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Aber zurück zur Rotterdamstraat. Wir hatten schließlich kurz vor 17.00 Uhr die Rezeption erreicht. Die freundliche Dame am Schreibtisch schaute sich unsere Personalausweise an und händigte uns dann eine Scheckkarte als Türöffner aus. Wir holten unsere Sachen aus dem Auto und fuhren mit dem Fahrstuhl in den vierten Stock.
Als wir die Tür zu unserer Suite geöffnet hatten, waren wir sofort begeistert. Wir standen in einem großzügigen Wohnbereich. An der Wand zum Schlafzimmer befand sich eine gut ausgerüstete Küchenzeile, die gar mit einer Mikrowelle glänzen konnte.
Direkt nach der Eingangstür erfreute ein schöner Esstisch mit 4 Stühlen unsere Herzen. Da musste ich sofort an Dora und Herbert denken, mit denen wir seit 17 Jahren eine Kartenrunde betreiben. Von unseren Abenden mit Solo, einer amerikanischen Mau Mau Alternative, hatten wir bereits Irland und Riga bereist; hinzu kommen etliche Wochenendtrips in Deutschland. An diesem Tisch in Antwerpen könnte ich mir einen schönen Kartenabend vorstellen.
Augenblicklich, weil total begeistert, nahm ich ein Video des gesamten Appartements auf und jagte es per WhatsApp auf Doras Smartphone. Ein schönes Sofa für zwei Leute in Blickrichtung auf einen aufgehängten LED Fernseher rundete das positive Bild des Wohnzimmers ab.
Nachdem meine Löwin über die Balkontür auf unsere großzügige Terrasse getreten war, stieg unsere Stimmung weiter an. Über eine Breite von sieben Metern und eine Tiefe von vielleicht drei Metern erstreckte sich die großzügige Terrasse, von der ich ein schönes Bild vor Augen hatte: Zu einem schönen Sonnenuntergang im Sommer, einen Tequila Sunrise in der Hand und nette Leute (meine Löwin, Dora und Herbert…) um mich herum.
An diesem Tag war das Wetter allerdings nicht sehr warm, eher kühl und vor allem windig. Aber wir hatten einen schönen Blick auf den Bahnhof von Antwerpen - was dann unser Ziel an diesem Abend werden sollte.
Doch zuvor werfen wir noch einen Blick ins Schlafzimmer - und schon tritt die große Ernüchterung ein. Dort befanden sich zwei Einzelbetten - jeweils 90 Zentimeter breit. Hatte irgendwie etwas von einer Campingliege, zumal die Betten "nackig" im Raum standen - also selbst ohne ein kleines Nachtschränkchen, nur den Pfeiler (ein alter Kamin?) zwischen den beiden Kopfteilen.
Und was mich insbesondere nervte, war das Fehlen von Elektriktrick. Denn es gab nur eine einzige Steckdose im Raum, und dort hing auch noch die einige Lampe des Raumes dran. Dies bedeutete für mich, dass ich zur Nacht, wenn ich gewöhnlich noch etwas lese, zuerst die Lampe ausstöpseln müsste und dann den Kompressor für meine Schlafmaske im Dunkeln anschließen musste. Das alles, ohne viel Krach zu machen, da meine Löwin zu diesem Zeitpunkt für gewöhnlich schon die Schäfchen zählt.
Das ganz am Ende dieses Zimmer befindliche Bad war da sogar noch in Ordnung, aber dieses Schlafzimmer… wie in einem Hostel. Wir hielten uns jetzt aber nicht allzu lange mit dem Jammern auf und trabten wieder los in Richtung Zentrum. Jetzt war der Bahnhof unser Ziel; diesen hatten wir beim Blick von unserem Balkon ins Auge gefasst.
Der laut Newsweek viertschönste Bahnhof der Welt wurde am 11. August 1905 unter dem Namen Antwerpen-Centraal eröffnet; allerdings bestand hier bereits seit 1836 ein Bahnhof. Das klassische Hauptgebäude wird von einer 75 Meter hohen steinernen Kuppel überragt, was dem Bahnhof auch den Spitznamen Spoorwegkathedraal (Eisenbahnkathedrale) eingebracht hatte. Irgendwann war dieser Bahnhof zu klein geworden, so dass der Zugverkehr aktuell auf drei Ebenen abgewickelt werden muss.
Die wunderschöne Eingangshalle mit ihren breiten Treppen erinnerte uns augenblicklich an den Grand Central in Manhattan, wobei im Antwerpen-Centraal die vergoldeten Stuckarbeiten noch eine Spur imposanter wirken.
Wir gingen über eine wirklich lange Treppe auf die oberirdischen Bahnsteige hinauf und bewunderten diesen Kopfbahnhof. Hier war es im Gegensatz zur Halle fast menschenleer; bzw. es gab hier keine Geschäfte wie z.B. in Hamburg oder München. Da hatten wir doch noch etwas Kultur mitnehmen können - das macht hungrig.
Wir wanderten in der Fußgängerzone an einigen Restaurants vorbei, ehe ich die passende Lokalität entdeckt hatte. Das Cappadokia stellte sich als türkisches Restaurant heraus und bestach durch seine Speisekarte, die erfreulicherweise eben nicht ausschließlich aus Döner, Köfte oder Lahmacun bestand.
Der Kellner führte uns auch gleich in den ersten Stock die Treppe hinauf und wies uns einen Platz in Fensternähe zu. Von hier aus hatten wir einen schönen Blick auf das bunte Treiben der City in Antwerpen. Wieder hatte ich mir ein belgisches Bier bestellt; nach kurzer Zeit wurde uns das Essen gereicht.
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