Samstag, 5. Dezember 2015

Contramann: kurz gesehen im Dezember

Vorneweg einmal ein schöner Kommentar vom letzten Monat zum Attentat in Paris vom 17.11., gefunden ein bis zwei Tage später:
Vor gut zwei Wochen ist über dem Sinai ein Passagierflugzeug abgestürzt. 224 Menschen, darunter einige Kinder, sind dabei ums Leben gekommen. Alle Indizien sprechen für einen terroristischen Anschlag, wahrscheinlich mit einer Bombe. Der IS hat sich - genau wie
jetzt in Paris - zu dem Anschlag bekannt.
Tja...
Hmmm....
Häh?
Hallo, jemand da?
Komisch. Kaum jemand hat etwas dazu gesagt. Die Mitleidsbekundungen in Medien und Politik waren sehr zurückhaltend. Keine Solidaritätsstürme in dein sozialen Medien. Keine archaischen
Kriegsaufrufe. Keine glühenden Unterstützungsangebote. Das Schweigen war geradezu dröhnend.
Und jetzt Paris. Plötzlich kocht die zivilisierte Wertegemeinschaft über vor Entrüstung, Angst und Solidaritätsbekundungen. Obama gab bereits ein Statement ab, als die Geiselnahme im Bataclan noch am Laufen war (echt fix, der Junge!). Jeder Politiker schwingt nun das rhetorische Kriegsbeil. Die Leute werden unter griffigen Scheißhausparolen vereinigt, wie etwa "Je suis Paris", oder "Nous sommes unis". Ja sogar ein Logo ist quasi über Nacht aufgetaucht, in Form eines zum Friedenssymbol umstilisierten Eifelturms.
Also die Reaktionen konnten unterschiedlicher nicht sein. Warum? Am Sinai sind mehr Leute gestorben als in Paris. Und da wie dort hat sich der IS zu den Anschlägen bekannt. Mehr als das weiß man bislang nicht. Also wieso?
Und die Antwort darauf ist leider so erschreckend wie einfach: Am Sinai sind Russen gestorben. Und wenn Russen sterben, kümmert uns das nur sehr wenig. Der rigorose Selbstbetrug derer, die glauben, in einer Wertegesellschaft zu leben.

 
http://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlingslager-sos-ohne-echo-1.2755546
und nochmals etwas zum Thema Flüchtlinge. Hier wird gesagt, was eigentlich Ambach ist: Die Flüchtlingslager in Jordanien und der Türkei können nicht mehr versorgt werden, das schon seit Monaten. In Deutschland haben Medien und Politiker nichts Besseres zu tun, als Mitleid heuchelnd Flüchtlinge in Zelten oder Hallen zu stapeln und gleichzeitig die Grenzen zuzumachen.
Die Linke hat als einzige Partei auf den Zusammenhang der Flüchtlingsproblematik mit Waffenlieferungen in Krisengebiete und Freihandelsabkommen, die z.B. die afrikanische Wirtschaft abwürgen, aufmerksam gemacht.
Die Gewalt, die von der Militärmacht USA im nahen Osten ausgeht, wird ebenfalls nur von den Linken angesprochen. Jedoch ist auch bei den Linken das Gutmenschentum weit verbreitet, die Verdienste als mittlerweile einzige kritische Partei solltet Ihr aber bis 2017 nicht vergessen, wenn wieder gewählt wird.
Apropos Gutmenschen: Ich möchte nichts mehr hören von einer Bereicherung unserer Kultur durch die Flüchtlinge oder gar, das diese unsere Renten finanzieren würden. Von wegen demographischer Faktor und so – auf einem bereits heute überbevölkerten Planeten. Man tut den Flüchtlingen keinen Gefallen, wenn man sie in deutsche Betonhochhäuser steckt und mit Sozialhilfe ruhig stellt.
Die wollen lieber selbstbestimmt heimatnah mit der Hoffnung auf Rückkehr zu Freunden und Verwandten sein, notfalls im Flüchtlingscamp. Aber was zu fressen brauchen sie dazu. Es kann doch nicht so schwierig sein, die paar Milliarden dafür aufzutreiben.
Im Übrigen: Ich würde meine Schweinsbratwurst auch lieber im Zeltlager in der Heide fressen als irgendwo auf einem anderen Kontinent, meinetwegen Gran Canaria als Beispiel.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/linken-parteitag-sahra-wagenknecht-warnt-vor-rot-rot-gruen-a-1037501.html
Sarah Wagenknecht warnte laut Spiegel Anfang Juni vor einer möglichen Koalition mit der SPD und Grünen, ganz im Gegensatz zu Gregor Gysi, der ja mittlerweile von der großen politischen Bühne abgetreten ist. Vor allem bemängelte Wagenknecht das Einknicken der SPD bei der Positionierung zum Freihandelsabkommen TTIP. Sie vermisst wohl bei Gabriel und seiner SPD die „klare Kante“.
Richtig so. Eine Koalition um der Macht willen mit der Konsequenz, das bei wichtigen Entscheidungen die eigene Position auf der Strecke bleibt und lediglich Brosamen umgesetzt werden können, kann es nicht sein. Die SPD liefert hierfür leider seit Jahren ein permanentes Trauerspiel, sei es bei TTIP, Kriegseinsätzen oder der Vorratsdatenspeicherung.
Manche, auch bei den Linken, mögen das anders sehen. Doch gerade bei TTIP kann es keine Kompromisse geben. Wenn das durchgeht, sehe ich schwarz für die Demokratie. Dann ist es auch egal, ob jemand an der Regierung oder in der Opposition ist.
Im Übrigen: Ich steh auf Lieberknecht, ergo auch auf Wagenknecht!

http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelblog/meinung-auf-spiegel-online-stefan-kuzmany-a-1037239.html#ref=meinunghp
Ebenfalls Anfang Juni meldete sich Stefan Kuzmany, Leiter des Bereichs Meinung und Debatte bei Spiegel Online, in einem allgemeinen Beitrag zu Wort. Viele Leser des Spiegels hatten in Zuschriften bemängelt, das in Kommentaren der Eindruck erweckt werden würde, das es sich bei dem jeweiligen Inhalt um ein objektives Urteil, sprich der Ansicht der gesamten Redaktion (jaaa dann wäre es objektiv), handeln würde und nicht um eine individuelle Meinung.
Das will SPON jetzt besser kenntlich machen. Im übrigen sei ein Kommentar immer eine individuelle Meinung des jeweiligen Autoren. Hier ist Contramann dann doch baff erstaunt: Wenn ich individuelle Meinungen lesen will, sehe ich mich in der großen Welt der privaten Blogs um und werde dort fündig. Von einem großen Nachrichtenmagazin, welches angeblich Wert auf qualitative Berichterstattung legt, erwarte ich da schon allgemeingültige Kommentare.
Das Problem liegt doch woanders: Auch der Spiegel ist nicht mehr das unabhängige und kritische Magazin, als das es sich darstellt. Die vielen kritischen Forumsbeiträge alleine machen dies mehr als deutlich.

http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/arbeitszeit-und-privates-soziologe-untersucht-faulenzerei-im-job-a-1004913.html
Schweinerei. Alles redet von Burnout und Arbeitsverdichtung in der modernen neoliberalen Arbeitswelt, doch dann fanden (amerikanische?) Wissenschaftler heraus, das es vielerorten Berufstätige gibt, die 3 Stunden oder noch mehr (als Beispiel wird der Beamte an sich genannt) nichts zu tun haben oder Privates erledigen.
Dabei wollen die Mitarbeiter gar nicht faulenzen, sie haben nur organisationsbedingte Freiräume. Haben die Optimierer da geschlafen, gab es deswegen ein großes Firmensterben? Die Antwort, Baby, ist eindeutig nein.Genau wie früher sind diese Arbeitsausfälle eher marginal. Und wenn es Spitzen im Job gibt, dann ist genug zu tun. Würde man das System „optimieren“, würden einerseits Stellen wegfallen und wenn dann ein hohes Arbeitsaufkommen, bspw. Saisonbedingt, entsteht, dann kann sich eine Firma warm anziehen.
Dann geht sie nämlich pleite, weil sie nicht oder nicht fristgerecht liefern kann. Aber leider gibt es zu viele Angestellte, die mit ihren Freiräumen nichts anfangen können und auch noch ein schlechtes Gewissen entwickeln, bloß weil sie nichts zu tun haben. Mann, Mann, Mann. Leute, seid froh, wenn ihr mal durchatmen könnt. Genießt das gefälligst.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/arbeitsmarkt-prekaere-beschaeftigung-belastet-privatleben-a-1040484.html
Schließlich gibt es schlimmeres als Langeweile am Arbeitsplatz. „Atypisch“ Beschäftigte wie Leiharbeiter oder Teilzeiter sind da eher geld- und nicht lustorientiert. Oftmals reicht die Kohle hinten und vorne nicht, Hartz IV muss zusätzlich noch in Anspruch genommen werden.
Diese Leute fühlen sich „als Menschen 2. Klasse“, so SPON. Sicherlich wirkt das auf die Psyche und vor allem ins Privatleben rein, aber anders als Bild äääh SPON bin ich der Meinung, das in erster Linie die wenige Kohle nervt.

http://www.heise.de/tp/artikel/45/45266/1.html
Roland Tichy. Der ehemalige Chefredakteur der Wirtschaftswoche betreibt einen lesenswerten Blog. Dies nur am Rande, hier haben wir einen Artikel auf Telepolis, der wohltuend neue Aspekte in der Griechenlandfrage anspricht.
Seinen Vorschlag kann ich nur befürworten: Zahlt die Hilfsgelder für Griechenland direkt an griechische Bürger aus, nicht an den Staat bzw. die Banken. Das kurbelt die griechische Wirtschaft an, bringt Arbeitsplätze, damit Steuereinnahmen. Und dann schaun mer mal, ob noch was zur Schuldentilgung übrig bleibt.
So einfach kann es sein. Darüber hinaus plädiert Tichy noch für Volksentscheide in wichtigen Fragen. Recht so, denn im Moment hat der Bürger nur alle 4 Jahre die Gelegenheit, andere Regierungen zu wählen. Das ist zu wenig.

http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/volker-kitz-arbeit-muss-keinen-spass-machen-a-1036254.html
Zum Abschluss noch etwas zum Thema Arbeitswelt. Was ich immer sage: Arbeit muss gar keinen Spaß machen, Selbstverwirklichung ist für den Arsch. Also, Cheffe: Ich Dich geben Zeit und Du mir geben Geld. Das ist der Deal. Früher wie heute.
Und das Führungskräfte immer noch glauben, die Mitarbeiter motivieren zu können, damit sie mit Freude dabei sind…. Wenn sie meinen. Sicher, eine Arbeit, die nicht total anödet, sollte es schon sein. Der Rest aber ist „Waiting for the Feierabend“.

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