Dennoch werden SPD und Grüne (Joschka Fischer - der Wandel vom Hausbesetzer zum Adjutant von Madeleine Albright. Krass) immer noch als links verortet. Für den Nachwuchs mag das ja noch hinhauen - bei der SPD. Aber die Politik in der aktuellen Regierung ist von linkem Gedankengut wie Pazifismus oder sozialer Gerechtigkeit weitgehend frei. Selbst die häufig gern genommene Schmähung als "Pseudolinke" ist hier fehl am Platz, weil genau die wesentlichen Positionen "linken" Gedankenguts von der Rest-Ampel noch nicht einmal vorgetäuscht werden. Sozialismus ist aus. Kommt Mittwoch wieder rein.
Nun gut. Die Regierungskoalition ist also am 6. November geplatzt, als die restlichen FDP Minister geschlossen zurückgetreten waren. Halt - nicht Volker Wissing. Der hat die FDP verlassen, um als glaubwürdig zu gelten, da er einen Ministerposten behalten wollte. Er wechselte vom Verkehrs- ins Justizministerium. Genau dort sollte ein integrer Politiker sitzen. Also kein Volker Wissing.
Da verbleibt eine Minderheitsregierung aus SPD und Grünen, der es aus nachvollziehbaren Gründen an Handlungsfähigkeit mangelt. Nun sieht das Grundgesetz zwei Möglichkeiten der Klärung dieser misslichen Situation vor: Da wäre zum einen das konstruktive Misstrauensvotum und zum anderen die Vertrauensfrage.
Das konstruktive Misstrauensvotum war zu Zeiten der alten Bundesrepublik hier ein erstes probates Mittel gewesen, um eine SPD Regierung kippen zu können. Jedoch scheiterte Barzel an Brandt 1972 mit seinem Misstrauensvotum. Brandt wiederum trat 1974 dank dem DDR Spion Günter Guillaume als Kanzler zurück, Ehrenmann, der er war.
10 Jahre später aber hatte Helmut Kohl dann mit seinem konstruktiven Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt Erfolg. Die FDP Minister waren 1982 einer Entlassung durch Schmidt zuvor gekommen und traten geschlossen zurück. Beim Misstrauensvotum unterstützte die FDP Kohl und trat auch gleich folgerichtig in die Regierung ein. Um dieser neuen Regierungskoalition eine glaubwürdiger Legitimation zu verpassen, inszenierte der Bundestag eine Vertrauensfrage seitens Helmut Kohl, die dieser dann absprachegemäß verlor und damit die gewünschte Neuwahl 1983 ermöglichte.
Im Falle der heutigen Regierungskrise kommt ein konstruktives Misstrauensvotum sicher nicht in Betracht, da eine zu erwartende Zusammenarbeit von Union und FDP nicht mehrheitsfähig wäre. Bleibt also nur die Vertrauensfrage, die Olaf Scholz dann wie geplant verlieren dürfte. Und dies letztendlich dank der Stimmen der AfD Fraktion und dem BSW.
Moment mal! Wollten die etablierten Parteien sich nicht jeglicher Zusammenarbeit mit der AfD und BSW verweigern? Das schloss auch Abstimmungen mit ein. Doch Schmerz beiseite: Da gibt es ja keine Absprachen, also wäre das für die Altparteien in Ordnung. Ich stelle mir allerdings gerade vor, die AfD erlaubt sich einen Scherz und unterstützt unerwartet Scholz bei der Vertrauensfrage. Dann wäre wohl der Steinmeier dran und müsste das Parlament Kraft seiner Wassersuppe auflösen.
Zwischen Vertrauensfrage und Neuwahl sind angeblich 60 Tage vorgesehen. Die Union wollte von Scholz die Vertrauensfrage bereits am 13.11. hören, was eine Wahl im Januar ermöglicht hätte. Scholz sah das aber anders und wollte die Vertrauensfrage erst in der ersten Sitzung im neuen Jahr, also im Januar, stellen, was eine Wahl im März zur Folge gehabt hätte.
Geeinigt hatten sich beide Seiten dann am 13. November auf eine Vertrauensfrage noch vor Weihnachten und eine Neuwahl am 23. Februar. Politik lebt halt von Kompromissen; hier trafen sich beide Seiten in der Mitte.
Was mich allerdings fuchsig gemacht hatte, war der dämliche Kommentar der Bundeswahlleiterin zum von der Union erwünschten frühen Wahltermin im Januar nächsten Jahres. Die Zeit für eine geordnete Vorbereitung wäre zu kurz. Außerdem würde es beim benötigten Papier für die Wahlunterlagen zu Engpässen führen. Was für eine Farce. "Die da oben" glauben tatsächlich, sie könnten den Bürgern jeden Mist verkaufen.
Hier ein Link dazu - hoffentlich funktioniert der noch:
https://www.fr.de/politik/ampel-aus-koalition-bruch-vertrauensfrage-kanzler-scholz-bundewahlleiterin-brand-papier-industrie-93403020.html
Was für ein fadenscheiniges Argument. In meiner Tätigkeit im "Sozi" habe ich schon häufig Gesetzesänderungen im Leistungsrecht kurzfristig umsetzen müssen. Da vergingen zwischen Gesetzbeschluss und Inkrafttreten oft nicht mal 60 Tage, sondern eher 60 Stunden. Das geht merkwürdigerweise immer. Warum soll es da nicht möglich sein, eine Bundestagswahl zu organisieren?
Und das Papierargument ist da noch mal die größere Blamage für die Bundeswahlleiterin, da die Papierindustrie es sich nicht nehmen ließ, einen möglichen Papiermangel umgehend zu dementieren.
Und leider hatte der Merz - ich lobe ihn äußerst ungern - noch ein besonders gutes Argument für eine möglichst frühe Neuwahl. Denn es gibt bis dahin keinen genehmigten Haushaltsplan 2025. Bis zur Wahl muss der Staat mit einer vorläufigen Haushaltsführung auskommen. Nicht gerade ideal bei der momentanen Rezession.
Mein Tipp für die Wahl und eine neue Regierung? Ich halte eine erneute große Koalition aus Union und SPD unter einem Unionskanzler für wahrscheinlich. Die Grünen sind abgeraucht, sie werden auf der Oppositionsbank Platz nehmen müssen. Eine leider vorstellbare Koalition aus Union und Grünen (“they're bad, they nationwide") dürfte nicht mehrheitsfähig sein.
Gleiches gilt für Union und FDP. Die Liberalen können sich wahrscheinlich glücklich schätzen, überhaupt ins Parlament zu kommen. Um die Linke mache ich mir dagegen keine Sorgen - sie wird immer noch stärker sein als die Partei bibeltreuer Christen, wenn auch nur knapp. Dafür, also für „Links" und damit soziale Belange statt Kriegsbesoffenheit, ist das BSW da. Die 5% Hürde werden sie schaffen; mehr allerdings auch nicht.
Es bleibt also bis zum 23. Februar spannend, obwohl sich an der Politik nicht wirklich etwas ändern wird. Hüben wie drüben - Trump wird auch nicht viel ändern.
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