Pispers beherrscht dies heutzutage perfekt. Er konnte sich in eine künstliche Wut hineinsteigern und dann Politiker verhöhnen, verspotten. Mit Schimpfnamen belegen und sie so der Lächerlichkeit preisgeben. Urban Priol wird da schon sichtbar.
Und das ist das Vermächtnis von Dieter Hildebrandt: Die soeben genannten politischen Kabarettisten hat er geprägt und immer gefördert. Der Rentner Dombrowski alias Georg Schramm erblickte im Scheibenwischer bei Hildebrandt die Welt. Ein schönes frühes Video von Priol und Hildebrandt habe ich verlinkt. Andere wie Barwasser (Pelzig), Hagen Rether oder auch Max Uthoff sind auch noch da, um das Erbe eines Hildebrandt zu ehren.
Wenn man sich die Mühe macht, alte Aufnahmen der Lach und Schieß mit Klaus Havenstein, Jürgen Scheller, Achim Strietzel, Ursula Noack, Hans-Jürgen Diedrich (der einen Olli Dittrich selbst jetzt noch alt aussehen läßt) oder Horst Jüssen, Rainer Basedow, Henning Venske anzuschauen, merkt man schnell, dass Hildebrandt kongeniale Mitstreiter hatte. Auch diese wurden immer durch ihn gefördert und durch ihn unsterblich.
So wie Dieter Hildebrandt selbst.
Allein der „Herbie“ aus Kir Royal ist so genial. Dieser unscheinbare Normalo mit der Nickelbrille wirkt so harmlos und ist gerade deshalb so gefährlich. Eigentlich konnte man ihm nicht böse sein, so freundlich, wie er immer rüberkam. Zumindest am Anfang einer Nummer.
Trotzdem wurden einige Sendungen in seiner Heimat Bayern aus dem Programm genommen, weil sich die dort allmächtige CSU auf den Schlips getreten fühlte. Scheibenwischer über „Rhein Main Donau Kanal“ oder die Sendung über Tschernobyl – stets war offenbar die FDGO in Gefahr. Hildebrandt war der Einzige, der dies schaffte. Und wenn sich heute Seehofer oder Merkel hinstellen und den Tod von Hildebrandt heuchlerisch bedauern, sagt dies mehr über den Zustand dieser Republik aus als 1000 Statistiken.
Ich werde Dieter Hildebrandt vermissen. Aber nicht verzweifeln, weil die „Botschaft“ von Pispers, Schramm und Co weitergetragen wird. Was bleibt, sind diverseste Aufnahmen seiner Programme und Sendungen, die auch bis zu 50 Jahre später erschreckend aktuell sein können.
Wenn ich eines von Dieter Hildebrandt übernommen habe, dann ist es die Art, die Welt zu sehen. Kritisch, aber immer menschlich verständnisvoll.
Herr Hildebrandt, ich danke Ihnen dafür. Und für alles Andere.

Donnerstag, 14. November 2013

Udorallala: Del Lords

Mitte September / Anfang Oktober erhielt ich von Pocke eine email oder whatsapp Nachricht. Der Inhalt: „13. November Bluesgarage Del Lords Pflichtprogramm.“
Um es gleich vorwegzunehmen – so isses und so war das Konzert auch. Mehr bräuchte man eigentlich zum vergangenen Mittwoch nicht zu sagen. Eigentlich.
Und eigentlich brauchte ich bei der knappen Nachricht auch nicht großartig überlegen, um mir die Band anzusehen, die in den 80ern angetreten war, um die darniederliegende Livemusic Szene in Manhattan wiederzubeleben. Obwohl ich früher lediglich eine LP der Del Lords hatte (Based on a true Story) und mich nur noch an das phantastische Stück „Crawl in Bed“ erinnern konnte, sagte ich ohne zu überlegen zu.
Und ich informierte mich in den darauf folgenden Wochen eingehend über die Del Lords. Es gab insgesamt 4 Studioalben von 1984 bis 1990; beim Reinhören in die Scheiben mußte ich dann feststellen, das mir seinerzeit 3 gute Produktionen entgangen waren – „Based on a true Story“ hatte ich ja immerhin.

Da die Del Lords dieses Jahr im Sommer mit „Elvis Club“ nach 23 Jahren (!) eine CD mit neuem Songmaterial herausgebracht hatten, mußte ich in die Scheibe aus naheliegenden Gründen erst recht reinhören. Und gucke mal guck, das Material ist wieder hervorragend. Als wären die Del Lords nie weg gewesen. Das lief also auf einen unterhaltsamen Abend hinaus, zumal wir erst letztens Stacie Collins in der Bluesgarage bewundern durften.
Diesmal war ich dran mit fahren, was meine Vorfreude aber nicht trüben konnte. Außer Pocke und mir wollte keiner mit. Zugegebenermaßen ist Mittwoch nicht gerade ein idealer Termin, schließlich sind wir auch nicht mehr die Jüngsten. Weiter rumgefragt hatten wir auch nicht; Wäre sicherlich auch zwecklos gewesen. Zumal außer Pocke und mir kaum einem aus unserem Bekanntenkreis die wahre Bedeutung dieser Band bekannt sein dürfte. Mir selbst war es ja auch in den 80ern schon durchgerutscht.
So fuhren wir denn gemütlich rüber nach Isernhagen und wunderten uns vor der Halle der Bluesgarage. Denn davor standen kaum Autos, der Zuspruch schien eher mau zu sein. Drinnen erst mal ne Runde Hasseröder am Stehtisch vorm Merchandisingstand. War frei, kein Problem. Das übliche Gedrängel hielt sich in Grenzen.
Als Henry dann die Band und gleichzeitig einen familiären Abend ankündigte, ging es endlich los. Erlesen ist die Besetzung der Band, ohne Frage.
Scott Kempner war schon in den 70ern bei den Dictators von Anfang an dabei, ebenso bei den diversen Reunions. Eric „Roscoe“ Ambel war Gründungsmitglied von Joan Jett & the Blackhearts, sowie u.a. bei Steve Earle und mit Dan Baird bei den Yayhoos unterwegs. Drummer Frank Funaro wirbelte schon erfolgreich bei Cracker. Der neu hinzugekommene Bassist Michael DuClos war da auch schon aktiv.
Ein schweinegeiles Konzert folgte. Dies sahen nicht nur Pocke und ich so. Auch die anderen 28 Zuschauer waren begeistert. Es ist der Band hoch anzurechnen, das sie trotz der deprimierenden Kulisse eine engagierte Performance hinlegte.
Ambel glänzte beim Neil Young Cover mit dem dazugehörigen Gitarrengeschraule. Auch Kempner hackte in die Wanne, was das Zeug hielt. Die Hommage an Onkel Lou mit „Waiting for my Man“ klang im Sound der Del Lords gleich viel sauberer als das Original. Gleiches gilt für „Stand by me“. Ein Dictators Cover war ja zu erwarten. Schlagzeugsolo, knackiger Bass, alles da. Alles gut.
und los gehts

Nach ner knappen Stunde verabschiedete sich die Band und ging ins Publikum, um sich bei jedem persönlich für sein Erscheinen zu bedanken. Das hatte ich auch noch nicht erlebt.
Da die Kulisse so spärlich war, hielten sich die Zugabeschreie in Grenzen. Das Konzert war halt wirklich sehr familiär durch die maue Kulisse. Ich bin ja auch von Natur aus eher schüchtern.
Aber da Scott Kempner meinte, dass sie sowieso grad nichts anderes zu tun hätten, gab es noch 2 Zugaben mit 5 Songs und damit nochmal ne gute halbe Stunde Urban Roots Rock vom Feinsten.
2 CDs mit Outtakes und Demos habe ich mir dann am Merchandisingstand noch gegönnt – mach ich sonst nie. Auch Pocke wurde fündig, genau wie 10 oder 15 andere Zuhörer auch. Eric Ambel hat dann auch alle CDs gleich signiert. Das ist Nähe zum Publikum, vielleicht aber auch den Umständen geschuldet.
Die Del Lords wußten zu überzeugen. Präzise Gitarrenarbeit, hervorragende eigene Songs. Am Abend vorher waren die Quireboys da. Auch gut, hab ich vor 2-3 Jahren gesehen. Da war es sicher voll. Ich denke, allen Quireboys Zuschauern hätten diese Jungs aus der Bronx auch gut gefallen. Pech gehabt, Leute.
„Crawl in Bed“ haben sie übrigens nicht gespielt. Dann halt nächstes Jahr. Vor vollem Haus, hoffich.

Montag, 11. November 2013

Hartmudo: Fußballhasser

Freitag, 8. November abends. Derbyzeit, zuletzt vor 37 Jahren trafen sich 96 und Eintracht in der 1. Liga. Siegtorschütze damals: Jürgen Milewski für die Roten, die heutzutage im Wolfsburggrün unterwegs sind. Milewski seinerseits ist immer noch als Spielerberater im Auftrag einer US Firma tätig und vertritt u.a. Aaron Hunt und Alexander Meier.
Das Spiel selbst war ein müdes 0:0, dafür war bei den Zuschauern mehr los.
„Tod und Hass dem BTSV“ skandierten die Hannoveraner. „Wir wollen keine Hannover Schweine“ entgegneten die Braunschweiger.
Apropos Schwein: Da hatten doch Braunschweiger Fans 2 Tage vor dem Spiel ein Hausschwein mit nem Hannover Schal und ner 96 auf der rechten und ner 1 auf der linken Seite mitten in Hannover frei laufen lassen:
Meine Löwin war darüber sehr erbost – sie sprach von Tierquälerei. Recht hat sie. Aufn Dorf wäre das ok, weil dort gang und gäbe, gewesen. Aber in der stark befahrenen Hanoverschen Innenstadt? Das Schwein muß ja 1000 Tode gestorben sein.
Und das mit der 1 geht auch nicht. Der Kicker zieht richtigerweise die Verbindung zu Robert Enke. Pietätlos, keine Frage. Aber doch fällt mir dann auf, das außer dieser „Schweineaktion“ der Name Robert Enke in keinster Weise in den Schmutz gezogen wurde. Das nötigt zumindest dann doch einen kleinen Respekt für die Hardcorefans ab.
Ich bezieh mich dabei natürlich auf die Ausschlachtung in den Medien. Im Kickerartikel hat mich allerdings eins geärgert: Lapidar beschreibt der Autor, das „zumal andererseits an Braunschweiger Ortsschildern gelbe Holzkreuze mit der Aufschrift BTSV gefunden wurden.“
Hier kommt wieder der Schlendrian des ach so seriösen Qualitätsjournalismus durch. Das die gelben Kreuze eindeutig für ein klares Nein zur Atommülllagerung in Asse oder auch Schacht Konrad stehen, hätte man auch ruhig mal recherchieren und vor allem schreiben können, wenn man es schon nicht weiß.
Dies ist ähnlich daneben wie die Nummer mit der 1 auf dem Schwein; Aber ohne nähere Erklärung wird ein Süddeutscher das nicht nachvollziehen können und die Braunschweiger „Idioten“ werden somit „harmlosen“ Hannoveranern gegenübergestellt.
Wie überhaupt auch auf Sky bei der Liveübertragung die Bengalos erwähnt, aber bis auf 2 Ausnahmen nicht gezeigt wurden. Das der glücklicherweise einzige Bengalo, der anläßlich der ersten Ecke von Eintracht aufs Feld flog und keinen Spieler traf, aus dem Hannoveraner Block kam, wird nicht erwähnt. Nun gut, man will ja nicht parteiisch sein.
des Nächtens nach dem Hertha Spiel
Auch ansonsten sah ich nur Bengalos in Hannoveraner Händen im Fernsehen. Erst Sonntagabend auf dem Dritten in einer sehr schönen Reportage kurz vor Mitternacht zum Derby sah ich überhaupt Bengalos von Braunschweiger Seite.
Sicherlich hab ich das Geschilderte aus der blaugelben Brille und etwas zu eng gesehen, aber die Leserbriefe in Spiegel Online zum Bericht über die Krawalle waren dann schon wieder typisch.
Die Fußballhasser meldeten sich zu Wort.
Und immer wieder das dämliche Argument mit den Steuergeldern, die der Polizeieinsatz kostet, im Vergleich zum Millionengeschäft Bundesliga. Sollen doch die Vereine selbst für die Sicherheit sorgen.
So mag ich das: Irgendwelche Schlaumeier, die sich für Fußball gar nicht erwärmen können, bringen solche Argumente, weil sie selbst logischerweise nie auch nur in die Nähe eines Stadions kommen würden.
Nehmen wir mal an, so Jemand ist Atomkraftgegner und blockiert aktiv Castor Transporte. Da könnte man dann ja auch sagen: Soll doch die Atomindustrie für die Sicherheit des Transportes sorgen. Ist ja ein Milliardengeschäft. Mich interessiert es nicht – mein Strom kommt aus der Steckdose.
Warum soll ich aus meinen Steuergeldern Polizeieinsätze bezahlen für ein paar Idioten, die die Gleise blockieren oder sonstwie? Da möcht ich meinen imaginären Fußballhassder ja mal sehen.
Das natürlich dann noch einige ewig Gestrige mit der Rechtsradikalennummer argumentieren oder auch lange Haftstrafen fordern, zeigt mir, wie viel Leute es in diesem Land gibt, die so verbiestert sind, das sie nicht einmal ihren Mitmenschen etwas Spaß und Lebensfreude beim Mitfiebern ihres Lieblingsvereins gönnen.
Denn diese Miesepeter tarnen ihren Hass beim zugegebenermaßen nicht unberechtigten Kritisieren von Hools und Chaoten. Die Vermummung, die übrigens nicht zu verhindern ist, habe ich sowohl bei Hannoveranern als auch Braunschweigern beobachten können. Im Gegensatz zu normalen Spielen beider Vereine übrigens.
Brisanz zeichnet dieses Derby aus. Hochgepuscht durch die Medien dazu. Voila. Wir wollen Blut sehen! Und gerade das ist ausgeblieben. Größtenteils blieb es ruhig, auch dank des Einsatzes der Polizei. Ob da der eine oder andere Fan von der Polizei unglücklich „angefaßt“ wurde, wie ich es auch schon lesen mußte, sei dahingestellt.
Jeder, der sich beim Derby auch nur in die Nähe des Stadionrunds begibt, in der Absicht, das Spiel zu sehen, muß damit rechnen. Andernfalls ist er genauso dämlich wie ein Fußballhasser, nur andersrum.
Jetzt ist es aber gut. Das Thema ist eh schon ausgelutscht – die nächste Sau muß durchs Dorf getrieben werden. Ulll-i Hööö – ness !

Freitag, 8. November 2013

H Lecter: Bierdosensammlung 1/2

Ich weiß jetzt nicht mehr, wann es anfing mit den Bierdosen.
Irgendwann in meiner Ausbildung bei der Stadt Braunschweig saß ich mit meinem Kollega Fabi bei seinem Kumpel Hermann in dessen Zimmer in der Weststadt. Die Wand zierte ein Plakat von Wolters; beklebt war das Plakat mit Etiketten von Bierflaschen. Clou dabei war natürlich, dass es sich allesamt um verschiedene Etiketten handelte, mithin um eine Sammlung. Fabi hatte übrigens bei sich zu Hause ebenfalls so einen „Schrein.“
Meine Lieblingsgeschichte hierzu ist, wie beide versuchten, von einer Brauerei aus Südwestafrika (heute Namibia, damals noch unter Protektorat von Südafrika) Etiketten zugeschickt zu bekommen.
Sie setzten also mühsam einen Brief in englischer Sprache unter Zuhilfenahme eines Dictionary auf und schickten diesen nach Windhuk. Als Antwort kam ein Schreiben in deutscher Sprache mit mehreren Bierflaschenetiketten. Diese Etiketten waren natürlich auch der Stolz der Sammlung.
Zu dem Zeitpunkt (Sommer 1982 oder `83/84) steckte meine Sammlung noch in den Kinderschuhen. Dunkel kann ich mich erinnern, dass ich gerade mal die weißen Wolters Dosen (Halbliter) mit den verschiedenen Fürsten hatte. Diese Serie umfaßte damals 6 verschiedene Motive und waren die ersten Bierdosen, die die Brauerei in den 80ern auf den Markt brachte.
Ich ging seinerzeit durch sämtliche Supermärkte und kaufte jede Dose, die ich noch nicht hatte. Ob ich in Melverode schon ein Regal hatte, weiß ich heuer leider nicht mehr. Aber in der Nußbergstraße hatte ich ein 3 Meter Regal. Und das füllte sich ordentlich.
Meine Freunde hatte ich gebeten, mir von Reisen Dosen mitzubringen. Urmel, den ich damals gerade kennenlernte, war selbst Bierdosensammler und hatte noch doppelte, die er mir dankenswerterweise vermachte.
mit Fabi und "Beute" am Rhein
Auch Luigi war so freundlich, mir Dosen aus den USA zu überlassen. Wahrscheinlich hatte ich diese aber auch über Urmel bekommen. Die Sammlung wuchs und wuchs also.
Die schönste „Beschaffungstour“ war dann aber mit Fabi und Hermann in Hamburg. Zu dritt sind wir dort hingedüst, um uns noch fehlende Etiketten bzw. Dosen zu kaufen und unsere Sammlungen zu erweitern.
Ich z.B. hatte die komplette Serie 0,33 l der Becker-Brauerei aus dem Saarland mit 12 verschiedenen Motiven ergattern können. Wir reden hier von historischen Eisenbahnen!
Von einer anderen Tour ist das wunderschöne Foto am Hafen mit den Plastiktüten. Wie zu erkennen ist, hatten wir auch hier fette Beute gemacht.Auf dem zweiten Foto ist Hippo zu sehen.
Das war von unserer Studienfahrt nach Bonn mit meinen Studienkollegen – Fabi war einer davon, Hermann nicht, deshalb war Hermann hier auch nicht mit.
Selbstredend hatten wir die Biere eigenhändig verköstigt, was auch nicht immer ein Vergnügen war. Denn Selbsttrinken war nach Möglichkeit Pflicht. Stella Artois aus Luxemburg z. B. hatte ich dagegen gottlob so bekommen; Das Trinken dieses grausamen Getränks blieb mir also erspart.
Die Bierdosensammlung war auf alle Fälle ein Schmuckstück im Wohnzimmer der Nußbergstraße. Zur nächsten wichtigen Begebenheit in Sachen Bierdosensammlung muß ich allerdings etwas weiter ausholen.
Denn jetzt kommt Moni ins Spiel.
Es ging um ein Level 42 Konzert, für das wir noch Mitfahrer suchten oder aber Karten brauchten. So genau weiß ich es auch nicht mehr. Jedenfalls hatte ich mit dem Mädel über eine Zeitungsannonce Kontakt aufgenommen wegen der Karte(n) und wartete nunmehr abends vor dem Audimax der TU Braunschweig auf mein „Date.“
Ich saß dort eine ganze Weile, mehrere hübsche Mädels zogen an mir vorbei. Erkennungszeichen war wohl meine Jacke oder so – NEIN, ich hatte keine rote Rose in der Hand. Als ich die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, tauchte ein unscheinbares Mädchen, welches auf den Laufstegen dieser Welt keine Berücksichtigung finden würde, vor mir auf.
auch Hippo half mit - Prost
Moni. Zuerst war ich enttäuscht, hatte ich doch insgeheim auf ein kleines Abenteuer gehofft (ich war seinerzeit solo, wie meistens eigentlich). Natürlich fing ich mich schnell, denn Moni stellte sich als äußerst nette und fröhliche Studentin heraus. Wir hatten dann beim Level 42 Konzert auch nen netten Abend.
Hippo war auch mit dabei. Bis heute werde ich sein „Baaam ….Bam!“, mit dem er akustisch seine „Luftbaßgitarre“ unterstrich, nicht vergessen. Dieser fröhliche Charakter paßte sehr gut zu Moni; warum das nichts wurde, weiß ich allerdings nicht mehr.
Was aber hat das mit der Bierdosensammlung zu tun? Nichts. Außer dass Moni irgendwann nach England gefahren war. Urmel und ich baten Moni, uns ein paar Bierdosen mitzubringen. So 3-4 Bierdosen aus England würden sich auf dem Regal garantiert gut machen.
Und dann kam Moni aus England zurück und hatte eine riesige Plastiktüte voller leerer Bierdosen dabei ! Moni selbst trank keinen Alkohol, aber ihre Mitreisenden waren gern behilflich. Bezahlen mußten wir die leeren Dosen natürlich nicht. Warum eigentlich natürlich?
Heute denke ich da anders drüber. Egal. Seinerzeit waren Urmel und ich hocherfreut. Alle Dosen waren doppelt; eine für Urmel, eine für mich …
Sogar ne Cider Dose war dabei. Ich stellte sie natürlich trotzdem ins Regal. Ein englisches Cider ist im englichen Pub eh trinkbar (Cider on the Tab!) und die Dose sah auch wirklich gut aus. Wie übrigens alle ausländischen Dosen, die in meiner Sammlung standen.

Dienstag, 5. November 2013

Udorallala: Stacie Collins

Es war angenehm mild, als Pocke und Patti mich Freitags (25. Oktober) um halb sieben abholten. Ziel war mal wieder die Bluesgarage. Pocke, aber auch Tesla und der Lange hatten mir schon von Stacie Collins vorgeschwärmt in den letzten Jahren.
Der Lange und Tesla waren jetzt allerdings nicht dabei, stattdessen holten wir noch Mick und Mary ab. Bierchen auf der Fahrt, dann waren wir da.
Schon im Vorfeld hatte ich ein bißchen auf Youtube mal reingehört, was Mrs. Collins so macht. Stacie ist die Frau von Al Collins, seines Zeichens Bassist von Jason & the Scorchers und natürlich auch in der Begleitband seiner Frau. Dan Baird (der von den Georgia Satelites, falls nicht bekannt) hatte die letzte CD produziert , was man auch wohltuend deutlich hört.
Leider war der Saal nicht ganz gefüllt. Stacie Collins war ja auch nicht zum ersten Mal in der Bluesgarage; Daher ist für mich die Nichtbeachtung verständlich. Der zu beobachtende Trend, jährlich fast immer dieselben Truppen auftreten zu lassen, läßt die Zuschauer auch irgendwann ausbleiben.
Aber soweit, so gut. Ne Rutsche Bier und Henry konnte auf die Bühne, um Stacie Collins anzusagen. Die Band legte sich von Anfang an mächtig ins Zeug und kam sehr kompakt rüber. Stacie steckte unter einem Las Vegas – mäßigen Cowboyhut, den sie nur sehr selten abnahm.
Die Satelites oder auch Jason & the Scorchers fielen mir beim Sound sofort ein. Das ist für mich Southern Rock, weniger Allman Brothers oder Lynyrd Skynyrd. Letztere Truppen sind bekannter und auch erfolgreicher gewesen, waren aber nie so straight und tough wie eben Jason oder die Satelites.
Und diese von mir geschätzte Qualität hielt die Band von Stacie Collins mühelos bis zum Schluß durch – auch bei den langsamen Stücken. Dan Baird oder auch die Yayhoos hatte ich in der Bluesgarage ja bereits bewundern dürfen, die Backing Band von Stacie war beileibe nicht schlechter.
Stacie selbst bestach durch ihr exzessives Harmonicaspiel. Nicht nur hierdurch erinnerte sie mich sehr stark an Jason Ringenberg. Die gesamte Bühnenshow, vor allem der Hut !, forderte den Vergleich geradezu heraus.
Lediglich an ihrer Stimme habe ich leicht etwas zu meckern. Sie hält den Ton, phrasiert alles sehr schön. Gute Gesangsausbildung möchte ich meinen. Bloß eins hört man deutlich: Das Volumen einer Maria McKee (Lone Justice) oder Emmylou Harris hat sie nicht.
Schlimm ist dies nicht wirklich, zugegeben. Also lassen wir das, das Konzert war nämlich wirklich gut.
2 Sets, über 2 Stunden sehr rifflastige Songs mit sparsam eingestreuten Balladen. Entscheidend ist hierbei, das die Songs auch wirklich gut sind. Und immer mußte ich an die Faces denken.
„I won`t do ya like that“ ist mein Lieblingssong von der Platte und war es auch live. Faces halt. Und noch nen Bier.
Ein kurzweiliger Abend, bei dem Patti zurückfuhr und wo lediglich der obligatorische Abstecher zu McDonalds fehlte. Oder habe ich das verschlafen?

Freitag, 1. November 2013

Uncle Fester: grad gelesen November 2013

Gavin Smith: Krieg im Himmel
Der Nachfolger vom „Der Veteran.“ Oder: Jakob Douglas ist wieder da und läßt es ordentlich krachen. Steve Austin, Bruce Willis oder auch „the Rock“ lassen grüßen.
Vor über eineinhalb Jahren habe ich Veteran gelesen; vielleicht fiel mir deshalb der Einstieg in den Folge- und wahrscheinlich Abschlußband so schwer. Könnte aber auch daran liegen, das die Action sofort startet und der Autor zeitliche Lücken mit Rückblenden füllt.
Dies mag im Film ein probates Stilmittel sein – für Romane mit Umfängen von über 800 Seiten kann dies tödlich sein, wenn erst nach 100 Seiten Zusammenhänge begreifbar sind.
Jakob und sein Kumpel Mudge sind auf der Erde ballernd unterwegs. Der Heide, Rannu und Morag, Freundin von Jakob und Schnittstelle zu Gott (!!), unterstützen tatkräftig. Faszinierend, wie spielerisch leicht die aufgerüsteten Gegner zu Hunderten weggepustet werden, ohne das die „Guten“ wesentlichen Schaden nehmen. Das erinnert an die Schlachtszenen aus „Herr der Ringe.“
Halt total übertrieben und damit unglaubwürdig.
Und immer noch wird der Bösewicht Rolleston samt seinem „Beißerchen“, der grauen Lady, gejagt. Interessant an diesem Plot ist, das parallel im Cyberspace der Kampf zwischen „Gott“, einer von Jakob und seinen Freunden geschaffenen künstlichen Intelligenz, und Demiurg, einerr negativen Abspaltung davon, ausgefochten wird.
Die Alienrasse, im Veteran noch der vermeintliche Feind, spielt hier nur noch eine untergeordnete Rolle. Aber auch so zieht sich das Gemetzel über 850 Seiten hin, bis der geneigte Leser nach dem Showdown das Buch zur Seite legen darf.
Ich würde mal sagen, der Roman ist kurzweilig und vom Plot her interessant. Aber weniger Gemetzel und 50% Seitenumfang hätten der Story auch nicht geschadet.

Andreas Brandhorst: Der letzte Regent
Endlich wieder eine Space Opera von Brandhorst. Fantasy meets Science Fiction, für Quereinsteiger aus dem Fantasy-Bereich ein guter Start in die bunte Welt der Science Fiction.
Worum geht’s?
Das Endurium ist das Bündnis (fast) aller Menschenweltenm und liegt seit über 2000 Jahren in einem ständigen Konflikt mit den Ayunn, einer Alienspezies. Führer der Menschen ist der Regent, der, wie die gesamte Führungsschicht der menschen auch, ein Morti ist.
Morti meint einen lebenden Toten, einen Zombie also, der in der „stillen Stadt“ auf der guten alten Erde in diesen halbtoten Zustand versetzt wird. Ziel eines jeden Vivi, also lebenden Menschen, ist es, in der stillen Stadt zum Morti „befördert“ zu werden.
Das gilt auch für den Held des Romans namens Xavius, der als Chronist des Regenten dessen Ermordung miterleben muß und die Täter in den Splitterwelten stellen soll. Die Täter sind menschliche Rebellen, die den ewigen Krieg und die Herrschaft der Morti beenden wollen.
Sehr schön arbeitet hier Brandhorst die gespaltene Persönlichkeit von Xavius heraus, der in Wirklichkeit unter Einfluss einer Clique steht, die im Endurium im Hintergrund die Fäden zieht. So nach und nach verwischen die Unterschiede zwischen gut und böse, so dass am Ende die anfangs als Aggressoren geschilderten Ayunn die eigentlich Unschuldigen an diesem Konflikt sind.
Das Ende ist dann vielleicht etwas zu schnell gelöst, aber auf alle Fälle stimmig und glaubwürdig. Brandhorst hat mit diesem epischen Werk wieder mal unter Beweis gestellt, das er den Vergleich mit amerikanischen oder britischen Autoren nicht zu scheuen braucht.
So macht Science Fiction Spaß.
              

Greg Bear: Die Stadt am Ende der Zeit
Der Altmeister meldet sich zu Wort. Laut Buchdeckel das Meistewrwerk von Greg Bear.
Dem kann ich mich nicht anschließen, dazu ist mir der gesamte Plot zu mystisch, erinnert phasenweise gar an Harry Potter.
Bis zum Schluß wird nicht klar, wer oder was der Nachtfalter oder die Kristallgräfin sind. Der Terminus, der Typhon …. alles unklar.
Immerhin scheint der Typhon die Realität und damit die gesamte Geschichte – auch die Vergangenheit – zu zerstören.
Einerseits spielt die Handlung im heutigen Seattle, andererseits in der Kalpa, der letzten Stadt in der eingeengten Realität am Ende aller Zeiten, die vom Chaos umgeben ist. Die Protagonisten quälen sich über 860 Seiten auf ein gemeinsames Finale im letzten Fleckchen der übriggebliebenen Realität, wo der Begriff „Zeit“ keine Bedeutung mehr hat. Es geht hier auch nicht um die Rettung der Menschheit, sondern um die Rettung der Geschichte. Das heißt hier, das Jahrmillionen von Leben und Sterben von Lebewesen auch tatsächlich passiert ist.
Verstehst Du nicht? Ich weiß auch nicht, wie man es besser erklären kann. Lies das Buch also selbst. Quäl Dich durch dieses sperrige Werk; Vielleicht ist die zugegebenerweise hohe literarische Qualität genau Dein Ding.
Ich brauchte sehr lange für dieses Buch und habe das Lesen nicht bereut. Jedoch hat mich im Nachhinein die Mystik genervt. Dies wird wohl dazu führen, das ich mir in Zukunft zweimal überlege, ob ich mir Greg Bear nochmal reinziehe. Diese verkappte Religiösität ist überhaupt nicht mein Ding.

Kim Stanley Robinson: 2312
Mann, ist der dick, Mann. Aber im Unterschied zu Bear schreibt Robinson einfach strukturiert, noch nicht einmal mehrere Handlungsstränge. Dafür wechselt er öfters mal die Sichtweise; Das heißt, das die Story immer mal wieder aus der Sicht einer anderen Person erzählt wird.
Ist mir bisher noch bei keinem anderen Autor aufgefallen, was für Robinson spricht. Und auch ansonsten eine Erholung. Nicht so überanspruchsvoll. Niveau reicht halt hin, es muß nicht immer die höchste Intellektstufe sein.
Worum geht’s? Die Wissenschaftlerin und Politikerin Alex stirbt unerwartet auf dem Merkur, ihrem Heimatplaneten. Ein Attentat ist nicht auszuschließen und so macht sich ihre Enkelin Swan er Hong auf die Reise durchs Sonnensystem.
Wunderschön beschrieben ist schon am Anfang die auf Schienen fahrende Stadt Terminator auf Merkur, die immer kurz vor dem Sonnenaufgang bleiben muß, weil bei Tageslicht und 3000 Grad Celsius hält kein Schutzsystem auf Sicht durch.
Es sind die Kleinigkeiten, die an diesem Roman funktionieren: Die unterschiedlichsten Umweltbedingungen auf den besiedelten Planeten unseres Sonnensystems nebst den daran angepaßten Menschen.
Swan wird während des Romans mit einigen von den Typen Sex haben. Obwohl knapp über 100 Jahre alt, gebärdet sie sich immer noch wie ein junges Mädchen. Ich bin gespannt, wie die Handlung sich entwickelt.
Denn noch bin ich auf Seite 120 von über 600 Seiten und noch ganz gespannt, wohin die Reise Swan noch führen wird. Die Kritiken waren nicht so dolle, aber ich bin frohen Mutes, das sich das Lesen dieses Wälzers lohnt.
Die Welt im Jahre 2312 an sich wird von Robinson so anschaulich und spannend beschrieben, das dies allein schon das Lesen lohnt. Also aufi geht’s!