Freitag, 14. Februar 2020

Udorallala: Roy Loney & the Phantom Movers

Letzten Donnerstag saß ich nachmittags geplättet in meinem Büro, nachdem ich eineinhalb Stunden lang schwierige Kunden bei mir hatte. Da schaute ich auf Whatsapp und wurde gleich noch mal eine Spur trauriger, als ich die Mitteilung von Pocke las und die bittere Wahrheit realisieren musste. Roy Loney ist gestorben und keiner in der deutschen Musikjournaille hat es mitbekommen.
Es hat ja auch keinen im Musikbiz interessiert, zumindest in Deutschland oder Europa. Nochmal großen Dank an Pocke für die Info. Schnell habe ich auf der Seite des Rolling Stone (US Ausgabe) wenigstens ein paar Infos zu Roy lesen können. Die Todesursache war wohl schweres Organversagen; Todesdatum war der 13. Dezember 2019.
Am Schluss des viel zu kurzen Beitrags stand dankenswerterweise lediglich folgender Satz: “Roy was born on a Friday the 13th and he died on a Friday the 13th,” Loney’s girlfriend Altmann told the Chronicle. “That is a very rockin’ thing to do.” Ich bin zwar nicht abergläubisch, doch irgendwie klingt es passend für Roy.
Ich verbinde viele schöne Momente in meinem Leben mit der Musik von Roy. Sei es Anfang der 90er, als ich dank Ulis Empfehlung das erste Mal „Don`t believe those Lies“ gehört hatte oder in all den Jahren seitdem, in denen ich öfters seine Soloplatten mit den Phantom Movers oder den frühen Flaming Groovies gehört hatte. Tonträgermäßig war es ja in diesem Jahrtausend etwas ruhiger um ihn geworden, da gab es nur noch 2 CDs mit den Longshots. Da sind zwar nicht mehr die großen Perlen drauf, aber die knallige Produktion mit erheblich jüngeren Musikern hatte mich da stark beeindruckt.



Auch auf die Gefahr hin, dass ich es schon mal darnieder geschrieben haben sollte, erzähle ich gern die Story, wie ich Roy Loney beinahe kennengelernt hätte. Das war im Frühjahr 1994 anlässlich einer Reise an die Westküste der USA mit Wolfgang und Pocke. Ich denke, es ergab sich am Ende unserer dreiwöchigen Tour, dass wir die Haight Street in San Franzisco besuchten. Pocke und ich waren ja bereits zwei Jahre zuvor dort gewesen. Bei jenem ersten Besuch dort hatte ich mich in den Läden der Haight Street mit dem Überangebot an gebrauchten CDs ordentlich eingedeckt. 1992 war ich ja auch gerade auf CD umgestiegen.
Insbesondere der erste Laden mit gebrauchten CDs und Platten hatte es Pocke und mir angetan. Wolfgang interessierte dies weniger, so dass er sehr schnell den Laden verließ. Ich weiß gar nicht mehr warum, aber ich war damit beschäftigt, den riesigen Vorrat an Platten durchzuwühlen. Buchstabe L – war ich da schon auf der Suche nach Platten von Roy?
Wahrscheinlich war das so. In Deutschland war Roy Loney ja mehr oder weniger unbekannt. Informationen im Internet gab es nicht und da die einschlägige Fachpresse (MusikExpress/Sounds, Spex) Roy Loney nicht auf dem Schirm hatte, wusste ich auch nicht, was Roy so alles in seiner langjährigen Karriere veröffentlicht hatte. Ich bin der Meinung, dass ich außer der MiniLP „Phantom Tracks“ und der bombastischen Scheibe „Scientific bombs away“ weiter keine Scheiben von ihm hatte. Die Scheiben hatte ich wohl über den Versand – also Malibu oder Malibu – bezogen. Von denen bekam ich jeden Monat einen Katalog zugeschickt, den ich gierig studierte…
Also doch eine gezielte Suche. Und nach kurzer Zeit wurde ich fündig. Ich erwischte tatsächlich alle LPs von „Roy Loney & the Phantom Movers“ in der Wühlkiste und stand anschließend mit 4 Scheiben an der Kasse. Der Verkäufer war baff erstaunt, dass jemand gezielt Platten von Roy Loney – und sonst nix – aus der Kiste gezogen hatte.
„Oh. You`re a Fan of Roy? Where you From?“ fragte mich der Verkäufer an der Kasse. In meinem radebrechenden Schulenglisch erklärte ich ihm meine Herkunft als deutscher Tourist. Beim Einsammeln des Geldes war er dann noch so freundlich mir zu erzählen, dass Roy um die Ecke in einem anderen Plattenladen arbeiten würde. Da war ich sofort begeistert; ich ließ mir den Namen und Lage des Ladens geben und machte mich auch gleich auf die Socken.
Der Verkäufer meinte noch, dass Roy sich über den Besuch eines Fans aus Europa freuen würde. Um Pocke brauchte ich mich nicht zu sorgen, der kam alleine klar und arbeitete sich gerade erfolgreich an der „1 Dollar CD Abteilung“ ab. Da stand ich nun auf der Haight Street mit meiner Plattentüte und atmete erst einmal durch. Ich war noch ganz berauscht von der Vorstellung, gleich einen meiner Lieblingsmusiker zu treffen, der mir dann die LPs signieren würde.
Mir war regelrecht schwindlig vor Aufregung, zumal es auf der belebten Haight Street hektisch und laut zuging. Ich bog nach vielleicht 50 Metern rechts um die Ecke in eine Seitenstraße – dort sollte Roy in jenem Plattenladen, dessen Name ich heute natürlich vergessen habe, arbeiten. Aufmerksam suchte ich die Häuserzeile nach besagtem Laden ab – vergeblich.
Je länger ich suchte – auch in weiteren Nebenstraßen – desto mehr kam ich von meiner euphorischen Stimmung wieder runter. Ich war noch nicht einmal enttäuscht, dass ich jenen Plattenladen und damit Roy Loney himself verpasst hatte. Dafür war ich glücklich, von Roy Loney viele Platten ergattert zu haben, die es seinerzeit in Europa nicht zu kaufen gab. Zum Beispiel die erste LP der Phantom Movers, „Out after Dark“. Die ist bis heute eine meiner Lieblingsplatten geblieben.
Roy Loney war und ist irgendwie zeitlos, man könnte auch sagen, dass er aus der Zeit gefallen war. Für Metalfans war er nicht hart genug. Rock `n´Roll Fans alter Schule empfanden ihn dagegen als zu hart. In die jeweils aktuellen Modetrends an Musik wie Punk, Wave, Ska oder später dem Britpop ließ sich Roy ebenfalls nicht einsortieren. Seine Musik war seit jeher, schon seit den Flamin` Groovies, eher etwas für den Liebhaber guter Melodien. Etwas für Leute, die einfach wissen, wann etwas gut ist, ohne es näher beschreiben zu können.
Also für mich. Und Dich selbstverständlich auch. Hör Dir Aufnahmen von und mit Roy Loney an, falls Du ihn noch nicht kennst. Du wirst es nicht bereuen.
So long, Roy. Mögest Du im Himmel den Engeln und 72 Jungfrauen auf ewig „Don`t believe those Lies“ vorspielen.

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