Miles Cameron - Artifact Space
„Die gewaltige Space Opera vom Meister des epischen Erzählens“, so wird es auf der Rückseite dick und fett versprochen. Nach Lektüre dieses ersten Buches von zweien kann ich behaupten, endlich verstanden zu haben, was episch bedeutet: Langes und ausführliches Herumschwafeln zur Verwirrung des Lesers, auf das dieser viel Energie aufwenden muss, um das Buch nicht einfach in die Ecke zu schmeißen. Und immer wieder zurückblättern. „Wie war das doch noch gleich…“
Der ganze Roman wird aus der Sicht der Protagonistin erzählt. Dies ist Marca Nbaro, die in einem Waisenhaus unter einem rigiden Dominus zu leiden hatte. Sie fälscht ein Offizierspatent und flüchtet sich von der Raumstation New London City auf das Großraumschiff Athen, welches sich auf die fünfjährige Handelsreise gen Trade Point, einer anderen wichtigen Raumstation, begibt. Von ihren Häschern wird im Fortgang der Story nichts mehr zu hören sein.
Zur Szenerie: Die DMK (Direktorat Menschlicher Korporationen) kann man sich als Nachfolger der westlichen Demokratien vorstellen, welche mit einer Alienzivilisation, die Seesternen ähneln, Handel treiben. Die Alien liefern Xenoglas, die Menschen Edelmetalle wie Gold, aber auch Kupfer oder Bronze. Dies geschieht dann auf Trade Point, dem anderen Ende der DMK Einflusssphäre. Auf der 3jährigen Reise dorthin tauscht und handelt die Athen, eines von nur 9 mehrere Kilometer langen Großschiffen der DMK, Güter mit den menschlichen Kolonien auf dieser Route.
Privater Handel ist erlaubt - irgendwie erinnert die DMK an die Ferengis. Selbstverständlich gibt es auf dem Weg zum Xenoglas, dem Motor der technischen Innovationen, Feinde zu bekämpfen. Da hätten wir zum einen die PTX, eine andere Menschenfraktion - quasi die Chinesen, als Sozialisten verkleidet. Und die Bläschen, eine andere Alienzivilisation, von denen keiner weiß, woher sie kommen und was sie wollen. Es scheinen aber Feinde der Seesterne zu sein.
Die ersten 200 Seiten plätschern mit endlosen Beschreibungen der Hierarchien an Bord nur so dahin; da war der Drang, das Buch wegzulegen, fast übermächtig. Aber zum Glück ging dann die Aktion langsam los. Viel Gewalt, viele Leichen. Und das Beste: Auch Freunde von Nbaro erwischt es eiskalt.
Die von ständigen Selbstzweifeln geplagte Nbaro macht sich im Laufe der Handlung unentbehrlich und steigt am Ende zum Leutnant auf, nachdem sie zuvor quasi im Alleingang das Schiff vor den Bläschen gerettet hatte. Am Ende dieses Bandes gibt es eine große Schlacht am Trade Point, wo sich die Pilotin Nbaro selbstverständlich auch wieder auszeichnen darf.
Wie Ihr seht, gibt es wenig Handlung. Die junge Nbaro verliebt sich wohl in den Wissenschaftler Dorcas; beide sind irgendwie noch geheimdiensttechnisch unterwegs und in ein Neuralnetzwerk mit der Schiffs KI involviert. Dafür sind mir allerdings noch einige unschöne Eigenarten in diesem Roman ins Auge gesprungen.
Die Zahl der offenbar wichtigen Personen erscheint auf den ersten 200 Seiten übermäßig hoch. Erschwert wird das Verständnis zusätzlich noch dadurch, dass der Autor die einzelnen Personen mal mit Nachnamen, dann mit Spitz- oder Vornamen benennt. Dies dient nicht unbedingt einer angenehmen Lesbarkeit des Buches. Erst nach dem ersten Drittel hört der Autor so nach und nach auf, den Leser mit dieser Eigenart zu quälen.
Dass Transsexuelle Personen mit kruden Pronomen beschrieben werden, finde ich erst recht nicht toll. Und überhaupt sieht mir das Ganze dank der militärischen Ordnung an Bord eher wie Military Science Fiction aus. Der „Sense of Wonder“ ist hier eher gering. Dennoch habe ich mir diesen Wälzer durchgelesen. Ist dann doch eine nette Unterhaltung, mehr aber auch nicht.
Miles Cameron - Deep Black
Der zweite Band knüpft nahtlos an den ersten an. Wobei ich argwöhne, dass es sich bei dem gesamten Werk eigentlich nur um einen Roman handelt, welcher aus verkaufstechnischen Gründen auf zwei Bücher aufgeteilt werden musste.
Nachdem Tradepoint nahezu zerstört worden war und die Seesterne aus dem System als auch aus der Romanhandlung verschwunden sind, konzentriert sich das Geschehen zunächst auf die Bläschen. Sie selbst nennen sich Hinh und bekämpfen die Seesterne, weil diese einen Genozid begangen haben sollen. Hierzu bis zum Schluss keine Aufklärung.
Auf dem Nachhauseweg nach New London folgt nach Trade Point New Texas. Die dortigen Menschen haben sich von der DMK losgesagt und stecken hinter allen bisherigen Anschlägen. Verbündet sind sie mit den Teilen der Hinh, welche nicht mit der Athen verbündet sind. Die - also unsere Freunde - bekommen zusätzlich die Unterstützung eines PTX-Schiffes sowie der Dubai, einem verloren geglaubten Großschiff.
Auch hier steht am Ende eine große Raumschlacht, welche Nbaro und ihre Freunde gewinnen. Jetzt tauchen sogar die Seesterne wieder auf und vertragen sich gar mit den Hinh - der Genozid ist kein Thema mehr, Nbaro und Dorcas machen es möglich. Ganz am Ende wird Nbaro in den Rat der DMK gewählt, Thea Drake an ihrer Seite. Wo ist Dorcas? Hab ich vergessen und ich schlage es auch nicht mehr nach.
Der Schluss dieses fetten Schmökers lässt den Leser enttäuscht zurück. Alle Handlungsstränge bleiben offen, Hintergründe über die Verschwörung bleiben im Dunkeln. Ganz schwaches Finale also. Nur eine Fortsetzung könnte den schlechten Gesamteindruck noch schmälern. Tatsächlich wirkt es so, als ob der Autor keine Lust mehr auf den Stoff gehabt hätte.
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