Am 21. Februar 1938 wurde Robert
Charles Guidry in Abbeville, Louisiana geboren.
Dort verbrachte er auch die meiste Zeit
seines Lebens. Auf einem abgelegenen Grundstück lebte er
abgeschieden wie ein Eremit in der Nähe dieses Kaffs. Umringt war er
von einer Horde von Tieren, darunter auch ein zahmer Alligator.
Dies ist erwähnenswert, weil Bobby
Charles im Alter von 14 Jahren ja auch einen der wichtigsten Songs
der Rockgeschichte geschrieben hat: „See you later, Alligator.“
Da fragst Du Dich, warum Du Bobby Charles nicht kennst.
Tja nun, einigen Musikern ist es halt
nicht vergönnt, im Rampenlicht zu stehen. Und Bobby Charles ist ein
Paradebeispiel dafür. Außer dem Megakracher schrieb er noch
„Walking to New Orleans“ oder auch „But I Do.“ Gut, diese
Titel sind heuer dann doch nicht so bekannt.
Aber auch wenn man sich an Bobby als
Sänger vieler guter Songs erinnert: Als Performer bzw. Künstler,
geschweige denn als Star, hat sich Bobby nie selbst gesehen. Bobby
Charles war ein Cajun (Nachkomme aus der ehemaligen
nordostkanadischen Provinz Akadien nach Louisiana (USA) gezogenen
Franzosen) mit lässigem, lakonischen Gesang. Er erklärte später,
das sich sein Leben nach dem Hören von Fats Domino geändert habe.
Der Bengel hatte das elterliche Radio auf einen örtlichen
Cajun-Sender umgestellt, um Fats lauschen zu können.
Bobby war so begeistert von dem Rhythm
`n` Blues Sound, das er einer Band namens „the Cardinals“ (später
„the Clippers“) als Sänger beitrat. Und schon kommt die
Geschichte zum Song.
Nach einem Gig stoppte die Band an
einem Diner für nen Kaffee als Abschluss des Abends. Als Bobby sich
von der Band verabschiedete, sagte er zu einem seiner Mitstreiter:
„See you later, Alligator.“
Bobby Charles ging nach Hause und
schrieb um diese 2 Phrasen einen Song innerhalb von 20 Minuten. So
werden die Songs geschrieben, die Geschichte machen.
Dies hörte eine betrunkene Frau an
einem anderen Tisch und nuschelte etwas, das Bobby zwar hörte, aber
nicht verstand. Auf seine Nachfrage hin wiederholte die ihm
unbekannte Frau: „After a while, Crocodile!“
Während eines Schulabschlussballs in
Crowley spielten die Clippers diesen Song. Der Inhaber des örtlichen
Record Shops, der auch Talente für Chess Records suchte, war von dem
Song begeistert. Er überredete Bobby Charles, Leonard Chess in
Chicago anzurufen und ihm den Song übers Telefon (!) vorzusingen.
Chess gefiel der Song und er lud Bobby
ein, den Song in Cosimo Matassa`s J&M Studio in New Orleans
aufzunehmen. Und so nahm Bobby 3 Songs in dieser Session im Oktober
1955 in diesem Studio auf. Leonard Chess änderte vorsichtshalber
Bobby Guidry zu Bobby Charles und veröffentlichte die Single im
November 1955.
Bobby war daraufhin entsetzt, das die
Single unter dem gekürzten Titel „Later Alligator“
veröffentlicht wurde. Er redete auf Chess ein, denn die komplette
Phrase war in der Jugendkultur von Louisiana ein gängiger Begriff.
Chess hatte ein Einsehen und korrigierte das auf den nachfolgenden
Pressungen.
Die Ballade „On bended Knee“ auf
der B-Seite gilt heute als erster Swamp Pop Song und war 1961 als
Cover von Clarence „Frogman“ Henry ein mittlerer Pophit (#64
Billboard Charts). „See you later, Alligator“ verkaufte sich zwar
sehr gut in Louisiana, aber als Bill Haley den Song am 12. Dezember
1955 coverte, wurde dessen professionellere Version berühmt und
stürmte landesweit auf Platz 6 der Billboard Pop Charts. Das
Original von Bobby Charles schaffte es immerhin auf Platz 14 der R&B
Charts für eine Woche im März 1956. Der Nachzieher „Only Time
will tell“ stieg dann auf Platz 11 der R&B Charts im August
1956, aber in die von weißen Musikern bestimmten Billboard Charts
schaffte es Bobby Charles nicht.
Während der ehemalige Jodelweltmeister
also einen weiteren Riesenhit landen konnte, geriet der Name Bobby
Charles mit den Jahren in Vergessenheit, noch bevor er richtig
durchstarten konnte. Es sollte wohl so sein.
Doch vorher, im Januar 1956, war Bobby
Charles noch voll dabei und nahm eine zweite Session auf. Diesmal
wurde er in Chicago von Sessionmusikern des Chess-Labels begleitet.
Hierbei begegnete Bobby Charles den Chess Brüdern das erste Mal
persönlich. Die Brüder waren total überrascht, hielten sie doch
Bobby 3 Monate lang für einen Schwarzen. Wenn sie dies von Anfang an
gewußt hätten, dann hätte es wahrscheinlich die Session in New
Orleans und damit diesen wunderbaren Song auf Platte nie gegeben.
So wurde Bobby Charles unverhofft der
erste weiße Künstler auf dem damals schon erfolgreichen und
wichtigen schwarzen Label. Denn die Chess Brüder waren selbst
Rassisten und hatten grundsätzlich nur schwarze Künstler
beschäftigt. Chess Records schielte auf den schwarzen R&B Markt.
Ein paar Jahre vor Martin Luther King gab es insbesondere in den
Südstaaten nach wie vor diese strikte Trennung, die an die Apartheit
in Südafrika erinnert.
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