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Mo. Immer noch 27. Juni
Aber kurz darauf war ich zu Hause und hocherfreut, das sie schon wieder besser laufen konnte. Das Punktieren des Knies hatte also schon etwas gebracht.
Wir saßen dann um halb sechs vorm Fernseher und damit vor Opdenhövel und Scholli. Italien gegen Frankreich stand an. Um 18.00 Uhr gab es also eine Wiederholung des letzten EM Endspiels, dies schon im Achtelfinale. Das versprach eine spannende Angelegenheit zu werden. Wir hofften auf das beste Spiel des bisherigen Turniers und drückten beide den Spaniern die Daumen.
Denn der Sieger würde auf Deutschland am Samstag treffen. Diese Paarung hatte meine Löwin schon einmal zu ihrer Geburtstagsfeier 1982 erlebt. Die Italiener gewannen damals das WM Endspiel mit dem legendären Dino Zoff im Tor. Mit 3:1 triumphierten sie seinerzeit die im ehrwürdigen Madrider Santiago Bernabeu Stadion.
Diese Historie ist nicht mein Beweggrund fürs Daumendrücken Richtung Spanien. Ich mag nur einfach die spanische Spielweise und den italienischen Catenaccio eben nicht. So hielten wir beide der „Furia Roja“ die Daumen und mümmelten das Mett und den Schinken nebenbei weg, während Opdenhövel und Scholli uns einstimmten. Die Italiener hatten wieder Buffon zwischen die Pfosten gestellt und traten mit Pelle und Eder im Sturm an. Bei den Spaniern gab es keine großen Veränderungen.
Pünktlich mit dem Anpfiff setzte erst einmal strömender Regen ein, der die Zuschauer auf den vorderen Plätzen von ihren Sitzen trieb. Die Wasserdusche war nach ca. einer Viertelstunde beendet, nicht aber die Angriffslust der Italiener. Denn die gingen sofort aggressiv gegen den Ball und müde wirkende Spanier. Zunächst sprangen hierbei zwar keine zwingenden Chancen heraus, aber wir hatten schon den Eindruck, das die Italiener nicht auf ein Elfmeterschießen spielten.
Anders die Spanier. Pomadig und vor allem behäbig schlichen sie über den Platz, als ob sie gestern mehrere Liter Tequila vertilgt hätten. Sie kamen nicht mal zum Tiki Taka, die Furia Roja war ein zahnloser Tiger, bei denen Fabregas, Busquets und vor allem Iniesta nicht ins Spiel fanden. Insbesondere Iniesta hatten die Italiener komplett aus dem Spiel genommen.
Bei Ballbesitz Spanien gingen die Italiener sofort ran und so war der Ball auch relativ schnell verloren. Die Spanier erspielten sich in der 1. Halbzeit nicht eine Chance und der ansonsten gute Torhüter de Gea zeigte sich reaktionsschnell auf der Linie bei einigen Weitschusses, bis er nach 30 Minuten einen Schuss der Italiener nach vorne prallen ließ. Chiellini war zur Stelle und drückte das Leder über die Linie.
Wer jetzt ein Aufbäumen der Spanier erwartet hatte, wurde mehr als enttäuscht. Dachten die etwa, die nun nötigen ein, zwei Tore gehen von alleine rein? Bis zur Pause hatten wir nicht den Eindruck, das die Spanier es eilig hatten. Der 35jährige Aduriz, den del Bosque kurz nach der Pause einwechselte, brachte dann etwas Leben in die Bude.
Immerhin zeigten sich die Iberer jetzt zielstrebiger und kamen auch zu einigen guten Chancen. So prüfte Sergio Ramos Buffon mit einem strammen Weitschuss, aber der Altmeister (38 Jahre) flog wie eine Katze in seinem 160sten Länderspiel für die Squadra Azzurra in die richtige Ecke. Bei den wenigen Kontern über die starken Pelle und Eder konnte sich de Gea mehrfach auszeichnen.
In der 91. Minute war es dann so weit. Pelle vollendete einen Querpass von Darmian zum verdienten 2:0. Die weit aufgerückten Spanier kamen da gedanklich schon nicht mehr mit. Überhaupt schien es so, das die Spanier nach einer langen Saison ausgelaugt waren und einfach nur noch urlaubsreif waren. Wie Piquet, der Ehemann von Shakira, in einigen Szenen zum Ball ging... Mannomann.
So werden wir am Samstag Italien im Viertelfinale gegen "uns"sehen. Die Spanier hatten wohl schon vorher geahnt, das sie, wenn sie gegen Italien gewinnen würden, gegen Deutschland eine ähnliche Klatsche wie die Brasilianer bei der letzten WM kriegen würden. Das wollten sie sich ersparen, die alten Herren. Damit dürfte Spaniens große Zeit auf Jahre hinaus vorüber sein.
Nach dem Spiel gab es noch die üblichen Interviews und Analysen, dann schalteten sie um ins Studio zu Bommes und.... Stefan Effenberg! Fast hätten wir den Tiger nicht wiedererkannt, aufgedunsen, wie er neuerdings aussieht. Ich tippte augenblicklich auf Cortison, meine Löwin konnte und wollte meinen Verdacht nicht ausräumen.
Sehr emotionslos gab Effe seine Kommentare zum letzten Achtelfinale England gegen Island ab. 7:0 oder 8:0 für die Engländer - so unsere Befürchtung. Irgendwann müssen die Isländer ja mal in die Knie gehen. Apropos Knie: Die Schmerzen zogen bei meiner Löwin schon wieder an, aber immer noch erheblich besser als am Vorabend.
Arnd Zeigler schaffte es dann kurz vor dem üblichen Prozedere, als da wären Rundblick ins Stadion, Mannschaftsaufstellungen und danach die Nationalhymnen, uns zum Lachen zu bringen. Er hatte Videos von Youtube herausgekramt, auf denen isländische Fußballspieler einige höchst amüsante Jubelposen vorführen. Bei den Varianten Angeln, Toilettengang und Ballgeburt brach meine Löwin in schallendes Gelächter aus. Das sich der isländische Pokalsieger bei der Siegerehrung mit Milch übergießt, hatte auch mich stark beeindruckt. Schade, das sie heute rausfliegen werden.
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