Sonntag, 23. August 2020
Hartmudo: Mutter
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Nach dem Termin beim Notar war nun erst einmal weitestgehend Ruhe angesagt. Bereits eine Woche vor Unterzeichnung des Kaufvertrages hatte die Hausverwaltung die Abrechnung der Betriebskosten für 2016 geschickt. Das Guthaben betrug knappe 90 Euro, dies hatte ich Sunny auch sofort per Whatsapp mitgeteilt. Die beiliegende Einladung zur Eigentümerversammlung war meiner Meinung nach für uns uninteressant, selbst wenn dort Entscheidungen wegen Heizungssanierung und irgendwelchen Pflanzinseln anstanden. Wir hatten doch bereits einen Käufer.
Wie im vorherigen Abschnitt geschildert, war dies eher schon eine Angelegenheit für den neuen Eigentümer. Deshalb hatte ich die Einladung auch beim Notarstermin an den Dottore weitergereicht; seine Frau ist dann zur Versammlung hingegangen.
Ende März meldete sich Sunny noch einmal. Sie wollte den Maklervertrag noch einmal haben. Da war ich erstaunt, machte mir aber keinen Kopf drum. Offenbar war ich der Einzige, der sich eine Kopie davon gemacht hatte. Wahrscheinlich hatte sich Sunny den Vertrag bei ihrer Unterschrift, als der Makler sie zuhause besuchte, nicht einmal durchgelesen.
Sofort begann sich der Argwohn bei mir zu regen. Warum bloß in aller Welt wollte sie den Maklervertrag begutachten? Ich grübelte so vor mich hin, bis mir klar wurde, dass es um die Aufteilung der Maklerprovision ging. Also nicht zwischen uns Geschwistern, sondern zwischen Dottore und uns.
18 Monate später (ich schreibe grad diese Zeilen) weiß ich das noch nicht mal mehr. Ich nehme an, dass wir die zwischen Dottore und uns gleichmäßig aufgeteilt hatten. Update 17. September 2018: Ich habe soeben Berta befragt. Die Kaution wurde wohl zwischen uns aufgeteilt.
Kurze Zeit später hatte ich mit BS Energy den Stromstand abgeklärt, damit wir eine saubere Übergabe hinkriegten. Die Stände von Warmwasser und Heizung sollte eigentlich der Hausverwaltung bekannt sein. Dies nahm ich auch noch in die Hand. Ich schickte der Hausverwaltung eine Kopie des Kaufvertrages, um den Eigentümerwechsel anzuzeigen. Nicht dass die noch das Hausgeld von uns kassieren wollten. Hierzu erteilte ich der Verwaltung den Auftrag, sich mit Techem zwecks Ablesung der Heizung in Verbindung zu setzen. Die benutzten zum Ablesen doch tatsächlich noch Röhrchen!
Ab April sollte der Dottore schon das Hausgeld bezahlen, schließlich haben wir ihn auch gleich den Wohnungsschlüssel überlassen, damit er dort renovieren, besser gesagt sanieren konnte. Hierzu muss ich im Nachgang anmerken, dass der tatsächliche Eigentumsübergang erst zum 1.5.2017 vollzogen wurde, weil sich die Zahlung des Kaufpreises dann doch bis in den April hinzog.
Daher blieb das Hausgeld für April noch bei uns kleben. Allein deswegen zitterten Berta und ich gleich wieder wie Espenlaub, weil wir da schon wieder irgendein Ungemach durch Sunny witterten. Dies war allerdings vollkommen unbegründet, denn selbst Sunny war bewusst, dass wir wegen einer Hausgeldzahlung den gesamten Verkauf nicht noch gefährden sollten. Schlimm, wie zerrüttet die Nerven von uns Geschwistern durch die ganzen Streitereien geworden waren.
Bei mir äußerte sich dies übrigens im Kontrollverlust, was meine Ernährung angeht. Im Jahr zuvor, als es mit Mutter gesundheitlich bergab ging, hatte ich mich noch jeden Morgen gewogen und lag wohl so bei ca. 115 kg Kampfgewicht. Als ob das nicht schon schlimm genug gewesen wäre, stellte ich meine Gewichtskontrollen bei all dem Stress ein und landete dann im Jahr nach Mutters Tod bei satten 125 kg.
Kartoffelchips und Schokolade, Geißel und Tröster meiner Kindheit, wanderten während der ganzen Zeit verstärkt in meinen Einkaufskorb. Ich sah das Michelin Männchen, wenn ich mich im Spiegel betrachtete. Freunde und Verwandte machten mich ebenfalls darauf aufmerksam, doch ich ignorierte das alles.
Spätestens als Teenager hatte ich gelernt, dass Schokolade und Kartoffelchips gute Trostspender während der Unbill der Pubertät darstellen. Ich wechselte damals täglich. Mal verdrückte ich mindestens eine Tafel Schokolade - Sarotti, Sprengel, Ritter Sport oder auch Milka. Vorrangig Vollmilch, aber dank meines Vaters lernte ich auch Waldbaur Vollnuss zu schätzen. Genau, die von Aldi.
An den anderen Tagen drückte ich immer eine ganze Tüte Kartoffelchips alleine weg. Chio und Bahlsen waren nicht so mein Ding. Ich verzehrte Chips schon mit Niveau, will sagen: Chipsfrisch Ungarisch oder Pepperoni. Da geht nichts drüber. Zugegebenermaßen gab es auch da schon mal Tage, da mussten es einfach Ibu Paprika sein.
All diese Kindheitserinnerungen brachen wieder durch in dem knappen Jahr, in dem Berta und ich uns mit Sunny beharkten. Ich redete mir die ganze Zeit ein, dass ich mich ja ausreichend bewegen würde und dass Kondition wichtiger sei als das Gewicht. Ich wollte es einfach nicht wahr haben und verschlang noch mehr Chips und Schoki. Die Quittung sollte mir mein Hausarzt ein Vierteljahr später aufmachen.
Was auch gut war, denn ansonsten könnte ich mich heuer auch noch mit einer Diabetes und was weiß ich noch alles auseinandersetzen. Doch eins war Ende März 2017 nach den paar Whattsapp mit Sunny klar: Wir bogen jetzt endgültig auf die Zielgerade ein.
Anfang April war das Geld aus dem Verkauf der Wohnung auf unseren Konten, jetzt blieb nur noch die Auflösung von Mutters Konto zu erledigen. Danach brauchten wir uns nicht mehr gegenseitig auf die Nerven zu gehen.
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