Sonntag, 28. März 2021

Hartmudo: Es schneit 3/3

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Natürlich war der „Schneezauber“ nach noch nicht einmal zwei Wochen vorüber. Ebenso konnte ich am schon erwähnten Dienstag nicht ins Büro, aber, oh Wunder: Die Welt ist trotzdem nicht untergegangen. Wieder Erwarten waren meine Schreiben noch im Speicher vorhanden, so dass sich diese Befürchtung als unnötig herausstellte.
Wie Ihr Euch vorstellen könnt, verursachte dieser unfreiwillig freie Dienstag ein großes Ärgernis bei mir. Eine der größten Volkswirtschaften der Welt ist nicht in der Lage, einen mehrere Tage vorher angekündigten Wintereinbruch mit starkem Schneefall zu managen. Das für ca. zwei Arbeitstage das gesamte Land in Winterstarre verharren musste, ist dem sich mit den Jahren immer stärker auswirkenden Sparzwang der öffentlichen Hand geschuldet.
Der Zugverkehr nach Lebenstedt lief da volle drei Tage nicht, obwohl es ab Dienstag kaum noch schneite. Aber die DB Netz, zuständig für das Funktionieren des Schienenverkehrs, hatte wohl nicht genügend Personal. Oder sollte es an Corona gelegen haben, weil immer nur die Hälfte der Mitarbeiter gleichzeitig arbeiten darf?
nochmal... weils so schön war

Doch damit nicht genug. Für den folgenden Montag war Blitzeis angesagt. Und dieser Montag - was für eine Überraschung - war mein nächster Tag im Büro. Ein Blick in die App am Sonntag machte mir klar, dass die Bahn wohl eher nicht fahren würde. Blieb also nur der Bus. Hatte ich schon erwähnt, dass dieser nach einer Woche immer noch vermindert, d.h. nach dem Ferienfahrplan, agierte?
Dies hatte für mich zur Folge, dass ich am Montag den Schnellbus um 7:30 Uhr ab Rathaus (also vorm Lindi) erreichen musste und erst um 7.00 Uhr (da wäre ich normalerweise schon ne halbe Stunde im Büro) an „meiner“ Bushaltestelle in Lehndorf stand. Zurück 15.53 Uhr, danach fährt nur noch der Bummelbus über die Dörfer.
Das war dann auch ein sehr stressiger Montag, weil ich nach dem geplatzten Bürotag der Vorwoche gerne länger gearbeitet hätte. Der Stress und damit einhergehend ein hoch drehender Kreislauf verließ mich den ganzen Tag nicht. Erkennbar war diese Anspannung an meiner extrem schlechten Laune, zu der ich in solchen Situationen neige. Menschen aus meinem persönlichen Umfeld können da ein Lied von singen.
Schließlich fuhr ich dann mit einem Kollegen des Sicherheitsdienstes im Auto nach Braunschweig zurück, da ich diesen zufälligerweise am Feierabend auf dem Parkplatz getroffen hatte, anstatt meinen MP3 Player zu quälen. So endete dieser „Winter“ mit Schneeeinbruch dann doch ohne allzu große Bauchschmerzen. Jetzt kann der Frühling kommen.
Erschreckend bleibt für mich trotzdem die Erkenntnis, dass Deutschland abgewirtschaftet hat. Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks und dem damit einhergehenden fehlenden Gegendruck durch eine sozialistische Staatsdiktatur ist für unsere „westlichen“ Eliten die soziale Marktwirtschaft nur noch ein Begriff, den man sich als Mäntelchen umhängt.
Beginnend in der Ära Kohl hat der Neoliberalismus (nicht-ironischer Gruß an Kroll) dank PPP (Public Private Partnership) öffentliche Dienstleistungen wie Rundfunk & TV, Post- und Fernmeldewesen, Müllabfuhr und Energieversorgung und nicht zu vergessen Krankenhäuser und Pflegeheime privatisiert.
Was dem bekanntermaßen obrigkeitshörigen Deutschen in der Regel egal war. Diese Leute, die bislang der Meinung waren, dass „der Staat“ mit seinen Beamten eh zu langsam arbeitet, sollten sich jetzt nicht darüber beklagen, wenn Impftermine schleppend vergeben werden und der Lockdown pauschal flächendeckend durchgezogen wurde, weil in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Gesundheitsämtern - um nur einige zu nennen - das Personal fehlt.
Gleiches gilt auch für Schneeräumdienste, obwohl sich dies (dank des Klimawandels?) eher selten bemerkbar macht. Der von unserer Hausgemeinschaft gebuchte Winterdienst hatte tatsächlich gerade mal die vorgeschriebene eineinhalb Meter breite Schneise bis zum Hauseingang und den Garagenhof runter freigeschaufelt. Den Schnee auf dem Garagenhof haben sie übrigens original an die Garagentore herangeschoben.
Um es (mal wieder) eindeutig zu sagen: Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen führt auf alle Fälle zu geringeren Löhnen der Beschäftigten. Wie durch einen Zauber geht das Engagement und leider manchmal auch die Intelligenz zurück. Der einzige Mehrwert bei PPP besteht in den Gewinnen der meist international organisierten Konzerne.
Das gern genannte Argument der vermehrten Innovationen durch den Konkurrenzdruck greift immer nur zu Beginn der Privatisierung einer öffentlichen Dienstleistung. Denn das kritisierte Monopol des Staates wird hier lediglich durch ein privates Monopol ersetzt. Bereits nach kurzer Zeit zahlt der Kunde eher noch höhere Preise als vorher und die betroffenen Beschäftigten.... Wie gesagt: Das bringt es alles nicht.
Diese relative kurze Phase des Wintereinbruchs hat mir wie üblich aufgezeigt, dass Deutschland mittlerweile abgewirtschaftet ist. Am besten zu beobachten ist dies bei der Bewältigung der Corona Pandemie, in der uns die aufstrebenden asiatischen Gesellschaften zeigen, wie man so etwas managt. Nämlich mit straffer staatlicher Lenkung, ohne wenn und aber.

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