74 Anhang 2 - Nachtrag 2021
Meine Löwin und Berta entdeckten abschließend Im Hofladen des Hauses noch einige Spezereien, ehe sich der harte Kern der Familie noch in Oskars Haus zusammensetzte. Sunny und Reiner begaben sich hier in das Wohnzimmer. Nach kurzer Zeit rief Rainer noch ein "Wiedersehen, Oskar. Wir fahren jetzt." in den Raum. Dann waren sie weg.
Ich half Miriam noch beim Ausfüllen eines Formulars für das Amtsgericht, dann war es für uns drei auch an der Zeit, die Heimreise anzutreten. Im September würden wir die beiden wieder besuchen wollen, dann aber mit Bud.
Auf der Rückfahrt waren Berta und ich entspannt, während meine Löwin nach kurzer Zeit auf der Rückbank eingeschlafen war. Berta und ich lästerten nur noch eine kurze Zeit lang über Sunny ab. Wir sollten dies als Zeichen dafür werten, dass uns die unerfreulichen Vorgänge vor und nach dem Tod unserer Mutter nicht mehr belasten.
Ich denke, dass wir an diesem Tag unseren Frieden mit der ganzen Angelegenheit und Sunny schließen konnten. All unsere Befürchtungen, wie uns Sunny bei diesem ersten Aufeinandertreffen nach der Malaise mit unserer Mutter gegenübertreten würde, erwiesen sich als Makulatur.
Sunny hatte sich offenbar dafür entschieden, uns als Persona non grata zu betrachten. Dies war zugegebenermaßen ganz in unserem Sinne, weil auch wir an einer Aussöhnung nicht interessiert sind. Oskar selbst hatte sich mir gegenüber dahingehend geäußert, dass er sich eine Aussöhnung zwischen uns Geschwistern wünschen würde. Dieser Wunsch wird unerfüllt bleiben müssen, das hatte ich ihm schon mehrfach erklärt.
Dann ist es jetzt gut zu wissen, dass Sunny ähnlich wie wir denkt. Das macht es für uns alle einfacher, auch für Oskar. Bertas Animosität Reiner gegenüber vermag ich zwar nicht gänzlich zu teilen, aber fehlen wird mir dieser Kontakt sicherlich nicht. Doch zu meinem Patenkind Harald, Sunnys Sohn, und dessen Freundin Maria will und werde ich den Kontakt halten.
Harald hat eine gute Entwicklung genommen und nichts mit den Streitereien zwischen uns Geschwistern zu tun. Der Umstand, dass er sich mit Berta nicht verbunden fühlt, kann ich akzeptieren. Schließlich ist er Sunnys Sohn und sollte daher eher zu seiner Mutter halten, denn eins möchte ich hier noch einmal erwähnen: Die weitaus größere Animosität besteht zwischen Berta und Sunny, nicht zwischen Sunny und mir.
Beide liegen vom Alter her nicht so weit auseinander, ich bin das Nesthäkchen. Von der Konkurrenz beider Mädchen in ihrer Kindheit habe ich in früheren Jahren nichts mitbekommen. Als die Lage nach dem Tod unserer Mutter eskalierte, kamen Sachen ans Tageslicht, die ich vorher nicht für möglich gehalten hätte.
Fälschlicherweise hatte ich während vieler Jahre angenommen, dass wir drei Geschwister zwar nicht mehr viel miteinander unternommen haben, aber uns wenigstens dann zusammengerauft haben, wenn es darauf ankam. Diesen Irrtum habe ich mir anlässlich der Ereignisse um Mutters Tod eingestehen müssen.
Was von dem Verständnis der Geschwister untereinander bleibt, ist die stillschweigende Vereinbarung, sich zu ignorieren. So haben wir es in unserem Elternhaus beigebracht bekommen. Das eigene Verhalten wird nicht erklärt. Das Verhalten von Anderen wird bei Missfallen nicht hinterfragt.
Das hindert uns selbstverständlich nicht daran, darüber zu grübeln, was wir nicht verstehen. Wir machen einfach so weiter, bis wir irgendwann explodieren und anfangen zu pöbeln. Diese bittere Quintessenz habe ich für mich gezogen und versuche, mein eigenes Verhalten zu verändern. Dies gelingt mir leider seltener, als ich es gerne hätte. Aber ich bleibe dran und bekomme Stück für Stück ein anderes Verhalten hin.
Meine Löwin, meine Freunde und nahe Verwandte helfen mir dabei. Desweiteren bin ich bemüht, anderen Menschen zu helfen, die in ihren Beziehungen zu Verwandten oder Freunden ähnliche Situationen durchleben mussten.
Niemand ist nur gut oder nur böse, das ist eine grundlegende Erkenntnis. Aber es ist auch nicht notwendig oder gar zielführend, alle zwischenmenschlichen Probleme auszuräumen und die Stimmungslagen wieder ins Lot zu bringen. Viel wichtiger ist es, zu akzeptieren, dass wir alle nicht miteinander gut Freund sein können.
So habe ich mir in den letzten ca. 30 Jahren angewöhnt, zumindest meinen inneren Frieden mit den Menschen zu schließen, mit denen ich mich zerstritten oder auseinander gelebt habe. Wo mir das gelungen war, bin ich bislang immer gut mit gefahren.
Entweder findet man wieder zusammen oder bleibt auf Distanz. In dem Moment, wo ich andere Meinungen zwar nicht akzeptieren, aber tolerieren kann, habe ich meinen inneren Frieden mit diesem Menschen schließen können.
Als gutes Beispiel bietet sich hier meine Mutter an. Unser Zerwürfnis nach Walters Tod dauerte vielleicht zwei Jahre an, doch dann fanden wir wieder zueinander.
Explizit möchte ich festhalten, das Sunny im Wesentlichen für diese Aussöhnung verantwortlich zeichnet. Denn sie hatte damals meine Löwin und mich zu ihrem Geburtstag eingeladen, bei dem meine Mutter und ich uns wieder näher kamen. Jetzt sind Sunny und ich uns nicht mehr grün. Was für eine bittere Ironie!
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