(zuerst veröffentlicht 25.08.2005)
Neben der Science Fiction versuchte sich Dick in den 50ern an Mainstream Romanen, die aber allesamt den Laden hüteten. Er war bereits als Genre-Autor verschrien und konnte diese während seines ganzen Lebens nicht nennenswert verkaufen. Das autobiographische Werk CONFESSIONS OF A CRAP ARTIST ist hierbei das interessanteste. Es erschien 1975 nochmal in einer gigantischen 500er Auflage.
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Dick bei SF Convention |
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Philip K. Dick litt unter dem „writer`s block“ und schrieb zwischen 1959 und 1961 nichts mehr. Stattdessen arbeitete er in dem Juweliergeschäft seiner Frau, welches diese noch heute in Point Reyes Station betreibt bzw. bis an ihr Lebensende betrieb. Einige Erfahrungen hiervon flossen auch in THE MAN IN THE HIGH CASTLE ein.
Mit diesem Parallelweltroman läutete Dick seine zweite und umfangreichste Romanphase ein. Der Roman heimste den begehrten Hugo Award, eine Art Oscar der SF-Literatur, ein. In der Folge entstanden Romane, die Dicks` Ruf als Drogenautor begründeten oder die friedliche Revolution der Sixties intellektuell untermauerten: MARTIAN TIME-SLIP, THE SIMULACRA, THE THREE STIGMATA OF PALMER ELDRITCH, DR. BLOODMONEY, DO ANDROIDS DREAM OF ELECTRIC SHEEP?, UBIK.
Interessanterweise wurde Dick der Ruf eines Drogenautors zu Unrecht angehängt. Er schluckte zu jener Zeit lediglich Amphetamine, die von seinen Nieren wegen einer Funktionsstörung - angeblich – noch nicht einal verarbeitet werden konnten. Schließlich schrieb er innerhalb von 5 Jahren 16 Romane, um die Einkäufe seiner Frau bezahlen zu können, zu deren Begleichung er nach kalifornischem Recht verpflichtet war. An den üblichen Taschenbuchausgaben verdiente Dick nicht viel; aber Amphetamine waren damals halt billig. Nur einmal will er wirklich eine psychedelische Droge namens Sandoz probiert haben, wobei er auch einen wahren Höllentrip hatte. Ein zweiter „Drogenversuch“ war eher lasch; Dick merkte nicht einmal etwas davon.
Zwischendurch - 1966 – ließ sich Dick zur Abwechslung mal wieder scheiden, bloß um ein Jahr später Nancy Hackett zu heiraten; Aus dieser Ehe ging seine Tochter Isolde hervor. Erneut legte Dick von ca. 1970 – 1974 eine schöpferische Pause ein. Die Hippie-Zeit forderte nun auch von Dick ihren Tribut; Politik war während des Vietnamkrieges gerade in den USA für Andersdenkende Standortbestimmung und Religion zugleich. Er engagierte sich in Bürgerrechtsbewegungen und fordere öffentlich die Absetzung von Nixon nach der Watergate-Affäre.
Was noch? Die 4. Scheidung 1972; Die 5. Heirat 1973 mit Tessa Busby; Das 3. Kind heißt Christopher. In 1972 war Dick wohl auch fertig mit der Bereifung. Vollkommen ausgebrannt und ziellos flog er im März diesen Jahres nach Vancouver und blieb dort. Er hielt auf einem Science Fiction Kongress eine bemerkenswerte Rede - „The Android and the Human“. Ein Selbstmordversuch scheiterte; Anschließend arbeitete Dick in einem Drogenrehabilitationszentrum. Erst als die California State University in Fullerton seine Papiere und Manuskripte ordnen wollte, kehrte Dick nach Kalifornien zurück.
Und dann beginnt 1974 mit der Veröffentlichung von FLOW MY TEARS, THE POLICEMAN SAID die dritte Romanphase von Dick. Auch dieser eher düstere Parallelweltroman wurde prämiert. Er erhielt den John W. Campbell Award als bester Roman des Jahres.
An diesem Meisterwerk arbeitete er allerdings schon seit Beginn der 70er. Doch nicht zuletzt aufgrund der zuvor beschriebenen Vorkommnisse verzögerte sich die Fertigstellung. Dazu kam ein Einbruch 1971 in seinem Haus in Marin County. Irgendwie hatten amerikanische Geheimdienste herausgefunden, das Dick an einem Roman arbeitete, in dem die USA als Polizeistaat dargestellt wurde. Da war es nur folgerichtig, das es bei der Erstauflage zu Unregelmäßigkeiten im Verkauf kam. Dick argwöhnte, das dieser Roman von den US-Behörden unterdrückt werden sollte. Schließlich galt er mittlerweile als Kommunist. Hierzu paßt auch folgerichtig, das die US-Army von der Erstauflage 236 Exemplare vorbestellte. Exakt die Anzahl, die deren kryptologische Abteilung für ihre Analysen benötigte. Ein Drittel der Auflage (ca. 2500 Stück) verschwand spurlos, so daß Dick hierfür kein Honorar sah.
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Ridley Scott mit Dick |
Zu jener Zeit schrieb er bereits an A SCANNER DARKLY. Dies ist wohl eher ein Mainstream denn ein Science Fiction Roman. Hier verarbeitete Dick seine Erfahrungen aus dem Drogenzentrum. Dieser Roman wurde erst 1977 veröffentlicht und markiert das Ende seiner dritten Romanphase. Andere in dieser Zeit veröffentlichten Werke hatte er bereits in den 60ern fertiggestellt, ohne sie erscheinen zu lassen. Erschienen ist ihm im März 1974 die Offenbarung einer transzendenten göttlichen Macht namens Valis. Dies bedeutet Vast Active Living Intelligence System. Hier, in seiner vierten Romanphase, bricht er mit seinem vorherigen Schaffen.
Bis dahin zertrümmerte er in seinen Romanen und Kurzgeschichten die scheinbar objektive Realität; Für Dick existierte nur die subjektive Realität des Individuums. Nunmehr beschrieb er das Wirken einer göttlichen Macht, die die Realität ständig neu gestalten kann.
Die Valis-Triologie erschien ab 1981; THE TRANSMIGRATION OF TIMOTHY ARCHER erschien 1982 posthum.
Dick hatte es endlich geschafft. Die Verfilmung von DO ANDROIDS DREAM OF ELECTRIC SHEEPS als BLADE RUNNER machte ihn auch außerhalb der Science Fiction Fangemeinde bekannt. Auch VALIS verkaufte sich dank des Filmerfolges prächtig. Seine finanziellen Probleme hatten sich erledigt.
Jahrelang hatte er nach der Wahrheit gesucht und glaubte sie mit Valis gefunden haben. Er war am Ende des Weges angekommen. Und am Ende seines Lebens.
Denn am 18.2.1982 erlitt er einen eigentlich leichten Schlaganfall. Ein zweiter brachte ihn ins Koma, aus dem er nicht mehr aufwachte. Am .3.1982 um 8.20 Uhr Ortszeit schalteten die Ärzte das Lebenserhaltungssystem ab, da sie keine Gehirnaktivität mehr feststellen konnten.
Endlich war er reich und berühmt – und tot. So wie für die Helden seiner Romane und Kurzgeschichten gab es auch für Philip Kindred Dick kein Happy End. Aber er hinterließ ein Werk, das in dem Bereich der Science Fiction herausstrahlt und unterstreicht, das in diesem Genre stellenweise die Realität besser aufgearbeitet wird als in der „hohen“ Literatur.