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Di. 14. Juni
Der Wecker klingelte nicht. Das lag aber daran, das ich bereits eine Viertelstunde vor dem geplanten Klingeln aufstand.
Thema des Tages waren sicherlich die Ausschreitungen durch verschiedene Hooligans. So drohte die UEFA Russland mit einem Ausschluss vom Turnier, falls sich Ausschreitungen im Stadion wie im Spiel England gegen Russland wiederholen sollten. Im Stadion, wohlgemerkt. Nicht außerhalb in der Stadt, wo auch die Engländer richtig zugeschlagen haben, was aber die UEFA nicht interessiert. Dafür ist ja die Polizei da.
Diese Bilder sind bereits seit Sonntag häufig im Fernsehen zu sehen. Der Russe, der einem Gehbehinderten einen Stuhl auf dem Kopf zerschlägt, so dass dieser eine steinerne Treppe herunterfällt. Der offensichtlich selbe Typ prügelt dann am Abend im Stadion – oder gar einen Tag später? – wild und zügellos auf andere, wohl Engländer, ein. Frage: Warum ist es nicht möglich, solche Idioten anhand des Filmmaterials zu identifizieren und diese dann spätestens bei Eintritt ins Stadion zu greifen und in Gewahrsam zu nehmen? Als normaler Zuschauer eines Fußballspiels habe ich immer den Eindruck, beim Betreten des Stadions komplett gefilzt zu werden. Sicherlich gibt es Erklärungen, warum hier keine Sicherheitsmaßnahmen griffen. Aber die offensichtlich alleinige Ausrichtung des Sicherheitskonzeptes auf befürchtete Terroranschläge ermöglicht solch unerträgliche Vorkommnisse.
ARD und ZDF haben sich dann auch heute bei der UEFA beschwert, weil ihnen das Bildmaterial von der EM nicht ausreichend genug erscheint. Keine Bilder von randalierenden Hooligans, gezündeten Bengalos oder Flitzern. Natürlich möchte die UEFA den Eindruck von friedlichen und fröhlichen Spielen vermitteln, aber der sensationsgeile deutsche Fernsehzuschauer möchte doch bitte schön genau informiert werden, oder nicht?
Nein, denn ansonsten hätten ARD und ZDF auch über Kloppereien zwischen deutschen und ukrainischen Hools vor dem Sonntagsspiel berichten müssen. Haben sie aber nicht. Das deutsche Fans des offiziell vom DFB anerkannten und wohl auch geförderten Fanclub DFB im Stadion Songs von den Bösen Onkelz skandiert haben sollen, mag ein Gerücht sein. Über besoffene Hools mit Reichskriegsflagge und entsprechenden Äußerungen habe ich aber u.a. in Spiegel Online gelesen. Wenn also die Russen aus dem Turnier fliegen sollen, dann müsste man dies auch für das deutsche Team fordern.
Macht natürlich keiner. Das Russenbashing in deutschen Medien geht nicht nur Contramann auf den Sack, ich kann es auch nicht mehr hören. Mal sehen, was morgen bei Russland gegen Slowakei passiert. Nicht zu vergessen Deutschland gegen Polen am Donnerstag. Da wird es im Vorfeld schon reichlich Dresche geben.
Eins hätte ich hierbei doch glatt vergessen: Fußball wird auch noch gespielt. Es fehlt nur noch die Gruppe F, deshalb sind es heute mal nur 2 Spiele. Das erste um 18.00 Uhr, deshalb konnte meine Löwin heute auch alles sehen. Pünktlich zum Anpfiff von Österreich gegen Ungarn stand ich dann auf dem Crosstrainer und strampelte los. Hierbei bewegte ich mich mehr als die österreichischen Stehgeiger auf dem Platz.
Olli Welke und der heutige Studiogast Franz Wohlfarth hatten doch glatt die Österreicher zum Geheimfavoriten der EM hochgejubelt, weil sie so eine super Qualifikation gespielt hatten. Das allerdings mit dem Spielstil, die die Ungarn jetzt gegen Österreich richteten. Hinten drin stehen und ab und zu schnelle und lange Bälle auf die Spitzen. Dabei fing es für die Ösis gut an.
Bereits nach 2 Minuten knallte Alaba einen herrlichen Weitschuss an den ungarischen Pfosten, das war es dann aber auch schon mit der Herrlichkeit. Obwohl sie spielbestimmend und drückend überlegen waren, entwickelten sie von Minute zu Minute weniger Gefahr. Die Konsequenz war Mitte der zweiten Halbzeit das überraschende 1:0 der Ungarn durch den Chancentod aus Hannover, Adam Szalaj. Das 2:0 in der Nachspielzeit machte dann ein anderer Blinder, der Nürnberger Stieber, mit einem wunderschönen Heber perfekt.
Die Österreicher zeigten nach dem Rückstand keinen gesteigerten Einsatz, die hätten noch Stunden für ein Tor gebraucht. In dieser Verfassung wird Österreich Letzter in der Gruppe. Denn im zweiten Spiel schafften die Isländer die wohl bislang größte Überraschung des Turniers.
Die Portugiesen sind laut Aussage ihres Trainers und auch CR7, dem dreimaligen Weltfußballer und schönstem Mann der Welt, mit nichts weniger als dem Titel zufrieden. Selbst ein zweiter Platz ist da inakzeptabel. Die Isländer dagegen sind froh, überhaupt dabei zu sein und brachten ca. 7000 Fans ins Stadion, die ihre Jungs stimmgewaltig unterstützten. So ging das Spiel um 21.00 Uhr los.
Schnell wurde klar, dass Island als Außenseiter sich nicht wie die Ungarn, Albanien oder Nord Irland einfach hinten rein stellte. Mit ihrem antiquierten 4-4-2 System und schnellen Kombinationen erspielten sie sich am Anfang einige Chancen, ehe die Portugiesen nach und nach, ruhig und abgezockt, das Kommando übernahmen und Island hinten einschnürte.
Nach einer halben Stunde dann folgerichtig das 1:0 für die Portugiesen durch Nani, der einmal als Nachfolger von Ronaldo galt und mittlerweile bei Fenerbahce versauert. Cristiano Ronaldo himself blieb während der gesamten Partie farblos, aber wahrscheinlich kommt er in den nächsten Spielen umso stärker. Zur Pause jedenfalls konnten die Isländer froh sein, sich nur ein Tor gefangen zu haben. Sie wirkten platt, eine Klatsche in der zweiten Halbzeit schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein.
Als Island dann kurz nach der Halbzeit den Ausgleich erzielte, waren die isländischen Zuschauer vollkommen aus dem Häuschen. Die Bierverkäufer haben sich nach dem Spiel wahrscheinlich einen Porsche bestellen können, so schön waren die doch sehr lauten Gesänge. Die isländischen Spieler bekamen die zweite Luft, hatten sogar noch eine Chance zum Siegtreffer, aber am Ende waren sie glücklich über das 1:1 gegen den selbsternannten Turnierfavoriten Portugal.
Die Interviews hinterher habe ich mir erspart und ging zügig ins Bett, meine Löwin und die Katzen schliefen da längst. Was ich noch erwähnen möchte: Zwischen beiden Spielen rief mich Mutter kurz vor halb neun an. Sie vermisste ihren Taxenschein zur Lymphdrainage von ihrer Krankenkasse, den sie bei mir vermutete. Automatisch sagte ich ihr, das ich gleich zu ihr losfahre. Die Hose gerade angezogen, merkte ich allerdings, das ich diesen Schein am Samstag eben nicht mitgenommen hatte. Ich konnte also zuhause bleiben und Portugal in Ruhe gucken, musste nur kurz noch mit Mutter reden. Was für ein Schlamassel.
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