Wir schreiben das Jahr 1953. Alan Freed ist 32 Jahre alt und ein Discjockey, wie man ihn heute leider nicht mehr in unseren Radiostationen zu hören bekommt. So spielt er beispielsweise mit dem "C-Jam-Blues" einen "jumping jazz tune" vor, in dem er mitten im Song ein enthusiastisches "Aw, go!" über die Bläser und das Xylophon schreit.
Freed stöhnt, singt und schlägt auch noch auf ein dickes Telefonbuch ein, wobei er das Mikrofon absichtlich eingeschaltet lässt. Keine Frage, hier in Cleveland war Alan Freed Anfang der 50er Jahre ein Star, der seine jugendlichen Fans mit neuer Musik und frischen Ideen bekannt machte. Nicht unerwartet sahen die Erwachsenen in ihm hingegen einen Rattenfänger, der die Jugend auf den Weg in die Kriminalität lotsen würde.
Doch die Zielgruppe der „Moondog Rock and Roll Show“, ein jugendliches und vor allen Dingen auch weißes Publikum, war nach den schwierigen Zeiten der vergangenen Kriege auf Konsum und Freizeitvergnügen eingestellt und interessierte sich nicht für die rassistischen Vorurteile ihrer Väter und der Politiker. Da versteige ich mich jetzt zu der Behauptung, dass Alan Freed seinen Teil zur späteren Aufhebung der Rassentrennung beigetragen hatte.
Innerhalb von 18 Monaten wart Freeds Sendung dank der Musik der „Schwarzen“ die absolute Numero Uno der Kids. Schnell zogen die anderen kleinen Sender nach und zwangen dadurch die arrivierten und größeren Sender zum Umdenken.
Und Freed sonnte sich in seinem Erfolg. Sehr schnell begeisterte er sich für die Musik und seine jungen Fans, obwohl er anfänglich noch gezögert hatte. Als die Popularität seiner Moondog Show zugenommen hatte, beschloss er schließlich, eine der beliebten Tanzveranstaltungen mit Rhythm & Blues Stars durchzuführen.
Sein "Moondog Coronation Ball" vom 21. März 1952 wurde ein voller Erfolg, leider aber nicht im positiven Sinn. Die fast 10.000 Zuschauer fassende Cleveland Arena war bereits ausverkauft, die Tickets gingen bereits am ersten Verkaufstag komplett weg. Schlauerweise hängte Freed einen zweiten Tag an die Veranstaltung dran, aber leider waren die dafür bestimmten Karten mit einem Druckfehler versehen.
The Moondog Cannonball |
Der konnte gerade mal einen Song bringen. Leider habe ich den Namen des Titels nicht eruieren können. Dieser Misserfolg beeinträchtigte Alan Freeds Karriere keineswegs - im Gegenteil. Ein Platz in den Geschichtsbüchern war ihm sicher, obwohl die Veranstaltung abgesagt werden musste, kaum dass sie begonnen hatte. Der "Moondog Coronation Ball" gilt unter Historikern immer noch als das erste Rock n' Roll Konzert überhaupt.
Stattdessen wurde Freed immer populärer. Schließlich unterschrieb er am 8. September 1954 einen Vertrag beim Radiosender WINS in New York. Bereits kurz nach seiner Ankunft dort wurde ihm von einem Straßenkünstler namens Thomas Louis Hardin eine Klage wegen der Benutzung seines Künstlernamens angedroht, so dass Freed seinen Spitznamen aufgeben musste. Deshalb wähllte für seine Late-Night-Show den Namen "Rock 'n' Roll Party".
Kleine Anekdote am Rande: Der Name des Straßenkünstlers war Thomas Louis Hardin und der hatte witzigerweise auch den „Blues for a Moondog“ von Todd Rhodes geschrieben.
Wie bereits erwähnt, hatte Alan Freed den Begriff "Rock and Roll" bereits in Cleveland verwandt, allerdings lediglich, um seine Show zu beschreiben. Er spielte dort nicht diese Musik, die gab es da noch nicht. Wir reden da eher über Jazz und Rhythm & Blues.
Fälschlicherweise wird Freed bis heute zugeschrieben, dass er den Begriff Rock 'n' Roll geprägt hätte, um die neu entstandene Musikrichtung zu beschreiben. Wahrscheinlich war es der schwarzen Vokalgruppe „The Dominoes“ mit ihrem großen Hit „Sixty Minute Man“ (#1 der R&B Charts, #17 im Pop), welcher Alan Freed zur Verwendung des Begriffes Rock ‚n‘ Roll inspirierte. Der eher zweideutige Text beinhaltete den Begriff Rock ‚n‘ Roll. Immerhin hat sich heute die korrekte Ansicht durchgesetzt, das "Rock 'n' Roll" lediglich ein Slangausdruck der Schwarzen für Sex gewesen war.
Unbestritten bleibt es jedoch sein Verdienst, den damaligen Hype um den Begriff "Rock 'n' Roll" ausgelöst und angefacht zu haben. Dies erreichte er nicht nur durch seine Show, sondern auch durch Konzerte wie Tanzveranstaltungen, die er in New York und anderen Städten veranstaltete. Diese zogen sowohl weiße als auch schwarze Jugendliche an, woraufhin er von den Honks als Rassenmischling und Schlimmeres beschimpft wurde.
Für die Medien dagegen wurde die neue Musik des Rock 'n' Roll schnell zum "Anstifter zur Jugendkriminalität" hochstilisiert, Alan Freed wurde als Haupttäter bezeichnet. Auch Elterngruppen oder Kirchenführer sorgten dafür, dass diese obszöne Musik zu einem großen Teil aus dem Radio verbannt wurde. Doch all dies konnte den Erfolg der neuen Musikrichtung nicht aufhalten, wahrscheinlich befeuerte er eher diesen zusätzlich noch.
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