Samstag, 1. Juni 2019

Hartmudo: Vitalium


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An diesem Morgen ging es darum, mit Gymnastikbällen zu jonglieren. Hier war Koordination und Körperbalance gefragt. „Hoffentlich sieht mich keiner von meinen Kumpels“ dachte ich nur. Rhythmische Sportgymnastik war ja mal olympisch - allerdings ohne Herrenwettbewerb. Wer das einmal im Fernsehen gesehen hat, weiß auch warum. Wenigstens war diese knappe halbe Stunde leidlich anstrengend. Dennoch werde ich am nächsten Morgen wieder dran teilnehmen, weil da Bürogymnastik (mit einem Stuhl ohne weitere Hilfsmittel) angesagt war. Pocke wollten wir auch dazu überreden.
Den trafen wir im Anschluss beim Frühstück. Karottensaft und Tee für die Heilfaster, während Patti... nein, ich esse die Reste von ihrem Brei jetzt nicht auf... Pocke zeigte doch tatsächlich Interesse an der Gymnastik. Wegen des Bürodingens. Das fand ich richtig gut, da würde ich mich zumindest nicht allein zum Horst machen.
Während meine Mitstreiter noch lässig den Tag planen konnten, musste ich nach einer knappen Viertelstunde schon wieder los. Nein, nicht aufs Klo! Ich musste mich wieder umziehen, da gleich ein Wechselarmguss um 9.00 Uhr anstand. Hektisch begab ich mich in mein Zimmer und zog den Bademantel an. Sonst ließ ich alles weg bis auf die Büchse. Danach fuhr ich mit dem Fahrstuhl in den Keller, wo ich bereits in Bad 2 erwartet wurde.
Zunächst setzte ich mich vor dem Gang zu diesen beiden Bädern auf einen Stuhl vor dem Becken mit kaltem Wasser. Diese Becken kenne ich schon aus verschiedenen Spaßbädern. Das ist Kneipp: Bis zu den Knöcheln im eiskalten Wasser herumlaufen. Soll ja gut für die Durchblutung sein.
Eine Dame, die gerade aus Bad 2 (dem hinteren) herauskam, machte mich darauf aufmerksam, dass man sofort ins Bad rein gehen sollte. Aufrufen ist nicht. Wenn ich das vorher gewusst hätte, wäre mir diese unnütze Wartezeit erspart geblieben.
Im Bad 2 befanden sich links und vorn rechts an den Wänden giftgrüne Wasserbecken, um darin Hände, Füße oder was auch immer zu versenken, heiß oder kalt, egal. In der rechten hinteren Ecke konnte ich einen grauen Vorhang erkennen, der eine vielleicht 2 x 2 Meter messende Fläche vor neugierigen Blicken schützte.
Das würde also mein Ziel sein. Ein älterer Herr war gerade fertig geworden und zog seinen Bademantel wieder an. Er ging weg und eine rundliche Mittfünfzigerin lugte hinter dem Vorhang hervor. Die Bademeisterin mit dem weißen Kittel begrüßte mich freundlich und bat mich heranzutreten.
Nach dem Ausziehen des Bademantels musste ich mich über ein Gestell nach unten beugen. Dabei hielt ich zwei Griffe, so dass meine Arme für die Bademeisterin frei zugänglich waren. Sie erklärte mir kurz das Kneipp-Prinzip: Sie würde meine Arme abwechselnd mit heißem und kalten Wasser begießen, that`s it!
Und ab dafür! Sie nahm einen langen Gummischlauch, aus dem mit wenig Druck ein Wasserstrahl hinausschoss, und begoss so meinen rechten Arm mit heißem Wasser. Von unten nach oben, dann wieder runter.
Danach folgte der rituelle Monolog der Bademeisterin: „Einatmen...“ - sie schaltete das Wasser von heiß auf kalt - „und aus - at - men...“ Ich tat wie geheißen und atmete erschrocken aus, als sie mit dem eiskalten Wasser meinen Arm zweimal rauf und runter fuhr. Es folgte der andere Arm, dann eine Wiederholung des Ganzen und vorbei war der Wechselarmguss.
Also angenehm war das jetzt nicht gerade, doch es ist immer wieder schön, wenn der Schmerz nachlässt. Freudestrahlend verabschiedete sich die Bademeisterin von mir und freute sich offenbart auf den nächsten Morgen, an dem ein Knieguss angezeigt war. Ich konnte es kaum erwarten!
Draußen vor dem Kaltwasserbecken zum Waten traf ich Pocke, dem ebenfalls ein Wechselarmguss bevorstand. Er war etwas früher erschienen, so dass wir noch etwas quatschen konnten, bevor er in die Folterkammer musste. Planen konnten wir erst ab Nachmittags, da alle außer mir nach dem Mittagessen noch einen Heuwickel bekommen würden. Spazierengehen mit Cooper war angesagt.
Nun hatte ich tatsächlich etwas Zeit zur freien Verfügung, bevor ich zur ersten Massage musste. Das passte mir gut, denn in der Zeit konnte ich gleich wieder etwas schreiben, bis um 10.20 Uhr mein Massagetermin anstand. Wieder im Bademantel, begab ich mich in den ersten Stock, wo im „Hamamelis Raum“ - unscheinbar vor dem Eingang zum Schwimmbad - meine Massage erfolgen würde.
Meine Löwin war direkt vor mir dran und war sehr zufrieden mit dieser Anwendung. Ich klappte mein Buch zu und verabschiedete die beste Ehefrau von allen bis zum Mittagessen. Bis dahin wollten wir beide ruhen, war ja schon anstrengend genug, der Vormittag.
Beim Hineingehen erwartete mich wieder eine Mittfünfzigerin mit Brille, die mich auch nach dem Ausziehen des Bademantels auf die Liege bat. Den Kopf steckte ich in die dafür vorgesehene Öffnung in der Liege, wo ich durch ein Handtuch atmen musste, was etwas unangenehm war.
Ganz und gar nicht unangenehm verlief dann die Massage. Mach kurzer Zeit stellten wir beide unseren Small Talk ein, was sicherlich in unserer beiden Sinne war. Als Quasselstrippe würde ich die Masseurin wirklich nicht bezeichnen. Dafür war die Massage 1A. Nicht so kräftig, dass man hinterher einen Muskelkater bekommt, aber auch keine Thaimassage. Genau richtig also.
Nach 20 Minuten war sie fertig und ich gut entspannt. Wie auf Wolken ging ich in mein Zimmer zurück, um etwas zu lesen, ließ das aber sein, weil ich hundemüde war und mich ganz profan aufs Bett knallte, um eine Runde zu schlafen.
Friedlich döste ich so vor mich hin, als es urplötzlich gegen halb Zwölf an der Tür klopfte. Schlaftrunken erhob ich mich und öffnete die Tür. Steht da doch tatsächlich Narumol aus „Bauer sucht Frau“ vor mir! Wenigstens sah sie so aus. Sie wollte mit ihrem thailändischen Kollegen mein Zimmer sauber machen.
Ich hatte nichts dagegen und ließ die Beiden in meinem Zimmer gewähren. Und während Narumol den Fußboden wischte und der Mann im Klo klar Schiff machte, hockte ich in aller Seelenruhe in Unterwäsche am Schreibtisch und las die Nachdenkseiten im Netz. Bei solchen Gelegenheiten bin ich bekanntlich schmerzfrei.
Wieder war es Zeit für das Mittagessen. Diesmal hatten wir Heilfaster Grund zur Freude, denn wir bekamen eine leckere Fastensuppe zu der Teekanne mit Anis Fenchel Kümmel. Bei der Suppe handelte es sich nach übereinstimmender Meinung um eine Mischung aus Kürbis und Möhre, könnte aber auch irgend etwas anderes gewesen sein. Egal, sie war lecker. Für Patti gab es gedünstete Gemüseschnitze mit Kräutersoße. Wieder aß sie ihre Köstlichkeit nicht auf, weil es ihr magenmäßig nicht so gut ging.

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