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Einer meiner Lieblingsromane von Philipp K. Dick. Den hatte ich bereits vor bald 50 Jahren gelesen gehabt. „Kleiner Mond für Psychopathen" hieß die deutsche Übersetzung seinerzeit und wurde profan als Gesellschaftsatire angepriesen. Diese neue, mehr an das Original von 1964 angelegte Übersetzung wird der Intention des Autors eher gerecht.
Nach der alten Rückseitenbeschreibung erwartete man vielleicht einen lustigen Roman im Stile eines Robert Sheckley, der zu der Zeit eine große Popularität genoss. Doch die Schenkelklopfer oder den subtilen Humor von Sheckley sucht man hier vergebens. Im Gegenteil: Das Lachen bleibt einem eher im Halse stecken.
Der Simulacrum Programmierer bei der CIA Chuck Rittersdorf ist ein gebeutelter Mann. Nach der Scheidung hat sich seine Ex Mary alles unter den Nagel gerissen. Haus, Auto... alles weg. Chuck muss in einem heruntergekommenen Wohnblock einziehen und darf auch noch für den Unterhalt seiner Frau aufkommen. Also der Albtraum jedes Mittelklasse Amerikaners in den 60er Jahren. Philipp K. Dick selbst konnte ein Lied davon singen.
Doch natürlich ist Chucks Ex nicht dumm. Als Psychologin weiß sie, dass Chuck einen besser bezahlten Job braucht, um ihren extravaganten Lebensstil finanzieren zu können. Da kommt ihr der bekannte Fernsehkomiker Bunny Hentman, der dringend einen Gagschreiber braucht, ganz gelegen.
Hentman wiederum wird von der CIA der Spionage für die Alphaner verdächtigt. Mit dem Volk der Alphaner hatten die Menschen gerade einen interstellaren Krieg geführt. Der Frieden ist äußerst brüchig; schon allein deshalb drängt die CIA Chuck Rittersdorf zur Annahme des Jobs bei Hentman.
Und dann sind da noch zwei weitere Bewohner der Mietskaserne, die Chuck sowohl beraten als auch in ihrem Sinne beeinflussen. Hierbei entpuppt sich die Telepathin Joan Trieste gegen Ende des Romans als Spionin der Alphaner, die den Kontakt zwischen Chuck und Lord-flieh-den-Geiz, einem ganymedischen Schimmelschleim und damit auf der Erde ungern gesehenen Alien, vermittelt.
Joan Trieste kann den zutiefst frustrierten Chuck von seinen Selbstmordabsichten abhalten und Lord-flieh-den-Geiz schließlich überredet Chuck zur Annahme des Jobs bei Hentman. Und als Dr. Mary Rittersdorf im Auftrag der Regierung einen von den Menschen kontrollierten Mond im System der Alphaner aufsucht, um das Funktionieren der Selbstverwaltung der Kolonisten zu beurteilen, bekommt auch Chuck von der CIA einen besonderen Auftrag.
Er soll das Simulacrum steuern, welches von der CIA zur Begleitung und Kontrolle seiner Ex mitgeschickt wurde. Zur näheren Erklärung: Auf jenem Mond hatten die Menschen ursprünglich lediglich eine psychiatrische Anstalt untergebracht, normale Kolonisten wurden von den Alphanern nicht geduldet.
In den Wirren des Krieges brachen die Psychopathen aus der Anstalt aus und verteilten sich auf sieben Städte, welche jeweils die bekannten Persönlichkeitsstörungen wie Depri, Manische oder Paranoiker abbilden. Der Roman beginnt dann auch mit einem Treffen des Rates der sieben Städte, in welchem deutlich wird, dass sich die sieben Clans untereinander ablehnend gegenüberstehen.
Insbesondere Gabriel Baines, Delegierter der Paranoiker aus Adolfsville (sehr schön) und Howard Straw, Delegierter der Manis aus Da Vinci Heights, beharken sich voller gegenseitiger Abneigung. Falls Dr. Mary Rittersdorf nachweisen kann, dass die sieben Clans sich nicht selbst verwalten können, verlieren die Clans ihre Freiheit und könnten zur Erde deportiert werden. Die Menschen würden den Alphamond nun endgültig nach ihrem Gutdünken nutzen können.
Vor der drohenden Deportation stehend, finden die Clans auf rührende Weise zusammen und kämpfen mit ihren begrenzten Mitteln für die Erhaltung ihrer Freiheit. Doch auch Chuck möchte die Ziele seiner Ex durchkreuzen. Mit Hilfe des Simulacrums Dan Mageboom möchte er seine Ex-Frau umbringen. Diese weiß nicht, dass ihr Begleiter ein Simulacrum ist und schläft sogar mit ihm.
Chucks Job bei Bunny Hentman ist der eines Gagschreibers. Um das Chaos perfekt zu machen, soll Chuck für Hentman eine Gagserie schreiben, in der ein vertrottelter CIA Agent seine Ex-Frau mittels eines Simulacrums ermorden will.
Das ist zu viel für Chucks angeknackte Psyche. Er verrät Hentman an seinen Chef Jack Elwood. Im Gegenzug erhält er ein Raumschiff, mit dem er sofort seiner Ex zum Alphamond hinterher eilt, um den Mord persönlich ausführen zu können. Bei ihm sind die Reste von Lord-Flieh-den-Geiz, welcher bei einer Schießerei im Wohnblock zu Schaden gekommen war.
Nach der Landung auf dem Alphamond muss Chuck feststellen, das auch dort die Luft bleihaltig ist. Insbesondere die Manis von Howard Straw verspüren keine Lust, sich weiterhin von Dr. Mary Rittersdorf einseifen zu lassen, die mit dem von Jack Elwood gesteuerten Simulacrum durch die Gegend streift. Gegen einen drohenden Aufmarsch von Erdstreitkräften hätten sie keine Chance, doch diese nutzen sie und gehen aggressiv gegen das „Forschungsteam" der Erde vor.
Die Reste des Schimmelschleims wiederum können Lord-Flieh-den-Geiz erneuern und Chuck davon überzeugen, seine Ex nicht zu töten, weil dies schließlich seine Probleme nicht lösen würde. Aus der unübersichtlichen Situation auf der Mondoberfläche kann Chuck ins Raumschiff zu Bunny Hentman fliehen und wird dort über die politischen Zusammenhänge aufgeklärt.
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