Dienstag, 1. Mai 2018

Contramann: kurz gesehen im Mai

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/thomas-de-maizieres-leitkultur-wir-sind-nicht-burka-a-1145500.html
Thomas, da warst Du noch Innenminister. Und vor genau einem Jahr formulierte er 10 Thesen für eine (neue) Leitkultur in Deutschland. Mit demselben grimmigen Blick wie der alte Moses ist er vor die Menschen (Presse natürlich, keine Menschen) getreten und verkündet den Text auf seinen Tontafeln, die ihn der liebe Herrgott (Wirtschaftsweisen) diktiert hat.
"Wir sagen unseren Namen. Wir geben uns zur Begrüßung die Hand. Wir sind nicht Burka. Wir fordern Leistung. Wir sind Erben unserer deutschen Geschichte (das befürchte ich auch). Bach und Goethe waren Deutsche. Unser Land ist christlich geprägt. Wir stören uns daran, dass da einiges ins Rutschen geraten ist. Wir sind aufgeklärte Patrioten."
Diese Sätze habe ich willkürlich ausgewählt. Sie sind wissentlich aus dem Zusammenhang gerissen. So klingt es irgendwie AfD nah. Anders als Thomas, der ehemalige Innenminister, glaube ich nicht an die Notwendigkeit einer Leitkultur. Wenn Du eine solche erst mal formulieren musst, dann ist es eh zu spät.
Ob Thomas`Nachfolger, der Seehofer Horst als "Heimatminister", dies noch toppen kann?

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/arbeitsmarkt-regierungsgutachten-rechnet-mit-job-gewinnen-durch-roboter-a-1200538.html
Ne, ist schon klar. Ein von der Regierung in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zum Schluss, dass durch eine weitergehende Automatisierung zwar Jobs wegfallen, dieser Verlust aber durch die Technologie mehr als kompensiert wird.
Frühere Studien, u.a. aus Oxford, haben ein wachsendes Heer von Arbeitslosen durch die fortschreitende Automatisierung prophezeit. Der Spiegel hält nichts von solchen "Horrorszenarien". Denn 2017 habe die Beschäftigung in Deutschland ein Rekordhoch erreicht.
Oh Herr, lass Hirn vom Himmel auf den Verfasser dieses Artikels regnen. Immer mehr Niedriglöhner, die noch vom Jobcenter aufstocken müssen. In Jobs, die (noch) nicht automatisierbar sind bzw. eine solche teurer ist als selbst der Mindestlohn. Das Positive kann ich hier nicht erkennen.
Am besten fand ich in diesem üblen Bericht noch das klassische Argument, dass durch Roboter die Produktivität weiter gesteigert werden kann und die Industrie daher mehr Leute an anderen Positionen einstellen würde, da der Stückpreis sinkt und damit der Absatz steigt.
Schade nur, dass unsere Welt und damit die potentiellen Kunden endlich sind. Mann Mann Mann, wer glaubt bloß so einen Müll?

https://www.welt.de/debatte/kommentare/article175303001/Um-das-syrische-Schlachtfeld-tanzen-boese-Geister.html
Als ich diesen Kommentar gelesen habe, dachte ich unwillkürlich: „Und der Autor heißt auch noch Stürmer.“ Nur mal so zur Erinnerung: Die von Julius Streicher am 20.4.1923 zum ersten Mal herausgegebene Wochenzeitung war wegen ihrer antisemitischen Hetze berüchtigt. Nun ist der Welt Kommentator Michael Stürmer garantiert kein Neonazi und der Begriff „Hetze“ wäre im Vergleich zum historischen Stürmer übertrieben. Doch trotzdem stößt mir diese einseitige Agitprop in diesem Kommentar übel auf.
Dabei geht es hier nicht um die Juden, obwohl der israelische Luftangriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt hier relativ wertneutral erwähnt wird. In diesem Kommentar geht es eindeutig um die „Russen“. Die wollen nämlich, laut Stürmer zumindest, eine Militärkolonie im östlichen Mittelmeer etablieren und unterstützten daher Assad. Diese Brutalos wiederum würden Fassbomben mit Giftgas auf die letzte Rebellenbastion östlich von Damaskus abwerfen. Stürmer resümiert das Ganze als „absichtsvolle Vertreibung und die Flucht von Millionen Menschen vor Tod und Verderben.“
Das Pathos am Schluss kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schuldfrage für den letzten Gasangriff, bei dem 150 Menschen starben, noch unklar ist. Rebellen haben syrische Regierungstruppen beschuldigt, diese, bzw. die Russen, sprachen von einem durch die Rebellen inszenierten Anschlag und luden unabhängige Beobachter der UN zur Untersuchung vor Ort ein. Für mich klingt das nicht nach einer gesicherten Erkenntnis, nach der syrische Regierungstruppen die Verursacher wären.
Und überhaupt: Es waren doch die Amis und ihre Verbündeten, die auch mit eigenen Truppen gegen den rechtmäßig gewählten Präsidenten eines unabhängigen Staates zu Felde gezogen sind. Assad hatte lediglich die Russen um Hilfe bei der Bekämpfung der Rebellen in seinem Land aufgefordert. Erst die Intervention der Amis, die nicht mal davor zurückschreckten, Al Khaida nahe Rebellen mit Waffen zu beliefern, haben den Konflikt zu einem Bürgerkrieg eskalieren lassen, in dessen Folge die Menschen vertrieben wurden.
In diesem Kommentar fehlen nur noch das (angeblich) aggressive russische Engagement in der Ost-Ukraine wie auch der Krim. Mit solchen Kommentaren bereitet man die Bevölkerung in Deutschland auf den nächsten Krieg vor.

https://www.welt.de/politik/article175374663/Syrien-Krise-Neuer-Weltkrieg-Bitte-alle-mal-tief-durchatmen.html
Genau, Du Hirni! Der Kommentator sieht die Gefahr eines Weltkrieges aufgrund der Twitter Nachricht von Trump („Mach Dich bereit, Russland, weil (die Raketen) kommen werden, nett und gut und ‚smart‘“) als nicht gegeben an, weil Trump halt einfach nur der Dampfplauderer sei, der einen auf dicke Hose macht.
Aber Putin, oder allgemeiner: Der Russe, droht ja immer. Moskau würde mit „Drohgebärden spielen“, um davon abzulenken, dass das Land heruntergewirtschaftet sei. Was für ein Schmierfink ist da bei der Welt unterwegs; wenn ein Land wirtschaftlich heruntergewirtschaftet ist (wird), dann ist das die USA, die für die Chinesen oder auch uns Deutsche lediglich als Absatzmarkt interessant ist und deren Schulden nur noch deshalb von eben diesen gestützt werden.
Und überhaupt: „Die syrischen Giftgasangriffe auf die eigene Bevölkerung“. Wie auch die anderen im Kommentar erwähnten Begebenheiten sind diese Vorwürfe bislang noch nicht mit stichfesten Beweisen belegt worden, aber der Kommentator stellt dies als Tatsache hin. Und dass über diesem Artikel „Meinung“ statt „Kommentar“ steht, macht es auch nicht besser. Der Leser dieses Springer-Blattes unterscheidet das garantiert nicht.
Ich finde das schon atemberaubend, wie hier der wahre Kriegstreiber (Trump und seine ihm nachgeordneten Verbündeten wie Macron und Merkel) als Opfer dargestellt werden. Da werden bei mir Erinnerungen wach an alte und überwunden geglaubte Traditionen des deutschen Journalismus.
Wie kann das denn sein, dass sich diese Typisierungen wieder einschleichen? Anfang des 20. Jahrhunderts war es der Engländer, danach der Jude und hinterher der „Westen“ als Inbegriff des Bösen. Ist dies jetzt der Russe?

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/linke-streit-um-sahra-wagenknecht-in-der-fraktion-herrscht-der-pure-hass-a-1204057.html
Vorab zusammenfassend zitiere ich einen Beitrag aus dem SPON Forum zu diesem Artikel: "Wenn jemand sagt, dass es unerträglich ist, dass sich einige Flüchtlinge weigern, wenigstens elementare Prinzipien unserer "Haus- und Hofregeln" zu befolgen und dies härter sanktioniert werden müsste, dann ist man noch lange kein Parteigänger der AfD (auch nicht "light")!"
Dieser dauernde Streit zwischen Frau Kipping und Frau Wagenknecht samt ihrer jeweiligen Anhänger geht mir immer mehr auf den Zeiger. Das die Wagenknecht als Spalterin der Partei hingestellt wird, weil sie eine linke Sammelbewegung initiieren will, ist lächerlich. Da sowohl SPD als auch Grüne aktuell auf das merkelsche "Weiter so" zusteuern, ist es unerlässlich, die noch links denkenden Menschen dieser Parteien über eine Hilfskrücke wie einer Sammlungsbewegung anzusprechen und ins Boot zu holen.
Dazu ist dieser Artikel mal wieder sehr tendenziös. Wird am Anfang die Kritik an Wagenknecht relativ sachlich und scheinbar wertneutral geschildert, so wird danach die Kritik an Kipping als "Bemühen" beschrieben, die Parteivorsitzende (Kipping) als intigrante Machtpolitikerin hinzustellen. Allein die Wortwahl des "Bemühens" gibt der Kritik von Wagenknecht und Co an Kipping einen negativen Touch. Objektive Berichterstattung sieht anders aus.
Interessant ist aber die neue Gruppe der "Bewegungslinken". Dies sind wohl ehemalige Berfürworter der Wagenknecht, die zusammen mit den Anhängern von Kipping ein Netzwerk gegen die Wagenknecht aufbauen. Was diese Leute auf einmal gegen Wagenknecht haben, wird in dem Artikel noch nicht einmal angedeutet. Schwache Recherche halt.
Der ganze Rummel erinnert irgendwie fatal an den Richtungsstreit der sowjetischen KPDSU nach dem Tod von Lenin. Stalin konnte sich damals ja relativ schnell gegen Trotzki dank einer effektiven Vernetzung durchsetzen. Bei den Linken befürchte ich eine SPD light unter einer Führung von Kipping, die vielleicht einiges drauf hat, allerdings keine Politik.
Das betonschädelige Festhalten an linken Träumereien, wie es Kipping und Co in der Flüchtlingsfrage praktizieren, ist eben nicht zielführend. Auch die letzte linke Socke könnte vielleicht mal begreifen, dass die Realität Hilfen für Flüchtlinge in deren Heimat gebietet und nicht eine ungezügelte Aufnahme in diesem Land, welches den Flüchtlingen ein Leben lang fremd bleiben wird und daher eine Integration verhindert.
Und noch ein Zitat aus dem Forum: " Verdammt noch mal, wir brauchen eine linke Alternative gegen diesen Rechtsruck in unserem Land, und die Argumente dafür liefert nun mal Wagenknecht und nicht Kipping. Wenn Ihr es jetzt mit Eurem Kindergartenverhalten versaut, macht Ihr Euch mit schuldig an allem was auf uns zukommt."

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/einkommen-aelterer-menschen-steigen-deutlich-schneller-a-1146926.html
Noch so ein Artikel, der direkt aus dem Hause Raffelshüsen zu stammen scheint. Das Einkommen der Älteren, sprich Rentner, steigt. Laut des Instituts der deutschen Wirtschaft spielt die private und betriebliche Altersvorsorge eine stärkere Rolle. Aber immerhin hat die Untersuchung auch ein wachsendes Armutsrisiko festgestellt.
Klar, wenn so wenig riestern... Wie soll denn ein Leiharbeiter oder Mindestlöhner noch Geld für die private Altersvorsorge zurücklegen? Betriebsrenten - Immer weniger Menschen bleiben ihr Leben lang in ein und demselben Betrieb. Was für ein schwachsinniges Untersuchungsergebnis.
Die Arbeitswelt hat sich geändert. Wir brauchen neue Konzepte, keine Leitkulturen und erst recht keine private Altersvorsorge. Geringere Arbeitszeiten, einheitliche Krankenversicherung nach dem alten skandinavischen Modell und natürligesetzliche Rente, die nicht von den Arbeitnehmern gezahlt wird, sondern über die Steuer.
Der Staat muss die Kontrolle hierüber zurückgewinnen. Die Privatisierungen öffentlicher Dienstleistungen in den letzten 30 Jahren müssen rückgängig gemacht werden, sonst fährt die Karre alsbald gegen die Wand.

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