Sonntag, 20. September 2020

Uncle Fester: grad gelesen September 2020

John Connolly – Stan
Irgendwann Anfang letzten Jahres bin ich bei Hugendubel über diesen Roman gestolpert und habe ihn mir letztes Jahr zum Geburtstag schenken lassen. Jetzt endlich habe ich ihn gelesen. Anfangs war ich wenig begeistert ob der kurzen Kapitel und oberflächlichen Schilderungen einzelner Geschehnisse. Doch nach und nach stieg ich umso mehr in die Gedanken- und Gefühlswelt von Stan Laurel ein.
In seinem Hotelzimmer auf den Tod wartend, erinnert sich der verbitterte Stan Laurel an sein Leben. Und in diesem spielte Oliver Hardy – in Hollywood „Babe“ genannt – eine tragende Rolle. So wie beide Stars in ihrem künstlerischen Schaffen nur zusammen Großes leisten konnten, waren ihre Schicksale auch privat miteinander verknüpft. Dies wird in den vielen Rückblenden sehr anrührend geschildert, vor allem das enge freundschaftliche Verhältnis der Beiden.
Nein, die beiden waren kein schwules Pärchen. Beide waren mehrmals verheiratet, Babe z.B. jahrelang mit einer Alkoholikerin, die er aus Gutmütigkeit und Pflichtbewusstsein nicht verlassen konnte. Das hinderte ihn natürlich nicht daran, sich mit einer Geliebten zu umgeben, was natürlich im konservativen Amerika der 20er und 30er Jahre geheim bleiben musste. Er trank viel und brachte sein Geld auf der Rennbahn durch. Glücklich war er nicht.
Bei Stan, aus dessen Sicht die Geschehnisse in der 3. Person geschildert werden, war das noch extremer. Er war sieben Mal verheiratet, davon mit 3 Frauen mehrfach. Erst Ida, seiner letzten Frau, wird er treu bleiben. Denn zuvor hatte Stan stets noch eine Geliebte nebenbei. Überhaupt ist „ficken“ eines der am häufigsten vorkommenden Wörter des Romans.
Rührend schildert der Autor die emotionelle Nähe zwischen Stan und Babe, ohne allzu sehr ins Schwülstige abzurutschen. Die Scheidungen von ihren Frauen haben beide Männer langfristig ruiniert. Die Chronologie ihrer Karriere wird nur so nebenbei erzählt, der Schwerpunkt liegt eindeutig auf ihrem Privatleben.
Dennoch habe ich so einiges erfahren, was mir bislang nicht bekannt war. Zum Beispiel kam Laurel um 1910 mit der Vaudeville Truppe von Fred Karno in die USA. Er war als Ersatzmann für Charlie Chaplin in der Truppe und teilte sich mit diesem die billigen Hotelzimmer. Noch kurz vor seinem Tod spricht Laurel über Chaplin im ehrfurchtsvollen Ton, obwohl jener ihn in seiner Biographie nicht mal erwähnt hatte.
Ob James Finlayson oder Thelma Todd, Roscoe Arbuckle oder Harry Langdon. Über all diese frühen Größen der Traumfabrik Hollywood erfuhr ich Hintergründe, die mich unwillkürlich in Wikipedia recherchieren ließen. Ihren 1932 mit einem Oscar prämierten Kurzfilm „Music Box“ habe ich mir sofort angeschaut, weitere Filme werden folgen.
Schlussendlich hat mich „Stan“ voll und ganz überzeugt. Obwohl der Roman zum Ende hin immer trauriger wird, ist es doch ein optimistisches Buch. Über wahre Freundschaft, die es heute so leider nicht mehr gibt.
 
                                                          


Frank Goosens – Raketenmänner
Den hatte ich noch auf Halde. Dieses kleine Büchlein mit seinen kurzen und locker miteinander verknüpften Geschichten war die ideale Lektüre für die diesjährige BiRe.
Kamerke ist freiberuflicher Auftragsschreiber und möchte einmal im Leben seine Frau betrügen. Auf einer Tagung einer Firma der Solarindustrie lernt er Ritter, Blumberg und Reif kennen. Und Gaby. Wenzel möchte einen Plattenladen übernehmen und braucht dazu noch das Eigenkapital von seinem Großvater. Die LP „Raketenmänner“ eines Stephan Moses fasziniert ihn besonders.
Frohnberg ist Chef der Solarfirma und muss im nächsten Meeting die Entlassungen bekannt geben.Kobusch hatte seinen alten Kumpel Sabolewski bei sich aufgenommen, weil der mit dem Leben nicht klar kommt. Dessen Vater Wolff spielt auf Raketenmänner mit. Der paranoide Ritter schwänzt das Meeting und verbringt die Nacht bei Alex, einer selbstbewussten Barfrau.
Overbeck und Riedel sind weitere Typen, die Goosens uns vorstellt und die irgendwie in die Story gehören. Wie genau, weiß ich nicht mehr und habe es jetzt auch nicht mehr eruiert. Es reicht zu wissen, dass Wolff am Ende im Haus von Stevie Nicks in Kalifornien verstirbt. Eine durchgehende Handlung ist in diesem Werk nicht auszumachen, war aber sicherlich auch nicht Goosens Absicht. Das er das kann, hatte er ja schon oft bewiesen.
Somit kann ich dieses Buch jedem empfehlen, der im Strandurlaub etwas Anspruchsvolles wie Unterhaltsames als Lektüre sucht. Hinterher darf man sich als Abiturient fühlen.

 

 

 

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