Leider sagten beide am Morgen ab, weil laut unserer Wetter Apps zum Zeitpunkt der geplanten Tour Regen angesagt war. Schade, denn ich hatte mich auf ein Treffen am Seglerheim des Südsees gefreut, wo wir erst einmal ein Bierchen zu uns genommen hätten.
Um es vorwegzunehmen: Um 16 Uhr, zum Zeitpunkt des geplanten Treffens, regnete es tatsächlich sehr stark. Glücklicherweise war ich zu diesem Zeitpunkt wieder zu Hause, denn dank der frühen Absage von Pocke und dem Langen konnte ich eher losfahren und wurde nicht allzu doll nass.Bereits gegen halb Zwei konnte ich losradeln; ich hatte ein erstes Ziel vor Augen, denn das Finanzamt wollte noch Unterlagen zum Steuerausgleich von uns sehen. Unter einem wolkenverhangenen Himmel fuhr ich langsam los, hierbei wehte ein angenehm kühlender Wind. Dies war äußerst angenehm, denn ansonsten herrschte eine hohe Luftfeuchtigkeit und Schwüle vor, welche meiner Löwin und mir bereits beim Frühstück unangenehm viel Schweiß den Rücken herunterlaufen ließ.
Ob der Wetterprognose haderte ich mit mir, ob ich eine kurze oder lange Tour fahren würde. Zum Finanzamt auf der östlichen Seite des Rings, am Altewiekring, wählte ich einen kurzen Weg durch die Stadt. Kurz bevor ich dort ankam, um den Brief einzuwerfen, dachte ich: "Scheiß drauf. Ich mache es". Gemeint war hier natürlich die lange Tour, denn das Wetter sah immer noch halbwegs gut aus.
Die dunklen Wolken deuteten den Regen schon an, aber ich wollte unbedingt dorthin, wo ich aufgewachsen war. Deshalb radelte ich über die Salzdahlumer Straße bis zur Autobahnauffahrt, um dann nach rechts in den Heidberg abzubiegen. Fieberhaft überlegte ich auf der Brücke, wo ich denn nun eine Dose Bier herbekommen könnte. Im Einkaufszentrum Heidberg, wo wir unendlich viele Stunden während unserer Schulzeit verbracht hatten, gibt es aktuell einen Netto und einen Aldi.
Die Chance auf ein gekühltes Bier erschien mir bei Netto ungleich höher, deshalb bremste ich dort an. Tatsächlich gab es dort in der Kühlung Platz für kalte Getränke, doch zu meiner großen Enttäuschung hatten sie dort nur Jack Daniels mit Cola, aber keine Bierdose. Ich verzichtete auf einen entsprechenden Kommentar an der Kasse, denn ich wollte die Zeit bis zum Regen nutzen, um noch zum Schlesiendamm zu fahren.
im Hintergrund die Trachenbergstr. |
Nebendran in der Militschstraße hatte ich mit meinen Eltern in einem Reihenhaus gewohnt. Über den Schlesiendamm fährt heutzutage die Straßenbahnlinie 1 und auch die Durchgangsstraße führt hier entlang. In meiner Kindheit gab es hier lediglich eine brachliegende Fläche, auf der wir Kinder immer gern gespielt hatten.
Auf dem zugegebenermaßen schönen Radweg fuhr ich über den Schlesiendamm, bis ich den gutenPlatzzumBiertrinken entdeckte. Auf der anderen Straßenseite, neben dem Garagenhof und genau am Durchgang zur Trachenbergstraße, steht eine schöne Holzbank.
Gut, direkt vor der Durchgangsstraße zu sitzen, mit einer Dose Wolters in der Hand, ist doch etwas assimäßig. Aber so saß ich in der Nähe unserer ehemaligen Garage, die wir nie als solche genutzt hatten, weil meine Eltern gar kein Auto besessen hatten. Die Garage war seinerzeit vermietet, weil mein Vater zu wenig verdiente, um sich das Reihenhaus und ein Auto leisten zu können.
Nicht weit weg von dieser Bank befindet sich auch das Reihenhaus meiner Eltern, indem ich 22 Jahre meines Lebens verbracht hatte. Und wie ich so auf dieser schönen Bank saß und meine warme Dose Wolters schlürfte, sah ich den Schlesiendamm in all seiner ehemaligen Pracht vor mir.
Den Wildwuchs voller Büsche und Sträucher, nicht die Durchgangsstraße mit der Straßenbahn dahinter. Auf mein mitgebrachtes Buch vermochte ich mich kaum zu konzentrieren, deshalb legte ich es nach vier Seiten Lektüre wieder weg. Während sich der Himmel weiter verdunkelte, blickte ich einmal ringsherum und nahm noch einen tiefen Schluck aus der Dose.
hier war früher unberührte Natur |
Das Bier schmeckte schal, also schüttete ich das letzte Drittel weg. Irgendwie war mir nicht nach Bier trinken, mich juckte es vielmehr, die Trachenbergstraße herunterzufahren und dann den Block mit unserem Reihenhaus zu passieren. Das tat ich und fuhr auch an Krolls Elternhaus, in dem sein Vater heute noch wohnt, vorbei.
Fast daneben sind die Geschwister Edith und Jopi aufgewachsen. Alles alte Erinnerungen, die ich nicht missen möchte. Kurze Zeit später radelte ich an meiner Grundschule vorbei, passierte das Einkaufszentrum und war kurze Zeit später durch Melverode hindurch gefahren. Ich erreichte das Ringgleis, gleich hinter Schloss Richmond.
Den Berg beim Eintracht Leistungszentrum fuhr ich mit erstaunlicher Leichtigkeit hinauf, von da an kenne ich die Strecke des Ringgleises im Schlaf. Mittlerweile hatte der Regen, noch als leichtes Nieseln, eingesetzt. Daher kam ich auch wohlbehalten und fast trocken zu Hause an, bevor kurze Zeit später der Regen so richtig losging.
Erstaunlicherweise waren knapp 20 km zusammengekommen, kräftemäßig hätte ich die Strecke glatt noch einmal fahren können. Ich werte dies als gutes Zeichen für spätere Erkundungen. Auf alle Fälle war es gut, am Schlesiendamm gesessen zu haben und an die Kindheit zurückzudenken.
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