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Sa. 18. Juni
Bereits um 7.00 Uhr stand ich auf, weil ich nicht mehr schlafen konnte. Gegen Neun hatte sich Berta angekündigt und wollte mit uns frühstücken, Brötchen brachte sie mit. Meine Löwin hatte den Tisch schon am Vorabend vor dem Spanien-Spiel eingedeckt. Sie dachte heute morgen nach dem Aufstehen sogar daran, auch den französischen Camembert raus zu nehmen, damit er beim Frühstück von alleine laufen kann.
Berta kam pünktlich um die Ecke und wir konnten sogleich gemütlich in der Essecke frühstücken. An Themen hat es uns nie gemangelt, auch ohne dickes Konto... (geht mir doch grad der olle Westernhagen durch den Kopp). Hinterher nahm sie noch den Spargel mit, den meine Löwin vom Vortag noch übrig hatte. Deshalb war sie eigentlich auch gekommen.
Erwähnen muss ich hier, wenn auch verspätet, dass meine Löwin am Freitag für ihre Kollegen Spargel aus Walle (der Beste) besorgt hatte und als Dank von einem Kollegen angeranzt wurde, weil ihm irgendwas am leeren Karton, den er ja so dringend brauchte und den sie von unserem Zuhause mitgebracht hatte, störte. So ein Sackgesicht. Für meine Löwin war es wohl das letzte Mal, das sie ihm einen Gefallen getan hat. Richtig so! Er konnte sich noch nicht einmal entschuldigen. Leute gibt es...
Aber gut, das lässt sich nicht mehr ändern. Am späten Vormittag mussten wir einkaufen. Dienstag gegen Nordirland wird nicht nur Wolfgang vorbeischauen, sondern auch Patti und Pocke. Und wer weiß wer sonst noch. Getränke brauchten wir und Grillgut. Gleich morgens um Acht hatte ich die Garage geräumt, so das der Nachbar an seiner Karre basteln konnte.
Nachdem Berta weg war, fuhren wir zu Real. Der Laden war wie jeden Samstag voll, aber wir schafften es irgendwie, keine Süßigkeiten zu kaufen. Denn wenn man wie wir stundenlang die EM verfolgt, dann schleicht sich so ein leichtes Hungergefühl ein. Aber inmitten der ersten Halbzeit aufstehen und was zu essen machen... Nein, da griffen wir in der vergangenen Woche allzu häufig lieber zu den Maoam-Krachern oder den EM-Negerküssen in Schwarz Rot Gelb.
Zuhause blieb noch etwas Zeit, damit meine Löwin ihre Serie weiter verfolgen konnte. Ich für mein Teil machte noch etwas Bürokrams und zog mir gegen halb Drei die Turnschuhe an. Im EM Studio der ARD waren Daniel van Buyten und Thomas Hitzlsperger zu Gast. Belgien gegen Irland hieß die erste Partie des Tages und die Fruchtbierpanscher mussten beim zweiten Spiel Gas geben, wollten sie eine halbwegs vernünftige Ausgangsposition für das Achtelfinale erreichen. Denn die Italiener haben schon 6 Punkte, wenigstens Zweiter sollten die Belgier schon werden.
Eine große Nervosität war den Belgiern dann auch von Beginn an anzumerken, was den Iren nur Recht sein konnte. Allein... von den Iren kam nichts. Hatten sie gegen die Schweden noch glorios gekämpft und nur durch Pech den Sieg aus der Hand gegeben, war gegen die Belgier nichts mehr davon zu sehen.
In der ersten Halbzeit ermauerten sie sich noch das torlose Unentschieden, obgleich die Belgier mit der Zeit immer souveräner auftraten und das Spiel immer stärker prägten. Die Iren kamen kaum noch aus ihrer Hälfte raus. Die Belgier waren aber auch nicht in der Lage, den Iren einen einzuschenken.
Kurz nach der Halbzeit war es dann so weit. De Bruyne setzte sich auf der rechten Seite schön durch und passte zu Lukaku, der gegen Italien noch so enttäuscht hatte. Von der Strafraumkante, noch leicht bedrängt, schoss er die Pille trocken in die linke Ecke. Der Torwart hatte keine Chance.
In der Folge brachen die Iren weg. Null Gefahr vorne im Sturm. Obwohl sie etwas offensiver agierten, bissen sie mit ihren zaghaften Versuchen bei den gut aufgestellten Belgier auf Granit. Im Gegenteil. Die nun vor Selbstvertrauen nur so strotzenden Belgier erspielten sich einen verdienten und unveränderten 3:0 Erfolg. Lukaku, der laut dem Reporter bei seinem Verein FC Everton trifft, wie er will, machte auch noch seine zweite Bude. Alle Kritiker an seiner Person aus Belgien dürften nun Sendepause haben.
Irland ist nach dieser Vorstellung für mich erster Kandidat auf Platz 4 in der Gruppe. Wir sahen ein munteres Spiel von den Belgiern, wenn auch noch nicht alles klappte. Mal sehen, wie weit Marc Wilmots sein Team in dem Turnier bringt.
In der Vorbereitungsstunde zum nächsten Match klingelte unser Nachbar nochmals an. Er war am Verzweifeln, weil er die alte Tür seines Autos (VW Polo) nicht abmontieren konnte. Dafür bräuchte er Spezialwerkzeug, was er natürlich nicht hatte. Meine Löwin schaltete sofort Harald ein, der war allerdings telefonisch nicht erreichbar.
Völlig zu Recht merkte sie an, das noch vor 30 Jahren vom Kauf eines japanischen oder französischen Autos abgeraten wurde, weil man dafür ja Spezialwerkzeug und damit eine Werkstatt brauchte. Man konnte nichts selber machen. Jeder Mann, so meinte sie richtigerweise, konnte damals (in den 70ern) einen Käfer selbst reparieren. 4 Schrauben, dann war der Motor ab. Heutzutage brauchst Du selbst für einen VW spezielles Werkzeug, das sich ein Frickler kaum leisten kann. Dahinter stecke Methode, meinte meine Löwin abschließend. Und so isses auch.
Vor dem mit Spannung erwarteten Spiel Ungarn gegen Island schob ich mir noch schnell ein Brötchen rein. Es waren wirklich viele Ungarn da, die ihr Team lautstark unterstützten. Einige ihrer Ultras hatten sich Plätze hinter dem Tor "erkämpft", was immer auch der Reporter damit sagen wollte. Die Polizei schritt nicht ein, weil es wohl relativ friedlich vonstatten gegangen sein soll. Deeskalation ist ja eine schöne Sache, aber wenn ich einen Platz an einen stiernackigen Magyaren zwangsweise hätte abgeben sollen, hätte ich mich einer Gewaltandrohung sicher nicht widersetzt, aber von den Ordnungskräften mehr Engagement erwartet.
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