Dienstag, 29. Juni 2021

Uncle Fester: grad gelesen Juni 2021

Richard Morgan - Mars Override
Endlich ein neuer Roman des Engländers, der in Glasgow lebt. Der Millionenbetrag für die Filmrechte an „Altered Carbon“ hatte es ihm ermöglicht, sich voll und ganz auf das Schreiben zu konzentrieren. Mars Override ist der zweite Roman aus einer Reihe namens „Black Man“, die im Gegensatz zu Altered Carbon auf dem Mars angesiedelt ist.
Der Mars ist eine Kolonie der Erde. Mulholland, der Gouverneur des Mars, sieht sich Anfang des 24. Jahrhunderts einem Audit des Earth Oversight Comitees gegenüber. Diese Aktion für Colin (Colony Initiative) soll vorgeblich den Umfang der Korruption auf dem Mars untersuchen. Denn die eigentliche Macht auf dem Mars wird mehr oder weniger von örtlichen Verbrechersyndikaten ausgeübt.
Nun kommt unser Held ins Spiel. Hakan Veil ist ein abgehalfterter und ausgemusterter ehemaliger Navy Soldat der Erde, der genetisch aufgerüstet wurde und schon an vielen Orten im Sonnensystem gekämpft hatte. Zu Beginn des Romans tötet Veil im Auftrag von Allmählich, der Anwältin eines Syndikats in Bradbury, der Hauptstadt des Planeten, einen missliebigen Konkurrenten.
Im Knast gelandet, verhilft ihm Chakana, die leitende Ermittlerin der Polizei, zu einem lukrativen Job. Er soll Madison Madekwe, einer Mitarbeiterin von Colin, dabei helfen, einen Mord an Pavel Tores zu untersuchen. Dieser hatte Proben aus einem Lagerhaus gestohlen, um Colin zu diskreditieren. Veil, der ein Drittel eines Jahres in einer Tiefschlafkammer verbringen muss, sieht jetzt seine Chance gekommen, endlich zur Erde zurückkehren zu können.
Der Job würde ihm das Rückflugticket sichern. Doch leider wird die äußerst attraktive Madison Madekwe gekidnappt und gleichzeitig auf Veil ein Bombenattentat verübt, dass dieser natürlich dank seiner Aufrüstung mittels einer KI überlebt. Bei der Suche nach den Hintergründen dieser Aktion sterben sehr viele Menschen auf grausame Art und Weise. Es werden verschiedene Orte besucht, wir lernen eine Menge Leute neu kennen, aber nach und nach werden sich die meisten davon aus dem Roman verabschieden müssen.
Unterstützung erfährt Veil von Holmstrom, einem Barbesitzer und Hacker, der für ihn Infos von der Navy der Erde hacken kann. Außerdem ist da noch Luppi, ein gescheiterter Reporter, der mittlerweile mehr oder weniger als Paparazzi unterwegs ist. Kurz vor Ende stellen sich in dieser eigentlich klassischen Detektivstory die wahren Hintergründe heraus.
Es ist Hidalgo, eigentlich ein Mann der Navy der Erde, der Jahre zuvor nach einem ersten gescheiterten Audit auf dem Mars geblieben war, um dort Terrorakte zu verüben und die politische Ordnung zu destabilisieren. Hidalgo hat Mulholland bestochen, damit dieser ihm die politische Macht auf dem Planeten überträgt. Madekwe stellt sich als Hidalgos Komplizin und Stellvertreterin heraus.
In dem äußerst dramatischen Finale verlieren Mulholland, Hidalgo und Madekwe ihr Leben im Kugelhagel. Veil hat ganze Arbeit geleistet, aber der eigentliche finale Todesschuss kommt von Ariana, einer Prostituierten und Nachbarin von Veil. Die Syndikate bleiben an der Macht und Veil hat es wieder nicht geschafft, zurück zur Erde zu gelangen.
Wie bereits kurz erwähnt, handelt es sich bei Mars Override um einen klassischen Detektivroman, der lediglich in eine utopische Umgebung transformiert worden ist. Die wenigen genetischen Veränderungen, die Veil zu seinen außerordentlichen Kampfeskünsten befähigen, erinnern irgendwie an Altered Carbon, dem Meisterwerk von Richard Morgan. Trotzdem würde ich sagen, dass man sich diesen Roman zu Gemüte führen kann, auch wenn der Roman stellenweise sehr unverständlich wirkt, da die Zahl der handelnden Personen sehr hoch ist und die Sprünge gerade am Anfang einzelner Kapitel doch sehr groß sind.

                                              

Andreas Brandhorst - Mars Discovery
Ein weiterer Marsroman folgt sogleich: Und - Juchhu! - es ist ein neuer Brandhorst. Mars Discovery ist der Abschluss einer Triologie, deren ersten beiden Bände ich nicht gelesen habe und auch nicht lesen werde, da sie eher der Mainstream Literatur zuzurechnen sind.
Als ich diesen Roman gekauft hatte, dachte ich, dass es sich um einen Roman über den Mars handeln würde. Weit gefehlt! Der Mars ist hier eigentlich eher der Ausgangspunkt für ein Abenteuer, welches Äonen und das ganze Universum umspannt.
Das Mädchen Eleonora Delle Grazie träumt bereits als kleines Kind von Reisen in den Weltraum, denn ihre Eltern waren Astronauten und sind bei einem Flug zum Mars ums Leben gekommen. Im Jahr 2031 ist es endlich so weit. Eleonora startet mit 12 anderen Astronauten auf eine große Reise zum Mars. Dort soll sie ein außerirdisches Artefakt untersuchen, aber den anderen Astronauten nichts über dieses Geheimprojekt erzählen.
Sergei, der Co-Kommandant der Mission, zeigt sich über die Geheimniskrämerei besorgt, zumal die bordeigene KI namens Emily zwischenzeitlich von Gracie übernommen worden war. Diese KI wiederum hatte offenbar die Macht auf der Erde an sich gerissen, die Menschen wurden entmachtet. Das Unglück nimmt seinen Lauf, als Eleonora das Artefakt unabsichtlich berührt und das sechsköpfige Außenteam wie von einem Donnerschlag bewusstlos zusammenbricht.
Weil Sergei aus Angst, die KI könnte die Marsmission infiltrieren, den Kontakt des Außenteams zum Raumschiff blockiert hatte, sterben 5 der sechs Mitglieder des Teams. Nur Eleonora überlebt. 4 Jahre später ist die Versorgungslage für den Rest des Teams derart schlecht, das die Teammitglieder auf die Mars Discovery zurückkehren müssen. Sergej bleibt heimlich auf den Mars zurück, um das außerirdische Artefakt mit Hilfe einer Bombe zu zerstören.
Beim vergeblichen Versuch verliert er sein Leben, das Artefakt hebt vom Mars ab, fliegt zur Erde und von dort in unbekannte Richtung davon. Die todkranke Eleonora wird digitalisiert und fliegt mit der KI in Richtung eines Signals einer außerirdischen Zivilisation.
Über 3000 Jahre später kommt sie dort an, vom das Rest der Menschheit erfährt sie nichts. Auch der Leser weiß es nicht, was für eine gewisse Spannung sorgt. Im Jahr 5089 landet Eleonora schließlich mit Grace, der Inkarnation der KI, in einer schwebenden Stadt eines riesigen Gasplaneten.
Die Stadt ist von ihren Bewohnern verlassen worden, alle sind bereits seit Äonen verstorben. Von hier kamen die Warnungen bzw. Hilferufe, aufgrund dessen die KI dieses ferne Gestirn angesteuert hatte. Es stellt sich heraus, dass bereits seit Beginn des Universums ein ewiger Kampf zwischen biologischen und künstlichen Lebensformen tobt.
Die allererste Zivilisation hatte die künstliche Intelligenz geschaffen, wollte sie ausrotten und scheiterte dabei. Die künstlichen Intelligenzen schlugen zurück, vernichteten alle biologischen Lebensformen, denen sie begegneten und setzten überall im Universum Sonden aus. Eine davon landete auf dem Mars. Und eines dieser Artefakte war nun ebenfalls zur Stadt in der Atmosphäre des Gasriesen gekommen.
Grace und die KI werden assimiliert, aber Eleonora kann dank eines Sprungs durch ein Tor in einen anderen Teil des Universums fliehen und schwebt im leeren Raum. Sie befindet sich außerhalb der Milchstraße, ist aber in der Lage, zu einer riesigen Raumstation zu fliegen, die wahrscheinlich ein Überbleibsel des Paktes, also der biologischen Lebensformen.
Eleonora findet nur einen Überlebenden, das Schmetterlingswesen Quint. Mit dessen Hilfe erreicht sie die Erde im Jahr 8417. Sie will die dortige Maschinen Zivilisation vor einer feindlichen Übernahme warnen und lernt auch einen der letzten noch lebenden Menschen kennen. Doch Eleonora ist vom Desinteresse der Erde enttäuscht und fliegt mit Quint in das Universum hinaus, um die ultimative Waffe zu finden, die den äonenlangen Kampf der Lebensformen beenden soll.
Als zwischenzeitlich Quint auch noch stirbt, ist sie vollkommen allein und unterhält sich nur noch mit den Trugbildern der seit langem verstorbenen Mitglieder der Mars Discovery. Die ultimative Waffe ist lediglich eine Singularität, in der der letzte Kampf der Lebensformen tobt. Dank Eleonoras Eindringen in die Singularität endet dieser und sie tritt in ein anderes Universum über. Das ist der Schluss, so wie ich ihn verstanden habe.
Brandhorst hat mal wieder ein packendes Werk geschaffen, dass zum Schluss aber ins Unverständliche zerfasert und keinen klaren Schluss bietet. Romane, die sich mit dem Ende des Universums befassen, sind zumeist mit religiösen Motiven durchsetzt. Das kann ich hier zwar nicht so erkennen, aber die enthaltende Mystik kommt einer Religion doch schon recht nahe.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen