Mittwoch, 27. August 2025

Uncle Fester: grad gelesen August 2025

Erik Harlandt - 1000 Jahre mehr oder weniger (Band 1 von 2)
Nach den beiden großen Hypes um Mickey 7 und Killerbot , welche mich ja eher weniger überzeugen konnten, wollte ich endlich wieder einen richtigen Pageturner in die Kralle bekommen. Was lag da näher, als ein Zweibänder von Erik Harlandt? Vieles dieser Handlungsstränge oder des Storytellings kam mir zwar arg bekannt vor, aber gefesselt hat es mich doch.
Geht ja auch gleich richtig gut los. Liam landet mit einem Außentrupp auf einer Randwelt des Reichs, um einen Stützpunkt des Widerstands zu zerstören. Das Reich wiederum kämpft vorwiegend gegen die Xtras, einer unbekannten Spezies, die das Imperium der Menschen bedroht. Ein Imperium, welches strikt zwischen hoher und niedriger Herkunft trennt; die obere Klasse schottet sich ab.
Deshalb hat der von einem Agrarplaneten stammende Liam keine Chance, eine Offiziersstelle zu ergattern. Und als sein Außentrupp scheitert, schließt er sich folgerichtig dem Widerstand an und wird sogleich auf eine Sondermission geschickt. Er wird als Offizier auf ein besonderes Kriegsschiff des Reiches eingeschleust und schafft es, sich unentbehrlich zu machen.
Denn dort sind Ki’s im Einsatz, weil nur sie die Feindbewegungen der Xtras berechnen können, was den Menschen einen Vorteil verschafft. Das Problem besteht nun darin, dass KI’s im Reich nach einem gerade noch zerschlagenem Aufstand der KI’s gegen die Menschen verboten sind. Nur weil die KI’s auf dem Schiff nicht vernetzt sind, lässt sich eine legale Vorgehensweise konstruieren.
Liam nimmt zunächst Kontakt mit der KI Berms auf, die ihn bittet, ihn und die anderen KI’s zu befreien. Nach einiger Zeit und geschickter Taktiererei gelingt Liam dies auch, zumal ein großer Angriff der Xtras dank der KI-Koordination durch Liam zurückgeschlagen werden kann. Mehr und mehr wird Liam zur Marionette von Berms.
Beim Großangriff auf die Flotte der Xtras scheitert Liam und kann nicht verhindern, dass Berms die gesamte Flotte der Menschen opfert, um ihn zu retten. Denn das Ganze war eh nur eine Simulation gewesen - hier beginnt der zweite Teil des Romans. Denn Liam ist eigentlich Liamos Pruschet, der Regent des Reiches.
Präziser formuliert ist er ein Klon des Originals und lediglich einer von vielen des Sternenreichs. Seit 1000 Jahren sorgen die Klone dafür, dass der Regent überall präsent ist, damit das Reich stabil bleibt. Hier musste ich an die entsprechenden literarischen Vorbilder - z.B. „Foundation“ von Asimov - denken.
Liam der Rebell stellt sich zunächst als gewollter Gegenentwurf zum Regenten dar, um dem seit 1000 Jahren bestehenden System des dank Klonens unsterblichen Liamos neue Facetten hinzufügen zu können. Dessen Terrorherrschaft würde sich wohl ohne das Einbinden der immer noch vorhandenen Opposition abnutzen; der Widerstand aus dem ersten Romanteil arbeitet reell für den Regenten.
Doch damit ist es immer noch nicht genug. Die gesamte Menschheit stellt sich als gigantisches Zuchtprogramm der Xtras heraus. Die KI’s sollen die Menschheit so weit lenken, dass die Xtras das Protein nach 1000 Jahren abernten können. Ihr Drang nach Freiheit hat das Ziel, die Herrschaft der Xtras zu brechen und eine Maschinenzivilisation in der Galaxis zu errichten. Das die Menschen hierbei nicht wirklich erforderlich sind, merkt Liam schnell. Doch leider kann er sich nicht aus dem Bann von Berms befreien; er muss auf die Dankbarkeit der KI’s hoffen.
Am Ende also doch noch eine erfrischende Wendung. Weiß Gott kein Happy End, aber eine hübsche Idee, das Leben in der Galaxis lediglich als riesiges Zuchtprogramm zur Ernährung einer Alienrasse hinzustellen.

Erik Harlandt - 3000 Jahre und mehr (Band 2 von 2)
Der zweite Band ist etwas kürzer, also volle Konzentration auf die Kriegsvorbereitung gegen die Xtras. Liam ist derweil voll in der Rolle des Liamos Pruschet aufgegangen und markiert den Harten, wo es sein muss. Der Liam aus dem ersten Teil ist deswegen nicht verschwunden; im Laufe des Romans wird er wieder stärker.
Auch in diesem Band bleiben die Xtras eher im Hintergrund; ihr Aussehen wird vage als eine Schwarmintelligenz von Würmern beschrieben. Und Berms ist nicht einfach nur eine KI, die einen 1000-Jahrplan zur Beseitigung ihrer Schöpfer, den Xtras, ausgearbeitet hat.
Denn nachdem Liam endlich den Ursprungsplaneten, quasi die Zentrale der Xtras, ausfindig machen konnte, entfernt Harlandt die nächste Zwiebelschale. Tatsächlich existiert nicht lediglich ein Reich der geklonten Menschen, sondern Fünf. Diese sind um jeweils 200 Jahre verschoben, so dass die Xtras alle 200 Jahre ernten können.
Und in allen Reichen - seit dann 3000 Jahren - brachte Berms es irgendwie fertig, den jeweiligen Liamos dazu zu bewegen, gegen Ende der jeweiligen 1000 Jahre eine Kriegsflotte auszuheben und diese zu verstecken; die Menschen in Stasis.
Und jedes der einzelnen Reiche - das im Roman ist das zwölfte und letzte vor der Schlacht - bietet 40 Milliarden Schiffe und 20 Billionen Soldaten auf. Das Ganze mal Zwölf… Harlandt begnügt sich nicht mit Kleinigkeiten; Er denkt in größeren Zusammenhängen.
Und dann kracht das alles in wenigen Minuten auf die Planeten und Stationen der Xtras, Von den Soldaten überlebt keiner, auch die Xtras nicht. Das zuletzt für die Rüstung geplünderte Reich unseres Buches geht an mangelnder Versorgung zugrunde, und das sehr schnell. Eindringlich schildert uns Harlandt hier ein Horrorszenario, welches nachdenklich stimmt. Ich sehe hier durchaus eine Anspielung auf die momentane Aufrüstung von Deutschland und der Nato.
Es wird einsam im Universum. Liam - inzwischen nur noch in einer Drohne als KI existent - findet tatsächlich noch ein verlorenes Schiff, auf dem die menschliche Besatzung gegen ein Xtra kämpft. Am Ende dieser kurzen Zwischensequenz sind auf dem Schiff alle tot.
Ganz zum Schluss erreicht Liam einen Planeten mit Leben. Keine Technik, das Rad ist noch nicht erfunden. Nun sinniert er auf wenigen Seiten über das Leben, das Universum… So klingt dieser zweibändige Zyklus still und leise aus und lässt mich nachdenklich zurück.
Für Nicht-SF-Fans: Die teils wahnwitzig überzogenen Dimensionen mit den aberbillionen Toten entsprechen dem Klischee, weswegen Ihr keine Science Fiction mögt. Der eher depressive Schluss zeigt Euch allerdings, dass SF nicht so stumpf oberflächlich sein muss, wie Ihr es immer unterstellen mögt. Lest es.

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