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Zuhause angekommen, meinte meine Löwin, ich sollte doch gleich wieder in das Heim fahren und Mutter die Fernbedienung vorbeibringen. Da hatte ich natürlich gar keinen Bock drauf, zumal es ja sinnlos war. Die Zimmerantenne hätte ich dort nicht hingestellt bekommen, außerdem hätte Mutter dann nicht mehr Radio hören können, da die Antenne selber Strom braucht und nur zwei Steckdosen da sind.
Jawohl, sicher hatte meine Löwin Recht, denn das Problem wäre auch mit einer Dreifach Steckdose zu beheben gewesen. Leider steckte mir noch die Biermeile in den Knochen und Mutter wollte sowieso lieber Radio hören, also blieb ich zu Hause.
Am nächsten Tag waren meine Löwin und ich einkaufen, da passte es gut rein, vorher in die Reuterstraße zu fahren. Die Fernbedienung hatte ich dabei, und sogar das Antennenkabel war einsatzbereit. Irgendwann hatte der Hausmeister wohl doch die Zeit gefunden, das Kabel dort hinzulegen.
Während sich Mutter mit meiner Löwin unterhielt, stellte ich die Sender am TV ein. Mutter schaltet eigentlich nur ARD ein, weil sie nachmittags gern „Rote Rosen" schaut. Und ausgerechnet die ARD kriege ich lediglich verschwommen rein. Sei es drum, Mutter war zufrieden. Sie ist da nicht so anspruchsvoll. Guter Dinge fuhren wir wieder weg, so langsam aber sicher ging es voran.
Am Mittwoch, 2 Tage später, war ich schon wieder bei Mutter. Zuhause hatte ich noch einen Pflegegeldantrag der DAK heruntergeladen und ausgefüllt. Die Rentenbescheide hatte ich ja schon, die musste ich nur kopieren. Aber schließlich war Mutters Unterschrift nötig. Sowohl unter den Antrag als auch einer Vollmacht für mich, um direkt mit der Pflegekasse kommunizieren zu können.
Mutter fühlte sich in der Reuterstraße äußerst unwohl. Sie war von ihren Mitbewohnern genervt und verstieg sich in die Behauptung, das dort alle dement seien. Das Essen wäre auch schlecht und sie wollte nur weg. Sie brachte das Augustinum ins Gespräch, da kenne sie sich aus. Mutter wollte dort unbedingt in ein betreutes Wohnen.
Sie erzählte wieder von den Zeiten dort mit Werner und hatte sich komplett auf das Augustinum versteift. Ich versprach ihr, dort mal nachzufragen, ob etwas frei wäre. Anschließend schaffte sie es mal wieder, mich zu irritieren.
Mutter hatte sich wohl mit Berta und Sunny gestritten. Angeblich wollten sie die beiden in irgendein Heim stecken, in das sie nicht wolle. Dabei sei es doch ihre Entscheidung. Außerdem ist ja genug Geld da, das sie die vielleicht 2 Jahre, die sie noch hat, bezahlen kann. Dieses Mal fuhr ich etwas nachdenklicher nach Hause und versprach Mutter, am folgenden Dienstag wieder zu kommen.
Abends sprach ich noch mit Berta und fragte sie nach dem Streit. Berta war gänzlich überrascht, weil Sunny und sie sich nicht mit Mutter gestritten hatten. Das Gespräch lief ganz ruhig und Sunny hatte sowohl das Haupthaus der BBG in der Tuckermannstr. als auch das neugebaute Heim von Curanis in Stöckheim ins Spiel gebracht.
Beide bieten auch betreutes Wohnen an. Mutter hatte sich dazu wohl nicht geäußert. Berta und ich kamen darin überein, dass Mutter versucht, uns gegeneinander auszuspielen. Sie erzählt uns die Dinge immer so, wie sie es gerade braucht. Vielleicht macht sie das noch nicht einmal absichtlich. Aber es erschwert die ganze Angelegenheit unnötig, zumal irgendwann ja mal eine Entscheidung getroffen werden muss. Und zwar dergestalt, das Mutter weiß, wo sie die nächsten Jahre lebt. Erst dann können wir vernünftig für sie planen, erst dann kehrt etwas Ruhe ein.
Am nächsten Tag, dem 11.8., löste ich mein Geburtstagsgeschenk von Dora und Herbert ein. Zu viert begingen wir den Baumwipfelpfad in Bad Harzburg und spielten anschließend Solo. Sehr angenehm übrigens, der Baumwipfelpfad. Ideal gerade auch für Kiddies. Und für mich bedeutete dies endlich mal einen Urlaubstag, an dem ich mir den Kopf wegen Mutter mal nicht zermartern musste.
So dachte ich jedenfalls, bis mich am frühen Abend die Beraterin des Augustinum auf dem Handy erreichte. Ich hatte soeben vergessen zu erwähnen, das ich noch am Mittwoch über die Webseite einen Kontaktversuch mit dem Augustinum gestartet hatte. Vormittags beim Baumwipfelpfad klappte das noch nicht, aber mitten beim Solo Spiel hatte mich die „Hausdame" des Augustinum erreicht.
Sie hatte mir das Hausprospekt bereits zugeschickt. Als ich erwähnte, das Mutter die Einrichtung ja bereits kennt und die Hausdame vielleicht auch, zog „Mrs. T" sofort den „Ich bin unfreundlich und stolz drauf" Joker. Sie sei erst seit April im Augustinum und kenne Mutter deshalb nicht. Ich konnte die Kühle ihres Charakters durchs Telefon förmlich spüren.
Dann legte sie noch eine Schippe drauf. Das Augustinum wolle eigentlich, das die Leute noch jung ins Augustinum ziehen, damit sie langfristig noch etwas von der schönen Einrichtung haben. Mit 92 wäre das wahrscheinlich nicht für lange, aber da Mutter die Einrichtung schon kannte, würde die Eingewöhnung ja nicht so lange dauern. Kurz und gut: Unser Besprechungstermin beim Augustinum war am 16.8., also nach meinem Urlaub. Schön, dass Berta und Sunny an dem Tag gegen 16.00 Uhr auch Zeit hatten.
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