Mittwoch, 26. Oktober 2022

Uncle Fester: grad gelesen Oktober 2022

Kim Stanley Robinson - Das Ministerium für die Zukunft
Vorne prangt ein großer Aufkleber. Auf ihm steht: "Eines der wichtigsten Bücher des Jahres!" Barack Obama. Dieser Roman soll der bedeutendste Roman über den Klimawandel sein. Ich sag es lieber gleich: Hoffentlich nicht.
Dabei war ich über weite Teile des Romans schlichtweg begeistert gewesen. Habe das Buch sogar noch Freunden empfohlen. Ich war fasziniert von den kurzen Kapiteln, die alle von der Haupthandlung des Romans herausgelöst worden waren, jedoch gerade dadurch ein hervorragendes Stimmungsbild von den eingetretenen Klimaschäden vermitteln konnten. Mit teilweise beklemmenden Bildern wurde so zum Beispiel das Artensterben anschaulich dargestellt.
Die in diesen Bildern eingebettete Haupthandlung startet ebenfalls furios. Der irische Entwicklungshelfer Frank May befindet sich während einer Hitzeperiode mitten in Indien, als eine Hitzewelle mit Temperaturen weit über 40 Grad Celsius binnen einer Woche mehr Todesopfer fordert der gesamte erste Weltkrieg.
Frank May ist einer der wenigen Überlebenden dieser Katastrophe und zerbricht daran. Verzweifelt nimmt er Kontakt zu Klimaaktivisten auf, welche das Klima mit Bombenattentaten und anderen Gewalttaten retten wollen. Doch diese lehnen die Hilfe eines weißen Kolonialherren strikt ab, so dass Frank May schließlich enttäuscht nach Europa zurückkehrt und versucht, in Zürich allein etwas zu erreichen.
Dort ist das Ministerium für die Zukunft angesiedelt. Die alleinstehende irische Endfünfzigerin Mary Murphy leitet diese UN-Behörde, welcher typischerweise die Machtmittel zur Durchsetzung ihrer Aufgaben fehlen. Vergeblich versucht Mary Murphy die Inder daran zu hindern, ihren Luftraum künstlich mit Aerosolen zur Temperatursenkung zu überschwemmen, weil sie negative Auswirkungen auf das gesamte Weltklima befürchtet.
Zusammen mit ihrem Stab bastelt sie an einer Strategie, um die einzelnen Staaten mit ihren verschiedenen Ideologien vom Kapitalismus bis zum zentralen Staatskapitalismus a la China auf eine ökologisch sinnvolle Wirtschaft einzuschwören.
Der somit vom Autor favorisierte Lösungsansatz über die Finanzwirtschaft kann auch nur einem US-Amerikaner einfallen. Nun ist die Idee eines Verkaufs von CO² Zertifikaten nicht gerade neu und führt in unserer realen Welt lediglich zum "Greenwashing" von industriellen Umweltsündern. Robinsons Idee, die Zertifikate über eine Kryptowährung namens Carboncoin zu verkaufen und den Carboncoin weltweit zur Leitwährung aufzubauen, ist meines Erachtens zu blauäugig gedacht. Ich habe mich diesbezüglich bei Contramann rückversichert:
Das ist eben so. Typisch Ami: die Finanzwirtschaft, welche die ach so demokratische US-amerikanische Gesellschaft im Würgegriff hält, wird in diesem Roman zum einzig möglichen Retter der Welt hochstilisiert und eben nicht als das erkannt, was sie eigentlich ist. Nämlich der Grund allen Übels und größtes Hindernis auf dem Weg zu einer ressourcenschonenden Lebensweise des Menschen.
Robinsons Idee, die Hälfte der planetarischen Landfläche ausschließlich den Tieren zu überlassen, empfinde ich demgegenüber als wichtigen und richtigen Schritt, um den Planeten zu stabilisieren beziehungsweise dessen Regenerationsfähigkeit zu erhalten. Dies sollte im übrigen auch ein Geburtenkontrollprogramm beinhalten, welches die Chinesen bereits vor über zehn Jahren erfolgreich durchgezogen hatten und dadurch ihre Bevölkerungsexplosion in den Griff bekommen konnten.
Ein weiteres erfolgreiches Mittel zur Umwandlung in eine klimagerechte Weltordnung im Roman sind weltweit durchgeführte Terrorakte von Klimaaktivisten, welche wahrscheinlich von Marys Assistenten Badim im Rahmen geheimdienstlicher Tätigkeiten unterstützt und gesteuert werden. Robinson deutet dies lediglich an, statt es näher zu beschreiben.
Sich direkt zu der Notwendigkeit solcher Aktivitäten zu bekennen traut er sich nicht. Auch dieser Umstand wirft für mich die Frage auf, ob einem chinesischen oder russischen Autor nicht andere Möglichkeiten für ein positives Ende dieser Dystopie eingefallen wären.
Die von Robinson beschriebene optimistische Verhinderung einer Klimakatastrophe lässt mich zwiespältig zurück. Denn gerade die Finanzwirtschaft mit ihrem ewigen Drang zur Kapitalmehrung und Gewinnmaximierung hatte den Raubbau an unserem Planeten forciert, wieso sollte ausgerechnet die Gewinnmaximierung einer Kryptowährung die Lösung sein?
Gegenüber all diesen Überlegungen bleibt die eigentliche Haupthandlung im Hintergrund. Frank May dringt in Mary Murphys Privatwohnung ein und hält diese fest, nimmt sie quasi als Geisel. In einer langen Nacht erklärt Frank Mary die Vorkommnisse in Indien und versucht sie davon zu überzeugen, mit ihrem Ministerium endlich tätig zu werden und die Klimakatastrophe aufzuhalten. Mary wiederum sieht sich einem psychotischen Mann gegenüber, welcher wirr daher redet, dessen Argumente allerdings trotzdem bei ihr hängen bleiben.
Nunmehr von der Polizei gesucht, verkriecht sich Frank in einem Vorschlag und wird dennoch Jahre später von der Polizei aufgegriffen und in den Knast gesperrt. Mary, welche offenbar unter dem Stockholm Syndrom leidet, besucht Frank dort einmal wöchentlich, weil sie die Beweggründe von ihm verstehen möchte.
Ein einziges Mal machen sie sogar einen Ausflug in die Berge. Hierbei - wohl eine Schlüsselstelle der Haupthandlung - erlebt Mary die Schönheit der Natur und ist nun endgültig davon überzeugt, dass die Klimakatastrophe notfalls auch mit Gewalt verhindert werden muss.
Gegen Ende des Buches ist Frank aus dem Knast entlassen worden und bringt sich nach einem längeren und gedankenverlorenen Blick auf den Züricher See um. Nach einigen Erfolgen - die Abwendung der Klimakatastrophe zeichnet sich bereits ab - geht Mary in den wohlverdienten Ruhestand und überlässt Badim ihren Job.
Wider Erwarten kam es zwischen Mary und Frank nicht zu sexuellen Handlungen. Doch das war nun auch egal, am Ende hatte mich dieser Roman richtiggehend enttäuscht.
Die eigentliche Handlung kommt zu kurz und bleibt vage wie wirr bei Nichtigkeiten hängen. Ansonsten bleibe ich dabei: die Finanzwirtschafts ist nicht Lösung, sondern Grundübel des Problems unseres Klimawandels.
Robinsons Ansinnen, vor einer Klimakatastrophe zu warnen, ist sicherlich löblich. Doch der von ihm beschriebene Lösungsweg ist vollkommen ungeeignet und führt dadurch eher zum Desinteresse am Thema. Schade, doch hier hat Robinson total versagt.

Sonntag, 23. Oktober 2022

Warum spielt denn der Poldi nicht?

13
Di. 21. Juni

Heureka, heute sind die Gruppen C und D dran. Volles Programm also ab 18.00 Uhr und das auch noch mit gern gesehenen Gästen. Wolfgang wird dieses Mal mit dabei sein, ebenso Patti und Pocke. Mal sehen, ob auch Catwoman mit dabei ist. Meine Löwin und ich freuen uns jedenfalls schon, unsere Freunde mit den eigenhändig geformten Burgern, rotem Coleslaw und Süßkartoffelfritten zu erfreuen.
Nachdem meine kurze Dienstbesprechung am Mittag doch noch etwas länger ging als erhofft, machte ich eine Stunde früher Feierabend als ursprünglich geplant, um meine Löwin zu unterstützen. Meine Vorgaben für die kommende Monatszahlung hatte ich gemacht und konnte deshalb beruhigt gen Braunschweig fahren.
Damit das Grillgut am Abend besser rutscht, war die begehrte Tomatenbutter von meiner Löwin vorbereitet worden. Als Ergänzung dazu hatte sie sich zusätzlich eine neue Creation ausgedacht. Kräuterbutter ist normalerweise keine große Kunst, aber meine Löwin konnte da einen Geschmack mit dem Gewissen "noch eins" Effekt hinbekommen. Ich weiß selber nicht, was sie da so alles hineineingehauen hat. Als Unterlage hatte ich noch schnell zwei Baguettestangen vom Bäcker um die Ecke mitgebracht.
Kaum war ich zuhause angekommen, musste ich Gas geben. Meine Löwin hatte sich einen halben Tag frei genommen, denn die Firma Roller sollte noch die Paneele der neuen Garderobe bringen und montieren. Obwohl sie vielleicht erst zwei Stunden vor mir zu Hause sein konnte, hatte sie bereits den Wohnzimmertisch vorbereitet.
Das Geschirr und selbst die Saucen standen bereits griffbereit auf dem Tisch vor dem Fernseher. Und da sie schon fast am Verhungern gewesen war, hatte sie sich bereits den ersten Burger reingepfiffen.
Nun war Action angesagt. Nach dem Duschen schleppte ich noch schnell Bier und Brause aus dem Keller nach oben, damit die Getränke im Kühlschrank noch etwas ruhen konnten. Ich hatte gerade die WCs mit der Ente bearbeitet, als die Handwerker endlich anrückten.
Sie waren schnell unterwegs. Das Paneel hing bereits nach wenigen Minuten, nachdem meine Löwin noch eine Fußbodenleiste entfernt hatte. Die Jungs hatten es spürbar eilig, denn auch sie wollten noch das Spiel komplett sehen.
Das Spiel. Deutschland gegen Nordirland. Bei einer Niederlage wären wir nur Gruppendritter, denn das die Polen im Parallelspiel gegen die Ukraine verlieren könnten, davon war nun wirklich nicht auszugehen. Von einem Unentschieden oder gar einer Niederlage gegen die Nordiren dagegen auch nicht. Nun gut. Die Vorberichte liefen, Opdenhövel und Mehmet schwadronierten wie so üblich vor sich hin.
Derweil saßen meine Löwin und ich am Wohnzimmertisch und warteten auf die Gäste. Alles war bereit, es konnte losgehen. Der Anpfiff rückte immer näher. Mit Pocke hatte ich kurz vorher noch telefoniert, er wollte mit der Tram direkt von der Arbeit kommen. Patti wollte noch einen Salat machen. Und Wolfgang – wegen ihm fand die Aktion eigentlich nur statt. Dies sollte das Geburtstagsgeschenk für ihn sein. Hatte er uns vergessen, sollte ich zur Sicherheit nicht vielleicht doch anrufen?
Ich wurde zugegebenermaßen etwas nervös. Wir saßen schon eine geraume Zeit vor dem Fernseher, die Spieler waren mit dem Aufwärmen auch schon durch. Der Hunger forderte seinen Tribut. Wir bestrichen das frisch geschnittene Baguette mit der Tomatenbutter und aßen mit Genuss. Im Anschluss testeten wir die Kräuterbutter. Ich hätte beide Baguettestangen alleine, nur mit den Buttern bestrichen, essen können. Fleisch brauche ich ja eh nicht wirklich. Nur Wurst oder Hack, sprich Burger, esse ich tatsächlich gerne.
Die selbst gemachte Aioli meiner Löwin war ebenso lecker, wenn auch etwas dünnflüssig. Die Suppe lief sogar an meinen Fingern runter. Abby und Sushi lecken sich ihre Pfoten auch permanent ab. Da, es klingelte! Pünktlich zur Nationalhymne erschien ein frohgelaunter Wolfgang, obwohl er erst in der Firma und dann auf der Tangente aufgehalten worden war. Dank eines kalten Wolters entspannte er sich aber schnell.
Während ich die ersten Stadionbratwürste und Burger auf den Grill legte, fuhren gerade Tia und ihr Freund vor. Sie brachten Patti und Pocke vorbei, so dass beide ohne Wagen da waren und ich beiden kommentarlos ein Pülleken Wolters hinstellen konnte. Das Spiel hatte da schon begonnen. Der Druck der deutschen Mannschaft war enorm, so dass das 1:0 für Deutschland nur noch eine Frage der Zeit war.
Spätestens jetzt kam ich ins Schwitzen, denn ich pendelte ständig zwischen Grill auf dem Balkon und Kühlschrank in der Küche hin und her. Burger wie Würste mussten gegrillt und serviert werden, ständig war das Bier alle und dazu musste ich auch permanent neue Pullen zum Kühlen in den Kühl- oder auch Gefrierschrank schieben.
Sage und schreibe zwei Bratwürste verlor ich bei diesem Trubel, da sie mir übel verbrannten. So geil der Apparillo auch ist, aber er grillt nicht gleichmäßig. Die kohlrabenschwarzen Würste konnte ich noch nicht einmal den Katzen anbieten und musste sie in den Biomüll entsorgen.
Das Geschehen blieb quasi bis weit in die zweite Halbzeit solange hektisch, bis wirklich keiner mehr Hunger hatte. Ich selbst genehmigte mir zwischendurch zwei Burger, dazu trank ich Franziskaner Hefe Alkoholfrei. Es ist Dienstag, Leute! Da spritz ich mir immer Metex, da soll man keinen Alkohol zu trinken.
Nach exakt 30 Minuten friemelte Mario Gomez, früher auch als Riester-Meister (er machte Werbung für ein entsprechendes Produkt einer Versicherung) bekannt, den Ball am Torhüter vorbei zum 1:0 in die Maschen und damit zur wohlverdienten Führung der deutschen Mannschaft. Die drückende Überlegenheit zahlte sich also aus.
Nordirland hatte in keiner Phase des Spiels auch nur den Hauch einer Chance, dazu waren sie offensiv viel zu schwach. In der Verteidigung waren sie noch dazu löchrig wie ein Schweizer Käse. Und da sie offenbar nicht von unbändigem Kampfeswillen beseelt schienen, erwies sich das Spiel als äußerst einseitige Angelegenheit.

Mittwoch, 19. Oktober 2022

guterPlatzzumBiertrinken: Jahresurlaub 1/2

Dienstag, 23. August. Ich befinde mich mitten in meinem Jahresurlaub von zwei Wochen. Heute wurde es mal wieder Zeit für eine Tour, denn mir schwirrt sehr viel im Kopf herum. In erster Linie wegen der Arbeit.
Vorhin hatte ich einen Termin bei meiner Rheumatologin zum Labor und zum Rezept abholen, meine Spritzen sind alle. Bei strahlendem Sonnenschein fuhr ich kurz vor 10 Uhr von zu Hause los. Stellenweise brannte die Sonne erbarmungslos herab, zum Glück wehte größtenteils ein kühler Wind, der mir das Treten in die Pedale erleichterte.
Entspannt wickelte ich das Programm bei der Rheumatologen ab und besorgte mir die Spritzen in der Apotheke nebendran. Und jetzt ab! Wo sollte es an diesem schönen Tag hingehen, morgens um halb elf in Deutschland? Ich benötigte einen Supermarkt mit Kühlschrank, so viel stand schon mal fest.
Und am frühen Morgen hatte ich mir den Ölper See als Pausenziel auserkoren - das musste ich jetzt nur noch verbinden. Ich entschied mich für die kürzeste Lösung und steuerte den Edeka an der Hamburger Straße an. Da ich auf dem Einbahnstraßenstück der Wendener Straße auf dem Fußgängerweg gen Norden fuhr, fiel mehr zum ersten Mal auf, dass dort offensichtlich eine Menge Cafes und Imbisse mit Außenbewirtschaftung existieren. Weil ich hier jedoch normalerweise nicht entlangkomme, war mir dies komplett neu.
Bei Edeka besorgte ich noch Schoki für Mary, die nächstes Wochenende auf unsere Katzen aufpassen wird. Am wichtigsten allerdings war der Griff in den Kühlschrank. Wolters. Dose. Kalt. Drei halbe Liter. Dazu gönnte ich mir noch ein Seelachsbrötchen von der Fischtheke als Unterlage für die Wolters.
Schnell erreichte ich die Uferstraße und hielt auf dem Weg zum Ölper See schon mal nach einer Bank im Schatten Ausschau. Ich wollte weder in der kraftvollen Sonne des Spätsommers noch auf einer ungemähten Wiese sitzen, deshalb fuhr ich an vielen Gelegenheiten vorbei, bis ich den Ölper See erreichte, wo ich mir diese wunderschöne Stelle am See auf einer Bank im Schatten ergattern konnte.
Und puff! - schon war die erste Dose geöffnet. Herrlich, diese Ruhe. Endlich kann ich meine Gedanken ordnen. Denn bislang war der Urlaub gut verplant gewesen. Donnerstag und Freitag waren wir mit Mary und Charles in Berlin gewesen, wo wir schöne - jedoch auch anstrengende - Tage erlebt hatten.
Das Frühstück unter der Reichstagskuppel, die Schifffahrt über Spree und Landwehrkanal oder auch der Besuch im Spandauer Outlet am Ende jener Tour hatten mich schon auf andere Gedanken bringen können. Ach, ich vergaß den Besuch im Berliner Zoo am Donnerstag. Brütende Hitze, aber doch immer wieder schön.
Samstagabend gab Berta ein Essen in Wolfs Gasthaus anlässlich ihres Geburtstages für die Familie aus, da waren wir natürlich auch mit dabei. Sonntag Nachmittag durften wir uns "Barfuß im Park" im Heinrich im Stadtpark geben. Meine Löwin, Mary und Charles waren weniger begeistert über das Stück als ich.
Dieses mittlerweile klassische Stück enthält keine Schenkelklopfer, ist aber wie viele Bühnenstücke von Neil Simon mit einer versteckten Sozialkritik versehen. Ihm ging es immer wieder um dieselbe Thematik: Die früher noch vorhandene amerikanische Mittelklasse, welche sich naserümpfend von "asozialen Elementen" abgrenzen möchte auf der einen und der spontane wie emotionelle Außenseiter auf der anderen Seite, welcher dem stocksteifen Bürohengst der Mittelklasse aufzeigt, dass ein Leben ohne Macken und Albernheiten öde und fade ist.
Wo ich dies gerade hier schreibe, schenkt mir diese Einschätzung Kraft für die Herausforderungen in nächster Zeit. Am Montag war eine Fahrt in den Vogelpark Walsrode mit Dora und Herbert geplant. Dora sagte aber Sonntagabend ab, weil es ihr das Wetter zu drückend und schwül war. Okay, komm Dicka - jetzt zur dritten Dose.
Letzte Woche Mittwoch, meinem letzten Arbeitstag vor dem Urlaub, lud mich mein Teamleiter zum halbjährlichen Personalgespräch ein. Im August wollte er diese Gespräche mit allen Teammitgliedern führen und da ich ja in den Urlaub gehen würde, fing er auch gleich mit mir an. Und er kam auch gleich Kringe rüber.
Er hatte Angst, dass ich psychisch zusammenbrechen würde und wollte mir seine Hilfe bei einem Arbeitsplatzwechsel anbieten. Ihm war zu Ohren gekommen, dass ich Hilfe meiner Kolleginnen abgelehnt hatte, weil ich die "Sache gegen die Wand" fahren wollte. Tatsächlich hatte ich mich wohl so geäußert, aber wie auch mein Teamleiter wusste, hatte dies einen komplett anderen Hintergrund.
Denn ich will mich vor allem nicht kaputt machen lassen, eher lasse ich die Arbeit gegen die Wand fahren. Das ist ja nun etwas Anderes: Nicht bewusst und mit voller Absicht gegen die Wand fahren lassen, sondern als letzte Möglichkeit, bevor ich selbst kaputt gehe. Falls manche Leute diesen Unterschied nicht erkennen können, tun sie mir leid.
Doch ich erklär dies mal "from the beginning": Anfang Juli bat mich mein Teamleiter, auf das Home-Office vorübergehen zu verzichten, weil er selbst endlich in seinen wohlverdienten Jahresurlaub ging und von den anderen Kolleginnen die meisten krank oder selbst in Urlaub gewesen waren.
Ich war zu dem Zeitpunkt der einzige erfahrene Kollege, welcher noch verfügbar war und sollte die jungen Kollegen bei ihrer Arbeit unterstützen. Daher wäre meine Anwesenheit unbedingt erforderlich. Dies sah ich ein und erfüllte ihm diesen Wunsch, obwohl ich es personalrechtlich nicht hätte machen müssen.
Dazu muss man wissen, dass ich selbst in einem Dreierteam arbeite. Zum Zeitpunkt jenes ersten Gespräches war die eine gerade in eine fünfwöchige Reha und die andere in ihren vierwöchigen Jahresurlaub gestartet. Ich gönnte Ihnen dies, musste aber feststellen, dass ausgerechnet jetzt Berge von Post mit Rentenänderungen und Betriebskostenabrechnungen des größten Vermieters von Salzgitter eintrudelten.
Hatte ich schon erwähnt, dass meine Vertreterinnen und ich seit zwei Jahren ein nicht besetztes Sachgebiet zu dreiviertel ständig vertreten? Der Gerechtigkeit halber will ich die Tatsache, dass auch die anderen Kollegas mit ständigen Vertretungen übermäßig stark belastet sind, nicht unter den Tisch fallen lassen.

Sonntag, 16. Oktober 2022

Udorallala: Top Songs 17/?

Im Dudel-Radio spielen sie gerne die Hits der 70er oder 80er, doch „meine“ Hits sind da nie dabei. In loser Folge schreibe ich deshalb über einzelne Songs und warum sie so wichtig, bahnbrechend oder anders wie bedeutend sind. Für mich, für Dich, für uns alle.
Ding Dong – That`s my Song!

Mittagspause - Herrenreiter
Mit einem hoppelnden Schlagzeug, tiefergelegter Rhythmusgitarre und schriller Leadgitarre fängt er an. Langsam, monoton, kriecht der unharmonische Sound in den Gehörgang. Und dann legt Peter Hein los. Verzweifelt schreit er seinen kurzen Text ins Mikro. Immer begleitet von dieser atonalen Gitarre. Das Schlagzeug ist irgendwie hintendran und die Rhythmusgitarre erinnert an Bauhaus oder Joy Division. Wenn da diese Töne der Leadgitarre nicht wären…
„Hoch zu Ross den Bundesgeier am Gewand
Herrenreiter haben wieder zu sagen im Land
Schwarz der Himmel unserer Zukunft
Rot die Erde der Vergangenheit
Gold die Zähne unserer Väter
Jetpiloten werden plötzlich schwach in den Hüften
Herrenreiter mit Spielzeugpistolen in den Lüften.“
Es klingt gewaltig nach Übungsraum. Nach Leuten, die zum ersten Mal ein Musikinstrument in der Hand halten. Diese Art von Aufnahmen war typisch in der Anfangsphase des „Deutschpunks“ Ende der 70er Jahre. Hierbei entstanden eine Vielzahl von Klassikern deutscher Rockmusik; egal ob „Kebabträume“, „Zurück zum Beton“ oder auch „Computerstaat“ – alles in kleiner Auflage veröffentlicht und garantiert nie in den Hitparaden gelandet.
Mittagspause war die wohl wichtigste Gruppe in dieser frühen Phase und zerbrach nach Aufnahme dieser Single, weil Peter Hein und Thomas Schwebel sich auf ihre 1979 gegründete Band „Fehlfarben“ konzentrierten und Bielmeier (Monroe) und Oehlen (der Drummer) ihre Zukunft eben nicht als Musiker sahen. Ihre technischen Unzulänglichkeiten ließen das nicht zu, obwohl Herrenreiter das Optimum an Studioqualität bot, was diese Band in der Besetzung erreichen konnte.
Die Perlen von Mittagspause wie „Innenstadtfront“ oder „X-9200“ waren zuvor noch eine Ecke krachiger gewesen. Ihre Live LP „Punk macht dicken Arsch“, nach Auflösung der Band veröffentlicht, muss man einfach gehört haben, bevor man über die Toten Hosen oder selbst die Ärzte auch nur redet. Die Scheibe kann man ruhig neben die „Ball Pompös“ oder auch „Unbehagen“ stellen. Ich persönlich steh ja noch auf „Pfefferminz“.
Allein wie giftig Hein das „Schwarz – Rot – Gold“ ausspuckt, dazu das Bild der Vergleiche zu den Farben. Das ist kurz, knapp und ein politisches Statement, welches damals notwendig war und heute leider wieder aktuell zu werden droht. Nein, aktuell ist. Kurz gesagt: DIES ist der Song zur momentanen Lage.
In Deutschland. Ach ja, wie sahen denn die deutschen Charts beim Veröffentlichungsdatum dieser Single aus - im Oktober 1979? Da war Cliff Richards mit „we don’t talk anymore“ auf Platz 1 angesagt. Es folgten Boney M mit „El Lute“ und Racey mit „Boy oh Boy“. Bester deutschsprachiger Titel war Peter Maffay auf der 6. „So bist Du“ - U-huhu....
Meine Güte, „Das Lied von Manuel“ (Manuel & Pony) auf der 11, Peter Alexander beschwört „Schwarzes Gold“ auf der 18. Dann Michael Holm mit der deutschen Version von „El Lute“, Howard Carpendale kurz dahinter....
Hier hatten Mittagspause selbstverständlich keine Chance, zumal das quasi hauseigene Rondo-Label nicht über die Vertriebsmöglichkeiten wie die Industrie verfügen konnte. Und ich wage es zu bezweifeln, das der öffentlich-rechtliche Rundfunk diesen Song mit dem subversiven Text über den Äther verbreitet hätte.
Herrenreiter ist - genau wie „Computerstaat“ von Abwärts - das zeitlose Vermächtnis des Deutschpunks und heute aktueller denn je. Zieht Euch das rein, Ihr Grünen-Wähler da draußen an den Smartphones!

Donnerstag, 13. Oktober 2022

Alan Freed 1/4

1
Der legendäre DJ, dessen Name untrennbar mit dem Begriff Rock 'n' Roll verbunden ist, wurde am 15. Dezember 1921 als Albert James Freed in der Nähe von Johnston, Pennsylvania, geboren. In seinem Leben hatte er drei Frauen und vier Kinder, wobei die letzte Ehe kinderlos blieb.
Als er zwölf war, zog seine Familie mit ihm nach Salem, Ohio. Er lernte Posaune zu spielen und gründete in seiner Highschool eine Band namens Sultans of Swing. Er orientierte sich an Bandleadern wie Benny Goodman oder Artie Shaw, doch nachdem er große Entfernungen zurückgelegt hatte, um seine Idole zu sehen, wurde ihm bewusst, dass er weder als Musiker noch als Bandleader eine Chance haben würde.
Erschwerend kam hier noch eine langwierige Ohrenentzündung hinzu. Da er nun seinen Traum begraben hatte, versuchte er nun, ein neues Ziel in Angriff zu nehmen: Das Studium des Maschinenbaus an der Ohio State University! Aber das Schicksal hatte anderes mit ihm vor. Alan Freed hatte gerade mal ein Jahr lang studiert, da erlebte er einen Radiosender auf dem Campus der Universität in Aktion. Augenblicklich hatte er sich in dieses Medium verliebt.
Weil er aber auch patriotisch veranlagt war, trat Alan Freed 1941 unter dem Eindruck des japanischen Angriffs auf Pearl Harbour in die Army ein und wurde dort der Ski Patrol zugeteilt. Diese spezielle US Gebirgsjägereinheit kam erst 1945 in Italien zu einem Kampfeinsatz, aber da war Alan Freed schon längst wieder Zivilist.
Ihm hatte mal wieder eine schwere Ohrenentzündung geplagt. Nach seiner Entlassung schrieb er sich erneut an der Ohio State University ein und erwarb sogar noch den Master-Abschluss der Ingenieurwissenschaften.
Er kehrte nach Salem zurück und arbeitete dort für Militärbetriebe als Regierungsinspektor, bis er seine erste Frau Betty Lou Bean kennen und lieben lernte; sie heirateten noch 1942. Doch statt als Maschinenbauingenieur Karriere zu machen, begann er noch im selben Jahr bei dem kleinen Radiosender WKST in New Castle, Pennsylvania.
Dort spielte er klassische Musik für ein wöchentliches Salär von 45 Dollar. Anschließend versuchte er sein Glück als Sportmoderator bei WKBN und danach 1945 bei WAKR - beide Sender befanden sich in Akron, Ohio, wo er am Ende heiße Jazz- und Popaufnahmen bei WAKR auf den Teller zu legen pflegte.
Hier entwickelte er sich zu einer lokalen Größe, doch nach einem Streit über das Gehalt mit dem Eigentümer des Senders zog er weiter nach Cleveland, um beim neuen Medium Fernsehen einen Job zu ergattern.
Dieser Umzug wurde nötig, weil Alan Freed immer noch bei WAKR unter Vertrag stand und er aufgrund eines Gesetzes bei keinem anderen Sender in der Stadt anfangen durfte. Nach jenem Gesetz war es ihm verboten, innerhalb eines Jahres nach dem Weggang von WAKR im Umkreis von 75 km um Akron auf Sendung zu gehen.
Jedoch klappte es mit der Karriere beim Fernsehen zunächst nicht wie gewünscht, weil er lediglich einen Mittagsfilm zu moderieren hatte. Aber der Plattenladenbesitzer Leo Mintz, ein persönlicher Freund von Alan Freed, griff ihm unter die Arme und brachte ihn 1951 beim Radiosender WJW unter, wo er eine klassikorientierte Radioshow moderierte und in deren TV Ableger den Ansager für den Spätabendfilm gab.
Und dort passierte dieser gewisse Moment. Ein kranker Kollege bat Freed, seine Radiosendung aushilfsweise zu übernehmen. Die starre Playlist des Senders ignorierte Freed hierbei komplett und legte stattdessen Rhythm & Blues Scheiben von King, Modern, Chess und Atlantic Records auf.
DJ in Cleveland
Die Reaktion des Senders folgte prompt: Gleich am nächsten Tag wurde Alan Freed wegen seiner Eigenmächtigkeit gefeuert. Doch die Hörer der Sendung müssen wohl stark begeisdtert gewesen sein, denn sie hatten den Sender daraufhin mit Post förmlich bombardiert. Da blieb dem Sender nichts anderes übrig, als Alan Freed wieder einzustellen.
Hier sieht man wieder, dass zumindest in der damaligen Zeit der Geschäftssinn der leitenden Manager stärker ausgeprägt war als ihr Festhalten an konservativen Werten. Ich bezweifle, dass die heutigen Verantwortlichen in einem Sendebetrieb noch so flexibel sind.
Der Plattenladen von Minz lag in der Nähe des Schwarzenghettos von Cleveland. Dort verkaufte er jede Menge Rhythm & Blues Scheiben. Und Mintz beließ es nicht dabei. Bereits nach kurzer Zeit finanzierte sein Plattenladen "Record Rendezvous" ein Programm mit Rhythm & Blues Musik. Der Moderator war Alan Freed, die Sendung hieß "Moondog Rock and Roll Party". Fortan nannte er sich selbst Moondog; der allererste Song vom 11. Juli 1951 war „Blues for a Moondog“ von Todd Rhodes.
Die Show startet mit einem bellenden Hund. Mit einem Chugga-Chugga-Rhythmus setzt die Musik ein. Wieder bellt der Hund, worauf ein Metronom anfängt zu ticken. Während die Lautstärke langsam zunimmt, fragt Alan Freed lässig: "All ready to rock? Atta Boy. We're gonna have a ball. Saturday Night again..."
Jetzt steigert Freed sein Tempo, immer noch vom Rhythmus und dem bellenden Hund begleitet. "Hello, everybody. How y'all? This is Alan Freed, the old King of the Moondoggers, welcome to all our thousands of Friends in northern Ohio, Ontario, Canada, western New York, western Pennsylvania, West Virginia. Along about eleven-thirty, we'll be joining the Moondog network...Pop the Cap, have a good ball. Enjoy Erin brew, ten-oh-two, and the Moondog-Show."

Donnerstag, 6. Oktober 2022

Contramann: kurz gesehen im Oktober

Als sich am 29. Juli diesen Jahres die österreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr das Leben genommen hatte, weil sie als bekennende Impfbefürworterin für eine Impfpflicht aussprach und sich in der Folge derber Kritik und sogar Morddrohungen in den sozialen Medien ausgesetzt sah, da packten die Qualitätsmedien gleich die ganz große Keule raus. Impfgegner und Querdenker hätten die Ärztin in den Tod getrieben.
Begonnen hatte das ganze Prozedere am 16. November 2021, als Kellermayr Teilnehmer einer „Demonstration gegen die Impfpflicht von Gesundheitspersonal“ vor einem Klinikum auf Twitter dafür kritisierte, den Haupteingang jenes Klinikums sowie die Rettungsausfahrt zu blockieren. Tatsächlich war jedoch eine zweite Einfahrt die ganze Zeit zugänglich gewesen, wie die Polizei zurücktwitterte.
Die später in den sozialen Medien auftauchenden Morddrohungen wurden von der Polizei nicht mehr ernst genommen, woraufhin die mittlerweile stark angeschlagene Ärztin jeglichen Lebensmut verlor und keinen anderen Ausweg als den Selbstmord mehr wusste.
So bedauerlich und unnötig ihr Tod auch ist, aber jetzt jegliche Impfgegner und meinetwegen auch Querdenker für ihren Tod verantwortlich zu machen, ist schon ein starkes Stück. Man könnte doch auch mal wieder über die Sinnhaftigkeit von Anonymität in den sozialen Medien grübeln, anstatt hier einfach nur eine willkommene Gelegenheit zu sehen, auf Impfgegner im Allgemeinen einzuschlagen.

https://www.heise.de/tp/features/Moegliche-Impfschaeden-Erste-Klagen-gegen-Biontech-eingereicht-7260250.html
Die Tagesschau beliebte nicht darüber zu berichten. Eine Düsseldorfer Kanzlei hatte Biontech auf Impfschäden verklagt - Urteile hierzu stehen natürlich noch aus. Und das Biontech bislang auf Schadensersatzansprüche oder Auskunftsersuchen lediglich mit der Zusendung von Formularen reagiert hatte, anstatt auf den individuellen Sachverhalt einzugehen, wirft ein grelles Zwielicht auf die ach so vorbildlichen Geschäftspraktiken des Unternehmens.
Erschwerend hinzu kommt die bisherige dilettantische Aufklärung seitens Behörden und Politik. Wen wundert es da noch, wenn das Vertrauen in die öffentliche Ordnung schwindet.

https://www.infosperber.ch/medien/medienkritik/bezeichnend-niemand-wusste-dass-china-auf-dem-mond-landete/
Hier nun mal ein kleiner Zwischeneinwurf. Bei „Wer wird Millionär?“ wusste niemand, dass China als einziges Land neben der USA eine Fahne auf dem Mond gehisst hatte. Hinzu kommt die Rover-Expedition der Chinesen auf dem Mars letztes Jahr. Zugegebenermaßen hatte ich das auch nicht mitgekriegt bzw. bereits wieder vergessen.
Von dem weltweit größten Aufforstungsprojekt in der chinesischen Wüste hatte ich bereits gehört. Aber von all dem hört man in den Qualitätsmedien wenig bis überhaupt nichts, dafür aber lang und schmutzig von den Umweltsünden oder der Verfolgung der Uiguren.
Den Rat des Autors, die häufig gemeldeten Horrorzahlen einfach mal ins Verhältnis zur Einwohnerzahl zu setzen, gebe ich hier gerne weiter. Denn offenbar wollen uns die Medien weismachen, dass nicht nur der Russe, sondern auch der Chinese vor der Tür steht.

https://www.focus.de/politik/erinnert-an-debatte-von-2015-unmut-ueber-ukraine-fluechtlinge-in-weimar-andere-tafeln-widersprechen_id_150243777.html
Auch Fokus gehört zu den Qualitätsmedien und ist wahrlich nicht auf meiner politischen Linie unterwegs. Aber ab und an tauchen hier interessante und vor allem kritische Artikel auf. Hier im Fokus wird der Sensationsjournalismus noch ohne Rücksicht auf politische Befindlichkeiten gelebt, zumindest zeitweise. Daher zählt für Spiegel-Leser der Fokus selbstverständlich nicht zu den Qualitätsmedien. Spiegel-Leser wissen ja bekanntlich mehr.
Aber zur Sache, Schätzchen: Im September beklagten sich die Mitarbeiter der Tafel in Weimar im MDR über das Verhalten von ukrainischen Flüchtlingen. Der Leiter der Weimarer Tafel berichtete dort über Beschwerden der Flüchtlinge ob der schlechten Qualität der Ware, dort sollen mit 100 € Scheinen gewedelt worden sein und und und... Das häufig übliche Vorfahren mit einem SUV seitens der Flüchtlinge kam wohl bei den Helfern auch nicht so gut an.
Und natürlich war klar, dass dies vielen engagierten Mitbürgern ein Dorn im Auge ist. Diesen Bericht meine ich - da war in Deutschland natürlich sofort die Moralpolizei der „Birkenstockträger“ unterwegs.

https://www.heise.de/tp/features/Kein-Verlass-auf-den-Feind-7273613.html
Hier wird besonders schön auf die Doppelmoral der deutschen Politik und seiner Anhänger in der Bevölkerung hingewiesen. Schon im Frühjahr z.B. wollte unsere hochbegabte Außenministerin Frau Baerbock „Russland ruinieren“. Als die Russen dann über den Sommer die Gasversorgung über Nord Stream 1 eingestellt hatten, brach hier das Heulen und Zähneklappern los.
Warum? „Wir“ wollten uns doch vom russischen Gas unabhängig machen. Und überhaupt: Erwartet da irgendjemand ernsthaft, dass die Russen sich einerseits sanktionieren lassen und andererseits als Dank dafür auch noch weiterhin Gas an Deutschland zu Topkonditionen verkaufen? Die langfristigen Lieferverträge zu unschlagbar günstigen Bedingungen, wie sie die internationale Konkurrenz eben jahrzehntelang nicht hatte, haben doch überhaupt erst den Aufstieg Deutschlands vom „kranken Mann Europas“ zum Exportweltmeister ermöglicht.
Da müsste man hierzulande dem geschassten Gerhard Schröder eher noch dankbar sein – ohne seine Freundschaft mit Putin hätten sicherlich auch viele Menschen in meinem persönlichen Umfeld sich keinen SUV leisten können. Und gerade den Profiteuren des wirtschaftlichen Booms dieses Jahrhunderts sollten an einer schnellen Beilegung des Krieges in der Ukraine gelegen sein.
Denn falls nicht, droht der Verlust liebgewonnener Statussymbole wie SUV, großzügiges Eigenheim etc. entweder durch mangelnde Einkünfte oder dank „Abfackelns“ der Statussymbole durch protestierende Habenichtse, für die nicht mal mehr genug Mittel da sind, um ein auskömmliches Leben zu ermöglichen. Das mag jetzt arg überzogen sein – insbesondere der Part mit dem „Abfackeln“.
Doch die „Volksaufstände“, die Frau Baerbock schon befürchtet hatte, könnten vielleicht dank des neu geschaffenen Heimatschutzes unter Kontrolle gebracht werden. Die Protestierer wären eh alle russische Spione, da könnt Ihr Euch sicher sein!

Alsdann: Bleiben Sie links, bleiben Sie kritisch. Und:
„I`m so bored with the USA. But what can I do?“

Montag, 3. Oktober 2022

guterPlatzzumBiertrinken: Sommerregen

Samstag, 9. Juli. Nachdem ich Mitte Juni von einer starken Erkältung befallen war, aber kein Corona hatte, war es jetzt wieder an der Zeit nur einen kleinen Radausflug. Das ganze Frühjahr hindurch war ich sehr träge gewesen, was die Bewegung angeht.
Hinzu kamen neben meiner Corona-Erkrankung Ende März noch die tragischen Todesfälle von Bud und Harald, welche mich vermeintlich am Schwimmen im Heidbergbad oder eben den Radtouren gehindert hatten. Alles faule Ausreden, an diesem Samstag musste es einfach sein, auch um mich einfach aus der drohenden Lethargie zu reißen.
Während meine Löwin im Testcenter arbeitete, pumpte ich mein Rad auf. Passenderweise war die erste Hitzewelle vorüber gegangen und es deuteten sich für diesen Samstag einige Regenschauer an. Bei angenehm kühler, aber nicht zu kalter Luft fuhr ich los. Bloß wohin? Sojasauce sollte ich noch mitbringen. Die wollte ich von Globus besorgen.
Zunächst plante ich dann, lediglich nach Globus hin- und danach gleich wieder zurückzufahren, weil ich zu Hause noch einiges zu erledigen hatte. Doch ich merkte sehr schnell, dass ich mir da wieder nur eine Ausrede einfallen ließ.
Ich überwand meinen inneren Schweinehund mit einem Trick: Zwei bis drei Tage zuvor hatte ich nämlich überlegt, mir eine Jeansweste zuzulegen. Eine solche hatte ich im C&A Onlineshop entdeckt. Da ich mir diese aber möglichst risikofrei kaufen wollte, wäre es besser, die Weste in einem Laden zu kaufen, wo ich sie auch anprobieren könnte. Da ich selbstverständlich nicht in die Stadt zu C&A fahren wollte, blieb als Alternative lediglich Adler in Stöckheim übrig.
Das passte ganz gut, da konnte ich über Gartenstadt und Rüningen locker hinfahren und könnte auf dem Rückweg bei Globus vorbeischauen. Die dadurch zusätzlich zu fahrenden Kilometer würde das ganze Prozedere zu einer Tour machen. So überwindet man den inneren Schweinehund: Mit einer Aufgabe.
Sicherlich hätte ich auf diesem Weg auch beim Langen oder bei Pocke vorbeischauen können, um das zu einer Tour dazugehörige Bier dort trinken zu können. Es waren allerdings nicht nur die dunklen Wolken am Himmel, die mich davon abhielten. Ich hatte auch die Befürchtung, dass ich in Stöckheim versacken könnte. Ich wollte doch noch zu Hause einiges erledigen!
Jedenfalls war ich mit jedem Kilometer besser gelaunt, zumal ich nicht in einer drückenden Hitze fahren musste, wie es noch bis zu zwei Wochen zuvor der Fall gewesen wäre. Auf der Fahrt fiel es mir auch leicht, an den vorherigen Abend zu denken. Am Freitagabend hatten wir Harald an seinem Geburtstag zu Wasser gelassen.
Zur Erklärung: Jahrzehntelang war Harald ab dem Frühjahr mit seiner Familie an den Tankumsee gefahren, um sich dort mit Freunden zu treffen und Spaß zu haben. Zusammen lagen sie auf Decken am Rasen, spielten Karten oder schwammen im See; Harald am liebsten auf der Luftmatratze im Wasser treibend.
gemütlich am Minigolfplatz
Ihm zu Ehren trafen wir uns an der Stelle, wo sie immer gelegen hatten. Seine Witwe Frida, Tochter Cornelia, auch sein Sohn Bruce sowie die anderen standen im Wasser. Dort ließ Cornelia ein Teil der Asche von Harald in das Wasser rieseln. Dies war auch für mich ein bewegender Moment gewesen, obwohl ich nicht zu der Tankumsee Clique gehört hatte.
Früher hätte ich diese Szene als kitschig empfunden, heute nicht mehr. Jetzt finde ich es nur noch peinlich, sich über solche emotionalen, vielleicht auch rührseligen Momente lustig zu machen. Zum Glück kenne ich solche Arschlöcher nicht, die so etwas tun würden. Mit dieser einerseits traurigen, andererseits schönen Erinnerung fuhr ich bei Adler vor und betrat den Laden. Nach vielleicht fünf Minuten verließ ich den Laden wieder - total enttäuscht.
Sie hatten nicht einmal Stoffwesten, ansonsten waren mir die Shirts zu teuer. Nachdem ich mich aufs Rad gesetzt hatte, schaute ich skeptisch in den Himmel. Dunkle, fast schwarze Wolken waren heraufgezogen und verhießen einen starken Regenguss. Ich überlegte. Sollte ich nach gegenüber zu Kaufland gehen? Dort hätte ich auch einkaufen können, aber ich entschied mich weiterzufahren.
Als ich nach dem gescheiterten Versuch, hinter Kaufland eine Abkürzung zu finden, wieder umdrehen musste, fielen die ersten Regentropfen. Trotzdem fuhr ich weiter, da der Regen eher ein Nieseln war. Weiter ging es Richtung Melverode, dort hätte ich im Bistro Helena Unterschlupf finden können, weil der Regen inzwischen heftig auf mich eingeprasselt hatte.
Doch ich sagte mir "Scheiß drauf" und fuhr den Südsee hinunter, um mich hinter Schloss Richmond so richtig durchfeuchten zu lassen. Der Begriff "sintflutartiger Regenfall" wäre für diesen heftigen Regenguss natürlich übertrieben gewesen. Ich zog aber durch bis zum Minigolfplatz am Kennel, dort hatte ich schon oftmals eine Bierpause eingelegt.
"Eine Pulle Wolters würde mir jetzt gut tun" ging mir während des schnelleren Antritts durch den Kopf. Pittschenass erreichte ich den Kiosk am Minigolfplatz, orderte eine Pulle Wolters und setzte mich an einen freien Tisch unter einem Sonnenschirm, der in diesem Moment als Regenschutz reichen musste.
hinten die "Tränke"

Ich fing an, diesen Text einzusprechen, musste aber nach kurzer Zeit aufgeben. Der Regen war einfach zu stark. Seufzend stellte ich mich an den Kiosk unter die Pergola, wo ich trockenen Fußes den Regen abwarten wollte. Die Mannschaft neben mir trank ebenfalls Wolters und "Roten", ein Schnaps, der interessant aussah.
In der Folgezeit unterhielt ich mich mit Mestemacher, dem Betreiber dieses Kiosk und des Platzes. Ich lernte ihn mal vor über 20 Jahren kennen, als er mein Kollege im Wohnheim gewesen war. Wir sprachen über alte Zeiten und Kollegen. Eine Stunde und ein zweites Wolters lang verbrachte ich im Gespräch, bevor ich bezahlte und noch zwei Rote orderte.
Nein, der zweite war nicht für Mestemacher, sondern für den Typen, der neben mir stand und den Roten verdutzt entgegennahm. Wir stießen an, dann fuhr ich weg und war gleich darauf bei Globus. Wahrscheinlich fragt sich der Typ heute noch, warum ich ihm einen ausgegeben hatte. Manchmal mache ich solche komischen Sachen, einfach so.
Das gehört für mich dazu, zum Leben, meine ich. Im Globus brauchte ich nicht so lange wie sonst, den Rest des Weges brachte ich schnell hinter mich. Noch vor 18 Uhr war ich wieder zu Hause gelandet und erledigte meine Vorhaben nicht mehr, was nach der Bierpause eigentlich zu erwarten gewesen war.
Zum Abschluss noch zwei Dinge: Der "Rote" war ein roter Genever und die Jeansweste bestellte ich am nächsten Tag bei C&A online. Blind.