Nachdem „Summertime Blues“ aus den Charts gefallen war, machten sich Capehart und Cochran Gedanken über einen möglichen „Nachzieher.“ Und erneut bildete ein unwiderstehlicher Gitarrenriff die Basis dieses neuen Songs. Das war zwar bei „Summertime Blues“ auch die Basis des Erfolgs, aber dieses Riff klang anders genug, um als eigenständiger Klassiker in die Annalen eingehen zu können.
Das Master wurde wiederum in mehreren Schritten erstellt. Das geschlagene Riff auf der
akustischen Gitarre, dazu ein einfacher Tambourinbeat … Hierzu passten die wohlplazierten Footstomps an geeigneter Stelle, um die Pausen im Song zu betonen. Cochran und Capehart überließen nichts dem Zufall. Für den optimalen kommerziellen Erfolg nahm Eddie sogar zwei geringfügig voneinander abweichende Texte für diesen Song über derselben Musik auf. Die verschiedenen Meinungen wurden gecheckt und die Entscheidung fiel zugunsten einer Veröffentlichung von „C`mon Everybody.“
Der Alternativtitel „Let`s get together“ ist auf verschiedenen Kompilationen zu hören und wirklich nicht so prägnant wie „C`mon Everybody.“ Dank der richtigen Auswahl erreichte der Song Platz 35 in den Staaten und sogar Platz 6 in Großbritannien.
Sowohl „Summertime Blues“ als auch „C`mon Everybody“ festigten Eddie`s Ruf als ewiges Talent und brachte ihn zurück ins Scheinwerferlicht. Dies alles gerade noch rechtzeitig an einem Punkt, in der sich Amerikas Popkultur veränderte.
Eddie Cochran war nunmehr mit Sharon Sheeley liiert. Zusammen gingen sie im Dezember 1958 nach New York, wo er zusammen mit anderen Chartgrößen in einer „Package Show“ auftrat. Der DJ Alan Freed veranstaltete diese Show im Loews State Theatre. Diese Shows wurden in der Regel über mehrere Tage aufgeführt.
Weil Connie Smith geheiratet hatte, fiel er für das Touren „On the Road“ aus. Eddie sah sich gezwungen, eine Art Ersatzband zusammenzustellen: The Kelly Four hieß die neue Tourband. Die Mitglieder dieser Band begleiteten Eddie Cochran bei den meisten Aufnahmen des Jahres 1959.
Erwähnenswert ist hier einer meiner Lieblingssongs von Eddie, „Weekend.“ Dieser im April 1959 aufgenommene Song wurde im Juni 1961, also posthum, in Großbritannien ein Hit (Platz 15) . In den USA im Dezember 1961 veröffentlicht, verpaßte der Song leider eine Chartplazierung.
Ebenfalls 1959 entstand die eigenwillige Version von Ray Charles` „Hallelujah, I love her so.“ Bei diesem Song wurde vor der Veröffentlichung noch schnell eine Streichergruppe drübergemixt, was diesem Song nicht wirklich gut tut.
Irgendwann zwischendurch entstand mit „Something Else“ ein weiterer großer Klassiker des frühen Rock `n` Roll. Geschrieben wurde der Song von Sharon Sheeley in Zusammenarbeit mit Eddie`s Bruder Bob. Dieser geniale Song wurde auf der Rückseite eines „Matchbook“ geschrieben – also eines Streichholzbriefchens! Übrigens wußte Eddie nicht, dass Sheely den Drum-Sound von Little Richards` „Keep a knockin`““ kopiert haben wollte. Der renomierte Studiodrummer Earl Palmer tat ihr auch diesen Gefallen.
Der Song stieg im Juli 1959 bis auf Platz 22 in Großbritannien und 58 in den Billboard Charts. Ein größerer Hit wurde der Song aber erst 20 Jahre später. Sid Vicious kletterte posthum mit seiner Version bis auf Platz 3 in Großbritannien.Das Thema des Textes ist ebenso klassisch wie zeitlos. Der Junge, der sich das Cabrio nicht leisten kann, um das Mädchen zu beeindrucken, spart auf eine gebrauchte Karre und traut sich endlich an das Mädchen ran. Auch wenn die Platzierung in den USA nicht mehr so stark war, hielt sie Eddies Namen dennoch im Rampenlicht.
Ungefähr zur selben Zeit, im April 1959, kündigte der britische TV Direktor Jack Good an, das er für seine Show „Oh Boy!“ amerikanische Topstars sucht. Die wöchentlich ausgestrahlte Show revolutionierte die Musikpräsenz populärer Musik (Pop) in Großbritannien. Hier wurde eine Show zum ersten Mal ausschließlich für Teenager produziert. „Oh Boy!“ und die Nachfolgesendung „Boy meets Girl“ liefen lediglich von September 1958 bis Februar 1960, befeuerten aber die britische Rock `n` Roll Szene gewaltig.
Entscheidenden Anteil am nachhaltigen Erfolg hatten die amerikanischen „Originale“, denn in Großbritannien waren gute Acts rar. Die limitierte Auswahl in seiner Heimat frustrierte Jack Good dermaßen, das er nach dem „Real American McCoy“ Ausschau hielt.
Unglücklicherweise waren die amerikanischen Topacts viel zu sehr mit Geldeinsammeln in ihrer Heimat beschäftigt, als das sie sich einen Trip nach Großbritannien in die musikalische Provinz gönnten.
Auch als „Boy meets Girl“ aus der Taufe gehoben wurde, gab Good nicht auf. Die Suche nach den amerikanischen Topacts ging weiter und war schließlich erfolgreich. Zum Ende 1959 hin waren Eddie Cochran, Gene Vincent sowie Ronnie Hawkins für Jack Good buchbar. Als erster amerikanischer Topact wurde bereits im Oktober Gene Vincent für den Dezember 1959 als Gast bei „Boy meets Girl“ angekündigt.
Jedoch war Gene Vincent gänzlich unvorbereitet angesichts des eindrucksvollen Empfangs, der ihn bei seiner Ankunft am Heathrow Airport am 5. Dezember 1959 erwartete. Das Label Capitol wollte logischerweise mit dem Besuch die große Kasse machen und starteten einen frühen Versuch eines „Pop Hypes“. Sie unterstützten kurzerhand einen nominellen Fanclub finanziell und, um das Interesse an ihrem Star zu verstärken, karrten sie auf EMI`s Kosten eine Busladung voll Fans zum Heathrow Airport. Das Ganze passenderweise zur Ankunft von Gene in London. Damit hatte Gene nicht rechnen können.
Überhaupt war Gene Vincent für Jack Good die größtmögliche Herausforderung. Der markant hinkende Star hatte diesen arroganten Blick drauf! Dazu die schlechten Zähne und das strubbelige Haar – Vincent als früher Punk war schlichtweg die Antithese des typischen Popstars jener Ära. Da all dies nicht überschminkt werden konnte, entschied sich Jack Good zum Frontalangriff: Er überredete Vincent, seine heimeligen Wollpullover abzulegen zugunsten eines lasziven wie knarzenden Lederoutfit, gekrönt dank Stulpen mit einem riesigen silbernen Medaillon.
Mit diesem übertriebenen Style hätte Gene Vincent in den USA wohl kaum auftreten können, in Europa allerdings konnte sich die „Rockmusik“ dadurch schon sehr früh allein durch Kleidung von der gemäßigten Jugendkultur unterscheiden.
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