Freitag, 3. März 2017

Hartmudo: Kurzurlaub

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Zum Glück dauerte die Folter in der Fischhalle nur kurz und ich konnte kurz nach halb Drei endlich das Möwenschiet entern. Pieter hatte seinen Laden gerade aufgemacht und ich war sein erster Kunde. Ich setzte mich sogleich an den kleinen Tisch vom Vortag, packte mein Tablet aus und hatte kurze Zeit später ein Köpi vor mir stehen. Kakao war nach dem schwergängigen Flens sowieso abgesagt, das Köpi bei Pieter wird selbstverständlich gut gezapft und schmeckt daher auch gut.
Während ich nunmehr ein, zwei Köpi genüsslich schlüpfte, kamen so nach und nach einige Wintertouristen ins Möwenschiet. Zumeist älteren Semesters, tranken sie Kaffee oder auch mal einen Tee. Routiniert unterhielt Pieter seine Gäste mit der einen oder anderen eingeworfen Zwischenbemerkung, so auch mich. Vor allem dies trägt zur gemütlichen Stimmung dieses Ladens bei. So für über eine Stunde hatte ich daher genug Ruhe bei durchgehender Bierversorgung, um beim Schreiben einiges zu schaffen.
Kinderspielplatz Großenbrode

Natürlich hatte ich es da bereits aufgegeben, Uli abholen zu wollen. Das wäre ja auch schwachsinnig, eine Viertelstunde bis zur Ferienwohnung zu laufen und denselben Weg gleich wieder zurück. Den Fußweg absolvierte Uli ganz gemütlich, er erschien passend zum Ende meines dritten Bieres.
Uli hatte der Schlaf sichtlich gut getan, denn sein Vorsatz, heuer keinen Schnaps trinken zu wollen, ließ er nach dem zweiten Bier fallen. Gern servierte uns Pieter einen Alpenschnaps, einen Haselnussbrand. Der milde wie nussige Schnaps motivierte mich zu einem Mirabellenbrand, den Pieter uns gerne kredenzte. Das war es dann aber mit dem Schnaps, wir wollten unser Glück nicht herausfordern.
Kurz vor Ladenschluss waren Uli und ich die letzten Gäste. Pieter schloss das Möwenschiet ab und gönnte sich selbst zum Feierabend einen Whiskey-Cola. Im idyllischen Halbdunkel erfuhr ich etwas mehr über die Immobilienwirtschaft in Heiligenhafen. Viele Leute vermieten ja ihre Ferienwohnungen, um davon den Kredit des Kaufs zu tilgen. Ist ein Kredit erst einmal abbezahlt, lohnt sich das Ganze, wenn man mehrere von den Wohnungen sein Eigen nennt.
Die Wirtin von Uli's alter Stammkneipe in Heiligenhafen z.B. ist in dieser vorteilhaften Lage. „Die steckt voll", meinte Uli dazu lapidar und hat es wohl nicht nötig, in die ständige Erneuerung der Einrichtung zu investieren. Die Vermietungsagentur, über die wir auch gebucht hatten, setzt das nämlich als Bedingung für eine Vermittlung voraus. Und Frau Wirtin wollte das nicht, jetzt wird sie über die Agentur nicht mehr vermittelt.
Pieter seinerseits hat keine Ambitionen, sein Geld in Immobilien anzulegen. Jedenfalls nicht für sich als Wohnung, denn seine 180qm mit 5 Balkonen und Tiefgarage für 700€ Kaltmiete ist nicht zu toppen, ein Kauf des Dachgeschosses im 5. Stock, welches die Wohnung von ihm und seiner Frau ist, lohnt sich bei der Kaltmiete nicht.
Zwischendurch hatte uns Pieter übrigens noch mit einer Bratwurst überrascht. Diese Bratwurst hatte uns gerettet, denn auf mehr oder weniger nüchternen Magen - mein Bremer war zum Glück auch schon verdaut - kommt selbst Köpi nicht gut. Laut Uli hat Pieter einen Gastrobräter in der Art eines Toasters, wo die Wurst einmal so durchgezogen und währenddessen gleichmäßig gebräunt wird. Wenn wir bei unserer Doko Runde im Come In einfach mal so eine Wurscht statt Salzstangen bekommen würden, wäre unser Umsatz an Bier und Schnaps sicherlich erheblich größer.
Ein gelungener Nachmittag. Ich bedauerte die jetzt folgende zweitägige Pause des Möwenschiets, kann aber Pieter gut verstehen. Denn in der Saison hat er immer noch an sechs Tagen von früh bis spät auf. Seine Frau und er brauchen die ruhige Zeit im Winter, weil es sonst nach all den Jahren doch etwas zu viel werden würde.
Uli und ich waren gut angeschiggert und schauten zum Abschluss unserer heutigen Expedition noch im Bierkarussell vorbei. Hier trafen wir noch auf ein Bremer Pärchen, die auch schon im Möwenschiet waren. Uli kannte die Mannschaft und wir schnackten an der Theke des Bierkarussells noch schnell eine Runde über die Immobilienlage. Das schnell durchgezapfte Bitburger würgte ich heldenhaft herunter. Die Bremer verließen noch vor uns die Kneipe, die dank dunkler Täfelung und dem schlecht gezapftes Bier durch eine unmotivierte Thekenfrau nicht wirklich empfehlenswert ist.
Nach dem Kneipengang überlegten wir noch, auf dem Heimweg beim Imbiss vorbeizuschauen. Mittlerweile war es auch gegen 20.00 Uhr, aber wir entschieden uns dann doch dagegen und machten uns in der Wohnung über die übrig gebliebenen Brötchen vom Frühstück her. Ich machte mir sogar noch ein Pülleken Jever auf, nahm schnell einen Schluck. Den Rest entsorgte ich jedoch am nächsten Morgen. Ich weiß noch nicht einmal mehr, was im Fernsehen lief.
Fußball natürlich nicht, da Hannover live auf Sport1 kam. Beide nickten wir mehr oder weniger wieder ab und legten uns dann relativ früh ab.
Die Spur führt ins Nichts

Am nächsten Morgen wachte ich so um Sieben auf. Schnell erledigte ich meine Morgentoilette und zog mich an, um Brötchen zu holen. Ich hatte erheblich besser als in der ersten Nacht geschlafen und war nach dem erfrischenden Morgenspaziergang so richtig gut drauf. Nur so ist es zu erklären, das ich so richtig aktiv wurde. Ich räumte die Tische ab, spülte und trocknete das Geschirr und stellte es in den Schrank.
Als ich den Kaffee gerade einschütten wollte, stand ein schlecht gelaunter Uli im Raum. Er hatte die Nacht wieder kaum geschlafen, und dann fing ich noch an, mit den Schranktüren laut zu klappern, als er gerade eingeschlafen war. Bevor ich mich schmollend zurückzog, dachte ich noch einmal nach und hielt mich zurück. Ich war so in Aktion gewesen, das ich an den schlafenden Uli nicht mehr gedacht hatte. Er hatte ja Recht. Ich bin auch äußerst sensibel, wenn ich wegen einer Erkältung nachts nicht schlafen kann.
Nach dem ersten Kaffee war Uli's Ärger verraucht und wir konnten beim Frühstück den Tag planen. Zuerst überlegte Uli, ob er sich nicht gleich wieder hinlegen sollte. Ich konnte ihn jedoch davon überzeugen, das es sich nach einem kurzen Frische-Luft-Schnappen besser schlafen lässt. Noch ein Kaffee, Uli machte sich im Bad noch frisch und dann brachen wir auf.
Heute wollte er mir die Promenade von Großenbrode zeigen. Großenbrode ist quasi der Nachbarort von Heiligenhafen, wobei Ort schon zu viel gesagt ist. Wir reden da über eine reine Ansammlung von Ferienwohnungen, ruhig auch mal mehrstöckig. Die Strandpromenade dazu lebt allein von den Urlaubern, Heiligenhafen ist ja eher schon im Mittelalter ein Fischereihafen gewesen. Der Ort Großenbrode ist quasi ein Dorf mit viel Tourismus.

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