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Um Weihnachten herum hatte ich noch einmal mit Sunny per WhatsApp Kontakt aufgenommen, und zwar am 15. Dezember. Ausgangspunkt war hier die Absage der Interessenten, die am 11. Dezember Mutters Wohnung besichtigt hatten. Nach der Besichtigung hatten wir uns ja dolle in die Haare gekriegt, das war aber nicht der Grund für die Absage.
Tatsächlich war hier sicherlich der Preis maßgebend, den Sunny ja unbedingt auf 135.000€ fixiert haben wollte. Ich weiß im Nachhinein leider nicht mehr, ob wir während der Besichtigung schon weiter heruntergegangen waren oder uns unverrichteter Dinge vertagt hatten, weil der Vater des Interessenten die Finanzierung noch checken wollte. Auf alle Fälle wollte der Interessent bzw. dessen Vater sich nochmal melden.
Dies tat er dann wohl auch bei Berta und sagte uns ab. Berta informierte mich über die Absage am Dienstag oder Mittwoch; wegen der schlimmen Eskalation mit Sunny schob ich das erst mal vor mir her. Deshalb informierte ich Sunny erst am 15. über die Absage. Das selbstredend nicht am Telefon, sondern per WhatsApp.
Da ich sie von der Arbeit aus kontaktierte, wollte ich meinen Kolleginnen nicht dieses Gebrülle vom Wochenende zumuten. Mir selbst allerdings auch nicht, ich war eh noch geladen. Daher schrieb ich ihr nur lapidar, dass die Wohnung geräumt war und das der Interessent abgesprungen war, weil er den Kauf nicht finanziert bekam.
Ich bat sie noch, den Auftrag für den Makler zu unterschreiben und mir zurückzuschicken, damit wir ihn beauftragen konnten. Zuletzt fragte ich sie noch, ob sie noch von anderen Interessenten wüsste. Sie war ja so schlau und meinte wohl, dass uns die Leute selbst für ihren Preis die Bude einrennen würden.
Sunnys Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Keine 5 Minuten später schrieb sie mir, dass sie keinen anderen Interessenten hätte. Ein Bewohner des Hauses, der sich wohl auch für Mutters Wohnung interessiert hatte, wollte den von Sunny geforderten Preis nicht zahlen. Was für eine Überraschung! Allein da hätte sie schon mal ins Grübeln kommen können, ob ihre Preisvorstellung realistisch ist.
Den unterschriebenen Auftrag für den Makler hatte sie mir dann am nächsten Tag in den Briefkasten gesteckt. Dafür war sie sogar extra nach Lehndorf gefahren - Donnerkiesel! Wenn sie nur so schnell und zügig zu Mutters Lebzeiten gewesen wäre. Zum Beispiel, um sie mal zum Kaffeetrinken abzuholen. Das hatten Berta und ich jahrelang gemacht - da kam von Sunny in den letzten 30 Jahren gar nichts.
Ein paar Tage später, am Montag vor Weihnachten, schrieb sie noch, dass sie bei Löbbecke war. Da fehlte ja auch noch ihre Unterschrift. Und... sie hatte noch Walters Zahngold beim unsäglichen Juwelier für 56,- € verkauft; der firmiert da grad um die Ecke vom Bankhaus Löbbecke. Meine Güte, das Zahngold! Da werden bei mir Erinnerungen an alte Dokumentationen über die Befreiung von Auschwitz wach. Obwohl.... Walter war seinerzeit ja bekanntlich in der Waffen SS. Ironie des Schicksals, möchte ich meinen.
Ich konnte Sunny noch bestätigen, dass sowohl der Makler als auch der Steuerberater alle Unterlagen hatten. Am nächsten Tag musste ich das allerdings noch einmal präzisieren. Denn wie ich von Berta erfahren hatte, mussten wir dem Makler noch ein extra Auftragsformular unterschreiben. Dafür kam er zu jedem von uns 3 Geschwistern nach Hause. Warum das unbedingt sein musste, ist mir zwar nie klar geworden, aber wenigstens mussten wir nicht zu ihm fahren. Ein knappes „OK" von Sunny signalisierte mir ihre Zustimmung, Weihnachten sollten wir also alle ruhig verbringen.
Von dem alljährlichen Geschwistertreffen war natürlich nicht mehr die Rede gewesen. In der Regel trafen wir uns am 2. Weihnachtstag bei Berta. Dieses Jahr, so kurz nach dem Tod unserer Mutter, fiel es dann komplett aus. Auch ich wollte nach den ganzen Vorkommnissen kein Treffen allein mit Berta bzw. unseren Partnern. Der Streit saß noch zu tief; Nichts gegen Berta, aber ich wollte nicht da sitzen und doch nur die ganze Zeit über Sunny motzen. Das gehört nicht zu Weihnachten. Berta stimmte mir dann letztendlich zu und so fiel das Treffen aus. Nächstes Jahr wieder.
Aber zurück zu Sunny. Am 27. Dezember, also einen Tag nach Weihnachten und unserem früher üblichen Treffen, erhielt ich nachmittags wieder mal eine WhatsApp von ihr. Ich weiß nicht, welcher Teufel sie geritten hatte, aber sie fing schon wieder mit dem Kaufpreis an. Oder war sie gefrustet, weil das Geschwistertreffen am Vorabend ausfiel? Dachte sie, Berta und ich hätten uns ohne sie getroffen? Lacht nicht, ich halte das durchaus für möglich, so verdreht wie sie (wir) dachte/-n.
Jedenfalls wollte Sunny unbedingt genauer wissen, warum der Interessent die Wohnung nicht genommen hatte. Sie hatte noch einmal mit Dörtes Freundin, die selber bei einem Makler arbeitet, gesprochen und war der felsenfesten Überzeugung: „Da geht mehr." Sie war mit dem Preis, den unser Makler vorgeschlagen hatte, nicht einverstanden. Sie wollte nicht, „das die Wohnung so einfach verscherbelt wird." Im neuen Jahr würden die Preise extrem steigen. Als Beweis schickte sie ein Foto mit irgendeiner Tabelle mit; dieses Foto ging mir zwischenzeitlich aufgrund einer defekten Speicherkarte verloren, so dass ich dies jetzt nicht mehr nachvollziehen kann.
Quatsch war es in jedem Fall. Da war ich auch sofort genervt und antwortete prompt, riss mich in der Formulierung aber zusammen. Eigentlich wollte ich mich doch nicht mehr aufregen. Der Bemerkung, dass ich ihr den Grund für den Rückzug des Interessenten bereits beim letzten whatsappen genannt hatte, schickte ich voraus. Den Begriff „zu teuer" betonte ich ausdrücklich, zumal mir das schon bei der Wohnungsbegehung durch ihn und seinen Vater klar war.
Für Sunny wiederholte ich es aber nochmals, obwohl ich das vorher bereits mehrfach verdeutlicht hatte. Dritter Stock ohne Fahrstuhl und eine vorsintflutliche Elektrik dank des fehlenden FI Schalters. Wie oft sollte ich es Sunny denn noch erklären? Deshalb vergaß ich auch nicht zu erwähnen, dass die Freundin von Dörte diese Punkte offensichtlich nicht berücksichtigt hatte, da sie noch nicht einmal selbst in der Wohnung gewesen war.
Süffisant fügte ich noch hinzu: „Wenn sie da etwas Konkretes anzubieten hat, nur zu." Ich bat Sunny zu bedenken, dass die Kosten der Wohnung weiterlaufen würden, wenn wir einen Verkauf noch weiter in die Länge ziehen würden. Könnten wir meinetwegen natürlich machen. Doch ich erinnerte Sunny daran, dass sie es schließlich war, die diese Angelegenheit schnell hinter sich haben wollte.
Kurz und knapp meinte sie nur, dass sie bei ihren 135.000,- € Angebot bleiben wollte. Abschließend schrieb ich ihr noch, dass der Makler uns alle noch mal besuchen würde. Da könnte sie ja mit ihm noch einmal sprechen. Und wenn sie das hinterher immer noch anders sehen würde, bräuchten wir eine Alternative. Dem konnte Sunny zustimmen.
Das war von mir ausnahmsweise richtig diplomatisch gelöst, denn ich wusste genau, dass der etwas niedrigere Preisvorschlag vom Makler kam. Nein - eigentlich wollte er die Wohnung für 120.000 anbieten; nur auf Sunnys Druck gingen wir auf 130.000 rauf. Sunny hatte das wohl vergessen, aber sei es drum. Dafür hatten wir den Makler. Und Dörtes Freundin hatte entweder keine Ahnung vom Geschäft oder kannte einzelne Fakten nicht. Wie auch immer; da die Wohnung am Ende doch verkauft wurde, ist dies heute nicht mehr wichtig. Nach wie vor ärgert mich dieser Austausch über WhatsApp um Weihnachten herum jedoch immer noch, weil mich diese Geldgier meiner Schwester selbst heute wütend macht. Nur raffen und abgreifen, aber für Mutter war sie in all den Jahren nicht präsent. Höchstens wenn es Geld gab. Das stimmt mich für meine Mutter traurig. Das hat kein Mensch verdient.
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