Mittwoch, 14. Januar 2015

Uncle Fester: grad gelesen Januar 2015

M. John Harrison: Licht – Die Triologie
„Das Opus Magnum eines der größten Science-Fiction-Autoren aller Zeiten“ steht groß auf der Rückseite und ich glaube das auch noch! Schlimmer noch; Das erste dieser 3 hier versammelten Bücher hatte ich schon mal gelesen.
Den ersten Roman „Licht“ las ich aber trotzdem nochmal, weil ich mich partout nicht an den Inhalt erinnern konnte. Wie so häufig ist dieser Roman mit 3 Erzählsträngen ausgestattet, die erstmal nichts miteinander zu tun haben.
Da hätten wir zum ersten die Wissenschaftler Michael Kearney und Brian Tate, die 1999 irgendetwas mit Quantenphysik entdecken, was in der Zukunft wichtig ist. Was, habe ich vergessen, ist aber auch nicht wirklich entscheidend. 1999 jedenfalls werden beide nicht als Genies erkannt. Kearney ist dazu noch ein gestörter Killer, der aufgrund knochernartiger Würfel wirre Entscheidungen trifft und daraufhin Leute umbringt. Einfach so, ohne natürlich erwischt zu werden. Weiterhin wird er noch von seiner Ex Frau Anna verfolgt, die ihm helfen will und krankhaft hinter ihm hertrottet. Der Shrander (?), der Kearney offenbar schon sein ganzes Leben gequält hatte, versetzt ihn am Ende auf eine diffuse Fläche im Vakuum, wo er dann stirbt.
Wirr, denkst Du? Dann zum zweiten Handlungsstrang. Seria Mau Genlicher ist zu Beginn des 25. Jahrhunderts Pilotin eines „K-Schiffes“. In diesen kampftauglichen Raumern verschmelzen die Piloten mit der KI des Schiffes; ihre Körper hausieren verkümmert in einem Bassin. Von Onkel Sip, dem „Gen-Schneider“, erhält sie die „Dr. Haends Einheit“. Keiner weiß, was diese Maschine kann. Sie fällt nur dadurch auf, dass sie dauernd „Dr. Haends! Bitte in den OP“ sagt. Ein Typ namens Billy Anker soll helfen können, stirbt aber kurz vor Ende. Seria Mau verwandelt sich in eine Libelle auf der diffusen Fläche.
Der 3. Strang ist da etwas verständlicher. Tig Vesicle betreibt eine Tankfarm und kassiert Mieten für die Cry Schwestern, 2 mafiösen Damen im Sekretärinnen Outfit.In den Tanks erleben die Süchtigen eine Traumrealität ihrer Wahl, so auch Ed Chianese, der den Cray Schwestern Geld schuldet, eine davon umbringt und sich schließlich in Sandra Shens Circus zu einer Rikscha Fahrerin flüchtet. In dem Circus wird Ed zum Medium ausgebildet, welches die Zukunft erkennen kann. Ed Chianese, der dieselben Würfel benutzt wie Kearney Jahrhunderte zuvor, übernimmt am Ende das Schiff von Seria Mau Genlicher.
In diesem ersten Roman ist also doch ein zielgerichteter Faden erkennbar. Leider ist der Gesamtplot zu wirr, als das die kafkaesk angelegten Charaktere den Leser fesseln könnten. Ich wußte nichts, gar nichts mehr vom 1. Lesen und mußte für diesen Bericht auch ganz viel im Buch rumblättern.
Für die Teile 2 und 3 des Buches erspare ich mir das Blättern. Eine abgedrehte Polizistin, die eine fiese Killerin und total durchgeknallt ist. Ihr Chef, der aussieht wie der ältere Albert Einstein. Anna Kearney taucht wieder auf und irrt durch London. Irgendwelche anderen Freaks kaufen ein Raumschiff und transportieren Dinge.
Das muß reichen – ich habe schon seit Jahren nicht mehr soviel gequirlte Scheiße lesen müssen. Normalerweise lege ich so einen Schrott schnell weg, aber man hofft ja immer. Die einzelnen Stränge versickern im Nirvana und ließen mich ratlos zurück. Handwerklich gut geschrieben, keine Frage. Aber die Handlung selbst bleibt wirr, Oberschülergeschreibsel halt. Setzen, 6!

Fast alles über 50 Jahre Bundesliga
Wow, soviel unnützes Wissen auf einem Haufen. Aber wir Fußballfans sind ja bekanntlich Statistik Fetischisten. Hier steht alles, was man noch nicht wusste und auch gar nicht wissen muss.
Wolfgang Overath war von Beruf ursprünglich Kaufmannsgehilfe. Was passierte auf einigen Weihnachtsfeiern? Die beruflichen Stationen des Reiner Calmund nach Bayer Leverkusen werden aufgelistet. Welcher Spieler war bei den meisten torlosen Partien dabei? Oliver Reck – 50 Spiele waren es.
So geht das in einer Tour. Kurzweilig ist dieses Buch auf dem Klo zu lesen, deshalb habe ich dies auch so gemacht. Nichts, was man wirklich im Gedächtnis behält, aber gerade aus diesem Grund kann man es immer wieder neu entdecken.
Auf dem Klo, wohlgemerkt.

                    

Rob Reid: Galaxy Tunes
„Endlich normale Leute!“ würde Tommie Krause aka Tom Gerhardt sagen. Die Story klingt aber auch wirklich hinreißend. Die Aliens im gesamten Universum lieben unsere Musik und laden sie insgeheim in einem New Yorker U-Bahn Tunnel aus dem Netz runter; Illegal, versteht sich.
Da die galaktische Gemeinschaft aber drauf eingeschworen ist, die Gesetze fremder Planeten zu achten, haben die Aliens ein Problem: Seitdem sie zuerst 1977 die Titelmusik von „Welcome Back, Kotter“ runtergeladen haben, haben die Aliens wirklich alles an menschlicher Musik geladen, was geht. Über 30 Jahre lang. Damit wäre das gesamte Universum pleite dank der irdischen Strafen für Urheberrechtsverletzungen.
Und gerade die US amerikanische Musikindustrie nebst ihren Anwälten sind ja bekanntlich nicht zimperlich beim Einklagen säumiger Forderungen. Und so gibt es für die Aliens nur eine Lösung: Die Menschheit muß weg. Allerdings muß es wie ein Unfall aussehen – die Menschheit soll sich selbst ausrotten. Doch es gibt auch gute Aliens – Der Anwalt Nick Carter (irrtümlich ausgewählt, weil die Aliens dachten, er wäre einer der Backstreet Boys) soll mit juristischen Winkelzügen die Menschheit retten.
Geiler Plot, der auch sofort auf den ersten Seiten Fahrt aufnimmt. Das Rob Reid den Vergleich mit Douglas Addams nicht gerecht wird, ist allerdings sehr schnell klar. Und je mehr Seiten ich gelesen hatte, desto mehr verpuffte der Glanz des Plots.
Weil... nur die Grundidee ist wirklich stark. Mit der Zeit verflacht die Story mehr und mehr, weil Reid die Ideen ausgehen. Noch dazu geht es immer mehr um seine bisher unerfüllte Liebe zu seiner Nachbarin. Ein unangepasstes Punk Girl mit Traumfigur, intelligent, charmant, witzig... Hiervon träumt wohl jeder 15jährige Junge, wenn er feststellen muss, dass diese Schwellung mit Reiben wieder weg geht. Und Spaß macht es auch noch.
Da war ich dann doch etwas enttäuscht. Trotzdem hat das Lesen Spaß gemacht. Die eine oder andere Spitze gegen den Abmahnwahn der Musikindustrie ist amüsant. Aber die pubertäre Gefühlswelt des Helden nervt auf Dauer.

Stephen Baxter: proxima
Jetzt aber wirklich mal ein klasse Roman. Bereits mit „Die letzte Flut“ und „die letzte Arche“ konnte der Engländer brillieren, jetzt erfreute er mich mit diesem fesselnden Roman über die erste Besiedelung eines Planeten außerhalb unseres Sonnensystems.
Centauri C umkreist Proxima Centauri, das der Erde nächstgelegene Sternsystem. Und dieser Planet ist nicht wirklich einladend. Der matt leuchtende Stern steht dem Planeten viel näher als die Sonne der Erde. Dazu ist der Planet noch starr, d. h. Er dreht sich nicht, so dass die dem Stern zugewandte Seite permanent beleuchtet wird (es wird niemals Nacht) und die Rückseite ist demzufolge immer dunkel, allerdings nicht gefroren.
Einzig vulkanische bzw. tektonische Tätigkeit führt zu Verwerfungen, so dass Wasserläufe sich verschieben. Dies wird jedoch hauptsächlich durch die einheimische Lebensform, den Erbauern, ausgelöst. Für diese wunderbar beschriebene Lebensform ersetzt der Autor die DNS durch Säuren; alle Lebensformen des Planeten gehen quasi auf pflanzenartige Stengel zurück. Außer den Erbauern, die als Gruppe Siedlungen und Dämme zum Sammeln des auch hier lebensnotwendigen Wassers bauen, gibt es noch flugfähige Drachen. Die „Bäume“ bestehen aus demselben Material und und und. Sehr gut beschrieben jedenfalls.
Die Menschheit hat den lichtschnellen Antrieb irgendwie entdeckt, dank der „Kernels“ - einer offenbar außerirdischen Technologie oder auch Treibstoff. Entdeckt auf dem Merkur, hat hierauf lediglich die UN, d.h. die ehemalige Nato, Zugriff. Der gegnerische Block, im Prinzip China mit Indien, ist wirtschaftlich im Sonnensystem allerdings stärker.
Egal. Die UN schickt den Prototyp eines Kernel-Schiffes nach Proxima zur Besiedelung. Die Siedler sind keine Freiwilligen, sondern Straftäter – auch „Politische“. Genau wie seinerzeit in Australien. Yuri, eine Hauptperson des Romans, ist so ein Politischer. Seine Gruppe (jede Gruppe besteht aus 5 Männern und 6 Frauen wg. des Genpools) wird auf dem Planeten separat abgesetzt und soll, auf sich allein gestellt außer einem Roboter, eine Kolonie begründen.
Nach und nach bringen sich die Leute selbst um oder sterben an Krankheiten, lediglich Yuri und Mardina, eigentlich Astronautin und Siedlerin wider Willen. Sie zeugen eine Tochter, finden andere versprengte Menschen und sammeln sich an der „Markzone“, an dem die „Friedenshüter“ jahrzehntelang (der Roman umfaßt eine große Zeitspanne) ausharren mussten und die einzelnen Siedlergruppen beobachtet hatten, ohne ihnen zu helfen.
Durch einen glücklichen Zufall finden Yuri, Mardina und die Tochter Beth einen künstlichen Tunnel im Boden, durch den sie am anderen Ende auf dem Merkur herauskommen – 4 Jahre später. Ein Wurmloch? Zeitverzerrung? Mehr lesen wir wohl in einem Folgeband.
Dort treffen sie auf Stef, der Hauptperson des anderen Handlungsstranges. Stef Kaminski, Tochter des Wissenschaftlers, der die Kernels entdeckte, erforschte und später geächtet wurde, hatte selber mit den Kernels forschen können, durfte aber jahrelang den Merkur nicht betreten. Als sie es endlich durfte und den Tunnel Jahre vor Yuri fand, stand sie auf einmal sich selbst gegenüber. Besser gesagt ihrer Zwillingsschwester, die sie vor der Begegnung nicht hatte. Aber alle konnten sich auf einmal an Penny erinnern. Noch ein Rätsel, das erst später zu lüften sein wird.
Fehlt noch das künstliche Bewusstsein, das als Raumschiff mit dem alten Antrieb ebenfalls über Jahrzehnte zur Reise nach Proxima Centauri braucht. Oder das bittere Schicksal des allerersten Besucher des Planeten, der noch im Tiefschlaf den Planeten erreichte und dessen Leiche auf der dunklen Seite des Planeten entdeckt wird. Auch auf der dunklen Seite des Planeten befindet sich ein Tunnel. Yuri und Stef gehen im Epilog dort hindurch und landen wohl in einer von Römern beherrschten Parallelerde.
Dass gegen Ende die Erde auch in einem Krieg zwischen UN und China mit Kometen unbewohnbar (vorübergehend?) geschossen wird, sei am Rande noch erwähnt. Was für ein Roman. Immer wieder neue Wendungen, eine epische Geschichte über die ersten Schritte der Menschheit außerhalb des Sonnensystems. Herz, was willst Du mehr?
Eine Fortsetzung natürlich!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen