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Da es am Dienstagmorgen regnete, fuhr ich mit dem Bus zum Röntgenologen. Ich erschien super pünktlich und bekam erst einmal mehrere Zettel zum Ausfüllen ausgehändigt. Die Bedientheke steht im zweiten Stock, ich ging aber in den 3. Stock, weil sich dort die Behandlungsräume befinden.
Noch bevor ich die Zettel ausgefüllt hatte, ging es bereits los. Eine Arzthelferin bugsierte mich in eine Umkleidekabine, hinter welcher der CT Apparillo stand. Schuhe und Hose musste ich ausziehen, dann legte ich mich auf die Liege und musste die Arme hinter dem Kopf verschränken. Die Augenmaske bekam ich nicht, weil ich in einer Quizshow als Kandidat eine Pause einzulegen hatte.
Der Wagen mit der Bestrahlungseinheit fuhr zweimal über meine Bauchregion hin und drüber, dazu gab die Arzthelferin aus dem Off Anweisungen: "Tief einatmen, und weiter atmen." Diese Sprüche kennt man ja in und auswendig von diversen Arztbesuchen. Und schon war ich fertig und wartete in einem Nebenraum.
Eine großbrüstige Ärztin schaute auch noch vorbei und konnte mich beruhigen. Steine konnte sie nicht erkennen, aber ich hätte Divertikel im Darm. Das sollte ich vielleicht weiter beobachten lassen, meinte sie.
Mir wurde dazu noch eine CD mit den Aufnahmen und ein Zettel mit einem QR-Code ausgehändigt. Mittels des QR-Codes kann ich bis Ende April 2022 das Untersuchungsergebnis im Internet abrufen.
Mittlerweile war die Zeit etwas zügig fortgeschritten, es war bereits kurz vor 10 Uhr und ich musste doch die Aufnahmen auf der CD noch zum Urologen bringen. Daher entschied ich mich, diesen Tag als krank zu melden. Ursprünglich wollte ich ganz normal zur Arbeit fahren, aber wenn ich dort quasi erst am Nachmittag erscheinen würde, machte das ja nun keinen Sinn mehr.
Kurze Zeit später betrat ich als Kranker die Praxis des Urologen und war total erstaunt, als die Arzthelferin an der Bedientheke noch nicht einmal die CD haben wollte. Der Urologe würde von der Röntgenpraxis einen schriftlichen Bericht bekommen und mich dann anrufen.
Verwundert fuhr ich nach Hause und wartete auf den Anruf, der fast exakt um 16.30 Uhr kam. Wie das manchmal so ist, kam ich natürlich zu spät an mein Smartphone und als ich zurück rief, war nur noch der Anrufbeantworter dran. Toll!
Als ich dann am nächsten Morgen mal wieder im Büro saß, kam der Kontakt endlich zustande. Die Sprechstundenhilfe erzählte mir nicht wirklich etwas Neues, als sie die Diagnose der Ärztin aus der Röntgenpraxis wiederholte.
Aber dann das: Weil die Krebswerte erhöht seien, würde der Urologe den fraglichen Bereich röntgen und zusätzlich die Blase spiegeln. Als Termin hierzu einigten wir uns auf den 1. November, dann legte sie auf.
Und augenblicklich ging bei mir das Kopfkino los. Krebswerte, Blase spiegeln. Da war er nun, dieser "kicked in the teeth" Moment. Da blieben mir noch knapp drei Wochen Zeit, um mich schlecht zu fühlen und Albträume zu bekommen.
Während dieser Zeit sprach ich mit einigen Leuten und bekam unterschiedliche Feedbacks. Diese brauchte ich, denn ich hatte eigentlich keine Lust auf eine Spiegelung. Eine Kollegin meinte, dass ich die Spiegelung machen sollte, denn es könnte ja z.B. eine Zyste sein. Dagegen sprach eine andere Kollegin, die da meinte, ich sollte mich zu nichts überreden lassen, da sie jüngst zwei Männer in ihrem Bekanntenkreis gesprochen hatte, die seit der Spiegelung eine Tropfvorlage in der Unterhose tragen müssen.
Zugegebenermaßen hatte mich diese Meinung nicht gerade aufgebaut. Als mein Schwager Harald mir schließlich erzählte, dass er solche Untersuchungen nur unter Narkose zu machen pflegt, war ich schon etwas beruhigter. Meine Löwin meinte nur: "Dann wird das wenigstens abgeklärt."
Am Ende der drei Wochen freute ich mich schon fast auf den Termin beim Urologen. Alle meine Beschwerden wurden um so weniger, je näher der Termin rückte. Unter Narkose müsste ich es wohl auch aushalten können, unangenehme Behandlungen des Zahnfleisches sowie meine Analfistel hatte ich ja auch lebend überstanden.
Das Thema Krebs konnte ich vollkommen ausblenden, da fiel mir zwar Buds Blasenkrebs vor 25 Jahren ein, aber den hatte er ja offensichtlich auch überstanden. So weit war also alles in Lot, ich freute mich auch schon auf den Moment unmittelbar nach der Untersuchung beim Urologen, weil ich mir da schon einiges vorgenommen hatte.
Dieses Level konnte ich bis zur vorletzten Nacht vor dem Termin beim Urologen halten, als ich kurz nach 2:30 Uhr in der Nacht schweißgebadet aus einem Albtraum aufwachte. Es war ein ganz kruder Traum, in dem ich mit meiner Löwin in der Cafeteria eines Supermarktes Mettbrötchen verspachtelte, als urplötzlich Pocke auftauchte und uns eröffnete, das er jetzt sofort für drei Jahre ins Ausland zum Arbeiten gehen würde.
Unwillkürlich kam mir in den Sinn, dass ich ihn dann nur noch während der BiRe sehen würde... Ruckartig schlug ich meine Augen auf, mein Puls raste in großen Höhen. Den Rest der Nacht blieb ich wach, arbeitete an meinem Blog und wunderte mich über diesen merkwürdigen Traum, den ich nicht so richtig deuten konnte. Wenigstens hatte sich Pocke im Traum bereit erklärt, noch ein Mettbrötchen mitzuessen.
Und schon waren sie wieder da, die Ängste vorm Urologen. Den ganzen Tag über blieb ich nachdenklich und stumm, konnte mich schlecht konzentrieren und grübelte vor mich hin. Erst beim Kegeln abends entspannte ich mich ein wenig, bloß um später am Abend in großer Unruhe zu Bett zu gehen.
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