Hinein ins Getümmel. Auf diesen vierbändigen Zyklus habe ich mich zum Ausgang des Sommers gefreut. Und Thariot hat mich, wie schon bei „Genesis“ und „Solarian“, ab der 1. Minute fesseln können. Ich bin erstaunt, wie der Typ das schafft, in so kurzer Zeit so viel und vor allem guten Output zu produzieren. Vielleicht weil Thariot auf Malta lebt?
Die einzelnen Handlungsstränge dieses Romans steuern auf einen Punkt im Urwald des neu entdeckten Planeten Nebula zu. Dieser Planet ist der erste, der mit der aufgrund Umweltzerstörung aufgegebenen Erde vergleichbar ist. Die ausgewanderte Menschheit konzentriert sich auf die Planeten Sigma und Zeta. Die Wasserwelt Sigma mit seinen zwei kleinen Kontinenten beherbergt 14 Milliarden und der extrem gebirgige Zeta 8 Milliarden Menschen. Besiedelt sind noch weitere Welten, wie der Wüstenplanet Exillium. Diese sind aber eher lebensfeindlich zu nennen und benötigen ein jahrhundertelanges Terraforming.
Die Menschen reisen mit Raumschiffen zwischen den Sternen, die bis zu 0,99 % der Lichtgeschwindigkeit erreichen. Die Zeitdilatation bewirkt hierbei, dass z.B. während der zweiundfünfzigjährigen Reise nach Nebula lediglich 5 Stunden im Raumschiff vergehen. Lediglich die Kommunikation verläuft dank des Tridateriums, welches Wurmlöcher schafft, aber nur mühsam künstlich hergestellt werden kann, überlichtschnell.
Kommen wir zum Schlüsselpunkt. Im Urwald auf Nebula liegen vier tote Marines der Administration, der KI-gesteuerten Regierungsgewalt der Menschen, neben ihren noch schwebenden Landefahrzeug. Hinzu kommt ein leicht bekleideter Mann im Dress der Radicals. Das ist eine Gruppe a la Greenpeace oder Fridays for Future, die notfalls auch mit Waffengewalt gegen die allmächtige Corporation kämpfen.
Neben ein paar zerstörten Drohnen haben wir auf dem Urwaldboden noch die Leiche einer jungen Frau; dass Kind wurde ihr aus dem Mutterleib gerissen. Ach ja: Ein totes, frisch geborenes Kind liegt auf dem Leib des Radical, der selbstverständlich ebenfalls getötet worden ist. Es kamen eine Menge an Schusswaffen zum Einsatz.
Der Roman startet mit Kenan, einem Marine. Er gehört zum Kampftrupp der USS Crimson, die die 52 Lichtjahre nach Nebula gereist ist, um den Planeten für die Corporation in Besitz zu nehmen. Leider waren die Radicals zuerst da und haben deshalb die Rechte zur Ausbeutung. Das passt Theo, einem Großinvestor a la Elon Musk, natürlich gar nicht. Und dann stellt sich auch noch heraus, dass der Planet vor lauter natürlichem Tridaterium nur so überquillt.
Das will sich die Corporation nicht entgehen lassen; Zeugen wie die Radicals stören da nur. Die Marines fangen dann auch unverzüglich mit der „Säuberung“ des Planeten an, während sich die Radicals erbittert wehren. Ihr Kampf erinnert an die Indianerkriege, zumal ihre Waffen unterlegen sind. Kenan wird hierbei von seinen Leuten getrennt und überlebt nur dank der hochschwangeren Leia und ihrer zwei kleinen Söhne.
Mit ihnen zusammen durchstreift er den Urwald in der Hoffnung, wieder zu seiner Einheit zurückkehren zu können. Schließlich trifft er auf eine abgestürzte Rettungskapsel mit einer hochschwangeren und sterbenden Frau. Zeitgleich trifft ein Platoon der Marines ein, welches ihn als Verräter brandmarkt. Und schon ist eine Ballerei im Gange, bei der bis auf Kenan alle sterben und die Kampfdrohnen zerstört werden.
Aber auch Kenan ist dem Tod geweiht. Er kann gerade noch das Kind, aber nicht die Mutter, retten. Da zuvor schon Leia ihr Kind bekommen hatte, welches aber tot geboren wurde, bittet der sterbende Kenan Leia, das Neugeborene der Fremden als eigenes Kind anzunehmen. Nebula soll das Mädchen heißen. Die arme Leia, die kurz zuvor schon ihre beiden Söhne beim Angriff eines Platoons verloren hatte, flieht mit Nebula in den Dschungel.
Die Tote hieß Felicitas und war Polizistin auf Sigma. Sie untersuchte den Tod der Systembetreuerin Annika Boergaard. Die Leiche der Frau klebte an der Decke; die Chefin von Felicitas erlitt ein ähnliches Schicksal. Von einer abtrünnigen Administrations-KI mit Sondervollmachten ausgestattet, soll Felicitas den Mord aufklären. Als diese KI jedoch von den anderen KIs abgeschaltet wird, ist Felicitas auf einmal die Gejagte.
Die KI wiederum bietet Felicitas kurz vor der Abschaltung einen bizarren Ausweg: Sie soll ein Kind, welches die Persönlichkeit von Annika Boergaard enthält, austragen. Mit dem wachsenden Foetus in ihrem Leib kann Felicitas dank der KI in einem Schnellgleiter nach Exilum fliehen, wo sie bereits von einer Armada an Schiffen erwartet wird. Das selbständig agierende Schiff flieht erneut und landet schließlich auf Nebula, wo Kenan gerade noch das Kind retten kann. Die sterbende Felicitas hält nur kurz ihr Baby, dann steigt sie aus der Geschichte aus.
Die Corporation wird durch Kono repräsentiert. Kono ist eine menschgewordene KI mit lasziven Zügen, die die Geschicke vor Ort auf Nebula leitet. Ihr Chef Theo ist ihr sexuell hörig und kriegt nicht mit, wie Kono einen Vernichtungsfeldzug gegen die Radicals führt. Doch Kono hat ein Problem.
Die Administrations-KI Casper setzt sie unter Druck. Entweder sie liefert ihm Felicitas nach ihrer Ankunft oder Casper macht die Anwesenheit der Radicals auf Nebula publik, was die schon laufende Vermarktung des Tridaterium beenden würde. Im Zuge der Ankunft von Felicitas wird die USS Crimson fast zerstört. Die vier verbliebenen Marines fliegen mit dem Lander in den Urwald von Nebula, um Felicitas zu holen.
Es kommt zum Kampf mit Kenan, weil die Marines Kenan als Verräter ansehen. Da alle hierbei sterben, kommt Kono in eine unangenehme Situation. Mit einer Rettungskapsel fliegt sie zum Lander, um von Felicitas und ihrem Kind DNA Proben zu entnehmen. Casper stellte diese Minimalanforderung; die Kono gesetzte Frist ist fast um. Als Kono am Lander angekommen ist, taucht auch noch Jonah auf.
Jonah ist der ältere Bruder von Kenan und lebt als Dieb auf Exillium. Von seiner Schwester Liz per Fernüberwachung geführt, kann er der Polizei jedes Mal ein Schnippchen schlagen. Bis Casper seine Schwester gefangen nimmt. Casper zwingt Jonah mit Liz als Druckmittel, Felicitas bei ihrem Anflug auf Exillium aufzuhalten, was aber misslingt.
Trotzdem schwingt sich Jonah in eine Rettungskapsel und bleibt Felicitas auf den Fersen. Auf Nebula notgelandet, steht er bald bei den Leichen und vor Kono mit gezogener Waffe. Dank der Zeitdilatation dürfte seine Schwester schon steinalt sein; Caspers Druckmittel zieht also nicht mehr. Aber Jonah will an seinem Versprechen zu helfen festhalten.
Für Kono wie für Jonah ist diese Begegnung die Rettung. Sie beschließen eine Zusammenarbeit. Kono fliegt aufs Schiff zurück und zwingt Casper, ihr mit seinen Administrationsrechten Zugriff auf die „Wurstpresse“ (Maschine zur Herstellung von Androiden) zu gewähren und der Öffentlichkeit auf Sigma vorzugaukeln, dass es keine Radicals auf Nebula gibt und das Tridaterium problemlos abgebaut werden kann. Sie hat herausgefunden, dass das Blut in Felicitas` Baby einen Datenspeicher darstellt, auf dem Codes gesichert sind, mit denen sich die Administrations-KIs hacken lassen.
Jonah findet Leia und die kleine Nebula, wie das kleine Baby heißt. Kono verlangt von ihm, beide zu töten. Jonah weigert sich strikt und Leia kann mit Nebula von dannen ziehen zu einer Familie, mit der sie davonsegelt. Jonah und Kono müssen nun 21 Jahre warten, bis die ersten Schiffe der Corporation eintreffen werden.
Faszinierend und fesselnd wie immer, dieser erste Band. Schön fand ich auch die drei verschiedenen Zeitebenen auf Sigma, Exillium und Nebula. Das Paradoxon der Zeitdilatation wird hier hervorragend geschildert. Ich bin wieder mal restlos begeistert.