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So wie sich die Angelegenheit nach dem Gespräch mit der Schwägerin darstellte, hatten meine Löwin und ich die Befürchtung, das meine Mutter nicht Eigentümerin ihrer Wohnung ist. Wenn die Schwägerin das Erbe ausschlägt, dann gibt es keine Erben und das Vermögen fällt automatisch dem Staat zu.
Wird der Staat damit auch Eigentümer der Wohnung? Muß Muttern dann da raus, wird sie gar obdachlos? Eine Klärung kann hier nur noch Mutter herbeiführen. Es wurde Zeit, meine Schwestern in die Angelegenheit mit einzubeziehen.
Also telefonierte ich mit Berta und Sunny, um einen Termin zu vereinbaren. Ich sagte ihnen nicht, worum es genau ging. Nur das es um Mutter ging und die Schwägerin aus Florida angerufen hatte. Ich wollte schließlich nicht, dass Mutter durch Zufall etwas von dem Gespräch erfährt, bevor ich mit meinen Schwestern gesprochen habe.
Am Dienstag, den 20. August, holte mich Berta abends um halb sieben von zu Hause ab. Wir fuhren zu Sunny, die uns schon erwartete. Während der ganzen Fahrt schaffte ich es, Berta von dem Gespräch mit der Schwägerin nichts zu verraten. Ich wollte es beiden gemeinsam erzählen und dann mit Beiden das weitere Vorgehen absprechen.
Gemeinsam müssen wir das regeln, soviel war mir klar. Nicht das sich noch einer von uns ausgeschlossen fühlte. So saßen wir denn zum ersten mal überhaupt oder zumindest nach Jahren und Jahrzehnten an einem Tisch, um ein gemeinsames Problem zu besprechen. Wie sollten wir mit Mutter und der Gesamtsituation umgehen?
Wir setzten uns in der Küche an den Tisch. Reiner und Harald schauten nebenan im Wohnzimmer TV, Sunny zapfte mir ein Bier und dann konnte es losgehen. Ich erzählte beiden haarklein von dem Gespräch und äußerte meine Befürchtungen bezüglich der Eigentumsverhältnisse. Wir kauten auch noch die Ereignisse der letzten Wochen durch. Einige Ungereimtheiten waren mir wohl noch nicht einmal aufgefallen.
Jetzt in 2014 krieg ich das nicht mehr wirklich gut genug zusammen, aber Berta meinte, dass Mutter sich irgendwann in der Zeit verplappert hätte. Mutter hatte Berta gegenüber wohl schon kurz nach Walters Tod Befürchtungen wegen der Schwägerin aus Florida geäußert, weil die wohl alles erben würde. Wie gesagt – dies ist mit Vorsicht zu genießen, weil meine Erinnerung an jenen Abend in Dettum nicht mehr deutlich genug ist. Noch ein Bier, danke Sunny.
Eins weiß ich aber dann doch noch: Berta wußte zu berichten, dass sie kurz einen Blick auf den Kaufvertrag von Mutters Wohnung werfen konnte, als sie Mutter besucht hatte und beide noch Papiere zusammensuchten. Danach war Mutter tatsächlich auch als Eigentümerin/Käuferin im Vertrag angegeben. Das klang schon mal gut, aber: Berta und Sunny erinnerten sich, dass Mutter für diese Wohnung die „Erbengemeinschaft Hartmann“ als Eigentümer nannte; Das wären wir alle gewesen.
Das kam mir merkwürdig vor und bezog sich meiner Meinung nach auf das Haus unserer Eltern nach Vaters Tod. Also noch ein Bier. Wir waren uns auf alle Fälle darin einig, dass wir nun erst mal die Erbausschlagung von der Schwägerin abwarten mussten. Und wenn das Geld dann endlich da wäre, wollten wir Mutter zur Rede stellen, bevor ich ihr die 3000,-€ zurückzahle. Gemeinsam, damit sie uns gegenüber endlich mal Farbe bekennt.
In der Folge trank ich noch das eine oder andere Bier an jenem Abend, denn wir unterhielten uns nunmehr über unsere Kindheit. Das hatten wir Geschwister noch nicht wirklich jemals in unserem Leben gemacht; Dieses Gespräch tat uns allen sichtlich gut nach den Ereignissen der letzten Wochen.
Ich fragte meine Schwestern auch nach ihrer Meinung zu den Briefen, die Beate und Mutter ausgetauscht hatten. Ich gab diese beiden zum Lesen, damit sie sich selbst ein Bild von der Sache machen konnten. Beide bestätigten mir, das Beate keineswegs unfreundlich geschrieben und nur ihre Gefühlslage geschildert hatte. Mutter hatte eindeutig überreagiert, dies schockte meine Schwestern aber nicht übermäßig, weil sie Mutter schließlich über die Jahre häufig beim Ausrasten erlebt hatten.
Einige dieser Stories erzählten sie an diesem Abend noch. Da waren für mich also einige Biere am Start und ich kam allmählich richtig gut drauf. Irgendwann nach Mitternacht war ich dann zu Hause und schlich auf leisen Sohlen Richtung Toilette, da ich meine Löwin nicht wecken wollte.
Sie wachte dann aber doch auf ujnd rief meinen Namen. Ich sagte ihr gerade noch, das sie sich hinlegen könne, weil ich sie ja nicht aufwecken wollte. Fehler! Sie wollte einfach wissen, was wir besprochen hatten und schlief anschließend schlecht.
Am nächsten Morgen hatte ich einen dumpfen Schädel und war wortkarg. Ich dachte mir nichts dabei. 2. großer Fehler! Jetzt ging meine Löwin ab wie Schmidts Katze. Sie befürchtete, wir hätten uns über sie ob des Briefes lustig gemacht. Ich konnte sie überhaupt nicht mehr beruhigen. Alles, was ich sagte, machte es nur noch schlimmer. „Wie Deine Mutter. Das sagt sie auch immer!“
Ich war richtig verzweifelt. Als ich, nach mehreren vergeblichen Entschuldigungen und Erklärungen (Kopfschmerzen, schöner Abend wegen Geschwistergespräch – 3. großer Fehler!) nicht mehr weiter wusste, appellierte ich an sie, mich nicht mehr mit jedem Wort mit meiner Mutter zu vergleichen.
Weil, wenn sie sich so hineinsteigert, hätte ich keine Chance mehr gehabt, mit meiner Löwin noch umzugehen. Unsere Ehe wäre in die Grütze gefahren. Und das wiederum hatte mich am meisten bedrückt. Muttern baut Mist und als Krönung ist auch noch meine Ehe kaputt. Wegen so einer Sch... ! Das hätte mir gerade noch gefehlt.
Zum Glück hatte meine Löwin dann ein Einsehen, dass meine Schwestern sich nicht so stark über Mutters Brief aufregten wie sie selbst. Sie hatte nämlich fälschlicherweise angenommen, das die Briefaktion Berta und Sunny am Arsch vorbei ging. Dem war aber nicht so. Es war nur so, das meine Schwestern meinten, das das mit dem Brief unnötig war, weil meine Mutter das sowieso nicht interessiert und sie sich lediglich angegriffen fühlt.
So würde ich das heute rückblickend zusammenfassen. Wie gesagt, jetzt ist über ein Jahr ins Land und vieles von dem Abend in Dettum weiß ich nicht mehr genau. Die Erinnerung an das Gespräch am nächsten Morgen mit meiner Löwin fällt mir sehr schwer, weil es mich sehr stark belastet hat. Vor allem Angst gemacht hat.
Aber so ungefähr hatte es sich abgespielt.
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