Sonntag, 25. August 2019

Hartmudo: fleischloses Fleisch


Ihr habt es in den letzten Wochen sicherlich mitbekommen, den Hype um das fleischlose Fleisch. In den USA ist „Beyond Meat“ an die Börse gegangen und hat den größten Kursgewinn dieses Jahrtausends hingelegt. Parallel dazu schafften es die deutschen Leitmedien, die leichte Glut so richtig anzufachen.
Denn Lidl war so pfiffig, sich zumindest kurzfristig die Vertriebsrechte für Deutschland zu sichern und dies auch sofort über die Medien zu lancieren. Die Burger Patties aus Erbsenprotein und roter Beete sollen geschmacklich vom Fleisch nicht zu unterscheiden sein. Dazu kommt die klimatechnisch wesentlich günstigere CO2 Bilanz.
Bemerkenswert an dieser Aktion fand ich, dass Lidl diesen Coup nicht einmal beworben hatte. Wozu auch? Die Medien waren selber heiß wie Frittenfett, hierüber zu berichten und überboten sich in ihren vorzeitigen Lobeshymnen. Auch Hartmudo wurde da neugierig und versuchte sein Glück – vergeblich.
Denn die begehrte Ware erfreute sich derart großer Beliebtheit, dass die Patties noch am Eröffnungstag vergriffen waren. Bei einem enorm hohen Preis von 4,99 € für 2 Patties ist dies umso erstaunlicher. Die Medien stiegen nun ob des mutmaßlichen Misserfolgs erst richtig in die Berichterstattung ein und sprachen von einer Pleite. Lidl gelobte Besserung und wollte in der Folgewoche genügend Ware bereitstellen.
Als dies dann nicht funktionierte, ließ das Interesse der Medien (und der potentiellen Kunden, auch mir) nicht nach. Eher das Gegenteil war der Fall. So sieht eine perfekte Produkteinführung aus. Alle Leute wollen es, weil keiner es kriegt, aber angeblich jeder es haben will.
Ich selber zog unverrichteter Dinge aus dem Supermarkt ab, nicht ohne eine Packung Frühlingsrollen mit Rind von Dulano sowie Erdnüsse, geröstet und gesalzen, von Aleppo mitzunehmen. Bei diesen Lidl Marken stimmt das Preis Leistungs Verhältnis einfach und lecker ist es auch noch.
Bis heute hat wahrscheinlich kaum jemand in Deutschland die sensationell guten Patties von Beyond Meat gesehen geschweige denn probiert. Daher erübrigt sich erst einmal die Frage, ob es nicht doch Geschmacksunterschiede zum „normalen“ Pattie aus Rinderhack gibt. Und die Konkurrenz von Rewe über Edeka bis Burger King schläft natürlich auch nicht. Sie alle wollen oder werden mit vegetarischen Patties unterwegs sein. All dies ungeachtet dessen, dass es vegetarische Patties bereits seit Jahren gibt und diese bislang sämtlich in den Regalen der Supermärkte vergammelt waren, weil keiner sie haben wollte.
Und jetzt entdeckt der „Deutsche“, geleitet von den Medien, sein ökologisches Gewissen und entwickelt einen unstillbaren Heißhunger auf klimatechnisch wie ökologisch korrekte Produkte. Als ob alle förmlich darauf gewartet hätten, dass irgendeinem Unternehmer mal einfällt, die armen Tiere zu verschonen und endlich ein über jeden Zweifel erhabenes Produkt wirklich mal in die Regale zu bringen.
Endgültig perplex war ich dann letzte Woche, als ich die von mir geliebte Hafermilch, die ich bereits seit über einem Jahr anstatt Kuhmilch für mein morgendliches Müsli verwende, sowohl bei DM als auch bei Lidl nicht bekam, weil sie schlichtweg und ergreifend ausverkauft war. Einen solchen Versorgungsengpass habe ich in diesem Produktsegment bislang noch nie erleben müssen.
Da diese politisch korrekten Lebensmittel in der Regel erheblich teurer sind als ihre „tierischen“ Vorbilder, bin ich doch ziemlich erstaunt ob des plötzlich aufkeimenden Interesses für diese Fleischsurrogate. Sollte sich hier tatsächlich ein riesiger Markt sehr preiswert herzustellender Lebensmittel auftun?
Für mich ist dieses urplötzliche Interesse nicht nachvollziehbar. Vor vielleicht zwei Jahren habe ich mich bereits durch die Rügenberger Mühle gekämpft und vegetarische Würstchen (würg!), Frikadellen (geht) sowie Aufschnitt (von wegen schmeckt wie… never!) genossen. Damit will ich sagen, dass dieses Thema für mich eigentlich durch war. Alles, was ich an Fleischsurrogaten in den letzten Jahren versucht hatte, war geschmacklich keine Offenbarung gewesen, stellenweise sogar eher Folter.
Die vegetarischen Frikadellen von der Rügenwalder Mühle waren dagegen die glorreiche Ausnahme. Wobei ich immer daran denken muss, dass sowohl diese Produkte als auch die von mir so geliebten vegetarischen Brotaufstriche ein eher künstlich erzeugtes Lebensmittel darstellen. Dagegen ist selbst eine Leberwurst (fein) im Kunstdarm ein Naturprodukt.
Aber egal, woher kommt der scheinbare Sinneswandel des typisch deutschen Gourmands? Ich denke, dass die Leute sich tatsächlich gesünder ernähren, aber nicht auf ihre gewohnten Leckerlies wie Frikadellen, Würstchen oder auch Schnitzel verzichten möchten. Wenn man diesen Leuten auch noch suggerieren kann, dass die im Labor zusammen gerührte Pampe genau so schmeckt wie ihre natürlichen Vorbilder, dann wollen sie das haben.
Wir reden hier natürlich über Leute, die i.d.R. nicht auf jeden Cent schauen müssen und höchstwahrscheinlich grün wählen. Wie genau der Geschmack „hindesigned“ wird, interessiert diese Leute nicht. Hauptsache, man kann sich einreden, dass die Klimabilanz in Ordnung ist. „Fridays for Future“ lässt grüßen.
Mir wird nun wohl keine andere Wahl bleiben, als diesen Mampf bei Burger King zu testen. Zur Zeit kriege ich dort auch dreifache Payback Punkte drauf!
Nachtrag 24. August:
Ich habe bei Lidl endlich das „Alternativprodukt“ bei Lidl erstanden. Viele nicht näher bezeichnete Konservierungsstoffe, aber egal. Nach Eintrachts klaren Sieg über Würzburg hatte ich diese Patties auf den Gasgrill geschmissen und nach kurzer Zeit konnten meine Löwin und ich in die reichlich belegten Hamburger beißen.
Sie schmeckten irgendwie fleischähnlich, aber vor allem richtig lecker. Das wäre für uns also eine machbare Alternative zum „Original“. Allerdings ist das Original erheblich preiswerter, so dass ich noch nicht komplett auf fleischlos umstellen möchte.

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