Dienstag, 27. Juli 2021

Uncle Fester: grad gelesen Juli 2021

James A. Sullivan - Chrysaor
Der in Deutschland aufgewachsene und lebende amerikanische Autor, welcher eher im Fantasy Genre unterwegs ist, hat hier einen ähnlich unterhaltsamen Roman wie "Die Granden von Pandaros" abgeliefert. Auffallend ist, dass auch hier Schattenkonzerne, also quasi mafiöse Unternehmensstrukturen, eine wesentliche Rolle spielen.
Um das Jahr 2500 herum hat sich die Menschheit in einigen Sternensystemen ausgebreitet. Die KIs, die diesen technischen Fortschritt ermöglicht hatten, haben sich schon seit mehr als 100 Jahren aus der Zivilisation zurückgezogen. Es verbleibt somit eine Szenerie, welche dem Star Wars Universum nicht ganz unähnlich ist.
Hier sind die Uranosier die militante Macht, welche die Ketoniden zu unterdrücken versucht. Auf Chrysaor, einem Planeten des ketonidischen Systems, befindet sich eine Basis der ausgestorbenen Alien Spezies namens Njalden mit vielen technischen Spielereien, auf den auch die Uranosier scharf sind.
Chris Mesaidon ist der junge Held dieses Romans, der vom Piraten Valmas Zakaris aus einer explodierenden Raumstation gerettet wird. Die Uranosier wollten ihn lebend, weil er ein Verwandter von Ryala, der Anführerin der Ketoniden ist und wahrscheinlich als einziger die Rätsel der Njalden-Basis auf Chrysaor entschlüsseln kann.
Weitere Hilfen erhalten Chris und Valmas von Darae, der unglücklichen Ehefrau von Meljan Solree, Kriegsheld und brutaler Befehlshaber der uranosischen Streitkräfte. Gleichzeitig ist Darae Grande eines großen Schattenkonzerns, der die Ketoniden jahrelang im Kriegsgeschehen gehalten hat. Was folgt, ist ein Finale im Stile von "Die Rückkehr der Jedi-Ritter".
Während Ryala die uranosische Flotte vor Chrysaor angreift und beschäftigt, versucht ein kleines Außenteam die Alien Basis auf Chryasor einzunehmen. Schlüsselfigur hierbei ist natürlich Chris, der versuchen muss, seine zweite Tante Senthea zu befreien, die von den Uranosiern gezwungen wird, die Alien Waffen auf Ryalas Rebellenflotte zu richten.
Die drei Schwestern (die Dritte ist die von Meljan ermordete Mutter von Chris) sind die einzigen, die mit der Njalden-Basis, die nicht von Aliens, sondern von den alten KIs gebaut wurde, kommunizieren können. Bis eben Chris auftaucht. Er ist der Auserwählte.
Ca. 50 Seiten vor Schluss ist die Situation der Rebellen nahezu hoffnungslos. Senthea muss immer noch die Flotte ihrer eigenen Schwester beschießen und hat sie schon fast zerstört. Ein Außenteam um Valmas ist dank einer Giftgasattacke so gut wie ausgeschaltet. Meljan konnte Darae zwar gefangen setzen, kann von mir aber kurz und schmerzlos getötet werden.
Und Chris? Nachdem er Senthea befreien konnte, schließt er sich mit der KI der Anlage zusammen und begegnet in einem leider sehr langen esoterischen Abschnitt den drei Inkarnationen der Schwestern, welche sich über diverse Parallelwelten und Zeiten erstrecken.
Über 30 Seiten lang quält uns der Autor u.a. mit Medusa und Perseus aus der griechischen Mythologie, bloß um dann ein positives Finale zu präsentieren. Dies war zwar vorhersehbar, aber den Wendepunkt des Kriegsglücks hätte ich gerne doch direkt erzählt bekommen, statt am Schluss vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Ich möchte sagen, dass dieses doch etwas merkwürdige Ende den guten Gesamteindruck des Romans schmälert. Schade drum.

                                                    

Rob Boffard - Verschollen
Der umtriebige Südafrikaner hat hier einen tollen Roman vorgelegt. Fasziniert las ich eine abgedrehte Locked-Room-Story, welche im Jahr 2172 in einem abgelegenen Sternensystem spielt. Dank energieintensiver Hyperraumsprungtore hat sich die Menschheit in der näheren Umgebung des Sonnensystems ausgebreitet.
Auf der abgelegenen Sigma Station hat man einen hervorragenden Ausblick auf den Pferdekopfnebel. Hier betreut Reiseführerin Hannah Elliot an ihrem ersten Arbeitstag the Red Panda, ein kleines abgewracktes Ausflugschiff, dass die Form eines umgedrehten Scheißhaufens hat. Anders als im Traumschiff bahnt sich hier alsbald eine Katastrophe an.
In diesem Sternensystem hatten sich 20 Jahre zuvor die Frontier und die Kolonien in einem Bürgerkrieg gegenübergestanden. Nun herrscht ein wackeliger Frieden zwischen der Erde (Frontier) und den rebellischen Kolonisten. Als urplötzlich ein unbekanntes Kampfschiff die Sigma Station zerstört, ist die Red Panda mit 10 Menschen an Bord hoffnungslos in diesem System gestrandet, da das Kampfschiff auch das Sprungtor zerstört hatte.
Die Pilotin Volkova versucht erfolgreich, das kleine Touristenschiff vor der Vernichtung durch das Kampfschiff zu schützen. Währenddessen soll Hannah die bunte und schrille Touristenschar beruhigen - leider erfolglos.
Da wäre zunächst die Diplomatin Anita Livingstone mit ihrem Mann Everett und den Söhnen Corey und Malik. Anita hatte einen Vertrag mit den Kolonisten ausgearbeitet, welcher der Frontier weitere Schürfrechte einräumen soll. Jack Tennant ist Klatschreporter und misstrauisch, was Volkovas Bemühungen angeht. Lorinda Esteban wiederum ist eine ältliche Witwe, die ihr florierendes Bergbauunternehmen aufgelöst hat und um ihren Mann trauert.
Da fehlen nur noch Brendan und Seema O'Hara, ein frisch verheiratetes Paar, welches sich im Laufe des Romans als Killer Team eines Gangstersyndikats erweist. Als es Lorinda gelingt, das Kampfschiff zu zerstören und den Piloten gefangen zu nehmen, eskaliert das ganze Geschehen. Seema tötet Volkova mit dem Messer und wird selbst später vermeintlich von Jack getötet.
Der gefangene Soldat Roman kämpfte für die Frontier statt, wie angenommen, für die Kolonisten. Er und seine Mitstreiter wollten den Krieg zwischen der Frontier und den Kolonisten neu entfesseln, was sehr stark an die Kriegsbewältigungsfilme der Amerikaner seit den 70er Jahren erinnert.
Dank der Kinder, welche die einzigen vernünftigen Menschen an Bord sind, arbeiten Roman und die Touristen zusammen, um das Ersatzschiff der Verschwörer zu entern. Dieses ist nicht auf ein Sprungtor angewiesen und somit die einzige Chance, das Sigma System zu verlassen und zu überleben.
Mit einem Trick gelangen Roman und Jack in das Ersatzschiff und können die Besatzung täuschen, während Hannah die Red Panda in ein offenes Tor des Ersatzschiffes manövriert. Als Roman den Hyperraumsprung auslösen muss, überkommen ihn plötzlich Zweifel, nachdem er mit Jack die Besatzung von der Brücke aussperren konnte.
Nun wird der Säufer Jack, welcher bislang eher unsympathisch gezeichnet worden war, zum Helden. Er überwindet den vor ihm mit einer gezogenen Pistole stehenden Roman und löst den Hyperraumsprung aus. Das Ende dieses Romans ist damit unspektakulär.
Die Red Panda materialisiert über Austin, Texas. Als Drahtzieher des terroristischen Anschlags auf die Sigma Station entpuppt sich schließlich der Chef von Anita, Senator Daniels. Dank der von Malik ins Netz gestellten Videos wird dieser sich nicht mehr aus der Angelegenheit herauszureden können, obwohl er den Überlebenden einen Maulkorb per Gerichtsbeschluss verpasst hatte.
Dieser Roman hat mich tatsächlich sehr stark angesprochen, da er einige Stimmungslagen anspricht, die zurzeit in mir brodeln. Sei es die politische Hintertücke oder der persönliche Umgang der Protagonisten miteinander, es passte halt gerade zu vielen Vorgängen zum Zeitpunkt des Lesens, die mich gerade umtrieben.
Also nicht die große Story, sondern die Charakterisierung der einzelnen Personen macht hier den starken Roman aus. Mehr davon.

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