Sonntag, 29. März 2020
Uncle Fester: grad gelesen März 2020
Dennis E. Taylor - Bobiverse 1 - Ich bin Viele
Und wieder ein neuer Autor - diesmal aus Kanada. Und er eröffnet gleich mit einem Dreier. Laut Rückseite „hat Dennis E. Taylor den nächsten Kultroman der Science Fiction geschrieben.“ Nach den ersten 100 Seiten stimme ich da gerne zu, obwohl ich zugegebenermaßen zunächst etwas skeptisch gewesen bin ob dieser „Mann in der Maschine“ Story.
Der IT Unternehmer Bob Johannsson hat viel Geld dafür bezahlt, damit sein Kopf im Todesfall eingefroren wird. Kurze Zeit später kommt er bei einem Verkehrsunfall ums Leben und erwacht knappe 100 Jahre später im Jahr 2133. Leider ist die Welt der Zukunft keine Schöne; Mehrere Blöcke stehen sich feindlich gegenüber.
Hierbei spielen die Euroasiaten, die Australier oder auch Afrikaner keine große Rolle für die Handlung. Die USA sind zu einer Theokratie namens FAITH mutiert und fühlen sich insbesondere von der brasilianischen Konföderation bedroht. Bobs Erinnerungen, ja seine Seele, wird ungefragt in eine Sonde zur Erkundung des Weltraums außerhalb des Sonnensystems geladen.
Trotz Sabotage und Angriffen der Brasilianer schafft Bob es mit seiner Sonde, das Sonnensystem zu verlassen, um für die dank Umweltsünden zunehmend unbewohnbar werdende Erde Planeten zur Besiedelung zu entdecken. Auf seiner ersten Station, im System Epsilion Eridani, kann er sich nur mit Mühe seines brasilianischen Widersachers Medeiros erwehren und richtet sich dort - nach der Flucht von Medeiros - seine Basis ein.
Hier laufen während der späteren Handlung die Infos der verschiedenen von Bob geschaffenen Klone zusammen. Bob und seine Klone brechen nach kurzer Zeit auf, um die nähere Umgebung des Sonnensystems nach bewohnbaren Planeten abzusuchen. Nur Bill, ein Klon der ersten Generation, bleibt bei Epsilon Eridani zurück, um dort überlichtschnellen Funk zwecks besserer Kommunikation untereinander oder neue Technologien, auch Waffen, zu entwickeln. Denn die Gefahr durch Medeiros ist keineswegs gebannt.
Der Roman lebt hauptsächlich von 3 Inkarnationen: Bob, dem Original, sowie Bill und Riker. zwei Klonen aus der zweiten Generation. Weitere Nebenstränge lasse ich hier mal außer Acht, da sie sehr zahlreich und unübersichtlich sind. Einige sind da noch länger als Andere; stellenweise kommen die Klone nur in einem Kapitel von 5 - 6 Seiten vor.
Bob erreicht das nächste Sonnensystem Delta Eridani und findet dort tatsächlich einen bewohnbaren Planeten. Dort hilft er den primitiven Einwohnern, die den Steinzeitmenschen ähnlich sind, gegen die Angriffe von „Gorilloiden“, die die „Deltaner“ genannten Einwohner als leckere Nahrungsquelle ansehen. Mit Hilfe von Drohnen schützt er die vom Aussterben bedrohten Deltaner und kommuniziert mit ihnen. Immer an die oberste Direktive aus Star Trek denkend, aber diese Regel permanent brechend, führt er die Deltaner in eine fruchtbarere Gegend, in der sie sich in Ruhe entwickeln sollen.
Apropos Star Trek: Riker fliegt zur Erde und muss dort feststellen, dass die Menschheit dank eines verheerenden Krieges vor ihrem Ende steht. Mit weiteren Klonen baut er Transporter, um über Jahre und Jahrzehnte so viele der Überlebenden eineinhalb Millionen Menschen wie möglich auf einen sicheren Planeten umzusiedeln.
Dieser befindet sich im System Omnicron 2 Eridani und ist tatsächlich Vulkan, der Heimatplanet von Spock. Im selben System befindet sich ein zweiter bewohnbarer Planet, folgerichtig Romulus genannt. Auch dort sollen die Menschen siedeln. Die ersten Schiffe bringen auch die DNA einer Samenbank der Erde mit, so dass sich irdisches Leben hier ausbreiten kann. Milo, ein Klon der ersten Generation, hatte die Planeten entdeckt, bevor er von Medeiros vernichtet wurde.
Mario, ein anderer Klon der ersten Generation, entdeckt dazu im System Beta Hydri eine zerstörte außerirdische Raumstation, was für die weiteren Teile viel Spannung verspricht. Da bin ich wirklich gespannt drauf.
Dennis E. Taylor - Bobiverse 2 - Wir sind Götter
Die Story geht nahtlos weiter. Wie nach dem ersten Band zu erwarten war, wechselt die Story vorwiegend zwischen den Siedlern auf Vulkan und den Deltanern in ihrer Siedlung Camelot.
Es ist der ursprüngliche Bob, der den Deltanern auf dem Planeten Eden im System Delta Eridani hilft. Die Siedlung Camelot wächst und gedeiht, nachdem Bob den Deltanern geholfen hatte, eine Schar von Flugsauriern zu vernichten. Diese hatten die Deltaner wohl Jahre zuvor aus diesem Gebiet vertrieben.
Bobs Schützling Archinedes gründet mit Diana, einer Bon gegenüber skeptischen Frau, eine Familie. In der immer enger werdenden Siedlung kommt es zu Spannungen innerhalb der Bevölkerung und Bob überredet Archimedes, die Unzufriedenen mit einer List aus Camelot zu vertreiben. So zieht ein Großteil der jüngeren Deltaner aus Camelot weg, um in der Nähe einen eigenen Ort zu gründen.
Bobs Plan, die Deltaner aus ihrer Steinzeit heraus zu führen, geht so langsam auf. Selbst Ackerbau bringt er ihnen noch bei. Schließlich hat Bill endlich einen Androiden entwickelt, mittels dem sich Bob als Deltaner namens Charles frei unter den Deltanern bewegen kann. Seine bisherige „Gestalt“ als fliegender Bot wurde von den Deltanern abgelehnt. Nur Archimedes kennt Charles wahre Identität.
Als Diana am Ende des Bandes stirbt, wird Bob bewusst, dass der nunmehr bald 70jährige Archimedes auch in naher Zukunft sterben wird.
Auf Vulkan hat Homer mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie Bob auf Eden. Bloß sind es hier eher Raptoren wie in Jurassic Park, die den ersten Kolonisten von der Erde zu schaffen machen. Das Problem ist schnell durch Eliminierung gelöst, so dass in diesem Handlungsstrang Howard, der Vulkan mit Homer verwaltet, eine große Bedeutung zukommt.
Er hatte sich in die Biologin Bridget verliebt, doch die heiratet schließlich den Sicherheitschef Brodeur, Howards besten Freund unter den Menschen. Ja, diese „Kurzlebigen“. Als Brodeur nach vielen Jahren stirbt, gesteht Howard Bridget seine Liebe und kann sie schließlich überzeugen, sich selbst nach ihrem Ableben replizieren zu lassen. Damit ist ihre Tochter nicht einverstanden. Sie hasst Howard, vor allem in seiner Inkarnation als Android Manny.
Auf der Erde kämpft Riker immer noch um das Überleben der restlichen Menschen und gegen die Terrorgruppe „VEHEMENT“. Diese meinen, das Universum von den Menschen befreien zu müssen. Nur mit Mühe und aufwendiger Recherche kann Riker das Versteck der Terroristen finden und die Gruppe kalt stellen.
Mario, der die hochentwickelte Alien Zivilisation entdeckt hatte, muss feststellen, dass diese die umliegenden Systeme geplündert hatte, um eine Dyson Sphäre bauen zu können. Sie rauben Metalle und haben schon etliche entwickelte Zivilisationen vernichtet. Jetzt werden sie auf die Menschen aufmerksam, zumal sie eine chinesische Drohne abgefangen hatten und von der Erde hörten. Bill koordiniert die Bobs, die die Aliens bekämpfen.
Die „Anderen“ kommen aus dem System GL877 und sind den Bobs militärisch überlegen. Die Bobs können im Moment die Anderen nur beobachten. Bill versucht, neue Waffen zu entwickeln.
Im System Delta Pavonis hatte der Bob Jaques eine vorindustrielle Zivilisation entdeckt. Mit einer großen Kraftanstrengung kann Jaques wenigstens 20.000 der sogenannten Paven retten, ehe die Anderen das System erobern und die Zivilisation der Paven zerstören. Ein Konflikt mit den Anderen wird wohl nicht zu vermeiden sein - im 3. Band.
Dennis E. Taylor – Bobiverse 3 – Alle diese Welten
Mit Marius, der auf dem Wasserplaneten Poseidon versucht, eine menschliche Kolonie auf dem Wasser zu etablieren, wird ein bestehender Handlungsstrang ausgebaut. Hier geht es um die Überwindung eines Unrechtsregimes durch die Elite der Kolonisten, die eine Ausbreitung der Siedler auf dank Marius neu errichtete schwimmende Städte unterbinden wollen.
Marius schwingt sich zum Führer einer friedlichen Revolution auf. In diesem Erzählstrang sind quasi Gandhi und Martin Luther King auf Waterworld unterwegs. Das allein könnte schon ein Buch füllen, wird aber dank der vielen anderen Erzählstränge komprimiert geschildert, was der Handlung zwar Tempo verleiht, ihr gleichzeitig aber Tiefe nimmt. Wie einige andere Nebenstränge auch ist dies für die Haupthandlung nebensächlich.
Gegen Ende dient Poseidon nur noch als Aufenthaltsort für Howard und Bridget, die - nach ihrem biologischen Tod - sich der Erforschung außerirdischem Lebens verschrieben hat. Ihre Tochter wollte das Hochladen ihrer Mutter verhindern, verlor aber den Gerichtsprozeß. Mit ihren anderen Kindern kann sich Bridget versöhnen. Und das ist das Ende dieses Handlungsstranges.
Bob muss auf Eden voller Sorge verfolgen, wie sich die beiden entstandenen Dörfer gegenseitig bekriegen. Sein Alter Ego Charles kann Archimedes davon überzeugen, das gegnerische Dorf nicht platt zu machen, sondern in der Entwicklung zu fördern, da diese lediglich aggressiv wurden, weil ihnen die Kenntnisse in der Herstellung von Speeren für die Jagd fehlte.
Am Ende muss Charles erleben, wie auch Archimedes stirbt. Der tief betroffene Bob weint bitterlich und zieht sich von den Deltanern zurück, um wie weiland Lucky Luke in den Sonnenuntergang - hier das unendlich große All - zu reiten.
Überhaupt sind alle Ereignisse in diesem Zyklus philosophisch stark aufgeladen. Es geht um den Sinn und Zweck menschlichen Lebens, ohne dass dem Leser neue Erkenntnisse oder Ansichten vermittelt werden können. Wenigstens ist das Ganze sehr unterhaltsam und reicht aus, um zwischen den Tagen inne zu halten und über sich und sein Tun nachzudenken.
Die Anderen steuern derweil die Erde an, um unser Sonnensystem auszubeuten. Es kommt zu einem großen Duell am Ende des Romans, ein verlustreiches Gemetzel, aber am Ende sind die Anderen besiegt. Ihr Heimatsystem GL 877 wird derweil von den Bobs mittels eines Asteroiden pulverisiert. Man kann hier getrost von einem Genozid sprechen.
Spätestens jetzt wird dem geneigten Leser klar, dass er einen Romanzyklus eines amerikanischen Autors gelesen hat. Einem Brandhorst oder einem anderen Europäer wäre ein humaneres Ende eingefallen, bei dem die Aggressoren ihr übles Tun eingesehen und einen friedlichen Weg für die Zukunft eingeschlagen hätten.
Einem US Amerikaner reicht es wohl zu wissen, dass die Aggressoren unbelehrbar böse sind und vernichtet werden müssen, damit endlich Frieden herrscht. Diese Quintessenz ist der einzige Wermutstropfen in einem ansonsten kurzweiligen Zyklus. Die Grundidee allein war schon charmant; einige Konsequenzen waren nachdenkenswert. Insbesondere der Gedanke, dass ein künstliches Bewusstsein seine Menschlichkeit nicht verliert, obwohl er wesentliche Aspekte derselben (Fressen, Ficken, Fernsehen) nicht mehr wirklich genießen kann.
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