Freitag, 4. August 2017

Uncle Fester: grad gelesen August 2017

Alastair Reynolds – Unendliche Stadt
Reynolds hat mit dem Revelation Space Zyklus ein Universum geschaffen, das ohne starke Präsenz von Aliens auskommt und trotzdem sehr fantasievoll gestaltet ist. Da Reynolds die seltene Gabe hat, seine Geschichten brilliant wie packend aufzubauen, ist großes Lesevergnügen garantiert. Doch warum liegt das Buch bei mir seit 5 Jahren ungelesen herum? Wahrscheinlich hatte ich auf eine Fortsetzung gewartet, die nie kam.
Ist auch als Einzelroman nen geiles Ding. Die unendliche Stadt ist Spearpoint, die letzte zivilisierte Bastion der Menschheit in ferner Zukunft. Spearpoint ist ein gigantischer Berg, dessen Spitze ins All hineingreift. Auf dem Berg existieren unterschiedliche Zonen, in denen die Menschen in verschiedenen Zivilisationsstufen leben müssen, denn ein Wechsel der Zone verursacht körperliche Schmerzen, die ohne Medikamente unerträglich sind.
An der Spitze dieses Berges leben die „Engel, biologisch umfunktionierte Menschen, die ein höheres technisches Niveau als unsere Realität haben und fliegen können. Die Engel wollen die nächstniedere Zone Circuit City infiltrieren. Die ausgesandten, biologisch veränderten Testpersonen scheitern. Quillon ist der einzige Überlebende und dies ist seine Geschichte.
Quillon versteckt sich vor den Killern der Engel als Pathologe in Circuit City und muss zu Beginn der Story fliehen. Sein Freund und Unterwelttycoon Fay vermittelt ihm das Mädchen Meroka, die eine Spezialistin im Schmuggeln von Personen über die verschiedenen Zonengrenzen ist. Sie schafft Quillon aus Spearpoint in die Wildnis hinaus, die von allerlei obskuren Lebewesen, auch Menschen, bevölkert ist.
Die beiden können die dort lebenden Kalis und Nimcha aus den Händen der Totenschädel, einer üblen wie losen Gruppierung von Straßenräubern, die seit einem Zusammenbruch der Zonenstruktur koordiniert zusammenarbeiten und die Zivilisation, insbesondere das von der Zonenänderung besonders schlimm betroffene Spearpoint, zerstören will. Nimcha ist die Tochter von Kalis und ein kleines Mädchen, welches ein Nachkommen der einst mächtigen Tektomancer Sekte ist, die Spearpoint (und noch andere Städte) einst in grauer Vorzeit geschaffen hatte, aber zur Zeit des Romans verschwunden ist.
Mithilfe von Curtana, einer Kapitänin eines Luftschiffes des Schwarms, entkommen alle 4. Der Schwarm ist ein Zusammenschluss von militärisch straff organisierten Menschen, die auf Luftschiffen leben und einst mit Spearpoint verbündet waren. Quillon kann den Chef des Schwarms überreden, ein von eben diesem Chef entwickeltes Antiserum, welches die Folgen der Zonenkrankheit beseitigt, zur Rettung der Menschen nach Spearpoint zu bringen.
Der Großteil des Romans spielt auf den Luftschiffen; die ganze Story schreit nach einer Verfilmung a la „Fluch der Karibik“. Reynolds hat hier ein hochinteressantes Universum mit einem schönen Rätsel (Warum wurde Spearpoint gebaut? Wo führt die Spitze des Berges hin?) erschaffen, welches zum Schluss aber offen bleibt. Wollte Reynolds ursprünglich eine Fortsetzung schreiben?
Soviel sei aber verraten: Ziel ist nicht der Himmel, sondern die Tiefe. In Richtung Erdmitte scheint sich so eine Art Tor zu anderen Welten zu befinden. Dorthin sind auch die Tektomancer verschwunden… Absolut lesenswert dieser Roman.


                    

Michael Cobley – Die Jäger des Lichts
Nach all den Jahren hat Cobley zu seinem Humanity`s Fire Zyklus noch mal einen Roman rausgehauen. Und der ist straffer als die alten Romane, weil wir hier lediglich zwei bis vier verschiedene Handlungsstränge nebeneinander haben.
Der Schmugglercaptain Pyke hat mit seiner Crew der Scarabus einen militärisch nutzbaren Scanner für Khorr besorgt, der Pyke und seine Crew bei der Übergabe ausschaltet. Die Schmuggler haben dabei tierisches Glück, dass Khorr mit seinem Versuch, das Lebenserhaltungssystem auszuschalten, gescheitert ist.
Leider werden die beiden Frauen seines Teams, Pykes Freundin Dervla sowie Win Foskel, von den Herren des „Kriegskäfig“ im Laufe der anfänglichen Handlung entführt. Fortan versucht Pyke mit seiner Crew die Mädchen zu retten. Und so wie In „Expanse“ oder auch „Guardians of the Galaxy“, ist sein Team erlesen und interessant genug für eine nähere Betrachtung durch den Leser. Während Ancil und Kref richtige Kampfschweine sind, haben wir es bei Mojag und Punzho eher mit komplizierten Charakteren zu tun, die im Laufe der Handlung zunehmend an Profil gewinnen.
Mit der unabhängigen Drohne des Konstrukts, einer Maschinenzivilisation, namens Rensik Estemil und der menschlichen Agentin Sam Brooks sind in einem parallelen Handlungsstrang zwei Figuren aus den früheren Romanen hinter dem Kriegskäfig her, um eine mögliche Bedrohung für das Konstrukt und die Erdsphäre der Menschen auszuspionieren.
Der Kriegskäfig wiederum ist ein Verbund aus über 300 bewohnbaren Planeten, die von den Herrschern dieses Systems gestohlen und um eine Sonne gruppiert worden sind. Dieser Verbund ist mobil und kommt ursprünglich aus dem Andromedanebel, immer auf der Suche nach neuen Planeten, die integriert werden können, um sie gegen alte und zerstörte Planeten auszutauschen. Denn die Waffenlords als Herren des Systems unterdrücken die verschiedenen Alienrassen, indem sie diese in Turnieren gegeneinander kämpfen lassen, wobei die Planeten dank der Kämpfe nach und nach derart in Mitleidenschaft gezogen werden, dass sie nicht mehr bewohnbar sind.
Eines dieser kämpfenden Völker sind die Zavri, die bereits seit Jahrtausenden den 5 Waffenlords treu ergeben sind. Akreen steigt als „erste Klinge zum Anführer der Zavri auf und wird zum Verbündeten der Kettner, der Opposition aus unzufriedenen Völkern des Kriegskäfigs, die die Waffenlords endlich absetzen wollen. Denn Akreen muss erkennen, dass die Zavri in grauer Vorzeit die dank einer Symbiose mit biomechanischen Würmern übermächtigen Waffenlords bekämpft hatten. Diese Tradition will er fortsetzen.
Anführer der Kettner ist G' Brozen Mav, der mit seinem Werkzeugträger Hechec Pyke zuerst sein Schiff klaut und diesen samt seinem Team auf einem Kampfplaneten des Kriegskäfigs sitzen lässt. Rensik Estemil befreit derweil Dervla aus den Fängen von Xra-Huld, dem mächtigsten Waffenlord.
Ganz zum Schluss können Pyke und Akreen Xra-Huld dank des Fragments eines uralten Zavri besiegen und den Kriegskäfig befreien.
Bis dahin ist jede Menge Action angesagt und die Vielfältigkeit der Alienvölker lässt den Leser auf eine Fortsetzung hoffen, zumal die Überlebenden von Pykes Team zusammenbleiben wollen und nach neuen Abenteuern dürsten. Angeblich soll dieser 4. Band ja der Abschluss des Zyklus sein, aber wer weiß, vielleicht überlegt es sich Cobley noch einmal.

Andreas Brandhorst – Das Arkonadia Rätsel

Omni hatte ich erst vor kurzem gelesen und schon ist er da, der zweite Roman aus dem Omni Universum. Jasper alias Forrester und seine Tochter Jasmin alias Zinnober sind im Auftrag von Omni durch die halbe Galaxis gereist, um auf Arkonadia das nur alle 453 Jahre auftretende Nerox Phänomen zu untersuchen.
30 Jahre sind vergangen, seitdem sich Aurelius geopfert und Jasper und Jasmin seine Nachfolge als Reisende im Dienst von Omni angetreten haben. Der Inper Thrako beauftragt sie, das Rätsel um das Nerox Phänomen zu lösen und die verschollene Reisende Samantha wiederzufinden.
Das menschliche Siedlungsschiff Poseidon war seit Mitte des 90. Jahrhunderts im Hyperraum, von Brandhorst Sprawl genannt, verschollen. Jetzt wissen wir, dass die Kolonisten fernab der menschlichen Zivilisation im Sagittariusarm auf Arkonadia gestrandet waren. Hier leben sie mittlerweile Anfang des 121. Jahrhunderts friedlich mit anderen Alienrassen, die zumeist dank des Nerox gleichfalls gestrandet waren, zusammen. Obwohl friedlich…
Alle 453 Jahre tritt das Nerox Phänomen auf. Und alle wollen den Mittelpunkt des Nerox erreichen, um sich zum Herrscher von Arkonadia aufschwingen zu können, aber der Weg dorthin ist mit Fallen und Täuschungen gespickt. So will auch General Tailos von den Jannaschi, die einen kleinen Rüssel statt einer Nase tragen, die Macht für seinen unnützen Sohn erringen. Als Schlüssel zur Zentrale des Nerox dienen Schlüssel aus Supra. Dieses Material, wohl radioaktiv, ermöglicht auch Jasper und Jasmin mittels Armbändern die relative Unsterblichkeit.
Tailos zwingt den alten Werkzeugmacher Zirzo, dem besten seiner Zunft, in seine Dienste, damit er ihm aus Supra eine Figur erstellt, die als Schlüssel zum Nerox fungiert. Da während des Erscheinens des Nerox moderne Technologie ab Strom nicht mehr funktioniert, bricht Tailos bereits 4 Jahre vor Erscheinen des Nerox mit seinem Heer unter Aufbietung der rudimentären Technik des Dampfzeitalters in die südliche Hemisphäre des Planeten auf, wo er die Ankunft des Nerox in einer alten Festung erwartet.
Zirzo stellt heimlich eine eigene Skulptur her, die, ohne das er es weiß, ein Abbild der letzten Pandora darstellt, der legendären ersten Superzivilisation des Universums, die die Saat des Lebens vor einer Milliarde Jahren in das Universum trug. Plötzlich taucht bei ihm die schwer verletzte Samantha auf, die sich vor Baltasar, einem einheimischen Gelehrten und Bösewicht dieser Geschichte, versteckt.
Baltasar hatte vor 453 Jahren das Zentrum des Nerox fast erreicht und dabei seinen halben menschlichen Körper eingebüßt. Jetzt läuft er mit einer metallischen Gesichtshälfte herum und hat natürlich auch ansonsten Kräfte wie Beißerchen. Im Laufe der Handlung nimmt Baltasar Jasmin gefangen, um die von Omni vorbereitete Reisende als Schlüssel zu benutzen.
Jasmin hat Zweifel an Omnis guten Absichten. Baltasar zeigt ihr ein Video von vor einer Milliarde Jahren, nach dem die letzte Pandora mit ihrem Schiff Nerox von Omni verfolgt und beschossen wird. Als Folge ihrer fehlgeschlagenen Vernichtung irrt die nunmehr fast tote Pandora durchs Universum und taucht mit ihrem Schiff alle 453 Jahre über Arkonadia auf. Jasmin schwankt in ihrer Treue zu Omni, erkennt aber gegen Ende ihren Irrtum, da Baltasar sie selbstverständlich belogen hatte. Denn nicht Omni wollte die letzte Pandora vernichten, sondern die Exilanten, die als Folge von Omnis Machtübernahme in der Milchstraße nach den Verschwinden der Pandora in ferne Galaxien geflüchtet waren.
Jasper wird von Hatan, einem Heerführer der Jukin, entführt. Die Jukin sind somit ebenfalls auf dem Weg zum Nerox. In der alten Festung kommt es dann zum vorläufigen Showdown der verschiedenen Gruppierungen, das erinnert dann schon fast an Fort Boyarde mit Reiner Schöne. Jasper sieht gerade noch, wie Baltasar mit der totgeglaubten Jasmin in einem Tor ins Nerox verschwindet. Zusammen mit Hatan nimmt er ein anderes Tor; hierbei verstirbt Hatan. Samantha und Zirzo erreichen den Nerox ebenfalls zusammen. Auch Tailos stirbt hierbei mit seinem nichtsnutzigen Sohn.
Ab jetzt lässt Brandhorst seiner Fantasie freien Lauf, denn jetzt wird es surreal. Jasper befindet sich in einem unendlich langen Zug. Der „Dahlmann“, gleichzeitig Schaffner und Heizer der Dampflok, führt ihn durch die leeren Abteile und tritt seinen Posten irgendwann an Jasper ab. Auch Zirzo und Samantha erreichen mit dem Kremser, einem Schlüsselwächter, den Zug. Diese 3 fuhren vorher in einem Boot über einen See. Sowohl See als auch der Zug sind Synonyme für die Verteidigungseinrichtungen der Nerox, denn die ist ein Schiff.
Und auf diesem Schiff treffen am Ende alle zusammen, auch Jasmin und Baltasar. Die letzte Pandora lüftet ihr Geheimnis und überlässt schließlich Samantha das Schiff, damit diese mit Zirzo auf eine jahrmillionenlange Reise in ferne Galaxien fliegen kann, um dort die Saat des Lebens auszubringen. Baltasar stirbt selbstverständlich; Brandhorst weiß, was sich gehört.
Thrako schließlich holt Jasper und Jasmin ab; beide haben ihre erste Feuertaufe im Dienste von Omni mit Bravour bestanden. Arkonadia wird Hilfe von Omni bekommen, das gegenseitige Abschlachten der Bewohner alle 453 Jahre wird ein Ende haben. Ein geiler Roman, ich warte auf den nächsten Teil.

Frank Goosen – Mein Ich und sein Leben
Neues aus Bochum, neues aus dem Pott. Jedenfalls für mich, denn diese Sammlung witziger Kurzgeschichten ist bereits aus dem Jahre 2004. Das Buch ist wie üblich kurzweilig zu lesen; dankenswerterweise erwähnt Goosen am Ende des Buches das Entstehungsjahr sowie die näheren Umstände der Entstehung der einzelnen Geschichten.
Seine alten Kumpels Spüli, Pommes und Mücke z.B. kannte ich ja bereits aus anderen Erzählungen. Goosen hat hier wohl Kindheitserinnerungen aufgeschrieben, die Kurzgeschichten lassen hier die ersten Gehversuche des Autors erahnen, bevor er mit „Liegen Lernen“ zu einem der wichtigsten deutschen Schriftsteller reifte. Vergesst also Tommy Jaud, den alten Yuppie.
Zugegebenermaßen sind nicht alle Stories gut, auf einige hätte Goosen bei der Zusammenstellung auch verzichten können. Aber das ist auf dem Blog hier bei hartmudo oder H. Lecter auch nicht anders.
Oder: Eine Zusammenstellung der besseren Stories von diesem Blog, frisch aufbereitet, könnte mit den Stories von Goosen durchaus mithalten.

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