Sonntag, 8. Dezember 2019

H. Lecter: Alf


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Leider war in diesen Urlauben nicht alles so lustig oder wenigstens niedlich, wie man jetzt vielleicht vermuten könnte. Dass ich am allerersten Tag nicht aufs Zimmer konnte, wie ich bereits berichtete, gehört eindeutig dazu. Das verbuchte ich unter „kann mal passieren“. Ich erinnere mich allerdings auch an eine Gelegenheit, die ich nicht so locker nehmen konnte. Die mich richtig genervt hatte.
Das müsste eigentlich auch schon beim ersten Besuch auf Mallorca gewesen sein. Wir hatten uns wohl äußerst erfolgreich durch die üblichen Läden wie El Bucho Verde oder das Hofbrauhaus Latino gesoffen und kamen im Hotel Lancaster an. Alf und ich waren selbstverständlich im selben Zimmer untergebracht. Max war wahrscheinlich mit Klaus-Ewald auf einer Bude, während Moritz ein Einzelzimmer gebucht hatte.
Alf war bereits reichlich angezählt und fiel gleich nach dem Reingehen ins Zimmer auf seine Seite des Doppelbetts. Wie ein nasser Sack – seit dieser Szene weiß ich wirklich, was das bedeutet. Eine Abfederung des Sturzes unter Zuhilfenahme seiner primären Greiforgane kam hierbei für Alf nicht mehr in die Tüte. Sein Kopf landete ungebremst leicht seitlich auf der Matratze, dicht gefolgt vom Oberkörper. Die Beine schafften es nicht mehr ins Bett und hingen über die Kante hinaus.
Mich störte das nur unwesentlich, da er es dank seiner akrobatischen Fähigkeiten schaffte, auf seiner (der rechten) Seite des Bettes zu bleiben. Mein erster Weg führte mich ins Bad und dort auf die Toilette, da ich den Überschuss an Flüssigkeit schnell loswerden wollte. Bitter Lemon treibt ja auch so derartig…
„Hartmuuudo! Hilll – fe!“ Aus dem Schlafzimmer ertönte eine Stimme aus der Gruft, die ich als schreiendes, verzweifeltes Flüstern beschreiben möchte. Da reagierte ich nicht sofort, weil ich den Wasserfluss nicht stoppen konnte. Gefühlte 2 Liter waren zwar schon draußen, aber in meiner Blase schien immer noch genügend Substanz für einen vollen Eimer zu sein.
„Hiiilf mir, Hartmudo! Meine Hose… Ich krieg mei – ne Hooose nicht ausss…“ Das hatte mir gerade noch gefehlt. Zu der Grabesstimme gesellte sich noch ein trauriges Schluchzen, dazu schien Alf sich mit irgend etwas abzumühen. Urplötzlich verspürte ich ein Interesse, die Entleerung meiner Blase auf keinen Fall vorzeitig abzubrechen.
„Haaart – muuu – do!“ Alfs Rufe klangen immer drängender, aber auch leiser. Vielleicht schläft er ja auch gleich ein. Nicht das ich ihm noch seinen Schlafanzug anziehen muss. Da stand mir so gar nicht der Sinn nach.
„Zieh meine Hooose aus…“ Na, da hatte ich ja Bock drauf. Hilflose Person an Bord! Alle Mann in die Boote! Da hatte er mehrere Mischungen – und die schenkten da immer gute Mischungen aus – weggenagelt, die ersten noch auf Ex. Und jetzt lallte er mich voll. Ich hoffte nur, dass er sich nicht noch eingekotet hatte. Das fehlte mir grad noch.
Verständlicherweise hatte ich es überhaupt nicht mehr eilig mit meinem Toilettengang. Als ich die letzten Tropfen abschüttelte und alles wieder ordnungsgemäß verstaut war, hatte das Gegreine aus dem Nebenzimmer aufgehört. Anscheinend hatte er sein Problem mit der Hose selbst lösen können.
Hatte er nicht… ganz. Ein unglaublicher Anblick empfing mich im Schlafzimmer. Alf lag bäuchlings mit dem Oberkörper auf dem Bett, der Kopf war zur Seite gedreht. Seine Arme lagen eng am Körper angelehnt, während die Beine vom Bett herunterbaumelten. Quasi so, als ob er vorm Bett gekniet hätte und dann nach vorne umgefallen wäre.
Schockierend aber fand ich, dass er seine Hose nebst Unterhose halb heruntergezogen bekommen hatte, so dass mich sein behaarter Arsch anblickte. Wenn ich nicht so eine alte Hete wäre, hätte ich da glatt noch mein Rohr versenken können, so wie er mir seinen Pöter anbot.
Kopfschüttelnd entspannte ich mich. Einen Braunschweiger Jung haut bekanntlich nichts so schnell um. Doch leider fing Alf unverzüglich an zu schnarchen. In einer Lautstärke… das war nicht mehr feierlich. Anfassen wollte ich ihn nicht. Aufgewacht wäre er wohl sowieso nicht.
Ans Schlafen war so allerdings auch nicht zu denken. Wutentbrannt ob seines vollkommenen Kontrollverlustes verließ ich fluchtartig das Zimmer und begab mich in die Nacht. Auf der Suche nach einer Bar, nach einem Wodka Lemon oder wenigstens Gin Tonic.
El Arenal ist die ganze Nacht geöffnet, da werde ich sicher nach dem Hofbrauhaus Latino, welches ich zuerst ansteuerte, noch etwas gefunden haben. Erst zum Frühstück am nächsten Morgen kehrte ich ins Hotel Lancaster zurück. Strunzbesoffen zwar, aber auf keinen Fall mit nackten Arsch unter Verlust der heimischen Muttersprache.
Besoffen konnte Alf aber auch anstrengend sein, meine Güte.

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