Samstag, 28. Juli 2012

Udorallala: the next big Thing


Seit Ende Mai 2011 fahre ich jeden Morgen in der Woche mit dem Fahrrad zum Bahnhof, um dann im Zug nach SZ zur Arbeit zu fahren. Nach kurzer Zeit hatte ich die Idee, mir die Fahrzeit (20 Minuten) mit Musik zu versüßen. Ein MP3-Player mußte her.
Amazon lieferte den Transcend MP870 prompt. Auch Bilder und Videos passen drauf; Aber ich schweife ab. Ich spielte 5-6 Cds drauf und am nächsten Morgen ging es los.
. Dann dieses lange Intro. Orion, Rücksturz zur Erde !
She came from Planet Claire. I knew she came from there...“
1979. Ich entdeckte gerade Stranglers, Buzzcocks, Undertones usw. für mich und war eindeutig immer auf dem Laufenden. Platten gabs bei Gabi. Und natürlich Sonntags in der Früh John Peels Music. Pflichtprogramm. Musik Express hatte ich damals gelesen, nein verschlungen. Und irgendwann 1979 gab es die Platte des Monats mit dem knallgelben Cover. B 52s. Nie gehört. Aber die Kritik war so überschwenglich, dass es sich hier um die Platte des Jahrzehnts wenn nicht gar...
THE NEXT BIG THING !
Ohne sie vorher bei Gabi anzuhören, habe ich „Play Loud“ von den B 52s gekauft und dies bis heute nicht bereut.
Für alle Fans hier eine ganz frühe Aufnahme aus Atlanta aus dem Jahre 1978.
Hero Worship ist mein All-time Fave von den B 52s. Ist die erste LP noch sehr rockig, wurden die B 52s mit den Jahren immer „tanzbarer“. In all den Jahren produzierten sie mehr gute Sounds als Songs, aber die eine oder andere Perle war trotzdem darunter.
Ich habe in den letzten 30 Jahren auch nichts gehört, was annähernd so klingt wie diese Band aus Athens, Georgia. Die 50er Jahre Frisuren von Kate Pierson und Cindy Wilson. Dazu noch ihre sirenenhaften Gesänge. SciFi Gitarren und Keyboard von Keith Strickland und Fred Schneider. Dazu passten auch die abgedrehten Texte, die an billige Science Fiction Groschenhefte erinnern.
2008 und 2011 erschien nochmal neues Material. Nicht schlecht zwar, aber an alte Zeiten können sie natürlich nicht mehr anknüpfen.
Anyway: B 52s ist gute Laune und immer irgendwie kommerziell unkommerziell. Eingängige Melodien, aber doch irgenwie schräg. Oder einfach unbeschreiblich. Hör es Dir an, falls Du sie (noch) nicht kennst.

Dienstag, 24. Juli 2012

Hartmudo: Kim Wilde und Wegwarte


Am letzten Samstach waren meine Löwin und ich abends mit Sandy und Randy unterwegs. Bill hatten sie bei einer Tante in Salzgitter gelassen. Und Salzgitter war auch die erste Anlaufstation – das Schloss Salder.
Anläßlich des Kultursommers 2012 gastierte dort Kim Wilde. Wahrscheinlich als 30th Anniversary Tour. Um es vorwegzunehmen: Kim Wilde war wirklich richtig gut. Bei erträglichen Temperaturen ging die Band gut los. Der Mann mit der im Vordergrund stehenden „Keyboardgitarre“ war ebenso dabei wie ein Bassist mit Brian Conolly Perücke und schwarzer Sonnenbrille. Very Funky, der Bass. Ansonsten hatte Kim noch ihre Tochter (backvoc) und ihren Bruder (2nd git) im Gepäck. Die Tochter hat definitiv nicht die entrückte Schönheit ihrer Mutter geerbt. Mehr eine suburbian Beauty, aber gute Stimme. Kim selbst konnte die Speckröllchen auch nicht verbergen, legte aber eine 1 A Live Performance hin.
verwackelt, aber selbst geschossen - Kim mit Band
Außer allen ihren Hits gab es u.a. Nenas „Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann“ sowie das unsägliche „Forever Young“ von Alphaville. Dankenswerterweise verzichtete sie auf „Ever fallen in Love with someone“; Dieses Cover auf ihrer neuen CoverCD wurde zwar hochgelobt, aber …. Dieses unerträgliche Cover aus der Nissan Werbung mit so ner Schickse treibt mir den kalten Schweiß auf die Stirn. Das Original von den Buzzcocks, sonst nix.
Insbesondere schön war der Akustikpart nur mit den Familienmitgliedern – Im Ganzen also eine runde Sache.
Derart beschwingt, wagten wir uns noch in die Wegwarte nach Lucklum. Randy wußte zu berichten, das ein Discoabend zweimal im Monat stattfindet. Die alten Leute aus dem Schlucklum wären dort auch anzutreffen. Und genau so war es auch.
Beim Reingehen (4,-€ Eintritt) wirkte es geräumig, aber auch etwas dunkel. Die Ecken luden quasi zu Heavy Petting ein. Beim Kontrollgang zur Tanzfläche blickte ich kurz zum DJ – Lucius erkannte mich nach bald 30jähriger Abwesenheit immer noch und hob die Finger zum Gruß. Me too. Mehr brauchte ich von der Tanzfläche nicht zu sehen.
Wir setzten uns an einen Tisch und schlürften unsere Getränke. Klaas trafen wir noch. Er war guter Laune und war zum Abtanzen da. Außerdem war da noch so ein Mädel ….
Auf der Rückfahrt nach Braunschweig wurde mir dann bewußt: Was in „unseren“ Augen früher das Bohlweg 55 war, nämlich ein übler Anmachschuppen für „alte“ Leute, ist heute die Wegwarte. Nun zwar nicht unbedingt für die Normalos, sondern das gehobene Bildungsbürgertum. Die Althippies aus WF z. B. Früher immer ins Schlucklum, jetzt noch oder wieder solo und auf der Suche. Im Nachhinein erscheint mir das Bohlweg 55 nicht mehr so übel wie seinerzeit. Bin jetzt ja selbst ein alter Sack.
Und so fies, wie ich das im letzten Absatz beschrieben habe, ist es natürlich in der Wegwarte auch nicht. Aber der Vergleich muß sein.
Dann war da noch der notorische Checker. Schwarze Klamotten, mittlerweile grauhaarig, schleicht er immer noch allein durch die Kneipe und checkt. Was oder wen, weiß keiner. Er selbst wohl am allerwenigsten. Aber da jetzt auch noch das Merz zugemacht hat, wird für ihn die Luft auch immer dünner. Hoffentlich landen wir nicht im selben Altersheim.
Kim Wilde und Wegwarte – ein schöner Abend, der viel Spaß gemacht hat. Sollte dieser verregnete Sommer doch noch zu retten sein?

Samstag, 21. Juli 2012

Contramann: Gesprächskreis


Per Mail erhielt ich eine Anfrage zur Teilnahme am Gesprächskreis. Gedacht war dieser Gesprächskreis, angelehnt an die Nachdenkseiten, zum Gedankenaustausch von Menschen, die politisch eine andere Meinung haben.
Angestoßen wurde dies vor ca. 3 Jahren über die Nachdenkseiten. Warum dies in BS nicht funktionierte und was ich damit zu tun habe, lest ihr in meiner nachfolgenden Antwort an den Interessenten für den Gesprächskreis:

Hallo Herr Schulze (Name geändert),
um es vorwegzunehmen: Wenden Sie sich bitte an Hannover oder Wolfsburg.
Wenn Sie etwas ändern möchten, engagieren Sie sich besser direkt in einer Bürgerinitiative oder einer Partei.
Mein Tip: Linkspartei. Als Leser der Nachdenkseiten sollte dies und eben nicht die Piraten der logische Schritt sein.

Zur Entwicklung des Braunschweiger Gesprächskreises:
2009, also vor 3 Jahren, starteten wir mit bis zu 4 Mitgliedern. In dem beginnenden Bundestagswahlkampf wollten wir gezielt auf Wahlkampfveranstaltungen durch gezielte Zwischenfragen Politiker - vornehmlich CDU und FDP - verunsichern und die anwesenden Zuhörer "wachrütteln". Wir tauschten unsere Ansichten über die politische Landschaft aus und gingen mit einem guten Gefühl im Bauch nach Hause.
Ein Teilnehmer z. B. war rhetorisch sehr überzeugend und auch bei Bibs aktiv. Zum Verständnis: Die Braunschweiger Bürgerinitiativen sind ein Wahlbündnis eingegangen und sitzen im Rat der Stadt Braunschweig.
Der nächste war in der Rententhematik eingearbeitet und dort auch sehr engagiert. Sprich: Sowie das Wort Rente fiel, hörte er nicht mehr auf zu reden. Und dann war da noch einer, der schon damals von den Piraten überzeugt war.
Als ich irgendwann kurz vor der Bundestagswahl den Gesprächskreis nochmals einlud, kam keiner. Nicht einmal abgesagt hatten meine Mitstreiter, nicht einer. Allein saß ich in der Kneipe und wartete vergebens.
Danach gab es wohl noch ein letztes Treffen. Hier stellten wir fest, das die Politiker überhaupt keine Zwischenfragen zuließen oder aber die Vorträge hinter verschlossenen Türen stattfanden. Unser Vorhaben war also von vornherein gescheitert.
Ich gebe zu, das auch ich irgendwie erleichtert war, das ich mich nicht in der Öffentlichkeit präsentieren mußte und höchstwahrscheinlich der Lächerlichkeit preis gegeben worden wäre.
Ich denke, den Anderen ging es ähnlich. Denn seitdem hat mich keiner mehr von der Mannschaft kontaktiert. Auf meinen Letzten Versuch per Mail, mich wegen eines neuen Termins zu kontaktieren, erhielt ich schon keine Antwort mehr.
Als mich dann noch Detlev L. kontaktierte, hatte ich gemerkt, wo ein Problem bei den Gesprächskreisen liegt: Es sind viele Enttäuschte und Verwirrte unterwegs, die bei den üblichen Anlaufstationen (Parteien, Bürgerinitiativen, etc.) schon abgeblitzt sind.
Herr Schulze, das wird sicher nicht auf Sie zutreffen, denn ich hatte bisher eher normale und engagierte Bürger in Sachen Gesprächskreis als Kontakte. Aber Leute wie der "Rentenmann" oder Detlev L. sind eher abschreckend und haben auch schon andere Gesprächskreise gesprengt. Das konnte ich vor 3 Jahren im Internet direkt verfolgen.Da war eine Frau aus Süddeutschland mit einem Forum am Start. Hinterher mußte sie das Forum schließen. Üble persönliche Beleidigungen waren dort am Start.
Nicht zuletzt deshalb haben sich die Macher der Nachdenkseiten auch von Anfang an bedeckt gehalten, was die Unterstützung dieser Gesprächskreise anging. Dies Problem sollte aber inzwischen behoben sein, da zumindest der Gesprächskreis Dresden sich etabliert hat und auch sehr aktiv ist. Wenn Ihnen das also nicht zu weit ist....
Aber noch ein Wort zu Detlev L. Bekannt wurde er als anerkanntes Mobbing Opfer der Autostadt Wolfsburg. So wie er es mir schilderte, war sein Anliegen, politische Gegner gezielt zu mobben und zu verleumden. Dies hatte er selbst schon erfolgreich mit seinen ehemaligen Chefs gemacht, indem er diese Leute zu Hauf übers Netz mies angegangen ist.
Wie Sie sich vorstellen können, sind Versuche, gegen solche Haßtiraden im Netz vorzugehen, nicht von Erfolg gekrönt. Ich sage nur Facebook. Fast eine Stunde hat mich dieser Mensch am Telefon zugeschwafelt. Mit einem Wort: Behandlungsbedürftig.
Insgesamt habe ich also mit dem Gesprächskreis eher schlechte Erfahrungen gemacht. Dadurch ist mir klar geworden, das man nur in einer Partei oder Bürgerinitiative die Chance hat, effektives Engagement zu zeigen und brauchbare Ergebnisse erhalten kann.
Mit dem Gesprächskreis erlebte ich ein ähnliches Desaster wie mit den Montagsdemos gegen die Einführung von Hartz IV. Die Leute, die es betrifft, standen seinerzeit am Straßenrand und belustigten sich über die Idioten, die da demonstrieren gingen.
Mein Herz schlägt trotzdem noch links, aber außer in meinem persönlichen Umfeld möchte ich mich nicht mehr politisch engagieren.
Wenn wir das alle so machen, erreichen wir mehr als mit Gesprächskreisen, bei denen alle ihre Wunden lecken und mit einem guten Gefühl nach Hause gehen, weil man ja was getan hat. Wie gesagt: Partei oder Bürgerini - da kann man wirklich was bewegen, wenn man möchte.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Bleiben Sie engagiert, bleiben Sie links.

Sonntag, 15. Juli 2012

Uncle Fester: grad gelesen Juli 2012


John Scalzi (Herausgeber) - Metatropolis
Und wieder John Scalzi. Diesmal 5 Kurzromane von 5 Autoren. Scalzi gab das Szenario vor: Die Stadt der Zukunft. Regionen wie zb. Portland-Vancouver wachsen zu Metastädten heran. Das Öl ist alle und deshalb fahren die Leute Fahrrad oder Elektromobile. Auch ansonsten ist Grün angesagt. Hat Scalzi heimlich einen mit Jürgen Trittin getrunken? Es scheint fast so.
Sympathisch an diesem Projekt ist die für Amis ungewöhnliche ökopolitische Grundausrichtung. Die einzelnen Stories stehen von der Story her nicht miteinander in Verbindung und lassen sich so entspannt lesen. Allerdings hat dies zur Folge, dass die jeweiligen Stories nicht sehr umfangreich sind und interessante Ideen bestenfalls angerissen werden können. Manch einer Story hätte man einen kompletten Roman gegönnt.
Insbesondere Karl Schroeder mit der letzten Story hat es mir angetan. Cyberpunk ist back !

              

Karl Schroeder – Virga-Zyklus
Und da ist er, der Virga-Zyklus. Geil, geil, geil - Unbedingt lesen!
Vor Tausenden von Jahren bauten die Menschen einen Ballon von ca. 8000 km Durchmesser und kolonisierten ihn. In dem Zyklus sind auch schon Tausende Jahre seitdem vergangen.
Im gesamtem Innern befindet sich atembare Luft, aber keine Schwerelosigkeit. Habitate erzeugen durch Rotation künstliche Schwerkraft – dort konzentriert sich das Leben. Wälder und Meere bewegen sich ebenfalls frei durch die Luft oder müssen fixiert werden. Die zentrale Sonne Candesce spendet die nWärme für das abgeschlossene Ökosystem; selbst hergestellte Mikrosonnen spenden Licht für einzelne Ansammlungen von menschlichen Habitaten.
Innerhalb des nach außen abgeschotteten Systems existieren eine Vielzahl von einzelnen Staaten, die sich gegenseitig bekriegen.
Viele Geheimnisse warten darauf, gelüftet zu werden. In einer Mischung aus Fluch der Karibik und Star Wars treibt Schroeder die Handlung flott voran. Die einzelnen aristokratisch organisierten Staaten bzw. Völker werden anschaulich beschrieben. Da fällt es schwer, das Buch beiseite zu legen.
Bisher sind 3 Romane auf Deutsch erschienen. 2 weitere sind schon in den USA erschienen. Ich hoffe, der Autor kann das hohe Niveau halten. Wobei sich Niveau auf den „Sense of Wonder“ bezieht, nicht auf die Story. Die ist relativ unpolitisch bzw. unkritisch. Wer also nur komplexe Stories mag, ist hier falsch. Aber solche Leute lesen in der Regel eh keine Science Fiction, oder?

Mittwoch, 11. Juli 2012

Contramann: kurz gesehen im Juni


Wie zu erwarten war, ist Schlecker jetzt endgültig fertig. Da ist auch nichts mehr zu retten; An DM oder Roßmann wären die nie wieder rangekommen. Eine transfergesellschaft für die Beschäftigten würde meiner Ansicht nach das Leiden der Ex-Mitarbeiter nur verlängern. Da stimme ich Rößler zu.
Und dann kommt da noch das Duo Dilletanti um die Ecke: Frau von der Leyen als Arbeitsministerin und der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Herr Weise. Nach 2 Jahren Umschulung sollen die Schlecker Frauen in KiTas und Altenheimen zum Einsatz kommen.
Ganz großes Kino: Meine Nichte Gundula z. B. hat 3einhalb Jahre Erzieherin gelernt. Jetzt sollen irgendwelche Verkäuferinnen, ungeachtet ihrer Motivation oder Eignung, nach 2 Jahren Crashkurs auf die Kinder und Alten losgelassen werden? Frau von der Leyen, geht’s noch?
Das diese Frauen dann weniger als Erzieherinnen oder Altenpflegerinnen bekommen werden, dürfte klar sein. Kann man ja wieder sparen. Immerhin wäre das wohl trotzdem noch mehr als bei Schlecker!
Eine komische Welt das ist. Frau von der Leyen äußert sich in letzter Zeit zunehmend populistisch. Hoffentlich beerbt sie nicht die Merkel.

Die Anfangsszene aus „The Big Lebowski“: Lebowski steht nachts im leeren Supermarkt und schlürft aus einer Milchtüte. An der Kasse unterzeichnet er der kaugummikauenden, gelangweilten Kassiererin lächelnd den Lebensmittelscheck. Das war 1998.
Heuer ist es ab 0.00 Uhr am Ersten eines Monats voll bei Ralphs oder Walmart. Der amerikanische Traum gilt halt nicht für jeden. Dieses Bild, welches die Welt hier zeichnet, hat Karl-Eduard von Schnitzler – meine Eltern nannten ihn immer Schmunzel-Ede – bereits in den 70ern des 20. Jahrhunderts gezeichnet.
Da darf die Frage erlaubt sein: Ist das wirklich „besser“ als seinerzeit in der „Ostzone“?

und von Schmunzel-Ede gehen wir nahtlos über zu Augsteins Sohn. Seine Analyse der Grabenkämpfe in der Linkspartei greift etwas kurz. Das hätte sein Vater besser herausgearbeitet.
Die Linkspartei als Korrektiv der SPD – einverstanden. Aber in Anbetracht der Massen an Lebensmittelmarkenempfänger in den USA sind Marx und Engels eben erst recht aktuell, Jakob.
Insofern würde ich Sarah Wagenknecht schon als letzte Hoffnung für die Demokratie sehen.
Sarah irrt sich eben nicht, wenn sie den Reformismus a la Bartsch als größte Gefahr für die Linkspartei ansieht. Das Schielen nach Wählerstimmen droht die einzige Oppositionspartei zu zerstören. Bartsch ist da eher so ein ostdeutscher Steinmeier. Weg mit dem Mann !

Der frisch gewählte Geschäftsführer der Piraten, Johannes Ponader, tritt von seinem Amt zurück. Er fühlt sich – nicht zu Unrecht – vom Jobcenter wegen seiner politischen Aktivitäten sanktioniert; Er bezieht Arbeitslosengeld 2. Jetzt gibt er sein Amt auf: Nicht das politische, sondern das „Hartz IV Amt“.
Respekt. Wenn man den Artikel liest, merkt man, das die Angst der Behörden vor Sozialgeldmißbrauch leicht zu Grundrechtsverletzungen führen kann. Hier wird das ganze Dilemma der Sozialleistungsbehörde deutlich: Der Hilfeempfänger wird einerseits zum potentiellen Sozialbetrüger erklärt, andererseits wird der Allgemeinheit die soziale Hängematte suggeriert.

Sonntag, 8. Juli 2012

H Lecter: John Akii-Bua

Irgendwann Mitte der 70er Jahre. Unser Erdkundelehrer – wir hatten alle etwas Angst vor ihm – sagte zu Axel, Spitzname Acki: „Was meinst Du dazu, Akii-Bua?“
Jetzt hatte er einen weiteren Spitznamen weg. Ich bin mit „Akii-Bua“ seit der 5. Klasse zusammen zur Schule gegangen und habe ihn jetzt seit 30 Jahren nicht mehr gesehen. Weder der Lange noch Pocke oder Tesla haben von ihm was gehört in all den Jahren. Schade.
Erzählen möchte ich 2 Szenen mit Acki, die mir im Gedächtnis geblieben sind. Aber zuerst zu John Akii-Bua; Wer war das überhaupt?
Kurz: !972. Olympische Spiele in München, 400 Meter Hürden. John Akii-Bua war der erste ugandische Olympiasieger. Und bis heute der Einzige! Wurde seinerzeit von Idi-Amin totgeschwiegen, da John Akii-Bua Christ war. Rest bei Wikipedia.
Zwischen der 5. und der 10. Klasse hatten wir bei uns an der Raabe-Schule einen schönen Brauch in den großen Pausen: Wir spielten Fußball ! Mit Tennisball oder kleinem Plastikball, egal. Am Anfang des Schuljahres wurden die beiden Mannschaften für das ganze Schuljahr gewählt. Und dann spielten wir in jeder großen Pause gegeneinander. Solange, bis der Erdkundelehrer uns den Ball wegnahm oder die Pause zuende war.
Wir alle hatten Halbschuhe mit hohen Absätzen an. Acki insbesondere. Die Sohle hing irgendwann immer halb durch, weil der Kleber sich aufgrund der Belastung durch das Fußballspielen löste. Dazu noch die weißen Stellen in Höhe des großen Onkels. Es waren halt keine „Pötten“. Turnschuhe außerhalb des Sportunterrichts war seinerzeit undenkbar. Die Tore ergaben sich aus den Umfassungssteinen für die höhergelegten Blumenrabatten. Besser kann ich es nicht mehr erklären. Jedenfalls waren die Tore ca. 2,5 Meter breit und 40 Zentimeter hoch.
Es muß kurz vor Ende der 70er gewesen sein, da begab es sich, dass meine Mannschaft in der ersten großen Pause ein Aufstellungsproblem hatte. Acki und ich standen allein gegen 5 bis 6 Jungs aus dem gegnerischen Team. Unsere Leute mussten wohl noch Schularbeiten abschreiben oder so. Ich weiß nämlich noch, dass sie ca. 5 Minuten nach Spielbeginn doch noch kamen und uns halfen, den sensationellen Sieg zu retten.
Diese 5 Minuten … Ich stand im Tor und Acki verteidigte gegen die 5 Angreifer erfolgreich. Dazu erzielten wir durch Dribbeln, Kampfgeist wie auch immer dieses eine Tor und lagen uns glücklich in den Armen. Diesen aussichtslosen Kampf gewonnen zu haben, gibt mir auch heute noch ein gutes Gefühl.
In der 2. Szene hatte ich kein gutes Gefühl. Mitte der 80er wohnte ich mit Pocke in der Nußbergstraße und war irgendwann sehr sehr unglücklich verliebt. Nicht in Pocke ! Endlich hatte ich dem Mädel meine Liebe gestanden, weil ich es mit meinen Gefühlen nicht mehr aushielt. „Halt mich fest, ich werd'  verrückt“ von Trio sag ich nur. Natürlich war das Ganze so dämlich, dass sie mich abblitzen lassen musste.
Pocke war irgendwie weggefahren, die Wohnung hatte ich für mich allein. Ich lief natürlich vollends aus dem Ruder. Von Angst- und Panikattacken geschüttelt, kapselte ich mich in unserer Wohnung ein. Stranglers und Cure waren angesagt – Endzeitstimmung !
Einen 10er Träger Wolters hatte ich am Start. Ich weiß noch, dass ich nach 5 Flaschen und ohne feste Nahrung mich hinlegen musste. Essen war natürlich wegen des Herzschmerzes nicht drin. Das Leiden lebte ich richtig aus – ich Idiot ! Egal, nach 2 Stunden war ich wieder wach und soff den 10er Träger weiter. Mein Leben machte keinen Sinn mehr, ich war fertig mit der Bereifung.
Da klingelte es am späten Vormittag: Ackie kam vorbei. Vielleicht brachte er Pocke irgendwelche Scheiben zurück, vielleicht auch einfach so. Pocke war außerhäusig und so quasselten wir zusammen.
Ich habe Acki natürlich nichts von meinem Herzschmerz erzählt; wäre ja „schwul“ gewesen. Ich hatte ihn ja auch schon lange nicht mehr gesehen. Acki war zwar Metal-Spezialist, aber irgendwie mit der ersten Freundin aus dem „Kader“ ausgeschieden und fand auch nie den Weg zurück.
Allein durch seine Anwesenheit und das Gespräch holte er mich ins Leben zurück, so dass ich hinterher meine Bratnudeln wieder gerne zubereitete. Rezept gibt es auf Anfrage !
Wo ist Acki heute ? In Düsseldorf zur Post war er gegangen – vor 30 Jahren. Nach seinem vormittäglichen Besuch hatte ich nichts mehr von oder über Acki gehört. Schade. Aber so isses halt.
Die 5 Minuten auf dem Schulhof. Das 1:0. Gespräch am späten Vormittag in der Nußbergstrasse. John Akii-Bua ! Bitte melde Dich.

Sonntag, 1. Juli 2012

Hartmudo: Schürrle


Nach 3einhalb Wochen neigt sich die EM den Ende entgegen. Heute Abend heißt das Endspiel Spanien gegen Italien. Deutschland ist unter Löw zum 4. Mal (2006 noch mit Klinsmann) gegen Spanien oder Italien ausgeschieden.
Die Vorrunde verlief mit 3 Siegen optimal; Und nach dem überzeugenden Viertelfinale gegen die Griechen schien der Titel nur noch eine Formsache zu sein. Und dann reichten 2 geniale Momente der Italiener aus, um Deutschland schon in der ersten Halbzeit zu besiegen.
„Kann man noch an Yogi glauben?“ fragt Bild am Sonntag scheinheilig. „Uns stoppt keiner mehr!“ titelte Bild noch nach dem Sieg über die Griechen. So schnell kippt die Stimmung vollends. Erst waren sie unbesiegbar, jetzt sind sie die Deppen der Nation.
Und viele denken wirklich so. In meinem persönlichen Umfeld habe ich dies gut beobachten können. Auf einmal wird sogar das Endspiel uninteressant - „Wir“ sind ja nicht dabei. Meine Löwin und ich schon. Wir nehmen das eher sportlich.
Es ist doch so: Die Italiener waren einfach besser. Dieses Halbfinale wirkte auf mich wie ein Spiegelbild des Holland-Spiels; Bloß mit umgekehrten Kennzeichen. Die 2 Tore gegen statt für Deutschland und Balotelli statt Gomez als doppelter Torschütze mit 2 genialen Momenten. Apropos Balotelli: Wie er da nach dem 2:0 da stand – freier Oberkörper und zur Statue eines Klingonen erstarrt. Das ist für mich das Bild dieser EM. Der emotionalste Moment des Turniers, gerade weil er keinen Muskel bewegt.
Sicherlich war die Niederlage nicht nur Pech. Hinterher kann ich das natürlich leicht so analysieren, aber trotzdem muß das sein. Die Hereinnahme von Kroos als 3. „Sechser“, um die Kreise von Pirlo einzuschränken, war ein Fehlgriff. Als Pirlo vor dem 1:0 den entscheidenden Paß über 50, 60 Meter nach linksaußen aus der eigenen Hälfte schlug, war Kroos nicht bei Pirlo. Die Überlegung von Optenhövel in der ARD, dass Özil dort hätte rangehen sollen, mutet mir hier bizarr an.
Richtig überzeugend fand ich unser Team auch nur gegen Griechenland. Gegen Portugal wäre ein Unentschieden auch in Ordnung gegangen. Nur weil die Portugiesen aus Angst zu defensiv begannen und erst nach dem Rückstand offensiv wurden. Zwei geniale Momente von Gomez gegen Holland – siehe zuvor. Und gegen die Dänen war es das erwartet schwere Spiel, bei dem Bendtner überraschend frei war, aber mit dem Rücken zum Tor und direkt genommen …. Wenn er den getroffen hätte, wäre dies das 2:1 für Dänemark gewesen und „wir“ wären bei so einem Endergebnis raus gewesen.
Gegen die Griechen überraschte uns Yogi mit einer gekonnt offensiven Aufstellung. Schürrle und Reuß für Thomas Müller und Podolski, genau die richtige Wahl. Müller und Podolski hatten in der Vorrunde nicht wirklich die Impulse gesetzt; Reuß aber auch Schürrle nutzten gegen Griechenland ihre Chance. Da hatte man wirklich das Gefühl, hier wird das Spiel gemacht; Egal, wie der Gegner sich aufstellt.
Deshalb war ich schon erstaunt, als Yogi gegen Italien Kroos in die Startelf hievte. Nach 19 Minuten hatte Pirlo den Braten gerochen und zog sich einfach in die eigene Hälfte zurück, um den entscheidenden Paß zu spielen. Nach dem 0:1 hätten Schweini, Khedira und Kroß den Druck auf die Italiener erhöhen müssen, um Ballverluste zu provozieren. Und da sind 3 „Sechser“ einfach einer zuviel. Die druckvollen Halbaußen Schürrle und Reuß wären hier die 1. Wahl gewesen.
Da war Podolski sichtlich überfordert.
Reuß konnte in der 2. Halbzeit seine Gefährlichkeit andeuten; den Schürrle ließ Yogi aber draußen und brachte stattdessen als letzte Option jenen Thomas Müller, der schon in der Vorrunde durchgeschleppt wurde. Deshalb reichte es nur noch zum Anschlußtreffer per Elmeter in der Nachspielzeit durch Özil, der wiederum kein schlechtes Turnier spielte.
Bis zu diesem Spiel hatte Yogi immer alles richtig gemacht. Ob die von mir favorisierte offensivere Variante den Erfolg gebracht hätte, weiß ich nicht. Wahrscheinlich hätten sich die Italiener auch darauf eingestellt.
Was bleibt, ist die Vorfreude auf das Finale heute abend und die Hoffnung, dass Yogi weitermacht. Und 2012 in Brasilien freuen und ärgern wir uns dann über Reuß und Schürrle. Vergesst mir da den Götze nicht! Von dem sprach diesmal keiner!