Montag, 25. November 2019

Hartmudo: Vitalium 18


18
Im Tresen vor uns waren einige Salamis und noch mehr Wurst im Glas versammelt. Es handelte sich hierbei bis auf wenige Ausnahmen um Wurst vom Pferd, als Ausnahme hiervon war wohl lediglich Wild zugelassen. Die großen Tüten mit der Stutenmilch in Pulverform befanden sich dagegen auf dem Regal hinter dem Fleischer. Schon nach kurzer Info hatten sich Pocke und Patti mit genügend Pulver fürs nächste Quartal eingedeckt. Wir reden da über drei große Plastiktüten, die wie hochpreisiges Katzenfutter wirkten. Ich hoffe, dass Patti der Verzehr von Stutenmilch nach vorne bringt.
Meine Löwin deckte sich mit Leberwurst, gekochtem Mett und Corned Beef ein; natürlich alles vom Pferd. Als besonderes Leckerli erstand sie eine Pferdesalami, worauf selbst ich gespannt war. Selbstredend griff Pocke ebenfalls in die Wurstkiste.
Von dem Fleischer erfuhren wir noch, dass er die Pferde selbst aufzieht, aber eigenhändig nicht schlachten darf. Das Veterinärgesetz erlaubt ihm das nicht. So kann er lediglich seine Pferde persönlich zum Schlachthof begleiten. Er bleibt sogar bis zu einer halben Stunde nach der Tötung dort. Laut Fleischer spüren die Pferde keinen Schmerz. Nach dem Schuss sind sie sofort tot. Sie müssen also nicht leiden, so seine Botschaft.
Diese seine Botschaft nahmen wir auch noch mit, als wir wieder zurück nach Bad Lauterberg fuhren. In Bockelnhagen selbst wollten wir nicht zum Spazierengehen bleiben. Dazu war dieser Flecken einfach zu öde. Da war es schon besser, zum Wiesenbeker Teich zu fahren. Gleich am Ortseingang von Bad Lauterberg sahen wir das Schild und bogen rechts ab. Wir parkten den Wagen auf dem großen Parkplatz mit Blick auf den zugefrorenen Teich.
Cooper freute sich schon auf die Gelegenheit, etwas herumtollen zu können. Etwas an der Seite, eine Anhöhe hinauf, konnten wir eine Ansammlung von Hütten entdecken. Diese Appartementsiedlung voller Ferienhäuser sah schon hochpreisig aus, zu der Zeit war wohl allerdings nicht gerade viel los.
der zugefrorene Teich

Auf einem Wanderweg, der teilweise noch vom Schnee geküsst wurde, umrundeten wir den Teich komplett. Pocke ersparte es Cooper nicht, das Stöckchen von der Eisfläche des zugefrorenen Teiches aufzusammeln. Das Eis war natürlich dick genug, so dass keine Gefahr für Cooper bestand. Wenn er allerdings eingebrochen wäre, hätten wir ihn nicht retten können. Patti ermahnte Pocke so lange, bis er es endlich einsah und Cooper nicht mehr dauernd aufs Eis jagte.
Lediglich am Anfang kamen uns andere Menschen, teilweise ebenfalls mit Hund ausgestattet, entgegen. Der Weg war nur mit leichten Steigungen ausgestattet und damit leicht begehbar. Als wir die Runde um den Teich beendet hatten, kamen wir am Kneippkurhotel Wiesenbeker Teich vorbei, in dem wohl einst der Bruder meiner Löwin seine Hochzeit gefeiert hatte.
Das ist lange her. Heuer ist das Hotel geschlossen und bietet ein erschreckendes Bild. Das Areal ist dem Verfall preisgegeben, was eigentlich schade ist. Meine Löwin hielt den großen Pavillon vorn am Haus für Tanztees und ähnliche Schweinereien geeignet. Ich denke einfach mal, da hatte jemand kein Geld mehr zur Renovierung gehabt, um das Gebäude für das 21. Jahrhundert fit zu machen.
Kurz bevor wir den Parkplatz wieder erreichten, las ich auf einem Schild Erläuterungen zur Geschichte des Wiesenbeker Teichs., der ein künstlicher Teich ist und seit 2010 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört. Bereits 1715 ausgehoben, erfüllte er bereits seine Funktion als Staudamm. Neu für die damalige Zeit war das Abdichten des Erddamms mit Rasensoden. Zumindest im Harz war diese Technik zuvor unbekannt gewesen.
Nach diesem erfreulichen (weil reichlich Beute gemacht) Nachmittag sind wir schnurstracks zu unserem Parkplatz gefahren und noch einmal zu Fuß in die Innenstadt gegangen. Weil es noch knapp hell war, hatten wir ja genügend Zeit bis zum Abendessen. In der Fußgängerzone angekommen, tranken wir erst einmal einen Pfefferminztee vor dem Cafe Schnibbe. Bei herrlichem Wetter, sprich schöner heller Sonneneinstrahlung, standen wir an einem Stehtisch und genossen den Tee der Marke Messmer. Nach einer angeregten Unterhaltung gingen wir weiter. Pocke holte sich noch rasch Geld von der Bank, dann landeten wir alle bei McGeiz.
So konnten wir uns die Zeit vertreiben, bis das Abendessen näher rückte und wir uns Richtung Vitalium in Bewegung setzten. Wir schritten durch die Brauergasse an der Kaffeerösterei von Schnibbe vorbei... natürlich nicht, wir gingen da rein. Der Laden, bzw. das Cafe, ist im Vergleich zur Straße etwas tiefer gelegt.
Der Althippie im Laden erklärte uns genau, warum es beim Kaffee so diverse Unterschiede im Geschmack und den Aromen gibt. Wir konnten dies an den Bohnen riechen, probieren durften wir den Kaffee allerdings nicht. Denn Kaffee gilt leider als sauer und ist eben nicht basisch. Wir wollten uns schon noch an die Vorgaben im Vitalium halten. Daher kauften wir nur etwas Kaffee für Phil und Danny. Patti und Pocke wurden wie erwartet ebenfalls fündig, Cooper ging in diesem Laden leer aus.
Hinterher verstauten wir unsere Beute gleich in den Autos, damit wir sie nicht in den Zimmern herumliegen hatten. Zurück im Vitalium, zogen wir uns um und trafen uns auch gleich danach beim Abendessen im Speisesaal.
Einsam und verlassen stand auf den Plätzen der Heilfaster ein Glas mit rotem Saft. Wir konnten dahingehend übereinstimmen, dass es sich um Rote Beete Saft handelte. Aber woher kam dieser fruchtige Beigeschmack? Pocke tippte augenblicklich auf Kirsche. Darauf konnten wir uns einigen. Als Ergänzung zum Saft wurden uns wieder Orangenschnitze und jeweils eine Kanne Anis Fenchel Kümmel angeboten.
Gierig schlang ich auch das Pöttchen mit dem obligatorischen Honig hinunter. Dieses Pöttchen reicht normalerweise für zwei Brötchenhälften. Mit dem Teelöffel kratzte ich diese Köstlichkeit komplett aus dem Plastik heraus. Für mich war dies ganz klar das Highlight des Abendessens, wenn nicht gar des Tages. Direkt danach schraubte ich mir das Bittersalz in den Rachen.
Verglichen mit uns Heilfastern wurde Patti richtiggehend wie eine Prinzessin verwöhnt. Ihr wurde eine Zucchinihälfte serviert, die mit Gemüsestreifen gefüllt und leicht überbacken war. Dazu befanden sich noch gedünstete Kartoffelwürfel und ein Klecks Gemüsesoße auf ihrem Teller.
Und wie eine wahre Prinzessin verspeiste Patti lediglich den halben Teller dieser edlen Speise. Sie meinte dazu nur lapidar, dass sie die Gemüsestreifen so langsam nicht mehr sehen könnte. Automatisch krallten sich meine Fingernägel in die Tischplatte ob dieser Aussage. Ich überlegte: Wenn sie jetzt wegschaut... Vielleicht sieht es ja keiner...
Nach dem Essen gingen Patti und Pocke erst einmal in die Sauna. Da war es 19.00 Uhr und die Beiden hatten die Saunen für sich ganz allein, wie sie hinterher erfreut berichteten. Derweil vergnügten sich meine Löwin und ich mit „Take Five“ an unserem Kartentisch im vorderen Speiseraum.
Aber bevor wir mit dem Spielen anfingen, unterhielten wir uns noch kurz mit der Hausdame, die wie üblich durch den Saal schritt. Wir erfuhren zu unserem Erstaunen, dass sie doch nicht wie angenommen zur Familie gehört. Sie ist lediglich eine von insgesamt vier Hausdamen, die jeweils alle 4 Monate im Einsatz sind. Jede von ihnen bleibt 4 Wochen lang im Vitalium und nimmt nicht nur die Aufgabe als Hausdame wahr, sondern macht das Programm komplett mit. Unsere Hausdame jedenfalls ist vom Heilfasten begeistert und feierte am Freitag ihren Geburtstag, den sie gern im Vitalium verbringt. Für sie ist diese Tätigkeit Ablenkung von der Langeweile eines Rentners und Urlaub zugleich. Diesen Job könnte sich meine Löwin in ihrer Rente für sich ebenfalls vorstellen.
Wir schafften zwar nur 2 Partien „Take Five“, bis Patti und Pocke von ihrem Saunagang kamen, dafür hatten wir jedoch ein nettes Gespräch geführt und nachdenkenswerte Informationen erhalten. Zu viert spielten wir den restlichen Abend nur noch „11 nimmt“, hatten dabei aber einen Riesenspaß und hielten tatsächlich bis halb Elf durch. Dies war sicherlich unser fröhlichster Abend in der gesamten Woche. Nur für Pocke nicht, weil er nahezu jedes Spiel verlor.
Nachdem ich am Ende des Abends meine Löwin zu Bett gebracht hatte, las ich noch ein wenig in meinem Buch und knipste wieder mal kurze Zeit später das Licht aus. Den Wecker für den nächsten Morgen hatte ich zunächst eingeschaltet, stoppte ihn dann aber doch kurz entschlossen, um länger schlafen zu können. Quasi um Mitternacht beendete ich so diesen langen Tag.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen