Samstag, 19. Juli 2014

Uncle Fester: grad gelesen Juli 2014

Stefan Tillmann – Nie wieder Fußball
Noch vor Beginn der WM wollte ich noch einen Fußballroman lesen. Da Fever Pitch mich ja nicht so begeistern konnte, sollte es diesmal wieder etwas „bodenständiger“ sein.
Und die Story hört sich auch gleich gut an: Vier fußballverrückte Fans, die alle in Düsseldorf wohnen, wollen ihre Sucht besiegen und gründen die Selbsthilfegruppe „nie wieder Fußball.“
Sven ist Werder Fan und arbeitet als Paketsortierer bei der Post. Ralf ist ehemaliger Hertha Hool und will einfach nur seine Ruhe. Karl ist der einzige Düsseldorfer und die Aufregung um seine frisch aufgestiegene Fortuna droht ihn ins Grab zu bringen.
Daniel, der Ich-Erzähler, hat es aus Nürnberg an den Rhein gezogen. Bei Frauen hat er den Anschluß verpaßt und ja, genau das ist hinterher auch das Heilmittel gegen die Fußballsucht. Man ahnt dies allerdings schon nach den erstern 10 Seiten.
Eine hübsche Idee: 4 Leute versuchen, vom Fußball loszukommen und werden dabei immer extremer in ihren Aktionen, was urkomisch ist und nach einer Verfilmung mit Ulmen und Schweighöfl schreit. Und ganz zum Schluß wird Daniels Wohnung noch von einem SEK der olizei gestürmt.
Doch leider, leider trübt das überhastete Ende den positiven Gesamteindruck. Auf knapp eineinhalb Seiten löst sich nach dem Polizeieinsatz alles in Wohlgefallen auf. Man sieht förmlich, das dem Autor am Ende die Ideen verlassen oder die Lust am Schreiben. Wahrscheinlich Beides.
Schade drum. Kurz der Roman, aber trotzdem lesenswert, weil die Charaktere liebenswert sind.

Arwen Elys Dayton – Resurrection, Verlorenes Licht
Die Autorin lebt in Südkalifornien und das Buch erschien bei Amazon Crossing. Genau, der Verlag von Amazon. Papier und Druckbild sind erfrischend anders als gewohnt und Hinweise am Ende auf andere Bücher – wie sonst üblich – fehlen.
Aber nicht deshalb empfehle ich das Buch gerne zum Lesen. Trotz stellenweiser vernichtender Kritiken hatte ich mich wegen der Story zum Kauf entschlossen und nicht bereut.
Vor über 4600 Jahren sandte das menschenähnliche Volk der Kinley eine Expedition zur Erde. Hierbei strandete das Team der Kinley im alten Ägypten und mußte sich fortan in die menschliche Zivilisation einfügen. Rettung war nicht in Sicht, das Wissen um die Nutzung eines überlichtschnellen Antriebes ging bei den Kinley verloren.
Seit jener Zeit beharken sich die Kinley mit den Lucien und drohen mittlerweile, von den Lucien ausgelöscht zu werden. Die Soldatin Pruit ist ergo die letzte Hoffnung und bricht zum jahrzehntelangen Flug zur Erde auf, um nach dem Schiff und dem Antrieb der ersten Mission zu suchen. Ein Lucien nebst einem geklonten Kinley-Sklaven verfolgt sie. Unterstützung auf der Erde hat sie lediglich von Eddie, einem anfangs versnobten Archäologen.
Begeistert beim Lesen, ja richtig gefesselt war ich von der Schilderung des Schicksals der ersten Expedition, die selbstverständlich für den Pyramidenbau verantwortlich zeichneten und den Kult um Isis und Osiris begründeten. Die Tragödie um diese Leute und die Spannung um den Verbleib der Fornmel des Antriebes in der Gegenwart hielt mich beim Lesen wach. Ein echter Pageturner also.
Leider geht das Buch viel zu schnell zu Ende, aber vielleicht gibt es ja mehr von der Autorin. Im Netz habe ich erstmal nichts entdeckt.

                    

Peter Ward – Invaders
Und nun ein englischer Newcomer. Douglas Adams und Terry Pratchet lassen in diesem bei Piper (!) erschienenen Buch grüßen. Obwohl größtenteils vorhersehbar, liest sich das Buch dann doch sehr flüssig und belastet den Leser nicht mit unnötigen technischen Erklärungen. Man merkt, der Autor hat nichts Wissenschaftliches, sondern Literatur studiert.
Der Protagonist des Romans, Geoff Stamp, ist ein Looser, der früher als Zeitungsausträger arbeitete und, nunmehr arbeitslos, bei einem seiner früheren Kunden, einem gewissen Tim , wohnt. Insofern eine Steigerung zum Arthur Dent eines Douglas Adams, und auch bei Peter Ward wird es schnell bunt.
Eben weil Geoff so nichtssagend ist, das die Welt sich auch in Tausenden Jahren nicht ändert, falls er gar nicht existieren würde, ist er haargenau der Richtige für den Job als Zeitreiseführer.
Denn diese Branche boomt in ca. 1000 Jahren; Die Leute reisen gerne in die Vergangenheit, brauchen dort aber einen Reiseführer aus der jeweiligen Epoche, der sich auskennt. Da kommt Geoff ins Spiel.
Dass Außerirdische die Erde erobern wollen und nur dank der Erfindung eines Labors auf Malta, dem Zeitwirbel, unbemerkt mehrere Hundert Jahre in die Zukunft versetzt werden konnten, wo sie von den mittlerweile technisch überlegenen Menschen vernichtet werden konnten, bis auf ein kleines Schiff, dessen Insassen die Gestalt von Menschen annehmen konnten und jetzt versuchen, sich dank der Zeittourismusbranche in die Vergangenheit zu begeben, um dort die Versetzung ihrer Flotte in die entfernte Zukunft zu verhindern …
Nur Geoff kann jetzt noch die Aliens aufhalten.
Das liest sich im ersten Moment verwirrend, ist aber bis ins Detail logisch durchdacht und macht einfach nur Spaß zu lesen. So ein erfrischender Roman hat mir seit den Hochzeiten von Adams gefehlt. Endlich mal etwas Lustiges, ohne gleich in Klamauk zu verfallen, wie es Pratchett leider häufig passiert. Unbedingt Lesen!

Frank Goosen – Sommerfest
Aaah, ein neues Buch von Goosen. Und diesmal wieder ein Hit! „So viel Zeit“ und „Liegen Lernen“, letzterer mit Abstrichen, waren ja schon Balsam für die Seele eines Mannes um die 50 (mich). Fußball, Musik … 70er und 80er – schöne Jugendzeit bzw. Zeit als Berufsjugendlicher, da fühl ich mich bei Goosen zuhause. Er spricht die Themen an, die mich, die uns bewegen.
In diesem Roman kehrt Stefan für ein Wochenende nach Bochum zurück, um nach dem Tode von Onkel Hermann das elterliche Haus zu verkaufen. Denn inzwischen lebt der Schauspieler in München, zwar in einer unglücklichen Beziehung, aber er ist schließlich vor Jahren aus Bochum, seiner Herimat, geflüchtet.
Geflüchtet vor seinen halbkriminellen Kumpels und vor allem vor Charlie, mit der er aufgewachsen ist und die ihm so wichtig ist, das er vor der sich anbahnenden Beziehung nach München floh. Weil er Angst hatte, sie als Freundin durch die Beziehung zu verlieren. An 2 Tagen trifft er sie alle wieder, frischt Erinnerungen auf und steht schließlich vor der Entscheidung, nach München zurückzukehren oder dazubleiben, in der Heimat.
Eine wunderschöne Geschichte, die nicht so blutarm daherkommt wie ein Tommy Jaud und die auf die britische Arroganz eines Nick Hornby gut verzichten kann.
Allein der kurz eingeworfene Umstand, dass Stefan auf Programmplatz 3 seiner Fernbedienung das „einheimische“ Dritte – hier WDR, bei Uncle Fester natürlich NDR – eingestellt hat, weil er es aus seiner Kindheit so gewohnt ist und dort eben nicht RTL abgespeichert hat, so wie es bei den Menschen üblich ist, die von Kindesbeinen an mit dem Privatfernsehen aufgewachsen sind … Das spricht mir so sehr aus der Seele, klasse beobachtet.
Das Schöne an Goosen ist, das er darüber schreibt, das wir uns letztlich doch gegenseitig brauchen. Seine Herkunft kann man nicht verleugnen und wer es trotzdem tut, ist ein armer Wicht. Das nächste Buch von Goosen habe ich vorhin bestellt!

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